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Dies ist eine Nikolausüberraschung von meinem wundervollen Sonnenblümchen alyssadormidera ♥️
Lasst ihr bitte ganz viel Liebe da, sternt und kommentiert fleißig. Ich kenne nur wenige Worte von diesem besonderen Text, bin also unglaublich gespannt und kann es kaum abwarten ihn heute Abend lesen zu dürfen.
Wir sehen uns in den Kommentaren ଘ(੭ˊᵕˋ)੭* ੈ✩‧₊˚
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spitze Öhrchen
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In sicherem Abstand zum Weihnachtsdorf dieser Shoppingmall lasse ich mich auf eine Bank plumpsen, die vor wenigen Sekunden erst frei geworden ist. Ich werfe meinen Rucksack neben mich und hole das überteuerte Sandwich heraus, beiße hinein und realisiere direkt beim ersten Bissen, dass meine Bitte, auf das Gewürz mit Kümmel zu verzichten, selbstverständlich gekonnt ignoriert wurde. Kurz überlege ich, es einfach trotzdem zu essen und Gefahr zu laufen, in wenigen Minuten anzuschwellen und Atemnot zu bekommen.
Immerhin müsste ich dann nach der Pause nicht wieder anfangen zu arbeiten, aber... naja, ich brauche das Geld leider wirklich.
Als Student habe ich schon eine Menge Jobs gemacht, die wenig Spaß gemacht haben, doch bei diesem hatte ich anfangs eigentlich kein solches Gefühl. Ich liebe Kinder und die Vorstellung, mich mit ihnen zu beschäftigen, während sie darauf warten, dem Weihnachtsmann ihre Wünsche zuzuflüstern, klang überaus annehmbar, um die Weihnachtsgeschenke der Familie zu finanzieren. Das war sie auch, bis heute.
Es ist der 06. Dezember und ein Sonntag. Normalerweise würde ich heute das Bett nur verlassen, um mir was zu Essen aus dem WG-Kühlschrank zu klauen. Stattdessen verbringe ich den Tag in diesem komplett überlaufenen Kaufhaus, dass anlässlich des heutigen Nikolaustages einen verkaufsoffenen Sonntag veranstaltet. Jeder Laden lockt mit Sonderangeboten, die nur heute gelten, sodass es hier so überfüllt ist, wie sonst am Tag vor Weihnachten.
Die Eltern sind genervt, was sich automatisch auch auf die Kinder überträgt. Sie sind laut, klebrig und doof. Die wenigsten können sich benehmen, fangen wegen jeder Kleinigkeit an zu heulen und werden dann von ihren Mamas gezwungen, weiter das hässliche Rentier auszumalen, obwohl sie offensichtlich Angst vor den mechanischen Weihnachts-Figuren neben sich haben und nur auf den Arm möchten. Und die wenigsten Eltern mögen es, wenn ich das tue.
Also sitze ich die meiste Zeit neben einem unglücklichen Kind, dass auf das Ganze noch viel weniger Bock hat, als ich selbst.
Doch der Gedanke an den Zuschlag, den ich fürs Arbeiten an einem Sonntag bekomme, lässt mich den mentalen Stress dennoch weglächeln.
Seufzend werfe ich das Sandwich zurück in seine Verpackung und nehme stattdessen mein Handy zur Hand. Mama bittet mich, nach meiner Schicht noch fix in der Parfümerie vorbei zu schauen und ihre Gesichtspflege mitzubringen. Ich atme einmal tief durch, antworte dann allerdings mit einem 'Natürlich, kein Problem! (:' und blicke den Gang hinab, um nachher den Laden nicht noch suchen zu müssen.
Die Vorstellung, nach meiner 8 Stunden Schicht noch selbst in einen der Läden zu müssen, ist der pure Horror, aber Mama kann ich keinen Wunsch abschlagen. Ich würde alles tun, um sie glücklich zu machen.
Ich strecke den Kopf ein wenig nach hinten, habe gerade mein Ziel entdeckt, als ich ein leises Kinderlachen gefolgt von einem leisen, aber panischen "Nicht! Ella, lass das-" direkt hinter mir höre. Bevor ich mich umdrehen kann, merke ich, wovon die angenehme, tiefe Stimme das kleine Mädchen gerade abhalten wollte, als ich spüre, wie jemand an dem langen Zipfel meiner Elfenmütze zieht.
"Na, wer ist denn da so frech?" Mit großen Augen sieht sie mich an, als ich mich rasch zu ihr umdrehe und sie schmunzelnd mit meinem Blick fixiere. "Ella, komm hier hin, er macht gerade Pause, Spatz..." Ich höre seiner Stimme an, wie unangenehm es ihm ist, doch mir ist schlagartig egal, dass ich eigentlich meine Ruhe wollte, als ich mich so weit herum drehe, dass ich ihn sehen kann.
Was ein unfassbar schöner Mann.
Markante, aber perfekt abgestimmte Gesichtszüge, tief grüne Augen mit einigen, feinen Lachfalten darum, volle Lippen und ein Drei-Tage-Bart. Seine dunkelbraunen, mit vereinzelten, feinen Grau-Akzenten durchzogene Locken hat er nur im oberen Bereich zu einem Dutt zusammen gebunden, der Rest liegt locker auf seinem Schlüsselbein und geht ihm bis über die Brust. Sein Kleidungsstil ist schick, aber wirkt dennoch überaus komfortabel.
Der Strickpulli, den er trägt, wirkt so weich, dass ich ihn anfassen mag.
"Elfen machen Pause?" Irritiert blinzelt die junge Dame mich an, sieht dann zu dem Mann herüber, der vermutlich ihr Papa ist. "T-Tut mir Leid..." stammelt er und zieht vorsichtig an ihrer Jacke. "Schon okay..." versichere ich ihm lächelnd und beuge mich etwas zu ihr herunter. "Auch fleißige Elfen brauchen mal eine kleine Verschnaufpause, Kleines. Damit sich der Weihnachtsmann darauf verlassen kann, dass sie immer zu 100% aufmerksam sind, dass alle braven Kinder die richtigen Geschenke bekommen, weißt du?"
Kichernd schiebt sie sich den Schal bis unter die Nase. "Und freche Kinder?" grinst sie. "Kinder, die nicht auf ihren Papa hören, bekommen Fernsehverbot..." höre ich den schönen Mann murmeln. Erschrocken blickt sie erst ihn und dann wieder mich an. "Echt?" haucht sie ungläubig. Ich nicke mit wichtigem Blick, weshalb sie bockig die Arme verschränkt und leise schnauft.
Ich weiß nicht mal wieso, denn ich sollte doch eigentlich froh sein, einen Moment mal keine Kinder um mich haben zu müssen, doch die kleine Maus hat schon jetzt mein Herz erobert. Und ganz eventuell hat es mir auch ihr Papa ein bisschen angetan...
"Hast du denn dem Weihnachtsmann schon gesagt, was du dir wünscht?" frage ich neugierig. Sie schüttelt scheu den Kopf. "Sie hat Angst vor ihm..." klärt ihr Vater mich leise und ähnlich schüchtern, wie sein Tochter, auf. Er senkt räuspernd seinen Kopf und vergräbt die Hände in den Manteltaschen, als ich ihm wenige Sekunden in die Augen schaue.
"Kannst du eigentlich auch Wünsche erfüllen?" Ellas Augen strahlen mich an, als ihr diese Idee kommt. "Uhm...", nun muss ich mich reflexartig räuspern, "...nicht so gut, wie der Weihnachtsmann, aber ich kann's ja mal versuchen?" schmunzle ich dann. "Aber Papa darf den nicht hören!" verkündet sie, weshalb er irritiert aufsieht. "Dann musst du mir das ganz leise ins Ohr sagen." flüstere ich mit meiner mysteriösen Elfen-Stimme, weshalb sie wild nickt. Ohne Vorwarnung klettert sie dann plötzlich auf meinen Schoß und erneut wird die sonst so samtige Stimme meines Gegenübers einen Moment panisch.
"Ella! Nein, du kannst nicht einfach-" Leise lachend begutachte ich das kleine Mädchen, dass es sich auf meinem Oberschenkel bequem macht, blicke dann hoch und versichere ihm, dass es in Ordnung ist. Seine Wangen haben einen leicht rosigen Teint angenommen, was ihn noch niedlicher aussehen lässt.
"Dann erzähl mir mal, was du für einen geheimen Wunsch hast, kleine Dame." wispere ich und beuge mich mit dem Ohr etwas zu ihr herab. Sie schiebt mit ihren kleinen Händchen meine Haare etwas zur Seite und strengt sich dann ganz doll an, so leise zu flüstern, wie sie kann.
So laut wie es in dieser Mall ist, hätte Papa allerdings auch in normaler Lautstärke vermutlich nichts davon mitbekommen.
"A-Also mein Wunsch ist eigentlich mehr für den Papa, aber der traut sich nicht, deshalb wünsche ich mir das jetzt für ihn." Ich kann das leise, entzückte Seufzen nicht unterdrücken. "Weil, weißt du, der Papa, der findet dich so richtig doll süß, hat er gesagt und kommt immer mit mir her, damit er dich angucken kann. Also das mit dem angucken hat er nicht gesagt, aber hab ihn durchschaut, hihi..." Nur mit den Augen wandere ich zu seinem Gesicht hoch, er kaut sich unsicher auf der Lippe herum. Sanft lächle ich ihn an.
Der Papa findet mich also so richtig doll süß?
"Ach, ist das so?" flüstere ich, bekomme von ihr wildes Nicken und ein leises Kichern als Antwort. "Und ich kriege dann immer eine Waffel mit Schokostreuseln und Erdbeer und Sahne von Papa und freue mich da immer ganz, ganz doll drüber. Und Papa freut sich dann immer, wenn ich ihm was abgebe und deshalb dachte ich, vielleicht darf der Papa dir auch eine Waffel mit Schokostreusel und Erdbeer und Sahne kaufen und wenn du ihm dann was abgibst, freut er sich vielleicht auch ganz doll?"
Aus dem Augenwinkel schaue ich auf die Armbanduhr an meinem Handgelenk. Es ist erst die Hälfte meiner halben Stunde Pause vergangen. Und Hunger habe ich dank der dämlichen Aushilfe bei Subway auch noch immer.
"Das ist aber ein toller Wunsch, Ella." sage ich, bewusst so laut, dass ihr Vater mich hören kann. "Aber nicht dem Papa sagen, dass ich dir das gesagt habe, er meinte, das wäre ein Geheimnis..." flüstert sie etwas schuldbewusst in mein Ohr. Symbolisch verschließen ich meine Lippen mit einem Schlüssel und stecke ihn mir in die Hosentasche. Wieder kichert sie deswegen leise.
"Wie wär's, wollen wir dir den Wunsch einfach direkt erfüllen?" Ihre Augen leuchten auf und sie nickt aufgeregt, hüpft dabei auf meinem Schoß auf und ab. Ihr Vater blickt unsicher zwischen uns hin und her, als ich mit Ella auf dem Arm aufstehe, sie auf meine Hüfte setze und den Rucksack auf der anderen Seite schultere. Überfordert blinzelt er mich an, doch seine Tochter quietscht erfreut auf und zieht an seinem Ärmel, gluckst "Komm Papa, Waffel essen!"
Schnaufend stolpert er neben uns her, brummt "Ella, du Scherzkeks, frag doch einfach den Papa, ich kaufe dir doch immer eine Waffel, sowas wünscht man sich doch nicht vom Weihnachtsmann..." Am Waffelstand angekommen beuge ich mich schmunzelnd zu ihm rüber. "Ich bin ja auch nur ein fleißiger Helfer des Weihnachtsmannes..." Er schafft es kaum, den Blickkontakt zu erwidern, bekommt erneut rote Bäckchen und seine Mundwinkel zucken unkoordiniert auf und ab, als er versucht, das Grinsen zu unterdrücken.
"Louis, Hi." flüstere ich dann so leise, dass nur er mich hören kann. Er presst überfordert die Lippen aufeinander und blinzelt mich an. "Verrätst du mir auch deinen Namen oder soll ich deine Tochter fragen?" grinse ich. "U-Uhm, ich-... H-Harry-", ein leises Räuspern, "...ich heiße Harry, tschuldigung..."
Ich schmelze dahin, wie niedlich nervös er ist und das nur wegen mir...
Ich stelle Ella wieder auf ihre Füße und nehme die drei Waffeln entgegen, drücke der Dame hinter der Theke dann das Geld dafür in die Hand, weshalb Harry die Augen aufreißt. "Du musst doch nicht bezahlen, nur weil sie gesagt hat, dass sie sich das wünscht, ich hätte doch-" Ich unterbreche sein schnelles Gebrabbel, indem ich "Ich wollte aber." sage und ihn breit anlächle. "Danke..." flüstert er demütig, "wäre aber wirklich nicht notwendig gewesen..."
Während Ella voller Freude über ihre Waffel herfällt und von Minute zu Minute mehr zu einem kleinen Schokomonster wird, blicke ich rüber zu Harry, der sichtlich überfordert mit der Situation ist. Also entscheide ich mich, seine Tochter zu verraten.
"Deine Kleine ist übrigens wirklich ein ganz fantastischer Wingman..." wispere ich, als ich mich etwas zu ihm rüber beuge. Da sind sie weder, die rosa Wangen, als er mich erschrocken ansieht. "S-Sie-... Sie hat es dir g-gesagt?" Ich nicke.
Er blickt verlegen zur Seite, beißt sich nervös auf der Unterlippe herum und zwängt eine lose Strähne, die sich gelöst hatte, mit zittrigen Fingern zurück in den Dutt. "T-Tut mir leid, ich wollte nicht, also-... Sie weiß einfach oft nicht, was sich gehört-" Wieder unterbreche ich ihn, indem ich leise seinen Namen sage.
"Love, ich stehe nicht jetzt hier, nur um deiner Tochter eine Freude zu machen, okay?" Ich sehe ihn deutlich schlucken, wieder blinzelt er mich bloß an. Ich muss lächeln. "Ich fühle mich wirklich sehr geschmeichelt, es ärgert mich bloß, dass ich nur noch 5 Minuten meiner Pause übrig habe... Hast du heute Abend schon was vor?" Vor Schreck verfehlt er mit seiner Gabel seinen Mund und schmiert sich Schokosauce an den Mundwinkel. Kichernd wische ich es mit meinem Daumen weg, weshalb er beschämt ein Stück zurück geht und sich die Hand vors Gesicht hält.
"M-Meinst du das e-ernst?" stammelt er dann, als er sich mit der Serviette über die Lippen tupft. Ich erblicke Ella aus dem Augenwinkel, die ihre Lippe zwischen den Zähnen hat und hibbelig unser Gespräch belauscht. Also nicke ich. "Klar, warum sollte ich das nicht ernst meinen?" Er blickt rüber zu seiner Tochter, wischt ihr mit der gleichen Serviette dann die Schoko-Erdbeer-Wangen ab und murmelt "Ich-, naja, weil... ich bin doch sicher doppelt so alt wie du und es ist mir unangenehm, dass ich für jemanden..." Er lässt die Hand sinken und blickt unsicher wieder zu mir. "...für jemanden schwärme, der so viel jünger ist als ich."
"Ich mag nicht rüber kommen wie ein notgeiler, alter Sack..." brummt er beschämt. "Ach Quatsch, Harry, lass mal die Kirche im Dorf, du tust so, als wärst du 82, anstatt...?" Kleinlaut antwortet er "Achtunddreißig..."
Ich zucke mit den Schultern. "Warum sollte mich das stören? Du bist ein überaus attraktiver Mann, machst einen sympathischen Eindruck, warum sollte ich mich nicht mit dir treffen wollen, um dich besser kennen zu lernen? Nur weil ich 17 Jahre jünger bin?" Ich sehe ihm an, dass er diesen Altersunterschied definitiv erst verarbeiten muss. Vermutlich hatte er mich zumindest etwas älter geschätzt, die meisten Menschen denken, ich sei bereits Mitte oder sogar Ende 20.
"Alter ist nur eine Zahl auf dem Papier, Harry. Sowas hat mich noch nie gestört. Wenn mir jemand gut gefällt, will ich ihn näher kennen lernen. Und dich möchte ich unbedingt besser kennen lernen..." Verlegen kichernd senkt er den Blick. "Mensch Papa, jetzt sag doch einfach ja!" Ein leises 'Ella' entfährt ihm, als er zu ihr aufsieht. "Was denn?"
Die Welt durch Kinderaugen sehen, wie viel einfacher das alles machen würde...
"Schon okay, du musst nicht sofort etwas dazu sagen, Love." Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, dass ich in weniger als 2 Minuten zurück an meinem Platz sitzen und Kinder ertragen muss. Fix krame ich den kleinen Post-it Block aus meinem Rucksack hervor, notiere meine Handynummer darauf und bappe das Klebezettelchen auf die Rückseite seines Handys, das auf dem Stehtisch liegt, an dem wir stehen.
"Meld' dich einfach, wenn du magst. Ich freue mich, von dir zu hören, egal wann du dich danach fühlst." Mit schüchternem Lächeln nickt er leicht. "Ich muss leider zurück an die Arbeit, aber ich fand es wirklich schön, Harry." Ganz vorsichtig streiche ich ihm über den Oberarm.
"Und du, kleiner Frechdachs, schön auf den Papa hören, verstanden?" Ich stupse Ella gegen den Teil ihrer Nasenspitze, die nicht von Schokolade ummantelt ist. Sie kichert daraufhin leise. "Ich erfahre alles und alles was ich weiß, weiß auch der Weihnachtsmann..." Ich hebe mahnend den Finger, weshalb sie mich mit großen Augen anblinzelt und dann artig nickt.
Ich winke den beiden noch einmal zu, bevor ich schnell zurück zum Weihnachtsdorf haste.
Als ich heute Mittag dachte, der Morgen wäre schlimm gewesen, hatte ich noch absolut keine Ahnung, was mich nach meiner Pause erwarten würde. Erst um 18:30Uhr kann ich Feierabend machen, bin mit den Nerven komplett am Ende und will nur noch irgendwie runter kommen.
Auch wenn ich wirklich kaputt bin, ist der Wunsch, Harry heute noch wieder zu sehen, stärker, als mich einfach ins Bett zu legen und niemanden mehr sehen zu müssen.
Also blicke ich hoffnungsvoll auf mein
Smartphone, als ich mit Mamas Pflege durch den Personalausgang in die Kälte trete. Und obwohl ich zugeben muss, nicht damit gerechnet zu haben, heute noch eine Nachricht zu bekommen, die mich lächeln lässt, werde ich eines Besseren belehrt. Mein Herz beginnt zu bubbern, als ich den Chat der unbekannten Nummer öffne.
»Hey Louis, hier ist Harry (:
Zuerst, sorry, wie inkompetent ich vorhin gewirkt habe, ich muss gestehen, ich war ein wenig überfordert mit der Situation... Aber ich bin eigentlich in der Lage, ein Gespräch zu führen, i promise! c:
Auch wenn das nun für dich vermutlich ziemlich spontan kommt, aber wenn du magst, würden Ella und ich uns sehr freuen, wenn du zum Abendessen vorbei kommst.
xx H«
Ich speichere schnell seine Nummer ein und schaue dann auf die Uhr. Die Nachricht ist bereits vor 2 Stunden eingegangen und ich fürchte, die kleine Maus ist schon lang in Bett. Schnell antworte ich ihm und frage, ob es in Ordnung ist, wenn ich noch vorbei komme, was er innerhalb von weniger als einer Minute bejaht. Er sendet mir seinen Standort und fragt, ob er mich abholen soll, doch ich habe mir bereits die Verbindung rausgesucht und stehe am Gleis der richtige U-Bahn-Linie, also versichere ich ihm, dass das nicht notwendig ist.
Sein Haus liegt nicht weit entfernt von der Innenstadt, aber dennoch ruhig auf einem kleinen Hügel, den ich erst heraufkraxeln muss, nachdem ich die Bahn verlassen habe. Trotzdem ist mir keineswegs warm, als ich das Haus mit der Nummer 28 erreiche. Im Gegenteil, ich bin komplett durchgefroren, denn es hat nicht nur zu schneien, sondern außerdem zu stürmen begonnen. Doch bevor ich bereuen kann, sein Angebot abgelehnt zu haben, wird schon die Tür des niedlichen Einfamilienhauses geöffnet, auf das ich zu stapfe.
"Ohje, hätte ich dich doch besser abgeholt, es tut mir so leid!" Mit vor Sorge zerknitterter Stirn kommt er mir in Hausschuhen ein paar Schritte entgegen, doch ich winke direkt ab. "Ach Quatsch, so schlimm ist es nicht!" verspreche ich ihm, kann allerdings das Zähneklappern dabei kaum unterdrücken. Angestrengt blinzle ich ihn an, versuche dabei zu ignorieren, dass mir der Schnee, der mir die letzten 10 Minuten ins Gesicht gepeitscht ist, in geschmolzener Form in die Augen läuft.
"Komm schnell rein, ich hab den Kamin gerade angemacht." Er lächelt mich, noch immer etwas schüchtern, aber liebevoll an, als er mich vorsichtig in den Flur schiebt und dem pfeifenden Wind die Tür vor der Nase zuknallt.
Mich empfängt eine wohlige Wärme, gepaart mit dem Duft nach Essen, das einem das Wasser im Mund zusammen laufen lässt und leiser Musik, die vermutlich einer Playlist entsprungen ist, die den Namen 'Singer-Songwriter Coffee Break' oder so trägt. Nach den vergangenen Stunden im Einkaufszentrum, der überfüllten Bahn und den eisigen Temperaturen da draußen, fühlt es sich hier gerade für mich so wundervoll an, dass mir spontan die Tränen kommen.
Wie schön muss es sein, irgendwann mal jeden Tag nach einem anstrengenden Arbeitstag so empfangen zu werden? Ein Mann, der einen liebt - mit all den kleinen Macken und Eigenheiten, die man so hat -, süße Kinder, die ihr Spielzeug im ganzen Wohnzimmer verteilen und dennoch viel zu sehr geliebt werden, um ihnen dafür böse zu sein und ein kleines, niedliches Eigenheim, das der liebste Ort auf der Welt ist.
Mich wird diese Traumvorstellung wohl nie wirklich loslassen...
Auch wenn mich der Gedanke daran gerade emotional etwas überwältigt, bin ich froh, dass ich meine feuchten Augen auf die Kälte draußen schieben kann. Ich muss Harry ja nicht gleich auf die Nase binden, dass ich die Seele eines alten, vielleicht ein bisschen verrückten Mannes in mir trage...
Aufmerksam, wie er ist, nimmt er mir die dicke Winterjacke ab und hängt sie neben meinen Stiefeln in den Heizungsraum, damit beides trocknen kann, blickt mich dann etwas kritisch an, da ich drunter bloß das kurzärmlige Shirt meines Elfenkostüms trage. Obwohl es hier so angenehm warm drin ist, durchfährt mich eine Gänsehaut, weshalb er einen Schritt näher kommt und mir vorsichtig die Hand auf den eisigen Arm legt. "Soll ich dir was von mir geben, damit du schnell wieder auftaust?" fragt er leise, sodass meine Mundwinkel nach oben rutschen, als mein Blick über seinen gestrickten Pulli wandert, den er noch immer trägt.
"Darf ich deinen anziehen? Der ist bestimmt schön warm..." frage ich frech, aber ehrlich. Wenn, möchte ich genau diesen Pulli haben. Er senkt den Kopf und schmunzelt verlegen, bevor er nickt und ihn sich über den Kopf zieht.
Natürlich rutscht dabei sein T-Shirt, dass er drunter trägt, mit hoch und ich kann mich beim besten Willen nicht daran hindern, ihn anzugaffen.
Ich hätte nicht gedacht, dass er so tattoowiert ist, muss ich zugeben. Und abgesehen davon hat er in keinster Weise Grund dafür, sich für sein Alter zu schämen. Wenn ich mit 38 noch SO aussehe, mache ich Luftsprünge.
Ich bin mir sicher, das kleine Bäuchlein stört ihn persönlich, denn sonst würde er sicher nicht so hektisch den Stoff wieder darüber ziehen, doch ich selbst finde gerade das besonders schön.
Ich mag weiche Menschen, die sind kuschlig. Wie ein Marshmallow, aber ohne den doofen, klebrigen Part.
Genauso wie diese, ist auch der Pullover, den ich mir rasch überziehe, wahnsinnig weich. Außerdem ist er mir locker 3 Nummern zu groß, aber das macht ihn noch viel kuscheliger. Seine Körperwärme, die noch daran haftet, lässt mich leise in den weichen Stoff seufzen, in den ich kurz meine gefrorene Nase drücke. Vielleicht ist aber auch sein Duft daran schuld...
Er bleibt fürs Erste im T-Shirt, bittet mich dann, ihm in den Wohnraum zu folgen, der sich L-förmig über offene Küche und Esszimmer bis in den Wohnbereich zieht, vor dem noch ein kleiner Wintergarten den Rest des Hauses vom Garten zu trennen zu scheint. Im Wohnzimmer entdecke ich Ella, die auf dem Boden sitzt und Sterne aus Glitzerpapier ausschneidet. Mehrere Dekosternchen dieser Art finde ich bereits an der Scheibe des Wohnzimmerfensters und ich könnte spontan erneut anfangen zu heulen, weil hier alles so liebevoll und gemütlich wirkt.
Das kleine Mädchen blickt auf, als wir um die Ecke kommen, springt auf und pfeffert Schere und Pappe einfach auf den Boden, weckt dadurch die beige, winzige Katze, die auf dem Sofa heftig aus dem Schlaf zuckt. "Ella..." brummt Harry neben mir ermahnend, doch sie grabscht nach meinem Bein, umarmt es fest und quietscht "Loueeeeh!"
"Tut mir Leid, sie ist ein wenig aufgedreht, weil sie komplett übermüdet ist... aber sie wollte nicht ins Bett, bevor du hier bist." entschuldigt er sich kleinlaut. "Alles gut, auch wenn ich kaum glauben kann, dass ich das nach dem heutigen Tag noch immer sage, aber ich liebe Kinder." schmunzle ich, als ich mich neben die süßen Maus hocke und mit einer ihrer wirren Locken spiele. "War's so anstrengend?" fragt er besorgt, weshalb ich nur zustimmend brumme, als Ella mir ihre Ärmchen um den Hals legt und mich näher an sie zieht.
Leise kichert sie in meine Halsbeuge, wispert "Hihi, du riechst wie Papa..." in mein Ohr. Sie löst sich und sieht auf meine Brust. "Hast du Papa den Pulli geklaut?" Ich nicke stolz. "Jep, er hatte keine Chance gegen mich, ich habe überlegen gesiegt." Sie verdreht die Augen. "Ja, Papa ist ein Luschi, ich gewinne auch immer gegen ihn..." Bockig stemmt er die Hände in die Hüften. "Hey!"
Auch er muss natürlich schmunzeln, hält ihr dann die Hand hin und sagt "So, junge Dame, nun aber ab in die Falle mit dir, du bist mehr als überfällig, Prinzesschen." Sie verschränkt die Arme und sieht ihn ernst an. "Ich bin kein Prinzesschen!" verkündet sie. "Ich weiß, du bist meine kleine Räubertochter, Prinzessinnen sind faul und langweilig..." lacht er, packt sie dann unter den Armen und setzt sie auf seine Hüfte. "Darf ich Louis noch schnell meine Höhle zeigen, bitteeeeee?" Sie schiebt die Lippe vor und glubscht ihn mit großen Augen an.
"Na gut, aber danach geht's wirklich ab ins Bett, du Quatschkopf."
Ich folge den beiden also die Treppe hoch, wo ich einen Blick in ein Arbeitszimmer und ein kleines Bad erhaschen kann, eine weitere Tür ist verschlossen, ich vermute daher dahinter sein Schlafzimmer. Wir gehen allerdings stattdessen in Ellas kleines Reich, das entgegen jedes Klischees tatsächlich alles ist, aber kein Prinzessinnenzimmer. Sie scheint definitiv mehr Freude an dem Gegenpart der Räuber, Ritter und tapferen Kämpfern zu haben, was ich allerdings überaus erfrischend finde.
Nachdem ich mit in ihre Deckenhöhle gekrabbelt bin, in der sie schwört, einen Drachen zu halten, der aber ein wenig schüchtern sei und deshalb gerade nicht rauskommen wolle, kuschelt sie sich in ihr Hochbett mit Burgmauern rund herum und ist schon fast weggeschlummert, bevor wir überhaupt den Raum verlassen können.
Nicht allerdings, bevor sie noch eine wichtige Frage geklärt hat. "Frühstückst du morgen mit uns oder musst du früh los?" will sie wissen. Etwas überrumpelt, dass sie davon ausgeht, dass ich hier übernachten werde, lächle ich bloß und flüstere "Mal schauen, okay?" Ihr Blick wandert zu ihrem Papa, der bereits erneut leise ein ermahnendes "Spatz, lass das..." von sich gegeben hat. "Aber versprich mir, dass du mit dem Papa kuschelst, sonst holt der wieder mich aus dem Bett, weil er nicht gern alleine schlä-" Besagter Mann grätscht dazwischen und stammelt "Jetzt ist aber g-gut mit dem B-Blödsinn, Madame, nun wird g-geschlafen!"
Ich sehe, wie seine Bäckchen rosig anlaufen, als er ihre Decke bis zu den Schultern hochzieht, ihr ein Küsschen auf die Wange gibt und das Nachttischlämpchen ausknipst. "Loueh auch!" verlangt sie, weshalb ich ihrer Bitte nachkomme und ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange drücke. Sie kichert dämlich und schmiegt dann die Nase gegen ihre Kuschelschildkröte, bevor wir wieder nach unten verschwinden.
"Das mit dem Wingman spielen hat deine Tochter aber wirklich ganz fantastisch drauf, macht sie das öfter?" grinse ich, als wir wieder in der Küche ankommen. Ich ziehe die Ärmel seines Pullis bis in die Handinnenflächen und lehne mich rückwärts gegen die Arbeitsplatte, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Er ist schon wieder (oder immer noch?) rot und räuspert sich leise. "Nein, eigentlich macht sie sowas nie, aber irgendwie hat sie einen Narren an dir gefressen, tut mir leid..." murmelt er.
Ich schüttle den Kopf. "Nicht entschuldigen, Love. Sie möchte nur, dass du glücklich bist." Er schenkt mir ein unsicheres, flüchtiges Lächeln, bevor er mit einem Topflappen den Deckel des gusseisernen Topfes anhebt. Sofort erfüllt der Duft, der bereits vorher in abgeschwächter Form durchs Haus gewabert ist, den ganzen Raum und ich beuge mich vor um rauszufinden, was da so wundervoll riecht. "Ich habe gar nicht gefragt, 'tschuldigung... Du isst Fleisch, oder?" fragt er unsicher, doch ich nicke direkt und ich sehe die Erleichterung in seinen Augen.
"Es ist ein Brauhausgulasch, da ist eine ganze Flasche Bier drin..." erzählt er mir, als er einen Topf voll Wasser aufsetzt. "...ich hing vorhin die ganze Zeit mit dem Kopf drüber, also falls ich irgendwie komisch sein sollte, hab ich wohl zu viel Alkoholdämpfe inhaliert." Ich beginne zu lachen, in das er leise mit einsteigt. "Wenn ich dir irgendwie helfen kann...?" setze ich an, doch er schüttelt rasch den Kopf. "Alles gut, aber lieb das du fragst."
Also beobachte ich ihn weiter dabei, wie er die Beilagen frisch zubereitet, die in diesem Fall aus selbst geschabten Spätzlen und Apfelrotkohl, das er ebenfalls komplett selbst gemacht zu haben scheint, bestehen. Für jemanden wie mich, der absolut nicht kochen kann, ist es immer wieder ein Wunder, wenn Menschen Dinge so perfekt hinbekommen.
Nicht nur, weil alles zusammen fantastisch riecht, sondern vor allem weil ich bis auf die Waffel heute Mittag, den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, strahlen meine Augen, als er mir eine volle Schale des Endergebnisses anreicht. "Wein?" fragt er mit sanftem Lächeln auf den Lippen und ich stimme sofort zu. Ein bisschen Alkohol tut bestimmt uns beiden ganz gut, denn obwohl er weitaus entspannter wirkt als vorhin im Kaufhaus, merke ich, das er noch immer wahnsinnig nervös ist.
"Ich hoffe, es schmeckt dir..." murmelt er, als er mich beobachtet, wie ich mir einen ersten Gabel mit allen drei Komponenten auf dem Teller auftürme und anschließend noch einmal in die Soße dippe. "Ich könnt' mich reinlegen..." brumme ich dann noch mit vollem Mund, was ihm erneut ein süßes Grübchen-Lächeln entlockt.
Während des Essens unterhalten wir uns ausgiebig und er taut zum Glück endlich ein wenig auf. Ich erfahre, dass er für eine Immobilienverwaltung arbeitet und froh ist, dies größtenteils von Zuhause aus tun zu können, sodass die kleine Maus nicht allein sein muss. Sie ginge zwar in den Kindergarten, aber dennoch wolle er sie nicht ständig abgeben müssen. Ich glaube allerdings eher, das er das vor allem nicht möchte. Wenn er von ihr redet, strahlt sein ganzes Gesicht und ich kann nahezu fühlen, dass sie sein ein und alles ist.
Aber auch, wenn ich natürlich wahnsinnig neugierig bin, frage ich nicht nach, warum er alleinerziehend ist. Wenn er es irgendwann möchte, wird er es mir erzählen. Es wird einen Grund haben, dass er es nicht sofort rausposaunt.
Nach dem Essen tauschen wir den Wein gegen Glühpunsch ein und setzen uns gemeinsam in den Wintergarten vor den Kamin. Auch wenn ich ihn nur äußerst ungern hergebe, muss ich dort aus dem Pulli raus, da ich sonst zu zerlaufen drohe. Auch ich kann nicht verhindern, mich dabei halb zu entblößen und erwische ihn, wie auch sein Blick auf Wanderschaft geht.
Anders als ich scheint dies allerdings bei ihm kein besonders schönes Gefühl auszulösen. Er senkt den Blick und setzt leise schnaufend seinen Punschbecher an, weshalb ich ein Stück näher an ihn rutsche, sodass unsere Beine sich berühren. "Was ist los, Love?" frage ich vorsichtig. Er beginnt zu lächeln, doch ich spüre genau, dass es kein echtes ist. "Nichts, alles gut. Warum f-fragst du?" Ich drehe mich zu ihm und setze mich in den Schneidersitz, sodass ich ihn ansehen kann. "Ich merke, dass du über irgendwas nachdenkst, Harry. Magst du mir sagen, was dich beschäftigt? Vielleicht kann ich dir helfen?"
Ein leises, verzweifeltes Lachen rutscht ihm über die Lippen, seine Wangen glühen erneut auf und er räuspert sich leise. Nur ganz leicht streiche ich ihm mit den Fingerspitzen über den Unterarm und tippe ihm mit dem Zeigefinger der anderen Hand vorsichtig gegen die Schläfe. "Was geht darin vor, hmn?" Er beißt sich schüchtern auf die Unterlippe. "Ich verstehe es einfach nicht..." murmelt er.
"Was meinst du?" Er seufzt leise und sieht zu mir auf. "Warum? Was machst du hier? Louis, du bist wunderschön, alles an dir ist perfekt, du-... Ich verstehe einfach nicht, warum du deine Zeit mit einem alten Sack wie mir verschwendest."
Es tut mir im Herzen weh, wie wenig er sich selbst schätzt, nur weil uns ein paar Jahre trennen.
Ich rutsche noch ein Stückchen näher an ihn heran, lege ihm die Hand an die Wange und drehe mir sein Gesicht etwas zu mir. "Harry, hör mir zu." Erst als ich ihn anspreche, öffnet er die Augen und blinzelt mich schnaufend an.
"Babe, du sagst zu mir, dass du mich wunderschön findest, aber genau das gleiche denke ich über dich, okay? Du bist nicht weniger schön, nur weil sich da ein paar niedliche Lachfältchen an deinen Augen angesiedelt haben, das ein oder andere graue Härchen sich zwischen deine perfekten Locken gemogelt hat, manch ein Bindegewebe an deinem Körper eventuell den Kampf gegen die Schwerkraft verloren hat, okay?" Ich sehe, wie er minimal lächeln muss.
"Ganz im Gegenteil, du bist gerade deshalb für mich so interessant." Sein Kopf zuckt hoch zu mir. "Ich mag Männer, die nicht mehr grün hinter den Ohren sind... oder zumindest weniger grün, als ich selbst." kichere ich, schiebe seine langen Locken vorsichtig zur Seite und beuge mich zu seinem Ohr, als wolle ich nachschauen, wie grün er dort noch ist.
Stattdessen nutze ich den Moment, um noch ein Stückchen dichter an ihn zu rücken, deutlich spüre ich die Gänsehaut, die sich unter meinem Atem an seinem Hals bildet. Er greift zittrig nach meiner Hand, drückt sie sanft und hat offenbar aufgehört zu atmen, als er die Augen geschlossen hat.
"Fühlst du dich wohl?" vergewissere ich mich gegen seine Haut wispernd, bekomme ein leises, zustimmendes Brummen als Antwort, weshalb ich mich traue, der zarten Haut unterhalb seines Ohres ein Küsschen zu geben. Ein leises Seufzen einfährt ihm, weshalb ich es erneut tue, die Haut in seiner Halsbeuge weiter liebkose und mich bis zu seinem Kieferknochen vorarbeite.
"Darf ich ehrlich sein?" wispere ich dagegen. "Bitte..." haucht er fast tonlos. "Ich würde dich so gern küssen." Die Gänsehaut breitet sich nun bis auf seine Wange aus, auf der noch immer meine Hand liegt. "Das...", er schluckt schwer, "...das klingt schön."
Ich drehe seinen Kopf liebevoll zu mir, er hat die Augen noch immer geschlossen, aber ich merke, dass er sich so wohler fühlt. Also streiche ich nur hauchzart mit dem Daumen über seine sinnlichen, vollen Lippen, spüre wie sein Atem dagegen prallt, als er sie minimal öffnet. Gerade will ich mich vorbeugen und den Daumen durch meine Lippen ersetzen, da fühle ich plötzlich seine Hände an meinen Wangen.
Er ist derjenige, der den finalen Schritt macht und unsere Lippen verbindet. Und das macht mich fast noch glücklicher, als die Tatsache selbst, dass wir uns küssen.
Minuten vergehen, in denen wir langsam unseren ganz eigenen Rhythmus finden, er sich immer mehr traut, aus sich heraus zu kommen und ab und an die Führung übernimmt. Sein Herz rast in seiner Brust, ich bin mir sicher. Meins tut es auch.
Ich rutsche noch näher an ihn, woraufhin er seine Hände an meine Taille legt. Da es auf Dauer etwas unbequem wird, neben ihm zu sitzen, entscheide ich mich spontan, auf seinen Schoß zu klettern, ohne den Kuss zu unterbrechen. Ich merke, wie er sich etwas anspannt, also löse ich mich von ihm und nehme sein Gesicht in beide Hände. Seine Bäckchen scheinen zu glühen.
"Keine Angst, Love. Ich bin kein 'Sex beim ersten Date'- Mensch..." schmunzle ich. Er kichert verlegen und lässt seine Stirn gegen meine kippen. "Genieß es, nicht nachdenken, Babe..." Anstatt zu antworten nimmt er kommentarlos meine Lippen wieder in Beschlag und ich habe wirklich das Gefühl, dass er es kann.
Loslassen und genießen.
Komplett woanders schweben wir herum, als ich plötzlich ein leises Stimmchen vernehme. "Papaaaa, ich hab Durs- oh." Ich hebe den Kopf und blinzle in Richtung Küche. Unsicher starrt Ella, die ihr Schildkrötchen in der Hand hat, uns an und schluckt schwer. Harry braucht einen Moment länger als ich, um wieder in diesen Raum zurück zu kehren, zuckt zusammen als er seine Tochter realisiert und stammelt ein leises "T-Tschuldigung..." in meine Richtung.
Er will mich von sich heben, doch ich komme ihm zuvor. "Ich geh schon, Love." flüstere ich und möchte aufstehen, doch er hält mich noch kurz fest, legt mir seine Hände erneut auf die Wangen und drückt noch einmal seine Lippen auf meine. "Danke, Lou."
Nachdem ich die Kleine versorgt und wieder ins Bett getragen habe, gehe ich zurück ins Wohnzimmer, in dem Harry mittlerweile am Fenster steht. Ich nehme ihn von hinten in den Arm und küsse sein Schulterblatt. "Ich habe das so sehr vermisst, Louis." flüstert er und streichelt über meine Hand auf seinem Bauch. "Ich bin so lang nicht mehr auf diese Art berührt worden. So liebevoll und zärtlich das... es tut so gut, weißt du."
Er dreht sich zu mir um. "Ich liebe Ella mehr als alles andere, aber das Kind schreckt nun mal viele Leute ab, weißt du? Ich möchte ihr auch niemanden vorstellen, der es nicht ernst meint." Ich streiche ihm die Locken hinters Ohr. "Das kann ich voll und ganz verstehen."
"Ich bin so lange nicht in den Armen einer anderen Person eingeschlafen..." murmelt er dann gedankenverloren gegen meine Stirn. "Möchtest du, das ich hier bleibe?" flüstere ich leise. Er zuckt ein Stück zurück, wispert "Du-... Ich möchte nicht, dass du Mitleid hast..." Ich schüttle den Kopf. "Nichts von all dem, was in den letzten Stunden passiert ist, entstand auf Mitleid, Love. Sondern aus purer Anziehung und ehrlichem Interesse an dir als Person."
Ihm kommen die Tränen, doch er lässt seine Stirn gegen meine kippen und flüstert "Es würde mich wirklich freuen, wenn du bleibst."
Auch ich bin lange nicht mit einer anderen Person eingeschlafen und genieße es daher ebenfalls in vollem Zügen. Mitten in der Nacht kuschle ich mich als großer Löffel von hinten an ihn und lege meine Hand auf seinen Bauch. Er scheint ebenfalls wach geworden zu sein, denn ich nuschle müde in sein Ohr "Hör sofort auf deinen Bauch einzuziehen, Harry. Du bist perfekt, wie du bist." Er atmet schnaufend aus und bekommt leichte Gänsehaut, als ich beginne über den niedlichen, kleinen Bauchansatz zu streicheln. "Und du bist viel zu schön, um wahr zu sein..." murmelt er, bevor wir wieder einschlafen.
Am nächsten Morgen ist er bereits aufgestanden, als mein Uniwecker klingelt. Ich höre Geschirr von unten klappern und auch Ellas Lachen hallt durchs Haus. Ich hüpfe so motiviert wie lange nicht an einem Montagmorgen aus dem Bett und tapse die Treppe hinab. Ich lehne mich schmunzelnd gegen den Türrahmen.
"Hübsche Frisur, Mister Styles." Er dreht sich zu mir, lächelt verlegen und fasst sich an die hellblaue Glitzerspange in seinen Haaren. "Die steht Papa viel besser als mir, findest du nicht auch?" Ella auf seinem Arm sieht mich erwartungsfroh an. "Finde ich auch, du siehst fantastisch aus, Hazza..." Er blinzelt mich an. "H-Hazza?" Ich nicke. "Finde, der Spitzname passt zu dir." Seine Tochter beginnt zu kichern und plappert mir nach.
Er schickt sie Zähneputzen und kommt dann zögerlich zu mir. "Guten Morgen, hast du gut geschlafen?" Ich nicke leicht und schlinge meine Arme um seine schmale Taille. "Hmn, du auch?" Er lächelt sanft. "So gut wie lange nicht..." gibt er zu. Zurückhaltend gibt er mir ein ganz leichtes Küsschen.
"Ich muss leider gleich schon los zur Uni..." brumme ich gegen seine Schulter, als ich ihn enger an mich ziehe. "Ich muss auch Ella in den Kindergarten bringen..." stimmt er mir gedankenverloren zu. "Gestern Abend war wirklich schön, Lou, Dankeschön." Ich löse mich ein Stück. "Das fand ich auch." Einen Moment sehen wir uns einfach in die Augen. "Was macht ihr heute Nachmittag?" frage ich dann. "Ella wollte P-Plätzchen backen..."
"Meinst du, sie hätte was gegen einen helfenden Elfen?" Er grinst schelmisch. "Bestimmt nicht, aber du darfst nur mitmachen, wenn du deine spitzen Öhrchen trägst." Ich mustere ihn. "Die gefallen dir, hmn?" Er läuft rosig an und brummt "Vielleicht...?"
"Okay, ich trage sie, aber nur wenn ich wieder hier schlafen darf." grinse ich. Sein Lächeln wird sanft und nur ganz leise wispert er "Sehr gerne..." in mein Ohr.
Ein paar weitere Minuten standen wir noch so da, haben uns einfach umarmt und ab und an ein Küsschen gestohlen, an die ich mich gern zurück erinnere, als ich knapp 1h später in der Bahn zur Uni sitze. Ich war kurz zuhause, um mich umzuziehen, doch seinen Pulli und den weichen, roten Schal, den er mir mitgegeben hat, trage ich natürlich noch immer.
Glücklich sauge ich seinen Duft auf, als ich die Nase hineindrücke und beobachte dabei ein Schneeflöckchen, das an der Scheibe hinabrutscht.
Mein Blick fällt auf mein Handy, auf dem mir Harry gerade ein simples, blaues Herzchen gesendet hat, gefolgt von den Worten '...wie deine Augen'. Ich erwidere es grinsend mit einem grauen und einem grünen Herzchen.
Eins für Ella und eins für ihn.
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