Gruppenzwang / peer pressure

Die Sirup-artige Farbe seiner Iris, traf langsam auf meinen entsetzten Blick und ein Flackern der Erkenntnis durchzuckte sie, bevor die Wut wirklich klar erkennbar war. Er starrte mich einen langen Moment lang an, der rosa farbene, leicht vereiste Bach tropfte rhythmisch vom Saum seines Pullis, auf seine Schuhspitzen.

Tropf. Tropf. Tropf.

Das einzig hörbare Geräusch zu diesem Zeitpunkt, war das pochen meines Herzens, da ich die Musik völlig ausgeblendet hatte.

Tom und ich starrten einander an, was wie eine Ewigkeit erschien, bevor er sich schnell umdrehte, leise vor sich hin fluchte und sich seinen Weg, durch die Menge und weg von mir bahnte.

Ohne nachzudenken, schob ich schnell meinen Barhocker aus dem weg und folgte ihm, und ignorierte dabei völlig Lanas rufe nach mir. Ich hielt mein Blick konzentriert auf das weiß seines Rückens und die pechschwarzen Zöpfe, die sich darüber verteilten gerichtet, während ich hinter ihm her eilte. Was zur Hölle tat ich hier?

Als ich es durch die Masse der Menschen auf der Tanzfläche geschafft hatte, fand ich mich selbst im kleinen Flur der Toiletten wieder. Tom verschwand hinter der Tür der Herrentoilette, und ich war allein zurück gelassen, und lehnte mich gegen eine Wand im Flur.

Ich konnte sehr gut einfach davon rennen und die Tatsache ignorieren, dass ich meinen Drink über ihn verschüttet hatte – aber ich konnte es einfach nicht über mich bringen, das zu tun.

Wie standen die Chancen, das ich so oft auf ihn treffe? Gleich null, erinnerte mich Vic's Stimme, als ich mich an den Video-Chat von vergangener Woche erinnerte. Gleich null. Fast hätte ich laut gelacht. Das konnte nicht wirklich passieren.

Als ich sah wie die Tür zur Toilette aufflog, tauchte sein Körper auf und er sah noch wütender, als in der Bar aus. Er hielt an, als er mich sah. Das weiß seines Pullis, immer noch von einem hell rosa Fleck getrübt. Er starrte mich mörderisch an und ich trat einen zögernden Schritt nach vorn.

„Es tut mir leid. Ich-“

„Nicht.“ Seine Stimme war hart – kalt sogar – und ich wusste, dass ich im gegenwärtigen Augenblick, so dumm aussehen musste. Unabhängig von seiner steifen Haltung oder dem wütenden Ausdruck auf seinem Gesicht, trat ich einen weiteren Schritt nach vorne.

„Ich habe es nicht absichtlich über dir verschüttet.“ erklärte ich leise und warf einen kurzen Blick auf den Fleck. „Es war ein Unfall.“

Er stieß ein tiefes, trockenes Lachen aus – eines, dass ich von mehreren früheren Begegnungen von ihm kannte. „Dein Unfall, hat mein Lieblings Kleidungsstück ruiniert.“ Er schaute runter auf sein Hoodie und dann zu mir, seine dunklen brauen zogen sich zusammen. „Hast du eine Ahnung, wie viel das Wert ist?“

Ich spürte, wie sich mein Herz zusammen zog. Diese Diskussion hatten wir zuvor und sie endet immer gleich. Also ersparte ich ihm die Mühe. „Ich bin sicher, mehr als mein Leben.“

Es entstand eine schwere Stille zwischen uns, bevor Tom spöttisch die Luft ausstieß und aufbrach, um in den Hauptteil des Clubs und somit weg von mir, zurück zukehren.

Das war immer ich – ich war es immer gewesen, die vor ihm weg gelaufen war – und er kam mir immer hinter her und packte meinen Arm, um mich an Ort und Stelle zu halten.

Es hat sich in der Tat alles geändert und ich wusste, dass ich die Rolle unter diesen Umständen spielen musste, also tat ich genau das.

Ich trat schnell hinter ihm, griff mit einer Hand nach ihm und schlang meine Finger um seinen nackten Unterarm. Er fühlte sich genauso warm an, wie ich in Erinnerung hatte und meine Brust zog sich deutlich zusammen.

Er blieb stehen, seine Schultern versteiften sich, und so standen wir da – ich hinter ihm und meine Hand um seinen Arm gewickelt.

„Tom...“ meine Stimme klang selbst für meine Ohren fremd. Sie war leise, gebrochen. Verzweifelt.

Er atmete langsam ein, seine Schultern stiegen bei dieser Bewegung. „Lass mich los.“

„Bitte.“ würgte ich hervor. „Rede mit mir.“

Er drehte sich dann um und sah mich an, meine Finger lagen immer noch um seinen Unterarm. Sein Gesichtsausdruck war ein wenig weicher geworden, während er mich ansah und in seinen Augen flackerten Emotionen, die ich nicht ganz entziffern konnte. Er sah genauso gebrochen wie ich aus und das riss mich fast in Stücke.

„Was gibt es da zu reden?“ murmelte er. „Es gibt nichts zu besprechen.“

Ich schluckte schwer und hielt einen unnachgiebigen Augenkontakt aufrecht. „Du weißt ganz genau, das es etwas zu bereden gibt.“ erwiderte ich langsam und leise. „Du weißt ganz genau, dass wir nicht 'nichts' waren.“

Sein Blick schwankte kein bisschen, während er mich ansah, sein Blick wurde weicher und seine Schultern entspannten sich.

Es war, als wären wir wieder zurück in New York, gegen Ende des Vertrags, kurz bevor er mich gegen die Wand gedrückt hatte und seinen Mund auf meinen gepresst hatte. Es war, als ob wir uns umeinander sorgten. Oder so etwas.

Sein Blick fiel auf meinen Mund und fokussierte sich für einen langen Moment lang darauf, und mein Herz begann zu rasen.

„Anna?“

Der Moment war vorbei.

Toms Blick verließ meinen Mund und driftete nach oben, in die Richtung, aus der die Stimme kam und riss seinen Arm aus meiner Hand.

Ich schaute ebenfalls auf und sah, dass es Lana war, die im Durchgang stand.

Sie wirkte unbehaglich, während ihr Blick zwischen Tom und mir hin und her wanderte, aber sie konzentrierte sich schon bald auf mich.

„Es – es tut mir leid.“ begann sie kleinlaut und rieb ihre Hände aneinander. „Es ist nur,...Oliver ist wirklich betrunken, und ähm....er sucht dich, denke ich.“

Ich starrte sie an und spürte wie Toms dunkler Blick wieder auf mich fiel.

Eine weitere quälende Stille, und dann -

„Danke, dass du mein Shirt ruiniert hast.“ Ich zuckte innerlich zusammen, als Tom sich erneut umdrehte und seinen Weg in Richtung der Bar einschlug. Er ging an Lana vorbei, murmelte eine Entschuldigung. Und dann...war er weg.

Ich schaute zu Lana und fühlte mich völlig entleert.

Sie lächelte mich an und nickte hinter sich. „Nächste Runde geht auf mich.“

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Wir waren wieder genauso weit wie zuvor, aber anstatt auf einen bequemen Barhocker zu sitzen, mussten wir hinter einer ganzen Reihe Leute stehen, um darauf zu warten, unsere Getränke zu bestellen.

Als ich so da stand und über die Schulter von einem großen jungen Mann, der vor mir stand und nach Körpergeruch roch, starrte, spürte ich wie mich jemand beobachtete. Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite und erblickte ein vertrautes paar dunkel brauner Augen in meine Richtung funkeln.

Ich lächelte, trotz dessen, dass mir nicht danach war, als ich den frisch blondierten Kopf vom Bill, der auf einen Hocker nur ein paar Meter von mir entfernt saß, erkannte.

Er deutete mir mit einem nicken an zu ihm zu kommen und ich schaute zu Lana und dann wieder zu ihm. Er nickte in ihre Richtung, als ober sagen wollte, bring sie mit. Ich stieß sie an und erzählte ihr, das ein Freund an der Bar saß. Sie zuckte mit den Schultern und folgte mir, als ich mich auf den Weg zu Bills schlanker Figur machte.

„Lange nicht gesehen.“ neckte er mit einem lächeln. „Wir scheinen einander jetzt öfter über den Weg zu laufen, nicht?“

Bill sah einfach unglaublich aus. Selbst mit seinem blonden Haar und dem leichten Bart im Gesicht, die schnittige. Leder besetzte Jacke die er trug passte perfekt zu ihm. Er trug mehrere – vermutlich teure – Ketten und hielt einen Cocktail oder so was in der Art in den Händen.

„Hi, Bill.“ erwiderte ich lächelnd. „Wirklich lange nicht gesehen.“ ich hielt inne und drehte mich zu Lana. „Das ist meine Freundin Lana. Sie arbeitet mit mir.“

Bill nickte ihr zu. „Hallo. Nett dich kennen zu lernen.“

Sie nickte schüchtern zurück und schaute auf ihre Füße, und Bill schaute wieder zu mir. „Ich habe den Pulli von meinem Bruder gesehen.“

Ich errötete und nun war es an mir meinen Blick leicht vor Scham zu senken. „Es war eine Katastrophe. Das war wirklich nicht meine Absicht, es tut mir soo..“

„Nein, nein, nein.“ unterbrach er mich und hob eine Hand. „Entschuldige dich nicht. Der Pulli war nicht so teuer, wie er sagt.“

„Ich fühle mich trotzdem schrecklich.“

„Es waren nur sechzig Dollar, Anna.“ erklärte er, beugte sich vor und schaute mir in die Augen. „Im Ausverkauf.“

Ich lachte leicht und fühlte mich in Bills Gegenwart ein wenig wohler. „Ich könnte es mir dennoch nicht leisten.“

„Mach dir keine Sorgen deshalb.“ versicherte er mir und rieb mir mit einer Hand über den Arm. „Lass mich euch einen Drink ausgeben. Was möchtet ihr?“

„Nun, Lana und ich hatten Daquiris -“

Bill rümpfte die Nase. „Das war also der Rosa Mist?“ als ich nickend bejahte, seufzte er. „Nein, nein. Du bist ja besser dran wenn du Mundwasser trinkst, als das. Lasst mich euch ein richtiges Getränk besorgen.“

Er drehte sich zum Barkeeper und deutete mit einer Handbewegung auf uns drei und sagte etwas, dass ich nicht verstehen konnte. Als der Barkeeper mit drei großen Gläsern gefüllt mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit zurück kam, warf ich Bill einen fragenden Blick zu.

„Frag nicht.“ begann er, überreichte erst Lana und dann mir ein Glas. „Trink einfach.“

Lana schnüffelte an ihrem Glas, zuckte zusammen und drehte ihren Kopf schnell zur Seite. „Es riecht stark.“

Bills grinsen wurde breiter. „Trinkt einfach.“

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Wir mussten Bills Ratschlag ernst genommen haben, denn innerhalb einer halben Stunde war ich betrunken.

Und ich meine betrunken. Ein bisschen Stolpern beim gehen betrunken. Meine Worte klingen ein wenig undeutlich betrunken.

Und wenn ich betrunken war, dann war Lana absolut hacke dicht.

Sie humpelte wackelig vorwärts, lehnte sich gegen die Bar und schlürfte die restliche Flüssigkeit aus ihrem Glas.

„Sind su und der Kerrrll, der wie'n Rapper aus-sieht, Brüder?“

„Zwillinge.“ nickte Bill. Seine Stimme war klar und leicht zu verstehen. Er kam sichtlich besser mit dem Alkohol klar. „Aber dennoch ganz anders.“

„Das dachte ich mir!“ Lanas Stimme war so schluderig wie ihre Bewegungen und sie winkte den Barkeeper zu. „Drei weitere von uh-“ sie winkte mit ihrem Glas. „Diesen Dingern.“ sie hielt inne und schaute dann zurück zu Bill. „Ihr seht euch so ähnlich. Ich wusste es.“

„Wir sind sehr unterschiedlich.“ betonte Bill. „Er ist absolut schrecklich-“

„Und du bist das nicht?“ neckte ich.

Er lachte. „Doch bin ich, bin ich.“ Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Drink und schaute über seine Schulter. „Allerdings weiß ich nicht wo er ist....“

Lana reckte ihren Hals und überflog die Menge. Ihre Augen leuchteten einen Moment später auf und sie winkte begeistert über meine Schulter. „Da ist er, ich sehe ihn! Hey, Tim!“

„Tom.“

Die Korrektur kam von Bill und mir zur gleichen Zeit und Lana gab ein schnaufendes Geräusch von sich. „To-Tom!“ Sie stolperte vorwärts und winkte in unsere Richtung.

„Lana, bitte, nicht-“

Es war zu spät. Ich fing einen Hauch des vertrauten, schweren Aftershave hinter mir auf und spürte eine wärme in meinen Rücken ausstrahlen. Ich reckte meinen Kopf und sah Tom dort stehen, der von Lana zu Bill und dann schließlich zu mir schaute.

„Setz dich zu uns.“ begann Bill. „Und trink was.“

Er starrte Bill einen langen Moment an, bevor er mit den Kopf schüttelte. „Nein. Ich hatte genug.“

Oh, bitte, du hast nie genug.“

Lana bestellte schnell ein viertes Getränk, während Tom steif hinter mir stand. Sogar in meinen betrunkenen Zustand, fühlte ich mich gedemütigt und unglaublich unwohl.

Was könnte in diesem Augenblick sonst noch schief gehen? Der Gedanke raste förmlich durch meinen Verstand und wurde schon bald darauf beantwortet.

„Aaaaannnnnnaaaaa!!!!“

Ein lallen und der starke Geruch von Alkohol flog durch die Luft, und ich drehte mich um, und sah wie Olivers grinsendes Gesicht sich näherte. Er stolperte auf mich zu und legte dann einen Arm um meine Schultern.

Er schielte zu Bill, während er leicht gegen mich schwankte und hob seine Hand, in der er eine Bierflasche hielt und zeigte auf ihn. „Hey. Ich erinnere mich an dich. Du bist der Musiker Typ, den wir interviewt haben!“ Er hielt kurz inne und schaute auf und zu Tom. „Und du bist es. Hey!“

Ich presste eine Hand auf mein Gesicht und wollte in diesem Augenblick nichts mehr, als zu sterben. Zum Glück tauchte ein neues Getränk vor mir auf. Ich packte es hastig und nahm einen langen Schluck, bis das Glas fast halb leer war. Das brauchte ich.

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Eine weitere halbe Stunde verging. Ich war am völlig besoffen Zustand angekommen, schätze ich. Lana kicherte ausgiebig und kippte ihren dritten Geheimnisvollen Drink, den Bill empfohlen hatte hinunter. Oliver plapperte fröhlich vor sich hin und war immer noch gegen mich gelehnt.

„Also, Anna und ich interviewen im Grunde Typen wie euch beide -" er deutete auf Bill und dann auf Tom. „Das ist irgendwie cool und nicht so beschissen, wie dass, was Lana hier macht."

„Ich erhebe Einspruch!" erwiderte sie laut und stieß einen kleinen Rülpser aus. „Mein Job ist nicht beschissen."

„Ssssicher, ist er nicht." Oliver lachte und nahm einen weiteren Schluck aus seiner Bierflasche. Er schaute kurz zur Seite und rief dann laut. "Heyyyyy, da sind James und das Mistst...., ich meine Blair! Und der Kerl, an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann."

Und natürlich näherten sich uns sogleich, drei weitere Personen. James sah genauso Attraktiv wie immer aus - ja, allerdings ein wenig betrunken.

Blair trug ein hautenges, schwarzes Minikleid, mit silbernen Pailletten und Stöckelschuhen, ihren Arm hatte sie um James Taille geschlungen. Und dann war da noch Brain, der mit einem finsteren Gesichtsausdruck da stand.

„Mein Name ist Brain, Ollie."

Oliver rülpste und schnaufte anschließend laut. „Ich hab dir gesagt, dass - dass du mich nicht so nennen sollst, menno..."

James war jetzt an der Reihe zu sprechen, und er schaute direkt zu mir, als er das tat. "Ich wusste nicht wo du hin bist. Wir haben dich vermisst."

„Ja, wir haben dich vermisst, Anna." warf Blair ein und warf mir anschließend einen langen Blick zu, bevor sie zu Oliver schaute. „Und ich hab gehört, wie du mich genannt hast, Freak. Ich bin deine Vorgesetzte!"

„Nein, im Augenblick bist du das nicht!" sang Oliver und knallte seine leere Bierflasche auf den Tisch. "Hey, ähm....das sind die beiden Jungs, die wir heute Mittag interviewt haben -" er hielt inne und zeigte auf Bill und Tom, die beide seit seinem extravaganten Auftritt ruhig waren. „Bill und Tom! Von Tokio Motel!"

„Hotel." ich seufzte leise. Es war zwecklos. Selbst betrunken verteidigte ich sie.

Blair beäugte Tom für einen langen Moment. „Ich glaube ich kenne dich.“ sie spitzte ihre Lippen ein wenig und nickte langsam. „Haben wir letzten Januar zusammen gevögelt?“

Ich lachte laut auf und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Gibt es irgendeine Stadt, in der du bist, in der du nicht jedes weibliche Wesen in Sicht vögelst?“

Tom schaute mich daraufhin giftig an und verzog seinen Mund verächtlich. „Offensichtlich vögel ich nicht jedes Mädchen.“

„Fick dich selbst.“ fauchte ich.

Tom beugte sich näher und knurrte mir ein: „Das ist zumindest mehr als du kriegst.“ entgegen.

„Hey, hey, hey...“ unterbrach Oliver. „Whoa. Whoa. Wir entspannen uns alle mal, ja?“

Der Alkohol musste zu diesem Zeitpunkt, seinen Höhepunkt bei mir erreicht haben, denn die Worte, die meinen Mund als nächstes verließen, würde ich sicherlich am Morgen bereuen.

„Abgesehen davon, das ich es kriege.“ rächte ich mich und schlang einen Arm um Oliver, zog ihn näher und gab ihm einen sichtbar, liebevollen Knuffer. „Oliver und ich sind zusammen.“

Lana und Brain spuckten daraufhin ihr so eben getrunkenes wieder aus. Bills Mund klappte auf, ebenso wie Toms und Oliver hatte sich versteift und schaute mich ungläubig an. Nun, das hier ist vorbei, dachte ich mir. Das Spiel ist aus.

„Warte...was?“ Blair schaute uns beide misstrauisch an und stemmte eine Hand gegen ihre Hüfte. „Ihr beide seid....zusammen?“

James starrte mich ebenfalls an, sein Blick unlesbar. Allerdings war er nicht gut.

Ich räusperte mich und schaute runter auf mein Glas, und gerade als ich dachte, dass ich einen totalen Idioten aus mir in der Öffentlichkeit gemacht hatte, spürte ich einen erwidernden Knuffer in meine Seite.

Oliver grinste – das größte Grinsen, dass ich je bei ihm gesehen hatte – und nickte begeistert.

„Ja!“ rief er aus. „Ja, wir sind zusammen! Ich bin ihr...-“ er hielt inne und rülpste laut gegen seine Hand. „-Freund. Und sie ist meine Freundin.“

Eine Todesstille legte sich zwischen uns acht nieder.

„Ich hab's doch gewusst!“

Schrie Brain förmlich und durchbrach somit die Stille. „Ich hab's verdammt nochmal doch gesagt! Ich habe allen erzählt, das ihr zwei es miteinander treibt.“ er hielt inne und stieß James in die Seite. „Hab ich das nicht, Mann? Ich habe es doch gesagt, oder nicht!“

James starrte mich an, seine Lippen leicht geöffnet, aber er sagte nicht.

„Ich glaube das nicht!“ kündigte Blair an. „Nie im Leben.“

„Aber so ist es!“ unterbrach sie Brain. „Du kannst sehen wie sie einander ansehen – jeder mit Augen im Kopf kann das.“

Bill und Tom starrten mich auf eine Weise an, wie ich es nie zuvor erlebt hatte. Bill schaute niedergeschlagen drein, selbst sein Blick schwankte, wie er eindeutig versuchte die Situation zu verstehen.

Tom war sogar noch schlimmer. Er sah aus, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen. Zweimal. Dann verzog sich seine Miene und er trat einen Schritt zurück.

„Du hast dir ja schnell was neues gesucht.“ zischte er. Ich habe Tom noch nie so wütend gesehen – so verletzt – so, Gott....ich konnte verdammt noch mal, nicht einmal seinen Gesichtsausdruck beschreiben.

Was habe ich getan?

Ich hab's auch gewusst.“ Lanas muntere, betrunkene Stimme war von meinen Ohren nicht willkommen und als ich mich zu ihr umdrehte, um sie anzusehen, hatte sie einen überaus begeisterten Ausdruck auf ihrem Gesicht.

Sie spielte mir ihrem Strohhalm und zeigte dann auf uns. „Beweis es Blair, Anna! Beweis das ihr beide zusammen seid.“

„Dem stimme ich zu.“ nickte Blair und nippte an dem Rest ihres Martinis. „Ihr beide müsst euch küssen. Dann ist es erledigt.“

Oh verdammter Scheiß!

Ich schielte zu Oliver. Konnte ich das tun? Warum zum Teufel hatte ich überhaupt erst gesagt, dass er mein Freund sei? Ich war betrunken – so betrunken - aber Herrgott, war ich ein Idiot.

„Ja!“ Lana klatschte. „Küssen! Küsst euch, los ihr zwei!“

Ich atmete langsam ein. Ich konnte aus der Sache herauskommen, oder nicht? Ich konnte einfach vom Hocker rutschen. Ich würde ihnen sagen, dass es ein Irrtum war. Das ich nur Spaß gemacht hatte. Ich bin betrunken. Ich weiß nicht, was ich sage. Ich -

„Yeahhhh! Woooohooo!“

Das Gefühl von etwas warmen und feuchten gegen meinen Mund, durchbrach alle meine Flucht Pläne. Ich öffnete meine Augen und erblickte Olivers Nase, die neben meine gedrückt war und mir wurde dann ziemlich schnell klar, dass der warme, feuchte Druck gegen meinen Mund, seine Lippen waren.

Oliver war dabei mich zu küssen. Oliver küsste mich. Es endete so schnell wie es begonnen hatte, und ich blieb atemlos zurück.

Das Gebrüll um uns herum, kam von Lana und Brain. Blair schaute selbstgefällig drein, zuckte mit den Schultern und murmelte ein 'Meinetwegen.' und Bills Augen hatten sich geschlossen.

Ich schaute zu James. Er starrte mich an, als wäre ich gerade unter einem Stein hervorgekrochen gekommen, schüttelte seinen Kopf und drehte sich langsam um, um davon zu marschieren.

Dann zu Tom, der ähnlich reagierte. Aber anstatt den 'Ich wurde zweimal geschlagen'-Ausdruck, sah er so aus, als wäre er geschlagen worden. Dreitausend Mal. Er schluckte schwer, bevor er sich umdrehte und davon ging.

Bills Augen waren immer noch geschlossen. Oliver grinste wie wahnsinnig. Lana und Brain klatschen. Und Blair kümmerte es einfach nicht.

Mir wurde dann bewusst, dass Oliver mich vor James geküsst hatte. Vor Tom.

Geh ihm nach!

Ich stand schnell auf, löste Olivers Arm von mir und eilte so schnell ich konnte dem verschwommenen weißen Punkt in der Menge hinterher. Als ich hinterher stolperte, fand ich mich erneut in dem ruhigen Toilettengang wieder.

Tom stand vor mir, die Hände an seinen Seiten zu Fäusten geballt.

„Du musst immer vor mir weg laufen.“ begann ich, meine Worte reihten sich schludrig aneinander. Meine Sicht verschwamm zu diesem Zeitpunkt ein wenig, aber ich konnte dennoch ziemlich eindeutig, die Wut in seinem Gesicht sehen.

„Du willst von davon laufen reden?“ Er machte einen Schritt nach vorne, die Fäuste immer noch geballt und sein Kinn immer noch angespannt. „Lass uns über das weglaufen reden, Anna. Wer ist verdammt nochmal quer über den Kontinent weggelaufen, ohne mir Bescheid zu sagen?“

„Dafür entschuldige ich mich -“

„Mir ist scheiß egal was du getan hast.“ Er drehte mir den Rücken zu und legte seine Hände auf den Kopf, während er langsam und laut ein und ausatmete. „Solltest du nicht bei deinem Freund sein?“

„Tom -“

Er wirbelte herum, um mich anzusehen, sein Blick wild und unerbittlich. „Weißt du, was lustig ist? Du hast dich schnell getröstet, aber ich war schneller.“

„Was?“

Ein lächeln breitete sich langsam auf seinen Lippen aus und zog an seinem Lippenpiercing. „Ich habe eine Freundin, Ria.“ er hielt inne, schien meinen erstaunten Blick zu genießen und nickte dann. „Und sie ist verdammt hübsch und perfekt und unglaublich im Bett. Sie ist alles, was du nicht bist.“

Ich war wie betäubt. Ich wusste selbst in meinen betrunkenen Zustand nicht, was ich sagen oder denken sollte. Ich atmete langsam ein und spürte wie meine Stimme schwankte, als ich leise sagte: „Das ist heuchlerisch, dass du sauer auf mich bist, weil ich mit jemanden zusammen bin, denkst du nicht?“

Du bist mit niemanden zusammen. Erinnerte ich mich selbst. Oh, verflucht nochmal.

Tom lachte laut auf, sein Kopf kippte dabei leicht nach hinten. „Glaubst du, du und die Schwuchtel da draußen kümmern mich auch nur einen Dreck? Glaubst du mich interessiert, dass du in der Öffentlichkeit so herum hurst?“ brüllte er und kam einen Schritt auf mich zu. „Weißt du was ich denke? Ich denke, wenn meine wunderschöne Freundin hier wäre, würde ich sie auf dem Tresen ficken, nur um dir zu beweisen, wie wertlos du warst........du für mich bist.“

Ich spürte, wie sich meine Augen langsam mit Tränen füllten. Durch diese nähe bemerkte ich ebenfalls, das Toms Augen auch ein klein wenig glasig waren. Er war vermutlich so betrunken, beschloss ich. Deshalb waren seine Augen so feucht. Ja, er war betrunken. Das war es.

Ich schluckte gegen den Kloß in meinem Hals und leckte mir leicht über die Lippen. „Ich freue mich für dich.“ meine Stimme brach. „Das bin ich wirklich.“

Als ich mich umdrehte, um zu gehen, spürte ich wie seine Hand meinen Arm grob ergriff. Ich drehte mich langsam wieder um, meine Augen füllten sich weiterhin mit Tränen. Er starrte mit einem verächtlichen Ausdruck auf mich hinunter. „Sprich mich nie wieder an.“ knurrte er. „Ich verabscheue dich.“

„Das meinst du nicht so.“ erwiderte ich flüsternd und spürte wie die Tränen begannen, sich ihren Weg meinen Wangen entlang hinunter zu bahnen. „Sag mir, dass du das nicht so gemeint hast.“

Er schluckte schwer und ich sah, das seine Augen in ihrer Erscheinung, sogar noch glasiger wirkten. Seine Wangen waren gerötet und sein Mund leicht geöffnet. Er sah regelrecht – ich weiß es nicht einmal. Wütend? Sauer aus? Ich konnte es nicht erklären.

„Ich meine es genau so!“ antwortete er flüsternd, der Duft von Alkohol und Zigaretten strich zärtlich gegen mein Gesicht. „Und ich hoffe du bist zufrieden mit dir selbst.“

Als seine Hand meinen Arm losließ, drehte er sich um und ging davon, und ließ mich mit meinen Schmerz allein. Ich sackte gegen die Wand und versuchte etwas Luft zu bekommen, aus meine Augen liefen heiße, salzige Tränen.

Das war es. Er hasste mich ganz sicher, und wollte nie wieder was mit mir zu tun haben. Aber wenn das wahr war, warum hatte er dann so ausgesehen wie er es tat, als Oliver und ich uns geküsst hatten? Wenn es ihm egal war – warum?

„Ich hab sie gefunden.“ erklang Lanas Stimme, als sie mit zwei Getränken auf mich zu hüpfte. Eins schwappte leicht über den Rand und sie grinste von Ohr zu Ohr. „Wir suchen dich alle! Ich habe dir noch einen Drink geholt!“

Sie war mehr als betrunken, und ich machte mir eine mentale Notiz, sie nie wieder den Wundern von Alkohol vorzustellen. Trotz der dichten Anspannung, die an meiner Brust zerrte, nahm ich das Getränk von ihr und trank es so schnell wie möglich.

Wenn ich schon meine Nacht so dermaßen versaut hatte, konnte ein weiterer Drink es zumindest betäuben.

Ich leckte mir über die Lippen, schloss meine Augen und atmete langsam ein. Ich wollte betäubt sein.

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Ich musste irgendwann das Bewusstsein verloren haben, denn das nächste an das ich mich erinnerte war, zu Tageslicht aufzuwachen.

Ich stützte mich langsam ab, blinzelte in die natürliche Helligkeit, die mich umgab und sah, dass ich in meinem eigenen Bett lag. Ich fühlte mich total beschissen und rieb mit zwei Fingern gegen meine Schläfen. Und als ich versuchte mich noch weiter aufzusetzen, spürte ich eine feste Form neben mir.

Ich schaute langsam neben mich und sah Olivers Figur fest neben mir schlafen. Hin und wieder entwichen kleine Schnarchgeräusche seinen Mund.

Mein Herz setzte einen Schlag lang aus, und ich schaute schnell unter die Decke. Ich atmete erleichtert aus, als ich sah, dass wir beide noch vollständig bekleidet waren.

Als ich mich zurück lehnte, um zu versuchen, die Nacht zusammen zu puzzeln, bewegte sich Oliver neben mir. Seine Augen öffneten sich und er blinzelte schläfrig zu mir auf. Ein lächeln breitete sich langsam auf seinen Gesicht aus.

„Guten Morgen Freundin.“

Und dann fiel mir alles wieder ein.

Ich schleppte meinen Körper aus dem Bett und ins Badezimmer, und bereitete mich darauf vor, jeden noch so kleinen Rest Alkohol, den ich gestern Nacht zu mir genommen hatte, auszukotzen.

Ich hab's vermasselt.

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