24. Türchen
Hallo ihr da draußen! Heute, am 24.12., erwartet euch meine Kurzgeschichte.
Das ist meine richtige Kurzgeschichte, die ich extra für diesen Anlass geschrieben habe.
Ich hoffe sie gefällt euch!
Viel Spaß beim Lesen!
24.12.2017
Unruhig strich sich das junge Mädchen durch ihre roten Locken. Die Haare glitten ihr wie Seide durch die Hände.
Müde gähnte sie. Seit Wochen konnte sie nicht mehr richtig schlafe. Sie hatte diese neue Serie angefangen. Gossip Girl. Eigentlich nahm sie sich jeden Abend vor, früher ins Bett zu gehen, doch wenn sie einmal angefangen hatte etwas zu mögen, dann verschlang sie es und opfert auch gerne ihren doch so kostbaren Schlaf dafür. So war es eben auch bei dieser Serie. Sie wusste nicht mal, warum ihr Gossip Girl so gut gefiel. Es war einfach so.
«Jillian, wir warten alle auf dich.» Die Stimme ihrer Mutter riss sie gerade zu aus den Gedanken. Seufzend erhob sie sich.
Sie mochte Weihnachten. Sehr sogar, aber irgendwie war sie so demotiviert in letzter Zeit. Nichts konnte sie mehr so wirklich begeistern. Nur diese Serie hatte es geschafft.
Jill griff nach der Tüte, die bis oben mit Geschenken für ihre Familie gefüllt war. Eine neue Handtasche für ihre Mutter, die neue Staffel Game of Thrones für ihren Vater, die Hörbuchausgabe der Bücherdiebin für ihre jüngere Schwester Grace, eine neue Packung Polaroid-Filme für ihre zwei Jahre ältere Schwester Lindsay und zwei selbstdesignte Hoodies für ihre 23 jährige Schwester Diana und deren Freund Matt, der mittlerweile wie ein Bruder für Jill geworden war.
Mit der Tüte in der Hand begab sie sich durch das Treppenhaus in das Erdgeschoss, wo sich das Wohnzimmer der Familie befand. Dort legte sie die Geschenke unter den Baum und quetschte sich zwischen Grace und Lindsay auf die große L-förmige Couch.
Jedes Jahr fand sich der engste Teil der Familie dort zusammen, um Disney eine Weihnachtsgeschichte zu schauen. Es war seit Jahren eine Tradition von ihnen.
«Man Jill, mach dich nicht so breit», murrte die ältere Lindsay.
Belustigt kicherte die rothaarige und antwortete grinsend: «Ich mache mich nicht breit, du brauchst nur einfach viel zu viel Platz mit deinem fetten Hintern.»
Auch Lindsay fing nun an zu lachen und erwiderte: «Das sagt die richtige.»
«Jetzt hört auf euch zu ärgern, wir wollen anfangen und es ist Weihnachten, da streitet man nicht», stoppte die Mutter der beiden das Gespräch.
«Ach, Mama», seufzte Lindsay gespielt genervt, «Das war nur ein Witz.»
«Von dir vielleicht», murmelte Jill lächelnd.
Die beiden Mädchen brachen in schallendes Gelächter aus. Sie unterhielten sich immer mit diesem sarkastischen Unterton in der Stimme, weswegen sie nichts ernst nahmen, was der andere sagte.
«Lindsay, Jillian, bitte», forderte der Vater mit der Glatze und den unverwechselbaren Lachfältchen um die Augen die beiden Schwestern auf, endlich leise zu sein.
Sofort verstummten die zwei. Sie hatten keine Angst oder ähnliches, aber sie wussten, dass ihrem Vater der Abend sehr wichtig war.
«Viel Spaß beim Film und nervt mich nicht zu sehr», lachte Matt noch, der den ungünstigen Platz direkt vor den Snacks belegt hatte.
Der berühmte Disney-Vorspann begann und es wurde still im Wohnzimmer. Alle genossen die Anwesenheit der anderen und eine angenehme Atmosphäre breitete sich über der Familie.
«Und das war Disney eine Weihnachtsgeschichte zum zigtausendsten Mal», beendete Diana den Film.
«Und so gut wie immer», lachte Jill, die zwischenzeitlich in ein Handgemenge mit Matt gekommen war, weil er ihr nicht die Tüte Chips geben wollte.
«Ich liebe diesen Film immer noch und mit jedem Mal wird die Liebe größer», äußerte sich Lindsey ganz ernsthaft. «Irgendwann werden wir heiraten.»
Auf diese Bemerkung hin fingen alle an herzlich zu lachen.
«Gibt es jetzt Geschenke?», fragte Grace, die jüngste im Raum aufgeregt.
Während die Frau von der Jillian ihre so charakteristischen roten Haare geerbt hatte aufstand, sprach sie: «Natürlich. Wie jedes Jahr nach dem Film.»
Die Geschenke gefielen jedem. Matt und Diana mochten die Hoodies besonders gerne. Jill bekam sehr viele schöne Geschenke.
«Jill, du weißt, dass du noch etwas von uns bekommst und dein Blick zeigt mir schon, dass du etwas verwundert bist, weil unter dem Baum nichts mehr liegt», fing die älteste der vier Schwestern an zu sprechen.
«Du triffst den Nagel auf den Kopf», bestätigte die angesprochene lachend.
«Na ja, dein Geschenk wartet im Steinhaus auf dich. Zieh dir etwas Warmes an und geh mal nachgucken», kicherte Diana.
Fragend schaute die rothaarige mit der blassen Haut ihre Schwester an.
«Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht.» Mit diesen Worten verschwand Jill aus dem Zimmer und fing an sich Schuhe und Jacke anzuziehen, um nach ihrem Geschenk zu schauen.
Das so genannte Steinhaus war ein kleines Häuschen in dem Garten der Familie. In ihm hatte mal jemand gewohnt, doch seit ein paar Jahren stand es leer und die Mädchen nutzten es, um dort ungestört mit ihren Freundinnen zu übernachten oder manchmal auch ohne das Wissen ihrer Eltern mit Jungen zusammen sein zu können.
Fertig angezogen verließ sie das Haus durch die Gartentür und ging den Steinweg zu dem Ort entlang, an dem ihr Geschenk versteckt sein sollte.
Das Licht brannte, doch die Vorhänge waren größtenteils zugezogen, was ihr den Blick hinein versperrte.
Sie verschnellerte ihre Schritte und stand schließlich vor der Tür. Noch einmal atmete sie tief durch und öffnete dann die Türe. Erst sah sie nichts Bedeutendes, doch dann viel ihr Blick auf einen jungen Mann, der mit dem Rücken zur Tür stand und den Inhalt des Regals mit den Filmen betrachtete.
Seine kurzen hellblonden Haare, seine Statur und der Kleidungsstil waren so charakteristisch für jemanden... Das hatte ihre Schwester nicht geschafft.
«K... Kai?», brachte sie stotternd hervor.
Der angesprochene drehte sich strahlend zu dem Mädchen herum und da war es um sie geschehen. Warme Tränen brannten sich ihren Weg über ihre kalten Wangen. Sie drückte ihre Hand auf ihren Mund, um nicht gleich los zu schluchzen.
Er war es. Sein Gesicht und sein Grinsen kannte sie so gut. Das würde sie niemals verwechseln.
«Komm her», murmelte er und breitete seine Arme aus.
Diese Aufforderung ließ sie sich nicht zweimal sagen und ließ sich weinend in die Arme des jungen Mannes fallen.
Sein Pulli fing ihre Tränen auf und seine Hand strich beruhigend über ihren Rücken.
Jetzt wo sie seine Stimme hörte, seinen Geruch in der Nase hatte, da fielen ihr so viele schöne Geschichten aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit ein.
«Ich habe dich vermisst», murmelte Jill immer noch aufgelöst in die Schulter des Mannes.
«Ich dich auch. Das hätte ich zwar nie für möglich gehalten, aber du bist das, was mir aus der Schulzeit am meisten fehlt», antwortete Kai mit seiner so tiefen und angenehmen Stimme. Sie war genauso rau wie an dem Tag, an dem die beiden sich das letzte Mal gesehen hatten.
«Es ist so lange her, fast zwei Jahre und trotzdem habe ich fast jeden Tag an dich gedacht», hauchte er Jillian ins Ohr.
«Deine Schwester stellt uns übrigens ihre Wohnung zur Verfügung, damit wir uns wieder richtig kennenlernen können. Wenn du das möchtest.»
«Nichts lieber als das», stimmte sie seiner so unsicher klingenden Aussage zu.
Langsam löste sie sich von dem Mann, den sie so lange nicht mehr hatte sehen können.
«Dann komm mal mit ins Haus. Dann können wir meine Sachen holen.»
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht ergriff sie seine Hand und zog ihn aus dem Häuschen in Richtung des Hauses, in dem sie wohnte.
Gemeinsam mit Kai betrat sie das Wohnzimmer, wo schon alle gespannt auf die beiden zu warten schienen.
Lachend fiel Jillian ihrer Schwester in den Arm. «Danke. Das ist das beste Geschenk, das ich seit langem bekommen habe», murmelte sie Diana ins Ohr.
Nachdem die beiden sich getrennt hatten, wandte sich die überglückliche Jill an ihre anderen Familienmitglieder: «Ich wünsche euch noch einen schönen Abend, aber ich gehe mit Kai in die Wohnung von den beiden und ja... Wir sind mal meine Sachen holen.»
Sie wollte schon aus dem Zimmer verschwinden, da unterbrach Matt sie: «Geh du alleine packen. Ich rede noch kurz mit ihm.»
Nickend akzeptierte sie seine Entscheidung und rannte die Treppe in ihr Zimmer herauf.
«Komm mal mit», forderte Matt den blondhaarigen Mann auf. Er führte ihn in ein Zimmer auf der ersten Etage, damit die beiden sich ungestört unterhalten konnten.
«Ähm, ich bin ein bisschen nervös, was jetzt kommt», grinste der jüngere von den beiden unsicher.
«So schlimm wird es nicht», schmunzelte Matt. «Also, jetzt sei ehrlich zu mir. Wie sind deine Gefühle für sie?»
«Ich, na ja... Das ist jetzt unangenehm, aber ich liebe nichts und niemanden auf diesem Planeten mehr als sie.»
Matt musterte Kai prüfend, der leicht rot geworden war. «Jetzt pass gut auf. Das soll nicht abschreckend gemeint sein, aber sie ist wie meine kleine Schwester, ich kenne sie schon über mein halbes Leben und ich würde alles für sie tun. Ich mag dich, du wirkst nett, aber wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, dann hast du es mit mir zu tun und glaub mir, das willst du nicht.»
Eingeschüchtert sah Kai den anderen an, doch er nickte zuversichtlich. «Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen und auch vorher waren wir nur Freunde und trotzdem hatte ich seit wir uns kennen keine Freundin mehr. Ich könnte ihr niemals weh tun, glaub mir.»
Es war noch dunkler geworden und mittlerweile lagen die beiden auf der Couch im Wohnzimmer von Diana und Matt. Die beiden hatten sich irgendwie nicht getraut in dem Bett der beiden zu schlafen. Das kam ihnen in einer gewissen Art und Weise falsch vor.
Die beiden lagen eng nebeneinander. Kais Arm lag um die Schulter von Jillian.
«Kai, wie hat sie dich eigentlich gefunden?», unterbrach das Mädchen die angenehme Stille, in der nur die Hand des Mannes auf ihrem Oberarm Muster gemalt hatte.
«Sie stand eines Tages vor meiner Tür. Sie stand da und ich habe sie gefragt wer sie ist und sie hat mich angesehen und gefragt, ob ich ein rothaariges Mädchen kennen würde. Und ich habe gefragt, ob es Sommersprossen hat, eine Brille trägt und zufällig Jill heißt. Sie hat genickt und geseufzt und gesagt: ‹Endlich habe ich dich gefunden.› Dann hat sie mir erklärt, dass du wohl häufig von mir reden würdest und ich dein Weihnachtsgeschenk sein sollte. Sie wollte wissen, ob ich damit einverstanden wäre und ich habe direkt zugesagt.» Während seiner Erzählung hatte er wieder angefangen zu grinsen und sah das Mädchen, das mit dem Kopf auf seiner Brust gebettet dalag, an.
Sie setzte sich auf, strich sich ihre seidigen Haare hinter ihr Ohr und sah ihm in seine blauen Augen.
«Weißt du, dass du unglaublich süß sein kannst?», grinste sie ihn liebevoll an. Ihre Hand fand wie von selbst ihren Weg auf seine Wange und sie näherte sich so langsam seinem Gesicht, dass er genug Zeit hatte, um auszuweichen, doch er tat es nicht. Sie vereinten ihre Lippen und für beide war es ein absolut überwältigendes Gefühl, das sie am liebsten niemals verlieren würden.
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