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unerwiderte Gefühle
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Leise summend packte ich meine Unterlagen in meine Tasche, sortierte den Stapel mit den geschriebenen Tests der Studenten und ließ diesen ebenfalls in meiner Umhängetasche verschwinden. Ich blickte mich ein letztes Mal im Seminarraum um, sah das nichts mehr auf den Tischen lag und schulterte meine Tasche.
Ich griff noch nach meiner abgeranzten Lieblingstasse, welche schon innen mit lauter braunen Kaffeeringen verziert war und verließ den Raum.
Auf dem Weg zum Sozialraum, welchen ausschließlich die wissenschaftlichen Mitarbeiter nutzen durften, begegnete ich ein paar Studenten, welche ich freundlich grüßte. Kurz bevor ich um die Ecke bog hörte ich die Stimmen einiger Kollegen und blieb abrupt stehen als ich meinen Namen vernahm.
Ich ging sogar noch einen kleinen Schritt nach hinten, strich meine Locken hinters Ohr, um meine Hörgeräte freizulegen und konzentrierte mich auf die Worte, welche gesprochen wurden. Ich war mir mehr als bewusst, dass es keine gute Idee war zuzuhören, aber ich konnte einfach nicht anders. Ich wollte wissen was schon wieder über mich gesagt wurde...
"Wollen wir Harry wirklich fragen? Der hatte doch gestern die Gelegenheit mit seinen Kollegen auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, wir sind doch bereits schon die nächste Gruppe, welche vom Dekan eingeladen worden ist." - "Eben, ich hab' mit ihm jetzt auch nicht so viel gemeinsam, dass ich mit ihm ein Gespräch aufbauen könnte."
"Dann gehen wir doch jetzt einfach, oder?" Ich hörte nur noch ein paar zustimmende Laute und wartete darauf, dass sich die Schritte entfernten.
Leise seufzend strich mir durch die Haare, atmete tief durch und versuchte die Worte nicht zu nah an mich heranzulassen. Es tat weh, wenn sie so sprachen als wäre ich der Älteste hier, welchen man wie einen Aussätzigen behandeln musste. Ich war im gleichen Alter wie der Dekan. Zayn und ich waren beide 56 Jahre alt und dennoch war er der coole ältere Professor, den jeder mochte.
War ich denn so anders?
Ich war doch stets bemüht freundlich zu sein, meine Studenten schnitten in den Test am besten ab und auch vom Gefühl her konnte ich reinen Gewissens sagen, das sie die besten Abschlüsse in meinem Themengebiet machten. Doch das war anscheinend nicht gut genug, um mich auf einem Weihnachtsmarkt mitzunehmen...
Aber was sollte ich auch mit diesen Leuten dort...?
Gestern konnte ich nicht, da mein Sohn niemanden hatte, welcher auf seine Tochter aufpassen konnte. Da bot ich mich natürlich an und hatte somit meinen Abend mit meiner kleinen Enkelin, statt auf dem Weihnachtsmarkt verbracht.
Ich riss mich von meinen Gedanken los, atmete tief durch und ging zu dem Sozialraum am anderen Ende des Flures. Die Gruppe, welche gerade noch über mich gesprochen hatte, konnte ich noch erkennen und sah, wie sie gemeinsam durch die Schiebetüren traten.
Es war nicht das erste Mal, dass ich die Doktoranden so reden gehört hatte. Mir war bewusst, dass ich schon einer der etwas älteren Professoren war und dass die meisten meiner Freunde in einem anderen Fachbereich und somit auch in einem anderen Gebäude arbeiten.
Das Ganze machte es mir unheimlich schwer wegzuhören.
Ich hatte mir gerade einen neuen Kaffee gekocht, mich hingesetzt und die Tests aus meiner Tasche geholt, da wurde der Stuhl neben mir nach hinten gezogen. Nur aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass sich jemand hinsetzte und seinen Rucksack auf den Boden abstellte. Für einige Minuten blieb es ruhig, ich war bereits daran den dritten Test zu korrigieren, da räusperte sich derjenige neben mir.
Überrascht sah ich auf und hielt kurz die Luft an als ich erkannte wer neben mir Platz genommen hatte. "Hallo Louis", grüßte ich ihn kurz angebunden und widmete mich der Korrektur der Tests. Mir war nicht mal danach mit jemanden zu sprechen, vor allem nicht, wenn derjenige zu der Gruppe gehörte, welche des Öfteren über mich sprach.
"Möchten Sie nicht auf den Weihnachtsmarkt? Die anderen sind schon los, ich hatte bis gerade noch eine Vorlesung und wollte nachkommen, wie sieht es aus?" Ich schob meine Brille zurecht, trank einen Schluck meines Lieblingsgebräus und wandte mich anschließend an den Mann zu meiner rechten.
"Das ist nett, dass du an mich denkst, aber nein. Ich möchte nicht auf den Weihnachtsmarkt." Natürlich war das gelogen. Ich würde so unglaublich gerne auf den Weihnachtsmarkt, die Stimmung mit den Kollegen genießen, den ein oder anderen Punsch trinken und mir vielleicht sogar einen der warmen und überaus leckeren Apfel-Spekulatius-Liköre genehmigen.
Doch sobald ich an die Worte von vorhin dachte, zog sich in meinem Brustkorb alles zusammen und es wurde plötzlich so unangenehm und stechend kalt.
"Oh, ich dachte Sie hätten Lust, da Sie gestern verhindert waren. Zumindest hatte Zayn mich gebeten Sie zu fragen..."
Ich zuckte nur mit meinen Schultern und versuchte die Kälte weitestgehend zu verdrängen. "Ich habe meinen Studenten versprochen, dass sie die Tests morgen korrigiert zurückbekommen. Danke, dass du fragst, aber ich möchte wirklich nicht", sprach ich mit ruhiger Stimme und konnte ein erleichtertes Aufatmen als Louis aufstand nicht verhindern.
"In Ordnung, dann... Haben Sie noch einen schönen Abend." - "Danke, du auch", wisperte ich und sah Louis nach.
Leise seufzte ich, schloss den Reisverschluss meiner Strickjacke und wuschelte durch meine Locken. "Oh je...", wisperte ich leise. Wie gern ich doch jetzt auf dem Markt wäre. Tatsächlich hatte ich vorgehabt nach der Korrektur hinzugehen, aber ich wollte nach den Worten der Gruppe auf gar keinen Fall einem von denen begegnen.
Ich ging gern alleine ins Kino, oder auch Essen. Für mich war es kein Problem, meine eigene Gesellschaft zu sein und einfach die Zeit mit mir selbst zu genießen, aber in den Augen der anderen hieß es dann sofort, dass ich einsam wäre, dass ich niemanden hätte, welcher mit mir gehen würde und dass ich kein angenehmer Zeitgenosse war.
Leider förderte eine gesunde Beziehung zu sich selbst immer die Kommentare der anderen. Es war noch nie anders.
Es dauerte eine Weile und zwei weitere Tassen Kaffee später hatte ich es tatsächlich geschafft und konnte die korrigierten Tests in meiner Tasche verstauen. Als ich aufstand nahm ich meine Kaffeetasse und meinen Teller hoch und brachte ihn in die angrenzende Küche, spülte mein Geschirr und stellte es in mein kleines Fach ihm Hochschrank.
An meinem Lieblingsplatz räumte ich die Stifte zusammen, sortierte alles fein säuberlich ein und holte meinen dicken Parka und auch meine Mütze, sowie Handschuhe und Schal. Ordentlich eingepackt verließ ich den Gebäudekomplex und machte mich auf dem Weg zur Bahn, welche mich nach Hause bringen sollte.
Auf dem Weg zum Bahnhof begegnete ich ein paar Leuten, welche anscheinend ihren Rückweg vom Weihnachtsmarkt angetreten hatten. Und plötzlich... Da bog ich nicht links ein um zum Bahnhof zu gelangen, sondern lief weiter geradeaus, den schimmernden Lichtern entgegen. Meine Uhr verriet mir, dass der Weihnachtsmarkt noch 1,5 Stunden geöffnet sein würde, weshalb ich meine vorherigen Gedanken über Board warf und nach wenigen Minuten den Markt betrat.
Bisher fiel mir kein bekanntes Gesicht auf, weshalb ich tief durchatmete und zu einer meiner Lieblingsbuden ging. Schon seit 20 Jahren führte eine Frau in meinem Alter einen kleinen Stand, welcher nicht nur selbstgemachten Glühwein, sondern auch Plätzchen und Waffeln verkaufte.
Ich war gerade bei Poppy angekommen und wollte sie grüßen, da hörte ich ein paar Männer lauthals streiten. "Euer Ernst? Ihr seid allesamt vollkommen unmöglich. Wie kann man sich einem anderen Menschen gegenüber so respektlos verhalten? Habt ihr darüber nachgedacht, was solche Worte in einem auslösen können?"
Überrascht über die Worte sah ich auf und erkannte Louis, welcher mit verschränkten Armen vor der Brust vor seinen Kollegen stand und nicht gerade begeistert aussah. Was war denn nur los? Ich verstand nicht worum es ging und als die Gruppe noch etwas lauter wurde entschuldigte ich mich bei Poppy und ging zu den Doktoranden.
"Entschuldigt, aber könntet ihr eure Streitereien bitte auch etwas leiser oder woanders fortführen? Ihr seid nicht die einzigen hier und ich denke, dass ich guten Gewisses für alle sprechen kann, wenn ich sage, dass es viel zu laut ist und man die weihnachtliche und liebevolle Stimmung bei dem Gebrüll kaum noch genießen kann."
Louis sah mich mit großen Augen an, war viel zu sprachlos um etwas zu sagen und blieb still. Auch die anderen gaben keinen Ton mehr von sich, sahen mich ein letztes Mal an und gingen. Selbst Louis' Kollege, welcher die Streiterei anscheinend begonnen hatte, verstummte und ging ohne ein weiteres Wort meinerseits. "Dankeschön", sprach Louis leise, richtete seinen Schal und wollte noch etwas sagen, doch ich nickte nur und ging wieder zu Poppy, welche mich mit einem Lächeln auf den Lippen erwartete.
Ich hatte absolut kein Interesse weiterzureden, wer benahm sich denn bitte so auf dem Weihnachtsmarkt?
"Harry? Warten Sie, bitte!", rief Louis und brachte mich somit zum Umdrehen. "Sie sind ja doch hier", sprach er dann und schenkte mir ein leichtes Lächeln. "Ich wollte nur kurz zu Poppy und mir eine Waffel für Zuhause mitnehmen", erwiderte ich lediglich und lächelte als Poppy nickte und anfing eine Waffel zu backen.
"Es ging-"
"Möchte ich nicht wissen", unterbrach ich ihn und drehte mich zu Louis. Er blickte mich überrascht an und blinzelte mehrfach. "Aber..." Doch ich schüttelte meinen Kopf. "Louis, ich weiß worum es ging und mir reicht es. Ich habe heute, gestern und auch schon die letzten Tage genug gehört."
"Ich... Ich habe Sie aber... immer... verteidigt, ich... Ich spreche nicht so über Sie und versuche die anderen dazu zubewegen es zu lassen. Es ist nicht richtig und ich kann es selbst nicht leiden, wenn man solche Worte in den Mund nimmt."
Louis schien ziemlich unruhig zu sein, verlagerte sein Gewicht mehrmals und vergrub seine Hände tief in seinen Jackentaschen. "Und... Sie... Sie möchten wirklich nicht noch etwas auf dem Weihnachtsmarkt bleiben und sich die Buden ansehen? Weiter hinten ist ein Goldschmied, welcher vorhin an einem wunderschönen Armband saß und es angefertigt hat."
"Louis...", fing ich an und wurde von Poppy unterbrochen, welche mir nicht nur eine, sondern zwei Waffeln hinlegte und mit ihrem Kopf zu dem Jüngeren nickte, welcher seinen Blick abgewandt hatte und nervös an seinen Fingern knibbelte. Ich blickte zu Poppy, sie grinste nur und schenkte mir einen auffordernden Blick. Ich seufzte leise, bezahlte beide Waffeln und stupste Louis mit meiner Schulter an.
Er sah mich verwirrt an, senkte seinen Blick auf die Waffeln und wusste anscheinend nicht, was ich von ihm wollte. "Möchtest du die Waffel, oder lieber nicht?" Louis nahm sie mir mit leicht zittrigen Händen ab und bedankte sich. Sobald wir an einem der kleinen Tische standen brachte Poppy uns noch zwei Tassen ihres Punsches. "Lasst es euch schmecken", grinste sie zufrieden und drückte meinen Unterarm.
Ich brummte leise, sah ihr nach und blicke dann zu Louis, welcher sich verlegen auf die Lippe biss und zur Seite sah. "Sie wollten doch nach Hause..." - "Würdest du aufhören mich zu Siezen? Ich fühle mich schon alt, betone es nicht noch", sprach ich mit ruhiger Stimme und lege meine Hand für einen Moment auf die von Louis.
Er sah kurz auf, musterte mich einen Moment und blickte dann auf unsere Hände, welche sich noch berührten. Warum machte ich ihn denn mit meiner Anwesenheit so verrückt? Seine Unterlippe musste schon wieder unter seinen Zähnen leiden und Louis Hand' wurde ganz zittrig umso länger ich meine auf seiner liegen ließ.
"Hey...", sprach ich einfühlsam, merkte relativ schnell was los war und nahm meine Hand von seiner. "Atme tief durch, in Ordnung? Es ist alles gut", lächelte ich, doch Louis schien meine Worte gar nicht zu interessieren oder er hörte mir gar nicht erst zu, da er so damit beschäftigt war mich nicht anzuschauen.
"Louis...? Würdest du mir deine Aufmerksamkeit schenken?", fragte ich, zog meinen Handschuh aus und legte meine Hand an seine Wange. Direkt hob Louis seinen Blick, sah mich an und an meiner Hand konnte ich spüren wie er rot wurde. "E-Entschuldige", stammelte er plötzlich, nahm meine Hand von seiner Wange und widmete sich der Waffel. Besorgt musterte ich ihn, hatte plötzlich einen kleinen Verdacht und räusperte mich leise.
"Zayn hat dich nicht gebeten mich zu fragen, stimmt's?"
Schlagartig verschluckte Louis sich an der Waffel, wandte sich hustend von mir ab und bekam kaum noch Luft. Ich wollte ihm gerade helfen, da holte er bereits etwas ruhiger Luft und trank einen kleinen Schluck vom Punsch. Er erwiderte nichts auf meine Frage, doch das reichte vollkommen.
"Ist dir das unangenehm?", wollte ich wissen und schmunzelte als Louis sich dazu aufraffen konnte mich anzusehen. Mit hochroten Wangen nickte er leicht, brach wieder ein Stück von der Waffel ab und schob es sich in den Mund. "Louis, Gefühle sollten dir niemals unangenehm sein. Warum denn auch?"
"Wenn sie nicht erwidert werden...?"
Ich schüttelte meinen Kopf. "Selbst dann ist es nicht unangenehm etwas für eine andere Person zu empfinden. Ehrlich gesagt fühle ich mich sehr geschmeichelt", gab ich zu und konnte ein Lächeln nicht verhindern. Doch Louis schien das anders zu sehen, aß lieber seine Waffel und erwiderte nichts auf meine Worte.
Die ganze Situation musste ihm wohl unglaublich unangenehm sein, vor allem da ich ihn 'erwischt' hatte. Als er seine Waffel und auch seinen Punsch getrunken hatte hielt ich seine Hand fest, fuhr mit meinem Daumen über seinen Handrücken und versuchte seinen Blick aufzufangen.
"Sieh mich an", bat ich ihn und atmete aus als er tatsächlich meiner Bitte folgte und seinen Blick hob. "Louis, von meiner Seite ist alles in Ordnung, wirklich. Es tut mir leid, dass ich momentan nichts erwidern kann."
"M-Momentan?", fragte er mit belegter Stimme und sah mich verwirrt an. "Ich kenne dich zu wenig, viel zu wenig, um ehrlich zu sein", erklärte ich mich und atmete tief durch. "Du musst das nicht tun, nur weil du wegen mir ein schlechtes Gewissen hast, Harry. Ich... Ich gehe jetzt lieber nach Hause", wandte er sich von mir ab und sah zur Seite.
Ich schloss meine Augen, schüttelte leicht mit meinem Kopf und ließ ihn gehen. Was sollte ich denn auch tun? Hinterherlaufen? Mit was für einer Begründung?
Es waren bereits einige Tage seit dem Weihnachtsmarkt vergangen und als ich meinen üblichen Weg von den Hörsälen zum Sozialraum ging hörte ich, wie jemand ziemlich laut auf jemanden einredete. Als ich um die Ecke bog erblickte ich jedoch nur noch Louis, welcher sich mit den Händen über die Augen strich und seine Unterlagen vom Boden aufhob.
Schnell eilte ich zu ihm, half ihm dabei seine Papiere und Bücher zusammensuchen und stand mit einem leisen Ächzen auf den Lippen auf. "Was ist passiert?", fragte ich und erblickte einen goldenen Armreif um Louis' Handgelenk als ich ihm seine Unterlagen gab.
"Nichts, alles gut", sprach er leise und erwiderte meinen Blick nicht. "Louis... Ich sehe doch die Tränen in deinen Augen, was ist los?"
"Ich war heute im Labor und... Keine Ahnung, die anderen haben irgendwie mitbekommen, dass ich Gefühle für dich habe und reden seitdem nicht mehr mit mir. Ich verstehe nicht, warum die sich so sehr wie kleine Kinder benehmen und mich nicht einfach in Ruhe lassen."
Plötzlich brach es aus ihm heraus, weswegen ich ihn einfach nicht allein lassen konnte und meine Arme vorsichtig um ihn legte. Louis brauchte einen Moment, doch dann schlang er seine Arme ebenfalls um mich, erwiderte die Umarmung und vergrub sein Gesicht an meiner Schulter.
"Mir tut es leid, dass die anderen so mit dir umgehen, das hast du nicht verdient, Louis", sprach ich leise und strich ihm langsam über den Rücken. Ich spürte wie Louis an meiner Schulter nickte, seinen Griff leicht verstärkte und auf einmal anfing zu Schluchzen.
"Shhhh, atmete tief durch Louis...", sprach ich besorgt und ließ meine Hand auf seinem Rücken liegen. Es dauerte einen Moment bis er tatsächlich tief Luft holte und sich danach auch ein wenig von mir löste. Bevor er etwas sagen konnte legte ich meine Hand an seine Wange und strich ihm mit dem Daumen ein paar der feuchten Spuren weg.
Ich konnte ja einiges ab, aber es tat weh, dass Louis so darunter leiden musste.
"Sollen wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen?", fragte ich und wartete geduldig, bis Louis mir eine Antwort gab. Schniefend nickte er, strich sich mehrere Male über die Augen und murmelte ein leises 'Puhhh'.
"Na komm", bat ich ihn, streckte ihm meine Hand entgegen und lächelte leicht als er sie tatsächlich annahm und fest umklammerte. Ich führte ihn zu meinem Lieblingsplatz, welcher sich in dem kleinen Park auf unserem Campus befand und setzte mich auf die Bank, welche unter einen der vielen Bäume stand.
Gerade war hier alles kahl und nicht sonderlich angenehm und dennoch mochte ich diesen Platz am liebsten. Louis setzte sich neben mich, strich sich erneut über die Augen und atmete tief durch als er sich nach hinten lehnte.
"Ist es ein bisschen besser?", fragte ich nach einer Weile, in der wir nicht miteinander gesprochen hatten und sah ihn von der Seite aus an. "Ein wenig", murmelte er leise, richtete seinen Schal und schloss seine Augen für einen weiteren Moment.
"Fühlst du dich wohl in meiner Nähe?", wollte ich wissen, machte ebenfalls die Augen zu und genoss die wenigen Sonnenstrahlen auf meiner Haut. "Müsste ich dich das nicht eher fragen?" Ich lachte leise und schüttelte mit meinem Kopf. "Bei mir ist alles in Ordnung, Louis."
Er brummte leise, weswegen ich meine Augen öffnete und ihn ansah. "Ich verstehe immer noch nicht, warum-..." Louis sprach nicht zu Ende, knetete seine Hände und ließ seinen Kopf hängen. "Ehrlich gesagt tut es auch weh, wenn du mir plötzlich deine Aufmerksamkeit schenkst. Das hast du vorher nicht getan und..."
Ich nickte, konnte verstehen was er meinte und legte dennoch meine Hand auf seinen Oberschenkel. Louis folgte meiner Bewegung, sah auf meine Hand und legte seine zögerlich auf meine. Ich verweilte wenige Augenblicke so, drehte meine Hand und umschlang seine sanft mit meinen Fingern. Vorsichtig spielte ich an dem goldenen Armreifen, welcher sein dünnes Handgelenk zierte.
"Würdest du mir eine Chance geben?"
Louis riss seine Augen auf, musterte mich und wollte etwas sagen, doch kein einziger Ton kam über seine Lippen. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an bis Louis tatsächlich das Wort ergriff. Dafür löste er jedoch seine Hand aus meiner und lehnte sich ein wenig nach vorne.
"Ich- Ich kann mir nicht vorstellen, dass... Es ist komisch... Tut mir leid, ich- ich fühle mich...", Louis stotterte vor sich hin, räusperte sich mehrere Male und stand dann sogar auf. Ich ließ ihn, verfolgte ihn mit meinem Blick und stand auf als er sich gar nicht mehr beruhigte und schon anfing auf und ab zu gehen. "Louis..."
"Es ist nicht so, dass ich dich ausnutzen möchte, weil du Gefühle für mich hast. Ich möchte dem Ganzen einfach eine Chance geben, denn... Ich stelle mir folgende Frage...", ich unterbrach mich selbst, holte Luft und hielt Louis fest, damit er nicht noch mehr auf und ab lief.
"Was ist, wenn wir füreinander geschaffen sind und ich dich einfach gehen lasse?"
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