18
Erschrocken machte Alexis zwei Schritte rückwärts, als Miles plötzlich vor ihr stand. Er hielt seinen Schlüssel in der Hand und hatte wohl gerade die Tür aufschließen wollen, als sie diese geöffnet hatte.
„Whoa, hey Kleine, alles okay?", sagte Miles als sie zurückwich.
„Eh ja, ich hab mich nur erschrocken."
Miles betrat die Wohnung, zog sich die Schuhe aus und gähnte. Er roch nach Rauch und Alkohol. Alexis rümpfte die Nase.
„Na, lange Nacht gehabt?", fragte sie beiläufig.
Ein verschmitztes Grinsen schlich sich auf Miles' Lippen, das aber nicht seine Augen erreichte.
Eine leichte Gänsehaut bildete sich in Alexis' Nacken und sie brachte einen weiteren Schritt Abstand zwischen sie.
Der Typ ist einfach unheimlich... ich weiß nicht, was Becca an ihm findet.
„Könnte man so sagen, ja."
„Ah, hehe...", gab Alexis bemüht zurück. „Eh... weißt du, wo Becca steckt?"
„Ja, hab sie gerade bei der Uni abgesetzt."
Die Selbstverständlichkeit, mit der er das sagte, versetzte Alexis einen Stich.
Warum hat sie nicht gefragt, ob ich mitwill?
„Ah... ok. Ja, da muss ich jetzt auch hin."
„Alles klar, bist später, Kleine.", nickte Miles ihr zu und wandte sich von ihr ab.
Schnell huschte Alexis durch die Tür und lief durch das Treppenhaus nach unten. Vor der Tür konnte sie nicht anders und schüttelte sich.
Miles ist merkwürdig.
Dann wanderten ihre Gedanken wieder zu Rebecca. Ein Blick auf ihr Handy bestätigte Alexis' Gefühl, dass sie sich immer noch nicht gemeldet hatte.
Wenn sie doch schon unterwegs ist, warum meldet sie sich dann nicht?
Unsicherheit und das Gefühl von Einsamkeit hefteten sich an ihr Herz. War sie Becca egal? War Becca gar nicht ihre Freundin? Warum auch sollte sie sich mit jemandem wie Alexis anfreunden, besonders jetzt, wo sie doch Miles hatte?
Betrübt machte sich Alexis auf den Weg zur Uni. Es fiel ihr schwer, ihre Gedanken zu ordnen und ihrer Herr zu werden. Bevor sie hierher gekommen war, hatte sie in den letzten Monaten mit kaum jemandem gesprochen, mal abgesehen von Monica. Es fiel ihr schwer, Beziehungen aufzubauen. Sie hatte das Gefühl, dass das an ihrer Zeit mit Adam und den Drogen lag. Es war, als ob der Teil in ihrem Hirn einfach nicht richtig funktionieren würde. Und besonders bei der männlichen Spezies tat sie sich schwer, da sie die Kerle immer erst einmal nur als mögliche Sexualpartner ansah.
Weil du eine verdammte Schlampe bist und wahrscheinlich auch immer sein wirst.
Nein, bin ich nicht.
Natürlich bist du das. Du willst doch einfach immer nur das eine. Und das wolltest du auch schon bei Adam.
Nein, wollte ich nicht.
Oh doch. Und du bist selbst schuld.
Ich bin nicht schuld. Ich kann nichts dafür.
Lügnerin. Du...
Ich bin nicht schuld, ich kann nichts dafür, ich bin nicht schuld, ich kann nichts dafür.
Du bist wertlos. Niemand wird dich jemals lieben. Miststück!
„Ich bin nicht schuld!", rief Alexis und schlug sich erschrocken die Hände vor den Mund, als sie bemerkte, dass sie den Satz laut durch die Straße gerufen hatte. Sie blickte sich um, doch bis auf einige Autofahrer und jemanden auf der anderen Straßenseite, der sie nicht gehört zu haben schien, war sie allein.
Sie holte zittrig Luft.
Ruhig bleiben..., atmen...
Monica fehlte ihr so sehr. Dieses ganze Durcheinander mit Joshua, das ungute Gefühl bei Miles, ihr Versagen im Studium und die eisblauen Augen Nathans taten ihr nicht gut. Sie wünschte, sich in ihre Lederjacke kuscheln zu können, denn dies war wie eine Umarmung Monicas.
Tränen traten ihr in die Augen, die sie eilig versuchte, hinwegzublinzeln. Doch die Flüssigkeit sammelte sich zu einer Perle, die ihr die Wange hinablief und schließlich auf dem Asphalt zu ihren Füßen zersprang.
Ich schaff das alles nicht...
Ihre Füße hatten sie ganz automatisch bis zum Campus getragen, während sie sich das Hirn zermarterte und in ihren Selbstzweifeln ertrank. Das motorische Gedächtnis war doch etwas feines: verantwortlich dafür, die tagtäglichen körperlichen Tätigkeiten reibungslos auszuführen, egal wie abgelenkt man eigentlich gerade war. Manchmal konnte das zu ganz absurden Bewegungen führen, von denen man nicht einmal wusste, dass man sie ausführte.
Alexis stand vor den Gebäuden der Universität und wusste nicht, wohin mit sich.
Ich pack das alles nicht. Nicht ohne sie.
Zögernd nahm sie das Handy heraus und scrollte durch ihr Kontaktverzeichnis. Sie und Monica hatten sich Decknamen gegeben, als sie ihre Nummern abgespeichert hatten.
„Um sicher zu gehen, Schätzchen.", hatte Monica traurig gelächelt. „Nicht, dass er doch irgendwie an uns ran kommt, unsere Handys hackt und uns findet."
„Und wie soll ich mich nennen?", hatte Alexis gemurmelt, während sie in ihr Hotdog gebissen hatte.
„Hmmmm... gute Frage...". Monica hatte an ihrer Zigarette gezogen. „Wie wäääääre es mit... Elaine, Göttin der Nacht?"
Alexis hatte losgeprustet und dabei Zwiebeln und Soße auf dem Tisch verteilt.
„Aber klar doch! Und du bist Janna, die Schneekönigin!", hatte sie gekichert.
„Na dann haben wir ja unsere Namen.", hatte Monica sie angestrahlt. Ihre weißen und makellosen Zähne hatten aufgeleuchtet in ihrem Gesicht.
Sie hatten gelacht, gegessen und Geschichten zu ihren Alter-Egos zusammengesponnen. Es war ein so wunderbares, befreiendes Gefühl gewesen. Ein anderes Selbst mit anderen Erinnerungen. Frei, unschuldig und nichts vom Bösen auf der Welt ahnend.
Auf dem Rückweg in ihr Hostelzimmer hatte Monica sich eine Zigarette angezündet, den Arm um Alexis geschlungen und hatte zufrieden geseufzt: „Was für ein tolles Leben die beiden haben, hm?"
„Hach ja...", hatte Alexis lächelnd gemurmelt und in den Nachthimmel geblickt. „Vielleicht gibt es sie ja irgendwo, diese Elaine und Janna."
„Was die beiden wohl gerade machen?" Monica hatte einen tiefen Zug genommen.
„Wer weiß... vielleicht reden sie über eine Monica und eine Alexis."
„Ha! Und was die wohl sagen würden?", hatte Monica aufgelacht.
Eine Weile waren sie schweigend nebeneinander hergegangen, die Stille nur unterbrochen vom Knistern der Zigarette, wenn Monica daran zog. Schließlich blieb sie stehen, um den Glimmstengel auf den Boden zu schnipsen und auszutreten. Dann hatte sie sich zu Alexis umgedreht und ihr fest in die Augen geblickt.
„Weißt du, Süße...? Was, wenn wir ihnen eine Geschichte geben?", hatte sie mit ernster Miene gefragt.
„Hm?", hatte Alexis gemurmelt, die noch ganz in Gedanken gewesen war.
Im nächsten Augenblick hatte Monica sie an sich gezogen.
„Eine echte, richtige Geschichte...", hatte Monica gewispert.
Mit großen Augen hatte Alexis sie angesehen. Ihr Puls hatte sich beschleunigt, ihr Mund war trocken gewesen und sie hatte kaum schlucken können.
Mit einem Finger hatte Monica eine Locke aus Alexis' schulterlangem Haar um ihren Finger gewickelt, mit der anderen Hand hatte sie über ihre Wange gestrichen.
„Weißt du, Schätzchen,", hatte Monica gelächelt. „Ich würde der Welt wirklich gerne eine Geschichte von den beiden erzählen." Und damit hatte sie Alexis einen saften Kuss auf die Wange gehaucht.
Alexis waren die Knie weich geworden. Sie hatte die Augen geschlossen, hatte flach geatmet und Monica ihren Kopf zugewandt. Sie hatte gefühlt, wie Monicas Lippen sacht und vorsichtig über ihr Gesicht geflattert waren, fast wie kleine Schmetterlinge. Tausende Gedanken waren ihr durch den Kopf gerast und gleichzeitig war da völlige Stille gewesen, ein großes leeres Nichts.
Will ich das? Kann ich das?
Dann hatten sich Monicas weiche und warme Lippen auf ihre gelegt und alle Zweifel waren geschwunden. Sie hatte Monica an sich gezogen, hatte den Kuss erwidert; zunächst vorsichtig und zögernd, dann jedoch mit Hingabe und aufsteigender Erregung. Als sie Monicas Zungenspitze an ihren Lippen gefühlt hatte, hatte dies Stromstöße durch ihren Körper gejagt und sie hatte ihr Einlass gewährt. Monica hatte sie eng umschlungen gehalten, sie hatte ihre Brüste an ihren spüren können, hatte ihren Duft wahrgenommen, hatte ihre Hände an ihren Seiten, ihrem Rücken, ihrem Po gefühlt.
„Komm,", hatte Monica gehaucht. „Lass uns gehen."
Die Hände ineinander verschlungen waren sie die letzten Meter von der Straße zu ihrem Zimmer gegangen. Alexis' Herz hatte gerast und nur Monicas Hand in ihrer hatte sie in dieser Welt gehalten. Die Mischung aus Erregung, Vorfreude, Angst und Unsicherheit hatte ihr schwindelig werden lassen.
Was passiert hier? Was tun wir gerade? Was wird gleich passieren? Will ich das?
Im Zimmer angekommen, hatte Alexis unsicher im Raum gestanden, während Monica die Tür abgeschlossen und verriegelt hatte - sie verriegelte grundsätzlich die Tür, man wusste ja nie - und die Vorhänge zugezogen hatte. Dann hatte sie sich zu Alexis umgedreht und sie nachdenklich betrachtet.
„Hey, Mäuschen... ich weiß, du hast Angst."
Sie war auf Alexis zugekommen, dicht vor ihr stehengeblieben, hatte ihre Hände gefasst, sie an ihren Mund geführt und mit sanften Küssen bedacht.
„Aber das brauchst du nicht... es ist okay, dass wir das wollen. Wir brauchen das. Nähe, Zuneigung, Sex." Beim letzten Wort hatte sie sie angegrinst. „Und wenn es dir hilft, dann sind wir heute nicht wir. Dann sind wir einfach Elaine und Janna, ja?"
Monica hatte Alexis' Arme um sich gelegt, hatte Alexis in ihre Arme geschlossen und sie am Hals geküsst.
„Sei einfach meine Elaine...", hatte Monica zwischen den Küssen geflüstert.
Monicas Hände waren unter ihr Oberteil gefahren und Alexis war unter der Berührung zusammengezuckt und hatte aufgekeucht.
„Lass mich Janna sein, bitte...". Mit diesen Worten hatte Monica Alexis die Jacke von den Schultern gestreift, ihr das Halstuch langsam über ihren Nacken gezogen und ihr dann Pullover und Shirt über den Kopf gezogen. Alexis hatte noch gezögert, doch als Monicas Küsse von ihrem Hals über ihr Schlüsselbein, ihrem Dekolleté hinab zu ihrem Bauch gefahren waren, hatte sie ihre Bedenken und Zweifel über Bord geworfen. Mit zittrigen Fingern hatte sie Monica hochgezogen und ihr ebenfalls das Oberteil ausgezogen. Monica hatte sie angefunkelt, an sich gezogen und gierig geküsst.
Es war Alexis gewesen, die sie beide Richtung Bett gedrückt hatte und Monica dabei vor sich hergeschoben hatte. Als diese die Matratze hinter sich gespürt hatte, hatte sie den Kuss unterbrechen wollen, doch Alexis hatte sie noch enger an sich gezogen und Monicas BH geöffnet. Nun war es Monica gewesen, die aufgekeucht hatte und Alexis mit großen, erwartungsfrohen Augen angesehen hatte. Alexis hatte grinsen müssen.
Die vollen, schweren Brüste der Simbabwanerin hatten nun frei vor ihr gelegen. Alexis eigene Brüste füllten ihre Hand gut aus, dich Monicas Brüste waren weitaus größer, fülliger und unglaublich weich. Sie hatte Monica aufs Bett gedrückt, sich über sie gelehnt und ihre dunkle Brustwarze mit ihren Lippen umschlossen. Sie hatte daran geleckt, zärtlich daran geknabbert und sie eingesogen. Monica hatte gestöhnt und ihre Hände in Alexis' Haaren vergraben. Mit beiden Händen hatte Alexis Monicas Brüste umfasst und begonnen, sie zu kneten. Monica hatte sich unter ihr gewandt und lustvoll gestöhnt.
Mit flinken Fingern hatte Alexis ihr die Hose aufgeknöpft und sie ein Stück heruntergezogen. Sie war mit der Hand in Monicas weißen, mit Spitze versehenen Slip gefahren, hatte ihre weiche Schambehaarung gefühlt und war mit ihrem Mittelfinger zwischen Monicas Schamlippen gefahren. Monica war schon völlig feucht gewesen und hatte auf die Berührung mit einem durchgedrückten Rücken und einem kehligen Raunen reagiert.
Alexis hatte Monica mit dem Finger über den Kitzler gestrichen, während sie weiter an Monicas Nippel gesaugt hatte. Diese hatte heftig zu atmen begonnen und krallte sich nun geradezu in Alexis' Locken. Alexis war mit ihrem Finger zwischen Monicas Schamlippen hin-und hergefahren und hatte sie über ihren Kitzler kreisen lassen. Monica war dabei geradezu nass geworden, hatte ihre Hose weggestrampelt und die Beine weit gespreizt. Ihre Arme waren aus Alexis' Haaren in die Bettdecke gewandert, die sie in ihren geballten Fäusten umklammert hatte. Sie hatte völlig frei und offen dagelegen. Bereit.
Alexis hatte Monicas Slip heruntergezogen, wobei diese sie nicht aus den Augen gelassen hatte und jede ihrer Bewegungen mit lüsternen Augen gefolgt war. Kaum hatte Alexis ihr Höschen gelöst, hatte Monica ihre Beine um sie geschlungen und sie beide herumgedreht, sodass nun Alexis auf ihrem Rücken gelegen hatte und Monica über ihr. Gierig hatte Monica sie geküsst und auch ihren BH gelöst. Mit den Lippen war sie von Alexis Mund hinab über ihren Hals zu ihrem Schlüsselbein gewandert, hatte sich sehr zu Alexis' Verdruss nur kurz ihren Brüsten gewidmet und hatte dann jedoch ihren Bauch mit flatternden Küssen bedeckt. Alexis war erschauert und zwischen ihren Beinen hatte es sich erwartungsvoll zusammengezogen. Als sie dann Monicas Lippen - und ihre Zunge! - an ihrem Hosenbund hatte entlangfahren spüren, hatte sie aufgestöhnt.
„Monica, ich... bitte...", hatte sie gekeucht.
„Ja, ich mach ja schon, Mäuschen.", hatte Monica lächelnd geflüstert.
Dann hatte sie ihr Hose und Slip ausgezogen und ihren Kopf direkt in Alexis' Schoß versenkt. Alexis hatte gleichzeitig gekeucht und gestöhnt, als Monica ihre Zunge direkt zwischen ihre Lippen begeben hatte und sie innig geleckt hatte. Alexis hatte das Lecken von Adam und von einigen der Kerlen gekannt, an die Adam sie verkauft gehabt hatte, aber was Monica da zwischen ihren Schenkeln gemacht hatte, war etwas völlig anderes gewesen.
Monica hatte sie langsam, gefühlvoll und mit genau dem richtigen Druck geleckt. Sie hatte ihre Zungenspitze um ihre Clit kreisen lassen und hatte dann mit beiden Daumen Alexis' Schamlippen gespreizt. Tief hatte Alexis Luft geholt und diese angehalten, bis sie Monicas Zeige- und Mittelfinger in sich gespürt hatte. Ausgeatmet hatte sie in Form einen lustvollen Schreis. Monica hatte ihr wenig Zeit gelassen, wieder zu Atem zu kommen und das Tempo ihrer Finger schnell gesteigert und Alexis damit an den Rand des Wahnsinns gebracht. Als sie sie gleichzeitig gefingert und geleckt hatte, hatte Alexis geschrien. Ein so intensives, intimes und befriedigendes Gefühl hatte sie noch nie erlebt.
Alexis starrte auf ihr Handydisplay, ihr Finger verharrte über dem grünen Hörersymbol, das unter dem Namen „Janna" aufleuchtete. Die Erinnerung hatte es in ihrer Brust pochen lassen, ihr Hals war trocken und Tränen standen ihr in den Augen. Ihr Herz war schwer vor Sehnsucht. Entschlossen klickte sie auf den Button und hielt sich das Handy ans Ohr.
Tuuuuuuut.
Bitte geh ran.
Tuuuuuuut.
Bitte geh ran.
Tuuuuuuut.
Komm schon, Monica.
Tuuuuuuut
Bitte, bitte, bitte...
Tuuuuuuut.
Ich muss mit dir reden.
Tuuuuuuut.
Ich brauche dich.
Tuuuuuuut. Klick.
„Hi, hier ist Monica!..."
„Gott sei Dank! Monica, ich..."
„...leider bin ich im Moment nicht zu sprechen, aber hinterlass mir doch gerne eine Nachricht, ich melde mich dann. Bye!"
Verdattert blickte Alexis auf ihr Handy.
Nur die Mailbox...
Enttäuscht legte sie auf. Sie wusste nicht, was sie Monica auf die Mailbox hätte sprechen sollen.
Hey, ich bin's und ich packe nichtmal den ersten Monat, weil ich eine verdammte Versagerin bin? Zu dumm fürs Studium; zu dumm, nicht den erstbesten Kerl zu besteigen; zu dumm fürs Leben?
Bitter lachte sie auf. Sie kam sich klein und schäbig vor. Abhängig - wieder einmal. Nicht in der Lage, selbst etwas hinzubekommen. Völlig unfähig, ihr Leben zu organisieren und die Dinge durchzuziehen, die sie sich vorgenommen hatte. Verunsichert, verängstigt, verstört. Nicht liebenswert. Nicht lebenswert. Ein Nichts, ein riesiger Klops Nichts.
Ihrem Körper die Kontrolle überlassend, in einem Schleier aus dumpfen Groll schwebend, machte sie sich auf den Weg zum Hörsaal.
Wie in einem Film sah sich selbst in der Vorlesung sitzen, sah sich mitschreiben ohne zu wissen, was sie da schrieb, sah sich zum Seminar gehen, sah sich im Reader blättern und Textstellen markieren, sah sich in der Cafeteria einen Kaffee bestellen, sah sich diesen trinken, sah sich zur Toilette gehen, sah sich in der nächsten Vorlesung und sah sich dann, am Nachmittag, auf dem Flur stehen. Der gesamte Tag war wie in Watte an ihr vorbeigezogen. Aber nicht die flauschig kuschelige Watte, in die man sich hineinwerfen wollte; nein, die gelblich kratzige von Baustellen, an der man mit bloßen Händen hingen blieb und die sich einem geradezu ins Fleisch fraß. Eklige, alles verschlingende Watte.
Ihre Halsschmerzen hatten sich über den Tag manifestiert. Ihre Nase war zu und ihr Kopf dröhnte. Sie überlegte, zur nächsten Apotheke zu gehen, um sich mit dem „guten Zeug" - so hatte Monica Medikamente immer bezeichnet - zu versorgen und dann einfach nur ins Bett zu fallen. Aber wozu? Warum überhaupt irgendetwas tun? Weshalb überhaupt irgendwohin gehen? Wozu das alles? Wieso?
Ihr Handy klingelte, worauf ihr Herz einen Schlag aussetzte. Wie bei einem PC Neustart schien ihr Bewusstsein in ihren Körper zurückgebeamt zu werden und aufzuleuchten wie die kleinen Ioden und blinkenden Lämpchen am Gehäuse.
Monica!
„Heyyyyyyyy Lexi, ich bin's!", quietschte ihr eine vertraute Stimme entgegen.
Nicht Monica.
„Wo hast du nur den ganzen Tag gesteckt, ich hab dich gar nicht gesehen!... Lexi? Bist du dran?", brabbelte ihr Rebecca ins Ohr.
„Eh ja... hi.", antwortete Alexis.
„Alles okay? Du klingst voll fertig!"
„Ehm... ja... alles okay. Ich bin... ich... also,... eh...", stammelte Alexis.
„Himmel, bist du durch!", lachte Rebecca. „Hast du etwa eine wilde Nacht hinter dir?"
„Was? Ich... nein!", rief Alexis entrüstet. „Bin nur etwas erkältet."
Wieder lachte Rebecca. „Bleib locker, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Also, wobei brauchst du meine Hilfe?"
„Deine Hilfe?" Alexis war verwirrt.
„Na, du hast mir doch geschrieben, ob ich heute Zeit für dich hab. Ich bin zuhause, aber von dir ist keine Spur. Also, was steht an?"
Ach ja... meine Jacke.
„Ich wollte dich fragen, ob du mit mir ins Jungenwohnheim kommst.", sagte sie, wohlwissend welche Reaktion sie von Rebecca zu erwarten hatte. Und diese folgte natürlich prompt.
„Uh lalaaaaaa, ins Jungenwohnheiiiim?! Was willst du denn da?", quietschte diese.
„Entspann dich, Becca. Ich will nur meine Jacke abholen."
Noch während sie das sagte, war Alexis klar, wie das klingen musste. Aber bevor sie auch nur Luft holen konnte, um zu erklären, was genau sie eigentlich gemeint hatte, musste sie sich das Telefon vom Ohr halten, weil vom anderen Ende nur noch ein hoher Quietschton zu hören war.
„Ahhhhhhhhhhhhhh, neiiiiiiiiiin! Lexiiiiiiiiiiiii! Wer, wer, wer?! Los, raus mit der Sprache! Wo müssen wir deine Jacke abholen?"
„Becca, nein! Verdammt, hör mir zu! Becca! Beccaaaaaaaa!", versuchte Alexis dagegenzureden und musste lachen, als Rebeccas Quietschen in ein unverständliches Gebrabbel von Liebe und Hochzeit überging. Dafür liebte sie ihre neue Freundin. Becca war der wandelnde Optimismus - oder, wie diese zu sagen pflegte „Das heißt Sumsi mit Po rückwärts! - Also nenn mich ruhig Sumsi!".
„Okay, hör zu:", versuchte Alexis es noch einmal. „Ich hab meine Jacke gestern beim Tutoring liegen lassen und kann sie jetzt abholen. Aber ich will da nicht alleine hin. Kannst du mitkommen?"
„Na klar komm ich mit! Aaaaaaber erst sagst du mir, zu wem es geht!"
„Eh... zu Josh's Kumpel..."
„Nathan?!", kreischte Rebecca.
Verwundert zog Alexis die Augenbrauen zusammen. „Ja, Nathan."
Nun lachte Rebecca laut auf: „Na, wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dir die Jacke gestern schon mitgebracht."
„Hä?", kam es nur von Alexis. Sie konnte nicht folgen.
„Na, ich war gestern auf einer Art Doppeldate mit ihm."
Und auch diese Aussage ließ Alexis' Herz einen Schlag aussetzen - vor Enttäuschung.
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