3rd Letter

C- Cabrio mieten
Adeyemi&Brandt
Für emmaareich

Staunend stand Karim vor der Garage; Jule mit breitem Schmunzeln hinter ihm.
Das heutige Date stand vor ihnen und glänzte in der Sonne, die sanft und gnädig auf sie herunter schien. Heute war das perfekte Wetter für eine Spritztour mit dem gemieteten Cabrio.
Es war ein schon etwas älteres, rotes Modell von Mercedes, das Jule irgendwoher bekommen hatte. 
Als er Karim dann nach draußen gebeten hatte, hatte dieser nicht schlecht geschaut, als er das gute Stück vor ihm gesehen hatte. 

Jule hatte ein richtige Geheimnis daraus gemacht; hatte Karim keine einzige Silbe davon verraten, was er heute mit ihm vorhatte.
Karim hatte versucht, es aus ihm herauszubekommen; mit allen Mitteln, aber Jules Lippen waren wie versiegelt.
Nicht mal einen kleinen Tipp hatte er seinem Freund gegeben.
Und mal ehrlich, Karim hätte mit allem gerechnet nur nicht hiermit.
Absolut gar nicht.
Null komma null.
Never ever.

Umso mehr freute er sich über die Überraschung, die Jule mehr als nur gelungen war.
Sie war perfekt; das wusste Karim jetzt schon und Jule konnte an dem verheißungsvollen Grinsen in Karims Gesicht sehen, dass er voll ins Schwarze getroffen hatte.

"Also?", fragte Jule irgendwann und legte eine Hand auf die Schulter seines Freundes," Wollen wir dann mal los?"
"Mit dem Auto?", fragte der Jüngere ungläubig, während er auf das Cabrio vor ihm zeigte. So ganz hatte er das alles noch nicht kapiert, obwohl es, zugegebenermaßen, eigentlich sehr einfach zu verstehen war.

"Karim", seufzte der Blonde," Glaubst du, ich habe dieses Cabrio, für das ich wohl gemerkt fast hundertfünfzig  Euro am Tag bezahlen muss, gemietet, damit es bei uns in der Einfahrt steht und du mir hundert Mal erzählst, dass du solche Autos ja so wunderschön findest?"
Karim sagte nichts; er war noch zu perplex von Julians Überraschung, der nun wieder genervt aufseufzte.
Eigentlich hatte er nicht gedacht, dass Karim so schwer von Begriff war, aber gut; vielleicht hatte er ihn auch einfach ein bisschen überrumpelt.
Das Glänzen in den dunklen Augen des Jüngeren waren trotzdem mehr als eindeutig.
Genau das wollte Jule erreichen.

"Also eigentlich habe ich mir gedacht, dass wir mit der schicken Dame hier ein paar Runden drehen und das schöne Wetter genießen könnten, aber wenn du für den Rest des Tages hier rum stehen möchtest, dann können wir das natürlich auch sehr gerne tun."
Sich aus seiner Starre lösend schüttelte der Jüngere mit dem Kopf und nahm seinem Freund die Schlüssel aus der Hand, ehe er sich zügig auf das Auto zu bewegte und sich auf den Beifahrersitz setzte. 

irgendwie hatte es ein bisschen gedauert, bis das alles in sein Hirn gesickert war.
Das war so eine krasse Überraschung; damit hätte er wirklich niemals gerechnet, aber es war die schönste Überraschung, die er seit langem bekommen hatte.

Danke, Jule; du bist der Beste.

"Ja kommst du auch mal?", rief er schmunzelnd rüber zu seinem Freund, der noch immer an derselben Stelle stand," Oder soll ich alleine losfahren?"
Der Blonde nahm neben Karim Platz und beobachtete, wie dieser irgendwo zwischen andächtig und ungläubig über das Lenkrad, das Armaturenbrett und die Tür strich und dann einen kurzen Blick in den Rückspiegel warf. 

So fasste Karim nicht mal ihn an...
Sollte er jetzt eifersüchtig werden?

"Woher wusstest du, dass ich Cabrios liebe?"
Gespielt unschuldig zuckte Jule mit den Schultern.
"Ein Vögelchen hat es mir geflüstert", erklärte er geheimnisvoll, was Karim nur den Kopf schütteln ließ. Manchmal war Jule echt unglaublich; im positiven Sinne.
Er wusste Dinge über Karim, von denen er sich nicht erinnern konnte, sie Jule mal erzählt zu haben.
Und manchmal wusste Jule Dinge über Karim, die Karim selbst nicht mal wusste.

Diese Annahme bestätigte sich nur noch mehr, als der gebürtige Bremer plötzlich zwei Sonnenbrillen aus seiner Tasche hervor zauberte und eine davon seinem Freund reichte. 
"Auf das Kopftuch für die Haare habe ich jetzt mal verzichtet", kommentierte er grinsend," Ich war jetzt mal davon ausgegangen, dass deine Haare dir nicht ins Gesicht fallen."
"Meine nicht, aber bei deinen langen Zotteln bin ich mir da nicht so sicher", konterte Karim zurück und erntete ein Boxen in die Seite von seinem Freund.

Diese blonden Haare...
Karim zog seinen Freund gerne mit seinen etwas längeren, blonden haare auf, aber lieben tat er sie trotzdem.
Es gab nichts Schöneres für Karim, als seine Finger durch diese Haare fahren zu lassen.
Nichts...

"Dann fahr mal los", meinte dieser dann, nachdem bei ihre Sonnenbrille aufgesetzt hatten.
Sie mochten in diesem Moment vielleicht jedes Klischee von eingebildeten Cabriofahrern entsprechen, aber es war ihnen so egal.
Karim freute sich unglaublich über diese Überraschung und Jule freute sich, weil Karim sich freute.
Was wollten sie denn noch mehr?

Geschickt lenkte Karim den Wagen durch die Dortmunder Straßen bis sie endlich raus aus der Stadt waren und er auf der Landstraße etwas mehr Gas geben konnte. 
Durch die Geschwindigkeit wurden ihre Körper etwas in die Sitze gedrückt und der Fahrtwind wirbelte ihre Haare durcheinander. Es war angenehm kühl und auf der leeren Straßen fühlten sie sich einfach nur frei. Frei und unbeschwert und leicht.

"Woho"; rief Karim fröhlich aus, als er das Gaspedal voll durchdrückte und die Bäume links und rechts nur so an ihnen vorbei zogen. Vielleicht verließen sie gerade den Pfad der Vernunft, indem sie so schnell fuhren, vielleicht war es im höchsten Maße unverantwortlich, so zu fahren, aber um ehrlich zu sein, war es ihnen beiden egal. 
Für sie zählte einzig und allein dieses unbeschreibliche Gefühl von grenzenloser Freiheit. 

Es würde schon nichts passieren; hoffentlich...

"Das ist so geil, man"; rief Karim rau zu seinem Freund herüber, welcher nur wissend grinste und den Jüngeren kurz von der Seite beobachtete. Er bereute keine Sekunde, ihm dieses Date geschenkt zu haben, denn selbst ein Blinder konnte sehen, wie sehr Karim es genoss, wie sehr er sich freute. 
Kurz spielte er sogar mit dem Gedanken, gleich ein Cabrio zu kaufen, damit sie im Sommer jeden Tag eine solche Tour machen konnten. Dann vertagte er den Gedanken auf später und beschloss, sich wieder zurückzulehnen, seinen Blick wieder nach vorne zu richten und die Fahrt zu genießen.
Den Moment zu genießen.
Frei zu sein.

Sie fuhren und fuhren und fuhren. 
Auf der Landstraße, auf der Autobahn, dann wieder auf der Landstraße und wieder auf der Autobahn. 
Durch die Natur und dann wieder an ein paar Häusern vorbei. 
Sie fuhren einfach, ohne Ziel, ließen sich treiben. 
Ließen zu, dass der kühle aber dennoch angenehme Fahrtwind ihre Haare zerstörte und ihre Shirts nach oben flattern ließ. 

Und auf einmal, ohne es zu merken, waren sie in Bochum gelandet. 
Keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen waren, aber plötzlich waren sie da.
Sie waren einfach gefahren...

Karim bremste das Auto und als sie an einer Ampel standen, sah er fragend zu seinem Freund.
"Und was machen wir jetzt?"
Jule zuckte mit den Schultern.
"Uns ne Pizzeria suchen, Pizza bestellen, irgendwo ins Feld fahren, essen und dann wieder nach Hause fahren?"
Lächelnd nickte Karim und stimmte so dem Vorschlag des Älteren zu. 
"Klingt super."

Eine knappe halbe Stunde später saßen sie dann im Auto, bei einen Karton mit Pizza in der Hand.
Jule eine Pizza Hawaii und Karim eine mit türkischer Salami; eigentlich gehörte auf diese Pizza auch noch Mais, aber Karim hasste das Zeug genauso wie Jule Pilze hasste und hatte den Mais deshalb abbestellt. 

Das Auto war in einem einsamen Feldweg abgestellt, sodass die beiden die super Aussicht, über Felder und Bäume und ein paar vereinzelte Berge in der Ferne hatten. 
Sie sagten nichts; aßen nur ihre Pizza und sahen in die Ferne. 
In der Ferne ging die Sonne langsam unter, der Himmel war in ein warmes Orange getaucht und außer ein bisschen Vögelzwitschern und das einsame Rauschen der Bäume war nicht zu hören.
Es war eine friedliche und ruhige Szene; ein starker Kontrast zu der schnellen und irgendwie auch sehr stürmischen Fahrt.

Julian hatte seine Schuhe ausgezogen und seine Füße auf dem Armaturenbrett abgelegt, während Karim die Lehne des alten aber dennoch weichen Fahrersitzes etwas zurückgestellt hatte und den Blick in die Ferne gerichtet hatte.
Er liebte Sonnenuntergänge...

"Das war richtig schön, Jule"; flüsterte Karim leise und nahm Julians Hand sanft in seine. 
Die ozeanblauen Augen des Blonden sahen nun direkt in seine.
Einen Moment sahen sie sich nur an, ehe Jule das Wort ergriff.
"Ich liebe dich, Karim. Auch wenn ich es dir viel zu selten sage."
Ein breites Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Jüngeren.
"Ich liebe dich auch."

Glücklich lächelnd beugte der Jüngere sich wieder nach vorne, um seinen Kopf auf die Schulter des Blonden zu legen und Jule legte seinen Arm und Karims Schultern.
Sein blonder Kopf legte sich auf Karim und er drückte einen sanften Kuss auf die Stirn des Jüngeren.

Jule war so froh, dass er sich dazu entschieden hatte, das Cabrio zu mieten und nahm sich vor, später mal im Internet zu gucken, ob nicht irgendjemand so ein schickes Teil loswerden wollte.
Dann hätte er sein nächstes Weihnachtsgeschenk an Karim auf jeden Fall sicher.

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