12

Der Himmel hatte sich Lilys Gemütslage angepasst, als sie nach endlosen Stunden in Hogsmeade ankamen. Eine pechschwarze Gewitterfront verdeckte das sonst so zarte graue Schimmern der Dämmerung, wenn sie sich über die Ländereien legte.

Mit zusammengekniffenem Gesicht sprang Lily aus dem Zug und spürte prompt, wie ihr die ersten Regentropfen ins Gesicht klatschten. „Wie wunderbar", bemerkte Jasper, der hinter versuchte, seinen Koffer über die Schwelle zu ziehen.

Sie murmelte etwas zustimmendes, die Fahrt hatte sie erschöpft und sie wollte nichts lieber, als sich in ihrem Schlafsaal zu verkriechen.

„Lily! He, du schwerhöriges Stiefmütterchen. Lange nicht gesehen!"

Aus dem Meer aus grimmig gen Boden starrenden Schülern grinste Lily Laureen entgegen, über ihre Schulter spähte Hillary, die über den Sommer noch schlaksiger und noch blonder geworden sein schien. „Oh", stieß Lily verdutzt aus und begann prompt, sich ihren Weg durch die Menge aus Menschen zu schlagen, die alle in die entgegengesetzte Richtung zu den Kutschen strömten. Jasper verlor sie im Getümmel hinter sich aus den Augen, dafür entdeckte sie Ginny und Madison.

Ginnys Gesicht hellte sich auf und ihre tausend Sommersprossen schienen mit ihren Augen um die Wette zu strahlen, als sie sie erblickte. Zum Leidwesen aller anderen ließ sie ihren Koffer und einen Käfig mit einer Lily unbekannten Eule mitten im Weg stehen und kam auf Lily zu gerannt.

„Wie waren deine Ferien? Geht es dir gut? Ich hoffe, das St. Mungos hat dich wieder gut zusammen geflickt", nuschelte sie in die Umarmung und in Unmengen an orangefarbenem und dunkelrotem Haar hinein.

St. Mungos, genau. Eine der anderen Lügen, der vorgeschobene Grund, warum sie vor den Ferien so überstürzt aufgebrochen war.

„Ja, das St. Mungos hat mich wieder gut zusammengeflickt. Wenn Oliver Wood hier ist", sie hielt sich eine Hand an die Hüfte, „bin ich mindestens hier." Sie stellte sich auf Zehenspitzen und schnipste Ginny über dem Kopf herum. Im Gegensatz zu Hillary hatte sie in den Ferien nicht versucht, die zehn-Zentimeter-Wachstumsmarke zu knacken.

„Das trifft sich gut, wir haben dich vermisst", erwiderte besagte Hillary und lächelte Lily zu. In ihrer Magengegend breitete sich ein wohlig warmes Gefühl aus, das das dumpfe Pochen der letzten Stunden verdrängte.

Zusammen machten sie sich auf den Weg zu den Kutschen und war ihr vor wenigen Minuten noch alles grau und fad vorgekommen, wirkten jetzt sogar die Thestrale wie sonnige Kreaturen.

Vor dem großen Portal drängten und quetschten sich die Schüler ins Innere, mit einem Schulterzucken gaben sie jeglichen Widerstand auf und ließen sich mit tragen. Laureen und Hillary waren bereits in der Eingangshalle verschwunden, als Lily plötzlich von hinten zur Seite gedrängt wurde.

Nur den Bruchteil einer Sekunde später ergoss sich ein Wasserschwall von den Balustraden oberhalb des Schlossportals und durchtränkte Neville bis auf die Knochen. Wassertropfen perlten von seinem Gesicht, spritzen zu Lily herüber und hinterließen kleine dunkle Rinnsale auf ihrem Umhang.

Neville blinzelte ein paar Mal und schob sich mit seiner freien Hand, die andere hielt seine Kröte Trevor umklammert, die nassen Haare aus der Stirn.

„Peeves", lauteten seine ersten Worte. „Er macht sich einen Spaß daraus, uns auch herzlich willkommen zu heißen." Lily wurde schon von den hinter ihr eintrudelnden Schülern weiter gedrängt, aber tatsächlich meinte sie, Peeves unvergleichliches Lachen zu hören und über das wilde Stimmengewusel hinweg eine aufgebrachte McGonagall, die den Poltergeist zur Vernunft mahnte.

Während Lily noch überlegte, ob Neville sie zufällig beiseite und somit selbst die Dusche abbekommen hatte, hatte er anscheinend schon mit ihr gesprochen, jedenfalls sah er sie an, als hätte er eine Frage gestellt.

„Entschuldige, was?", fragte Lily und deutete auf ihre Ohren. Auf Nevilles Wangen kroch ein Hauch von Röte und Trevors Kopf in seiner linken Hand schwoll an, weil Neville ihn zu fest hielt. „Nichts, nichts, ich – ach, nicht weiter ...", stotterte er und Lily biss sich auf die Zungenspitze, als Neville mit seinem Zauberstab versuchte, seinen Umhang zu trocknen. Es roch bereits ein wenig verkohlt und sie bemerkte, wie sie über einige Köpfe hinweg argwöhnisch von Blaise Zabini beobachtet wurde.

Jaspers Blick wich sie aus, bevor er sich ihr zuwenden konnte. „Darf ich?", fragte sie dann an Neville gewandt und zog ihren eigenen Zauberstab. „Ja, klar." Er schlug die kleinen Flammen aus, die sich an seinem Ärmel gebildet hatten. Lily lächelte ihm aufmunternd zu und als sie gemeinsam die Große Halle betraten, hinterließ er keine nassen Spuren mehr auf den großen Steinplatten.

Neville war ihr schon einige Schritte voraus, als Lily von hinten angerempelt wurde. „Dass dir bei seinem Anblick nicht schlecht wird", zischte Malfoy gehässig und imitierte Nevilles unbekümmerten Gesichtsausdruck. „Nichts, i ic ich – ach", stotterte er mit übertrieben hoher Stimme und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Oh", seine Lippen formten sich zu einem Kreis. „Jetzt habe ich auch noch meinen Umhang angezündet, wie dumm."

Crabbe und Goyle, deren starre Gesichter vorher unbeweglich hinter Malfoy gehangen hatten, lachten auf. Lily schob den Unterkiefer vor, ihre Augenbrauen zuckten in die Höhe. „Kommt da noch was? Oder hast du deine Lachnummer zum Wohle aller beendet?", fragte sie ruhig und augenblicklich wechselte Malfoy zurück in seine eigene Rolle.

„Pass auf, mit wem du redest", schnauzte er sie an, das Gesicht zu einer gehässigen Fratze verzogen. „Manche Freundschaften vertragen sich nicht mit anderen, es wäre schade, wenn du noch eine Erinnerung daran brauchst."

Malfoy hob angewidert die Mundwinkel, dann ging er an ihr vorbei zum Slytherintisch, wo Jasper und Blaise bereits auf ihn warteten. Lily hatte große Lust, ihm hinterher zu rennen, ihm hinterher zu brüllen. Ihm zu sagen, was für ein arroganter Dummkopf er war.

Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung war, eine ganz kleine nur. Sev, am Lehrertisch in ein Gespräch mit McGonagall vertieft, löste, als sei es vollkommen zufällig, seine Hand vom gläsernen Kristallkelch, der vor ihm stand, und nickte ihr zu.

Lily erwiderte seine Geste mit einem kaum wahrnehmbaren Senken des Kopfes. Es war, als würde er ihr über die Köpfe der anderen hinweg sagen, dass sie ruhig bleiben solle. Dass es wichtigeres gäbe, als sich mitten in der Großen Halle die Köpfe einzuschlagen.

Sie schluckte und ging mit langsamen Schritten zum Gryffindortisch. Sie folgte den Gesprächen, die um sie herum entstanden nur mit halben Ohr und selbst als Dumbledore in seiner Festtagsrede Malfoys Vorhersage des Trimagischen Turniers bestätigte, war sie mit ihrem Kopf immer noch in ihren eigenen Gedankenstrudeln gefangen.

Sie hatte das Gefühl, von all den Menschen um sie herum, von all den Gesprächsfetzen, die sie auffing und die sich in ihrem Kopf zu einem großen Knoten verhedderten, in einen Bann gezogen zu werden. Ihre eigenen Gedanken wurden immer leiser und leiser, sie hörte, wie Laureen und Hillary von ihrem Ausflug zu Loch Ness erzählten, wie Madison sie aufzog und wie Ginny von der Quidditchweltmeisterschaft und den anschließenden Krawallen berichtete.

Wie Neville mit resignierter Miene zum fünften Mal an diesem Abend bedauerte, bei der Weltmeisterschaft nicht dabei gewesen zu sein. Die Stimmen der anderen, das Geflüster, Dumbledores erhobener Ton, all das wurde immer lauter in Lilys Kopf, bis plötzlich die Tür der Großen Hall mit einem Poltern aufgeschlagen wurde.

Ein Blitz zuckte über die magische Decke der Halle, auf einmal war es still im Raum und Lily konnte wieder einen klaren Gedanken fassen.

Der Mann, der in der Tür stand, besaß vom Regen durchtränktes Haar, einen ledernen Umhang und einen Gürtel, an dem eine bauchige Flasche befestigt war. Das auffälligste jedoch, das war sein Gesicht. Wieder flackerte ein Blitz durch die Halle und färbte das warme, weiche Licht der Kerzen in ein zuckendes, kaltes blau.

Im Gesicht des Mannes klafften Narben, sie zogen sich von den Augenbrauen zu den Mundwinkeln, über die Wangen und sogar am Hals entlang. Das abstoßendste seiner gesamten Erscheinung, wenn auch gleich das faszinierendste, war jedoch das magische Auge, das in einer seiner Höhlen lag und wirr umher irrte.

„Meine Schüler", erhob sich Dumbledore würdevoll und nachdem er mit einer Gabel gegen sein Glas geklopft hatte, schwiegen sogar die Gedanken. „Darf ich euch Professor Moody vorstellen? Euren neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste."

Erstmals ging ein leises Raunen durch die Schulgemeinschaft. Begleitet von verstohlenen Blicken erklomm Professor Moody die Stufen zum Lehrerpodium. Dumbledore schüttelte ihm die Hand und die beiden wechselten ein paar gemurmelte Worte, Professor Moodys magisches Auge jedoch glitt herum, sodass es von vorne nur noch milchiges weiß erkennen ließ.

Ein Erstklässler aus Hufflepuff, der geradewegs in der ersten Reihe saß, wandte sich, das Gesicht angewidert verzogen, ab.

Professor Moody verdeckte Lily die Sicht auf Sev, aber vielleicht lag es gerade daran, dass sie einen kleinen seltsamen Stich Argwohn verspürte. Denn worauf war der Blick aus Moodys gläsernem Auge gerichtet, wenn Sev genau hinter ihm saß?

„Also ich finde ja, der Typ hat was", stellte Madison flüsternd fest und schlürfte einen Schluck Kürbissaft. „Der sieht aus, als hätte er eine Menge Erfahrung." Neben ihr bleckte Laureen die Zähne. „Ach, stimmt ja. Typen mit Erfahrung sind im Sommer ziemlich in Mode gekommen." Madison verpasste ihr unter dem Tisch einen Tritt, der Rest des Tisches brach in ein Lachen aus.

Der Rest des Festmahles verging ohne Unterbrechungen, wenn man davon absah, dass Dean Thomas die Platte fallen ließ, auf der ein riesiger Pudding thronte und somit seinem Freund Seamus den Abend versüßte. Am Rande wurde über das Trimagische Turnier diskutiert, die Weasley-Zwillinge engagierten sich wie üblich zur Belustigung des gesamten Tisches und die Haarschöpfe von Harry, Ron und Hermine steckten auch den ganzen Abend schon in gewohnter Einheit zusammen.

Es tat gut, dass sich die Dinge mal wieder in gewohnter Ordnung befanden, schließlich waren die Ferien alles andere als normal verlaufen. Als Lily über den Haustischen hinweg Jaspers Blick begegnete, wusste sie, dass es ihm ähnlich gehen musste. Zumindest sah er, nach einem vertrauensvollen Nicken, ganz versöhnlich und ruhig über die schwebenden Tischkerzen hinweg in den Nachthimmel.

Nachdem Dumbledore die Vertrauensschüler gebeten hatte, ihre Häuser in die Gemeinschaftsräume zu führen, bahnte sich Lily einen Weg zum Lehrerpodium. Sev würde sie am Abend, nachdem sie das Passwort für die Fette Dame auskundig gemacht hatte, einen Besuch abstatten, jetzt musste sie erstmal mit Hagrid reden.

Jasper war augenscheinlich derselbe Gedanke gekommen, jedenfalls näherte er sich vom Slytherintisch. Claires Hundewelpen mussten in den Ferien um einiges gewachsen sein, außerdem hatte Hagrid Jasper vor seiner Abreise versprochen, schon mal nach geeigneten Abnehmern Ausschau zu halten. Lily hoffte inständig, dass es ihm gelungen war.

„Lily, Jasper! Schön, euch zu seh'n", begrüßte er sie prompt und klopfte Lily mit der gewohnten Kraft auf die Schulter. „Abend Hagrid", entgegnete sie und grinste. „Wie geht es dem Obstsalat bei dir zu Hause?" Umgeben von anderen Menschen erwies es sich als mehr als praktisch, dass Jasper die Hundewelpen nach Obstsorten benannt hatten.

„Limette und Kakao sind fast so schlimm wie die Weasley-Brüder, möcht' ich meinen", sagte Hagrid, als Jasper zu ihnen vorgedrungen war. „Und groß sind sie geworden, da werdet ihr Augen mach'n." Jasper verzog das Gesicht, Lily hätte Galleonen darauf verwettet, dass die Welpen in seinem Kopf auf die Größe von Wölfen mutiert waren. „Litschi und Kiwi was kleiner, aber Clementine wird Fang ordentlich' Konkurrenz machen." Hagrid senkte seine Stimme verschwörerisch.

„Ich hab' mich im Dorf was umgehört. Es sieht gut aus, macht' euch keine Sorgen." Lily nickte zufrieden. „Sehr gut, Hagrid, vielen Dank." Jasper pflichtete ihr schnell bei. „Das ist echt super!" Hinter dem Dickicht aus Haaren konnte Lily sehen, wie Hagrids Mundwinkel sich zu einem Lächeln hoben.

„Keine Ursache, keine Ursache", sagte er und hob beschwichtigend die Hände. „Kommt doch morgen mal runter." „Darauf kannst du dich gefasst machen", bestätigte Lily. Jasper nickte. „Darauf freue ich mich schon die ganzen Ferien", sagte er, obwohl bei Erwähnung des Wortes Ferien sein Lächeln für eine Sekunde lang von seinem Gesicht verschwand. Hagrid schien es ebenfalls bemerkt zu haben. „Du bist ein guter Junge, Jasper", sagte er und legte ihm eine seiner schweren Hände auf die Schultern. „Man streitet sich so lange mit seinen Eltern, bis man keine mehr hat."

Jasper zog die Schultern hoch und warf Hagrid ein zögerliches Lächeln zu. Lily begann sich zu fragen, was sie in der Zeit vor den Ferien alles verpasst hatte.

Vielleicht hätte sie nachgefragt, wenn in diesem Moment nicht Harry, Ron und Hermine aufgetaucht wären, um Hagrid zu begrüßen. Als sie begannen, sich zu unterhalten, wand Jasper sich aus dem Kreis heraus und hob verstohlen die Hand in Lilys Richtung. Lily nickte knapp und sah ihm lächelnd dabei zu, wie er in Richtung Ausgang verschwand.

Auf dem Weg hoch in den Gemeinschaftsraum unterhielt sie sich mit Hermine, sie war mit Harry und den Weasleys ebenfalls bei der Weltmeisterschaft gewesen, was sie nur am Rande erwähnte, denn im Fokus ihrer Aufmerksamkeit lag etwas vollkommen anderes.

„Lily, du kennst doch eine der Hauselfen hier, oder?", fragte Hermine, nachdem sie durch das Porträtloch geklettert waren. Verwundert sah Lily sie an. „Ja, Abby. Sie arbeitet schon immer hier." Hermine runzelte die Stirn. „Also hat sie erzählt", warf Lily schnell hinterher. „Warum denn?"

Hermines Stirn glättete sich wieder. „Nur so", gab sie zurück und Ron, der sich ein paar Schritte weiter mit Lavender Brown unterhielt, musste plötzlich trocken husten. Hermine bedachte ihn mit einem kritischen Blick. „Denkst du es wäre möglich, sich mal mit ihr zu unterhalten? Nicht jetzt aber ... Vielleicht später."

Lily zog die Schultern hoch. „Klar, wieso nicht."

Nach Hermines ominöser Frage machte Lily sich auf den Weg zum Schlafsaal, um dort wenigstens ihren Koffer auszupacken. Kurz zog sie in Erwägung, erst morgen zu Sev zu gehen, aber schon auf der Treppe verwarf sie den Gedanken wieder. Immerhin blieb noch ein wenig Zeit bis zur Sperrstunde und heute Abend würde so schnell ohnehin nicht ans Schlafen zu denken sein.

Lily räumte nur ungefähr die Hälfte ihres Koffers aus, bis ihre Motivation sie verließ. Laureen und Madison hatten ihre Koffer nur unters Bett geschoben und waren wieder runter in den Gemeinschaftsraum gegangen, Hillary schrieb auf ihrem Bett einen Brief und Ginny war auch irgendwo anders unter Menschen unterwegs.

Sachte, um Hillary nicht zu stören, schloss Lily die Tür hinter sich, dann stand sie wieder auf dem Gang. In den ersten Tagen hielten sich immer besonders viele im Gemeinschaftsraum auf, da war es ein leichtes, einfach so, unbemerkt wieder aus dem Portraitoch zu klettern.

Die Gänge auf dem Weg runter in die Kerker wurden immer leerer, je mehr Lily sich Sevs Büro näherte. Sie würde ihn fragen müssen, was er von der Bertha-Jorkins-Sache hielt und vielleicht, ob er den neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste kannte. Sicherheitshalber, um sich das gesamte Fiasko aus dem letzten Jahr zu ersparen.

Das letzte Jahr, in dem Lily durch Lupin so viel herausgefunden hatte. Über Sev, ein bisschen über sich selbst.

Das grobe Mauerwerk schluckte das Licht, das die Fackeln verbreiteten schnell und ließ verwinkelte Schatten über die Wände tanzen. Beim Anblick der engen Gänge konnte Lily verstehen, warum viele Erstklässler schon auf ihrem Weg zur ersten Zaubertrankstunde verunsichert wurden.

Sie selbst dagegen kannte die Irrungen und Wirrungen der Gänge hier unten auswendig und hätte sie wahrscheinlich blind zurücklegen können. Vielleicht lag es daran, dass Lily die Tür beinahe in vollkommener Selbstsicherheit geöffnet hätte.

Wären ihr nicht in letzter Sekunde die Stimmen aufgefallen, die aus dem Innern des Büros drangen. Schnell ließ Lily ihre Hand sinken und trat an der Tür vorbei zurück hinter die dicke Steinmauer. „Ich verstehe weder Ihr Problem, noch Ihr Misstrauen. Ich arbeite seit dreizehn Jahren hier, unter Dumbledores engster Aufsicht. Denken Sie nicht, es wäre ihm aufgefallen, wenn ich schwarze Magie betrieben hätte?"

Sevs Stimme drang leise durch einen feinen Spalt zwischen zwei dunkel lackierten Holzbrettern, die mittels Eisenstangen verbunden einen imposanten Eingang in Sevs Büro boten. Sie musste auch in Wirklichkeit leise klingen, denn sie wurde immer leise, wenn er wütend war.

Jetzt galt es nur zu wissen, wer sein Gegenüber war. „Vielleicht hat Dumbledore damals einen Fehler begangen." Ohne die passende Gestalt dazu vor Augen zu haben, ahnte Lily sofort, wem die knurrige Stimme gehörte. Professor Moody, es bestand keine andere Möglichkeit.

Seine Stimme war wie die Laute eines Kettenhundes, kurz bevor er zuschnappt. Lily rückte ein wenig von der Wand ab und ging in die Hocke.

Wahrscheinich konnte Moody mit seinem Auge durch seinen Hinterkopf hindurch gucken. Wer sagte dann, dass er das mit Steinmauern nicht auch tun konnte? Sie entfernte sich weiter von der Tür. Der Satz, der zu ihr nach draußen drang, war kaum mehr als ein Hauch.

„Und vielleicht begeht Dumbledore denselben Fehler immer noch. Sag du es mir, Snape."

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