R wie Realität
Müde schloss ich die Augen und versuchte die lauten Durchsagen in der Ankunftshalle für ein paar Sekunden zu ignorieren. Ramóns Flug hatte schon eine halbe Stunde Verspätung, aber ich würde niemals hier weggehen, bevor er nicht endlich wieder bei mir war.
Diese eine Woche hatte mich verdammt viel Schlaf gekostet. Gott war ich fertig.
Seit dem Anruf hatte er sich nicht mehr telefonisch bei mir gemeldet, nur gestern hatte ich eine Nachricht erhalten, in der stand, dass er heute zurückkommen würde.
Ich wusste ja, dass er viel zu tun hatte und wenig Zeit für mich hatte, aber ein wenig vernachlässigt fühlte ich mich dennoch.
Seufzend schaute ich auf die Anzeigen in der Halle. Anscheinend war Ramóns Flugzeug endlich gelandet und er musste nur noch sein Gepäck holen.
Das konnte ja jetzt nicht mehr so lange dauern.
Wann kam mein Freund bloß endlich zu mir zurück?! Warum konnte sein Flugzeug nicht einfach pünktlich ankommen? Hatte ich denn nicht schon lange genug gewartet und schon so viel gelitten.
Was würde ich nur darum geben, ihn jetzt sofort in meine Arme zu schließen und sofort seine Lippen an meinen zu spüren.
"Mary, chérie, was machst du hier?", ich schreckte sofort aus meinen Gedanken, als ich seine Stimme plötzlich vor mir hörte und ich schaute erstaunt in Ramóns Gesicht.
"Ramón, endlich. Gott habe ich dich vermisst, mon coeur.", ich sprang sofort auf und schloss meine Arme um ihn, woraufhin er diese Umarmung lachend erwiderte.
"Mon coeur?", er löste sich aus meiner Umarmung und sah mich abwartend an, während er eine Augenbraue hochgezogen hatte.
"Das heißt doch so oder?", fragte ich ihn unsicher und trat verlegen von einem Bein auf das andere.
"Oui, c'est juste. Du hast wirklich Französisch Vokabeln gelernt während ich weg war?", fragte er mich grinsend und hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Wange.
"Mir war langweilig ohne dir.", seufzte ich und schloss meine Hände um seinen Nacken, um so nah wie möglich bei ihm zu sein.
"Tut mir leid, dass ich so lange weg war.", er seufzte und küsste dann langsam meine Stirn, weshalb ich die Augen schloss und einfach dieses wunderschöne Gefühl von seinen Lippen auf meiner Haut genoss, dass ich die ganze letzte Woche so sehr vermisst hatte.
Er erzählte nichts von seiner Entscheidung. Oder davon, ob ihm eine der Unis gefallen hatte.
Wir redeten gar nicht über dieses Thema.
Stattdessen gingen wir Hand in Hand, aber schweigend, zu einem Taxistand, da ich noch nicht Auto fahren konnte und da Ramón von seinen Eltern zum Flughafen gebracht worden war.
Auch die ganze Fahrt über redeten wir nicht über Ramóns Gedanken bezüglich seiner beruflichen Zukunft. Denn stattdessen erzählte er mir jedes noch so kleine Detail von seiner Großmutter und dem wunderschönen Frankreich, das er ja so unendlich vermisst hatte.
Ich sah genau wie sehr seine Augen strahlten und er sich freute, als er von seinem Heimatland erzählte. Fast tat es mir schon leid, dass er nicht länger dort hatte bleiben können. Er liebte auch die französische Küche abgöttisch und er erzählte mir in jedem Detail von dem guten Essen, das ihm seine Oma immer zubereitet hatte.
Ach könnte ich doch auch einmal seine Oma kennenlernen. So wie er sie beschrieb, musste sie die netteste und gutherzigste Person auf dieser ganzen Welt sein.
"Ich sage dir Frankreich ist unglaublich, incroyable. Das nächste Mal nehme ich dich mit.", er streichelte sanft über meinen Handrücken und ich lächelte leicht, aber dennoch war ich auch traurig. Er würde mich sowas von hier allein zurücklassen, jetzt wo er so von Frankreich schwärmte.
"Was ist los, ma belle?", seine andere Hand legte sich an meine Wange und ich schloss augenblicklich bei dieser Berührung die Augen. Hilfe hatte ich seine Nähe vermisst!
"Gehst du weg?", fragte ich ihn direkt ohne große Umschweife.
Sein Lächeln gefror ein wenig und er senkte langsam den Blick, seine Hand fühlte sich plötzlich komisch an an meiner Wange.
"Chérie.", fing er langsam an und seufzte, ehe er wieder aufhörte.
"Gehst du weg oder nicht?", ich versuchte möglichst selbstsicher zu klingen und nicht, als würde ich gleich zu weinen beginnen. Und damit dies nicht passierte, bis ich mir auf die Unterlippe.
"Ich...ich-", er schluckte kurz, ehe seine grünen Augen wieder meine fokussierten. "Ich denke darüber nach."
Ein leiser Schluchzer entwich meinen Lippen und ich hielt mir sofort den Mund zu.
"Ssh, chérie, nicht weinen.", flüsterte er mir leise zu und wischte mir die Tränen von den Wangen.
"Noch habe ich mich nicht entschieden. Aber ich ziehe es in Erwägung. Bitte beruhig dich wieder, mon amour.", er küsste sanft meine Lippen und ich schloss nur kurz die Augen, ohne es wirklich zu wollen.
"Ich will dich nicht verlieren.", wimmerte ich leise und Ramón strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
"Das wirst du niemals, chérie.", raunte er leise und küsste mich nochmals.
Doch ich wusste, wenn er tatsächlich weggehen würde, würde es wohl das Aus für uns sein.
Ich musste einfach der Realität ins Auge sehen.
S wie...?
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