Tag 4 - Neevend
Klone
Margot drückte einen letztes Knopf und steckte den Stecker in die Steckdose. „Okay, liebe Frau Assistentin es wird Zeit für ihre große Aufgabe, die ihre versprechende Karriere nach vorne katapultieren wird! Schalten sie die Sicherung wieder ein!", schrie sie durch das Haus, ein Lächeln auf den Lippen, während Ed die Maschine misstrauisch beäugte.
„Ich kündige!", kam Cocos Stimme aus dem Untergeschoss, bevor ein kleines Licht am Bedien-Pult aufleuchtete und die Maschine ein leises Summen von sich gab. Ed hielt das Ganze für einen großen Fehler, wie soll vieles andere auch, das auf einer Idee Margots basierte. Das Mädchen konnte sich manchmal nicht zusammen reißen.
„Komm schon, Ed. Das ganze wird dein Leben verändern! Du willst immer ein einfacheres Leben leben, bist aber nicht bereit etwas dafür zu tun. Lass deine Gewohnheiten endlich mal zurück und lass jemand anderes die Hausarbeit erledigen. Wobei, eigentlich ja nicht." Margot grinste und warf sich die rot gefärbten Locken über die Schulter, während Coco sich zu ihnen ins Wohnzimmer gesellte, einen grimmigen Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Ich habe beschlossen Stundengehalt anzunehmen", teilte sie Margot mit, doch diese machte eine abwertende Geste. „Bleib auf dem Boden, liebe Praktikantin", meinte sie bevor beide ins Kichern ausbrachen und Ed seine Lebensentscheidungen noch einmal gründlich überdachte, bevor er bald endgültig im Wahnsinn versank.
„Also", Margot drückte ihm ein kleines, quadratischen Ding in die Hand, vielleicht so groß wie eine Fingerkuppe. Goldene eckige Linien verliefen hindurch und anderes technische Zeug, dass er nicht verstand. Erwartungsvoll sah er Margot an, die auf ihren Nacken deutete. „Ich lass dich Dummkopf sicher nicht die Maschine ohne genaue Sicherheitsanweisungen benutzen. Assistentin, dein zweitgrößter Auftritt."
„Du packst das Ding an deinen Nacken, genau unter dem Knochen" Sie piekte Ed und dieser gab einen erschrockenen Laut von sich. „So eins sollte für etwa zwanzig Durchgänge reichen, sei sparsam, die Maschine mag zwar billig sein, aber wenn du weitere von den Aktivierungsstempeln kaufen willst musst du dafür deine Seele und dein Erstgeborenes aufgeben. Klebs dir an den Nacken, es sollte eigentlich halten, belass es bei den Standardeinstellungen, die ich dir gezeigt hab und sobald du auf diesen Knopf drückst..."
Sie zeigte auf einen riesigen roten Punkt, der auf dem Touchscreen abgebildet war und das war endlich mal ein Schritt bei dem Ed sich sicher war, dass er ihn schaffen würde. „...kommt der schwierige Teil. Hier kann so einiges schief gehen. Du musst daran denken, was der Klon tun soll und was er dafür können muss. Du darfst nicht abgelenkt werden, es könnte sonst etwas passieren. Die Maschine ist zwar gut darin, unpassende Gedanken raus zu filtern, aber sie ist nicht Gott." Ed nickte und war sich ziemlich sicher, dass er der Grund für die nächste Apokalypse in Form von einer Invasion seiner eigenen Klone sein würde. Der Gedanke war alles andere als angenehm.
„Nimmst du den Chip ab, wird automatisch der Herrstellungsprozess gestartet. Nach dem Benutzen kannst du den Chip hier rein stecken, wo er dann von den überfälligen Gedanken gereinigt wird. Der Klon wird sich selbst zerstören, sobald du den kleinen Knopf hier drückst, er geht dann zurück in die Kammer wo er auch erscheint. Alles klar so weit?" Ein weiteres Nicken und Margot klopfte ihm schwungvoll auf die Schulter. „Dann ist es Zeit euch zwei alleine zu lassen. Mach keine unanständigen Sachen, hörst du?"
Und damit verschwand sie mit Coco im Schlepptau aus der Tür, gefolgt von einem Rummsen als Coco die Treppe hinunter stolperte. Die Haustür fiel ins Schloss und Ed starrte die Maschine an, den Chip in der Hand. Er brauchte so etwas nicht, wenn er ehrlich sein sollte, aber Margot hatte darauf bestanden, als sie den Job beim Hersteller bekommen hatte.
„Die Mitarbeiter bekommen sie billiger, so eine Chance muss man nutzen!" Und wenn Margot sich etwas in den Kopf gesetzt hatte führte kein Weg daran vorbei. Ob er die Maschine benutzen würde war eine andere Frage. Aber nun stand sie hier und dann konnte ein Testlauf nicht schaden, sagte er sich und klebte sich den Chip an den Nacken. Der Knopf färbte sich grün und er dachte kurz darüber nach, was der Klon eigentlich machen sollte. Er sah sich um. Die Fenster könnten vielleicht eine Reinigung verdienen, aber dann fiel sein Blick auf seine Pflanzen, die erschöpft die Blätter hängen ließen.
Die Klone waren dazu da, die Dinge zu übernehmen, die die Menschen nicht an Maschinen weiter reichen konnten und eigentlich fühlte er sich nicht wohl bei der ganzen Sache. Seufzend drückte er auf den Knopf und ließ seine Gedanken fließen. Ein genauer Plan, eine genaue Routine wie er seine Pflanzen wässerte. Vielleicht war er manchmal zu perfektionistisch, aber in dieser Situation war es ganz angemessen. Er riss sich den Chip vom Hals und die Maschine begann zu summen. Wenige Sekunden später trat er selbst aus der Röhre, an der der Screen befestigt war.
Nein, es war ein Teil von ihm selbst, kopiert auf einen Nachbau seines Körpers und wenn er ehrlich war hatte er noch nie etwas bedrohlicheres gesehen. Seine Augen waren leblos und obwohl sein Gang dem seinen ähnelte, wirkte es doch wie nur ein verblasstes Ebenbild seiner selbst. „Das ist grauenvoll", murmelte er zu sich selbst, während sein Klon die genauen Handbewegungen durchführte, die er selbst schon tausende Mal davor gemacht hatte.
Er konnte das Ganze nicht so ungetestet vorüber gehen lassen, weswegen er einen Stift nach ihm warf. Er traf den Klon am Rücken und dieser drehte sich kurz um ihn zu mustern und dann weiter seiner Aufgabe nachzugehen. Also hatte er ein Bewusstsein, wenigstens ein kleines Fünkchen. Das machte das Ganze nicht unbedingt besser. Ed drückte auf Notabbruch, der Klon löste sich zu nichts auf und Ed schwor sich die Maschine nie mehr zu verwenden.
Er war sich jetzt schon sicher, dass er die nächsten Nächte nicht mehr richtig schlafen konnte. Zählte das Ganze als Mord? Warum zum Teufel wurde so etwas überhaupt verkauft? Zu neu, zu wenig Regeln und Gesetze, dachte er, bevor er tief einatmete und beschloss ins Bett zu gehen. Die Installation hatte den ganzen Nachmittag und Abend gedauert und er hatte kein Nerv mehr für irgendetwas.
Als sein Blick auf die umgemachte Wäsche fiel war er allerdings noch einmal kurz dazu geneigt es nochmal zu versuchen und klebte sich den Chip an den Nacken, bevor er sich dagegen entschied. Als er sich auf den Weg Richtung Schlafzimmer machte, stolperte er kurz und musste sich am Steuerpult festhalten. Heute war kein guter Tag.
Er konnte sagen, dass er schlecht geträumt hatte, an den Details scheiterte dann sein Gedächtnis. Seine Decke lag zerknüllt am Fußende und Wut stieg in ihm hoch. Dazu gab es mehrere Gründe, wobei aufzählen zu lange dauern würde. Tief durchatmend griff er nach seinem Glas am Bettrand und spülte damit zwei seiner Tabletten herunter. Über mehrere Sachen nachgrübelnd machte er sich auf in die Küche, wo er sich einen Kaffee machte und zum Fenster hinaus starrte. Er musste immer noch das Problem mit dem Job lösen und vielleicht aufhören Margot anzulügen, aber das hatte Zeit. Erst musste er die Maschine loswerden.
Er kratzte sich am Nacken, als seine Hände plötzlich über etwas metallisches fuhren. Seine Augen weiteten sich, Panik stieg in ihm auf und er riss den Chip ab. Was ein riesiger Fehler gewesen war. Die Maschine im Nebenzimmer begann zu summen. Shit. Die Kaffeetasse zerschellte am Boden und er rappelte sich auf, nachdem er auf dem verschütteten Kaffee ausrutschte. Im Moment war genau alles möglich und von all den schrecklichen Szenarien, die er sich gerade in seinem Kopf ausmalte konnte er sich nicht vorstellen welches davon der Wahrheit entsprach, oder ob diese sogar noch schlimmer werden würde.
Als er ins Wohnzimmer stürmte, saß ein Klon auf der Couch. Ed wusste nicht wie er reagieren sollte. Der Klon grinste ihn an und Ed war sich sicher, dass es rückblickend wahrscheinlich der furchteinflößendste Moment seines ganzen Lebens war. „Hi, Ed!" Der Klon sprach und Ed war sich sicher, dass diese Version, die vor ihm stand, alles andere als eine verblasste Kopie war. Oh nein, der Klon war bei vollem Bewusstsein. Ed konnte ihn nur anstarren.
„Gott, bin ich hässlich", meinte der Klon dann und musterte erst sich selbst und dann Ed. „Wie, was..?" Ed wusste nicht wie er das Ganze aufnehmen sollte. „Bist du ich?" „Auf eine gewisse Weise, vielleicht. Ich bin das Produkt aus vielen deiner Gedanken, deiner Albträume und des Standardsbewusstsein eines Klons. Frag mich nicht ob mich das ein Klon macht, ich bin genauso intelligent wie du. Was die Grenze nicht sehr hoch setzt. Ich sehe schon, ich hab den sarkastischen Teil deiner Persönlichkeit abbekommen. Gott, bin ich froh mich nicht an deine Träume erinnern zu können."
Ed starrte ihn an. Der Klon verzog das Gesicht. „Außerdem glaube ich deine Aggressionsprobleme abbekommen zu haben." Ed hoffte nur inständig, dass der Klon nicht den Teil von ihm hatte, der ihn alles überdenken ließ. Denn der Klon war vielleicht nicht eins zu eins er, aber wäre Ed in der Position, hätte er sich schon längst eine Kugel in den Kopf gejagt. Eines Tages plötzlich zu Bewusstsein zu kommen, mit Erinnerungen die nicht dir gehörten, mit einem Gesicht dass nicht dir gehörte, einer Persönlichkeit die nicht dir gehörte und zu wissen, dass du nur ein Resultat eines kleinen Fehlers warst, es würde jeden normalen Mensch in den Wahnsinn treiben.
Der Klon war kein normaler Mensch, also bestand noch Hoffnung. Dachte Ed jedenfalls, bevor der Klon ihn plötzlich anstarrte. „Fuck, was bin ich." Ed wusste nicht, wie er reagieren sollte. Sein Blick fiel auf das Steuerpult. Jetzt oder nie. Er drückte auf Notabbruch.
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