Day 4: places you want to visit
Alle Wege führen nach Rom, oder eben doch nicht.
Meine Augen schweifen von den Infoblättern auf dem Tresen des Reisebüros hin zu einem der vielen Bildschirme, die unermüdlich bunte Bilder von Landschaften, Städten und Menschen in anderen Ländern zeigen. In hundertverschiedenen Schriftzügen, werden die unterschiedlichsten Ländernamen aufgelistet und passend dazu läuft eine Playlist mit Liedern aus aller Welt im Hintergrund. Die junge Frau hinter dem Tresen drückt mir einen weitern Stapel mit Broschüren entgegen. Seitdem ich ihr auf die Frage, wo ich denn hinwolle mit „Überall" geantwortet habe, ist sie damit beschäftigt auf ihre Tastatur einzuhämmern, mit der Maus zu klicken und in Kisten mit fein säuberlich sortierten Broschüren zu kramen. Ich nehme den Stapel entgegen und bedanke mich. „Du kannst dich auf eines der Sofas setzen und sie dir in Ruhe durch schauen!", meint sie und deutet zu den orangenen Ledersofas vor den Fenstern, die von innen mit lauter Werbung voll geklatscht sind, damit auch jeder vorbeigehende merkt, dass hier ein Reisebüro ist. Mit den Broschüren in der Hand dackle ich zu einem der Sofas und lasse mich ungelenk auf ihm nieder. Den Stapel platziere ich vorsichtig neben mir auf dem Polster und schnappe mir das oberste Infoblatt. Die Berge Kanadas leuchten mir entgegen. Ich betrachte die Broschüre kurz. Tiefe, dunkle Wälder; blaue Bergseen; Schnee, sehr viel Schnee. Es gibt Fotos von Colleges und Eishockeyspielen, von kleinen Dörfern und großen Städten. Es wird mit der Multikultur Kanadas und der abwechslungsreichen Natur geworben und ich muss lächeln. Sachte lege ich das Papier beiseite und nehme die nächste Broschüre von Stapel. Neuseeland. Ein seufzen entweicht meinen Lippen. Wunderschöne Natur, wunderschönes Land. Die Herr der Ringe und Hobbit Drehorte, wunderschöne Städte. Ich drehe den Flyer herum und betrachte die kleinen Bilder, die eng aneinander auf gedruckt wurden. Strände, Berge mit Gletschern, Wälder, Städte, kleine Dörfer, weite Wiesen und nette Menschen. Diesen Eindruck vermittelt die Werbeagentur. Versonnen streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. Doch, das könnte ich mir vorstellen. Intuitiv greife ich nach dem nächsten Infoblatt. Werbung für eine Reise quer durch Skandinavien. Norwegen, Schweden, Finnland... Die Liste ist lang. Mit dem Reisebus durch die Gegend tuckern und jeden Tag einen neuen Ort entdecken. Die Fotos zeigen Berge, Flüsse, Seen und vor allem Frost, Schnee und Polarlichter. Etwas, was als einer der höchsten Punkte auf meiner Bucketlist steht: Polarlichter sehen! Als ich den Flyer zur Seite legen will, stoße ich an den Turm mit Broschüren und Infoblättern neben mir, der dadurch gefährlich ins Wanken gerät. Ich kann ihn gerade so vorm umkippen bewahren indem ich ihn mit beiden Armen umklammere. Peinlich berührt sehe ich mich um, um mich zu vergewissern, dass diese Aktion niemand gesehen hat. Der Mann an der Info hat sich nicht einmal zu mir gedreht und die junge Frau die ihn berät erst recht nicht. Erleichtert atme ich auf. Dann werfe ich einen Blick auf die nächste Broschüre. „Hauptstädte Europas", na das klingt aber mal interessant. Doch ein Blick auf das Angebot lässt mich enttäuscht zusammensacken. 5 Tage, 7 Hauptstädte und das für 3500 Euro. Europäische Hauptstädte, da hätte ich Lust drauf, aber nicht so. Ernüchtert lege ich sie beiseite und greife lustlos nach der nächsten Broschüre. Asiensschönheit. Japan, Südkorea, Thailand, Mongolei, Nepal, China, Laos, Indonesien und die Philippinen. Fünf Wochen und man wechselt in der Reisegruppe, wie man Lust hat. Interessiert studiere ich die Karten. Schlussendlich lege ich aber auch die beiseite und schaue aus dem Fenster. Ein Bus brettert vorbei. Random-Dorf-in-meiner-Nähe steht in Leuchtbuchstaben hinten drauf. Da war ich meines Wissens nach auch noch nie...
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