Tag 1 - free_skyline
Carol Danvers seufzte, fuhr sich durch die Haare und stieß geräuschvoll die Luft aus. Seufzte noch einmal. „Was soll der Mist", murmelte sie leise und warf einen weiteren Blick in den Motorraum.
„Lass mich nicht hängen, Kumpel."
Ihr geliebter VW Golf hatte aufgegeben. Von den unzähligen Malen, in denen er ihr bereits abgewürgt war, schien dieses Mal jedoch einen finalen Beigeschmack zu tragen. Sanft und stetig quoll Rauch hervor, unterstützt von einem leisen Zischen.
„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass das Ding zur Werkstatt muss?" Eine amüsierte Stimme erklang und das Gesicht ihrer besten Freundin tauchte neben ihr auf. „Wenn nicht sogar zum Schrottplatz", fügte Maria lachend hinzu und klopfte einmal gegen die kühle Oberfläche des Wagens. „Du verstehst das nicht!" Fast trotzig verschränkte Carol ihre Arme vor der Brust und warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Das ist eine Romanze zwischen uns. Uns trennt kein Schrottplatz", erklärte sie bestimmt und hob die Arme, um die Motorhaube wieder zu schließen.
Über den beiden Mädchen breitete sich die dunkle Nacht aus, die mit Abermillionen an funkelnden Himmelskörpern verziert war. „Wenn du ihn so weiter behandelst, währt diese Romanze nicht lange", neckte Maria sie weiter und legte den Kopf in den Nacken, um die Sterne auf sich wirken zu lassen.
„Aber meinen Respekt hast du, dass du ihn solange selbst intakt halten konntest."
Carol pustete sich einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht, verpasste ihrer Freundin einen leichten Stoß gegen die Schulter und schnaubte. „Du bist bestimmt nur neidisch!", schmunzelte sie schließlich.
„Auf diese Rostkarre?" Maria gab ein helles Lachen von sich, welches der blonden, jungen Frau ein sanftes Lächeln auf die Lippen zauberte. „Auf meine endlose Liebe zu meiner Rostkarre", erläuterte diese und tippte mit dem Zeigefinger gegen das Metall. „Wenn ich wollte, könnte ich mir deine Liebe auch holen", entgegnete Maria selbstsicher, ihre Hände in die Hüften gestemmt, während sie ihrer Freundin langsam näher kam, bis ihr Atem sich in der kühlen Nachtluft vermischte und die Welt einen Augenblick stillstand.
„Aber hey, dein Baby hat uns ganze 20 Kilometer weitgebracht!" Grinsend entfernte die Brünette sich wieder und lief einmal um den alten Wagen herum. Aus dem Kofferraum kramte sie sich zwei Flaschen Wasser hervor, drückte Carol eine davon in die Hand und lehnte sich gegen die Motorhaube, die leicht unter ihrem Gewicht ächzte.
„Das nenne ich mal einen Roadtrip", murmelte Carol, doch sie klang nicht unzufrieden. Tatsächlich gab es wenige Momente in ihrem Leben, die sie gegen den gegenwärtigen ausgetauscht hätte, denn trotz der Autopanne wünschte sie sich nichts lieber, als mit Maria hier zu sein.
Mit ihrer besten Freundin weg zu fahren, war schon seit ihrer Kindheit ein Traum gewesen, der sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Plan entwickelt hatte. Dass die jungen Frauen nie Zeit gefunden hatten, war Carol schließlich egal geworden und so hatte sie kurzerhand Urlaub genommen und war zu Marias Arbeit gefahren, wo sie diese ohne Widerrede in ihren Wagen gepackt und Gas gegeben hatte.
Dass Maria ihr dies nicht übel nahm, war Carol klar. Ihre Freundin hatte die Augen geschlossen, die Flasche neben sich abgestellt, und Carol an der Hüfte zu sich gezogen, wo ihre Hand noch immer entspannt lag und eine angenehme Wärme übertrug.
„Aber danke für die 20 Kilometer", murmelte Maria leise und glücklich.
„20 Kilometer mehr als nichts", rechtfertigte Carol sich sofort, doch sie verstummte, als die Lippen ihrer besten Freundin die ihren leicht streiften. „20 Kilometer sind perfekt", nuschelte die Brünette, „wozu noch weiterfahren, wenn alles, was ich brauche, hier ist?"
„Was brauchst du denn?" Atemlos und mit wild klopfendem Herzen heftete Carol ihren Blick an die dunklen, leuchtenden Augen ihrer Freundin und unterdrückte den Drang, sie erneut zu sich zu ziehen und den Geschmack ihrer Lippen zu kosten. Doch zu ihrem Glück schien Maria ihr den Wunsch von den Augen abzulesen, denn im nächsten Moment näherte sie sich wieder mit ihrem Gesicht dem der Blonden.
„Na dich."
Erneut küssten sie sich, als hätten sie noch nie etwas anderes getan, und über ihnen strahlten die Sterne um die Wette.
„Das nenne ich mal einen Roadtrip."
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