Stunde 23
„Kaito?", fragte Shin'ichi ungläubig und starrte überrascht auf seinen Gast, der völlig außer Atem vor seiner Tür stand. Langsam beruhigte Kaito sich und stieß wieder regelmäßig kleine Rauchwölkchen aus. Shin'ichi jedoch verstand die Welt nicht mehr. Sollte er nicht bei Aoko sein? Sie hatte es ihm doch sagen wollen. Diesen einen gewissen Satz.
„Wir müssen reden", flüsterte Kaito und sah dem Detektiv fest in die Augen. Er durfte jetzt auf keinen Fall die Fassung verlieren. Nicht ihm gegenüber. Nicht jetzt.
Ohne auf eine Antwort von Shin'ichi zu warten schlich er an diesem vorbei und lud sich somit selber in das Haus ein. Ihm den Rücken zugewandt schloss er kurz die Augen und atmete noch einmal durch, bevor er ein Lächeln und das Pokerface von seinem alter Ego Kaito KID aufsetzte.
„Shin'ichi Kudo, Sie sind als Detektiv durchgefallen", meinte er und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Anklagend blickte der ehemalige Dieb den Detektiv an.
„Was?", platze es aus dem noch immer verwirrten Detektiv heraus.
„Aoko hat mir vorhin ihre Liebe gestanden", sagte Kaito und lief weiter in das Haus hinein. Verwirrt folgte Shin'ichi ihm. „Und sie sagte mir, dass du davon wusstest."
Ohne zu wollen hatte Kaitos Stimme einen schneidenden Unterton angenommen und auch sein Gesicht war leicht säuerlich geworden. Er hatte leicht die Stirn gerunzelt und sein Pokerface von vorhin war nicht mehr ganz so undurchsichtig wie früher.
„Hast du deswegen damals so reagiert als ich in dem Arbeitsraum deines Vaters saß?", wollte er wissen und sah Shin'ichi durchdringend an. „Meintest du darum, dass es nicht mehr wichtig sei ob ich dir jetzt eine Antwort auf dein Geständnis gebe?"
„Ich...", fing Shin'ichi an, doch er kam nicht weit.
„Naja, nachvollziehbar war es. Ich kann mir denken, wie Aoko auf dich gewirkt hat als ich mit Vermouth in diesem Keller gefangen war und im Polizeipräsidium", sagte Kaito und kratzte sich am Kopf.
„Was willst du damit sagen?", fragte Shin'ichi. Der Dieb war ihm gerade ein Rätsel. Oder sein Gehirn wollte einfach nicht wie sonst eins und eins zusammenzählen.
„Ich will damit nur sagen, dass du dir die angeblichen Antworten immer selber zusammengereimt hast, sie aber nie von mir persönlich bekommen hast." Kaito atmete einmal tief durch, bevor er fortfuhr. Jetzt hieß es, seinen ganzen Mut zusammenzunehmen. „Ich bin hier um sie dir zu geben."
Völlig baff blickte der Oberschülerdetektiv seinen Überraschungsgast an. Doch zu mehr kam er auch gar nicht, da hatte Kaito ihn schon am Kragen gepackt und zu sich gezogen. Mit dieser Wucht überbrückte er die letzten Zentimeter, die seine Lippen von Shin'ichis trennten.
Überrumpelt stockte Shin'ichi erst, doch dann erwiderte er den Kuss und entspannte seinen Körper völlig. Ein Feuerwerk explodierte in seiner Brust und er konnte nicht anders, als in den Kuss hineinzulächeln.
Kaito schien es nicht anderes zu gehen. Als er merkte, wie Shin'ichi lächeln musste grinste auch er und löste den Kuss.
„Genügt das als Antwort?", hauchte Kaito und grinste. Eine leichte Röte war in sein Gesicht gestiegen.
„Da fragst du noch?", spuckte Shin'ichi letztendlich aus bevor er sich wieder zu Kaito beugte und sich einen weiteren Kuss von dem ehemaligen Dieb stahl.
Dieser dauerte dieses Mal länger und war auch wesentlich intensiver als ihr erster. Sie genossen das Gefühl den jeweils anderen endlich für sich zu haben und ihre Gefühle nun doch zulassen zu können.
Doch nach einiger Zeit mussten sie ihn wegen Luftmangel wieder unterbrechen.
„Entschuldige meine harten Worte damals", platze es dann nach ein paar Sekunden aus Shin'ichi heraus und er senkte den Blick leicht. „Ich hatte irgendwie die ganze Zeit gedacht, du magst Aoko. Und als sie mir dann erzählte, dass sie dich liebt, da..."
Grummelnd aber auch irgendwie grinsend, weil Shin'ichis Gesicht zu süß aussah, legte Kaito eine Hand an das Kinn seines Gegenübers und hob es hoch.
„Wie gesagt, diesmal hast du als Detektiv versagt", meinte er neckisch und sah ihn herausfordernd an. „Der, den ich liebe, steht vor mir, Tantei-kun."
Und kaum hatte Kaito den Satz zuende gesprochen, wurde er wieder von Shin'ichi in einen Kuss verführt.
Als Shin'ichi am nächsten Morgen wach wurde war das erste das er roch der verführerische Geruch von Kaffee.
„Aufwachen, du Schlafmütze", sagte eine Stimme und ließ ihn die verschlafenen Augen öffnen.
„Wie spät ist es?", grummelte der Oberschüler und wollte sich umdrehen, doch anstatt wie in seinem Bett genug Platz zu haben fiel er von der Couch und landete mit einem lauten Krach auf dem Boden.
„Es ist halb zehn, Tantei-kun", antwortete Kaito ihm und sah amüsiert auf den am Boden liegenden Shin'ichi, der jetzt erst zu realisieren schien, warum er überhaupt im Wohnzimmer geschlafen hatte.
Nachdem Kaito gestern gekommen war und sie sich nach einer Zeit voneinander gelöst hatten, waren beide der Meinung, sich nach diesem anstrengenden Tag noch gemeinsam einen Film anzusehen. Allerdings war das eigentlich nur ein Vorwand, da sie während des Films öfters mit den Lippen des jeweils anderen beschäftigt waren als tatsächlich auf den Fernseher zu schauen und Shin'ichi irgendwann auf Kaitos Schulter eingeschlafen war.
„Viel zu früh", brummte der Detektiv und grinste dabei schläfrig. Liegen blieb er trotzdem.
„Frühstück steht schon auf dem Tisch", köderte Kaito ihn dann und lief wieder in die Küche.
Mühsam raffte sich Shin'ichi dann doch auf und fuhr sich im Laufen müde durchs Gesicht.
„Seit wann bist du wach?", fragte Shin'ichi Kaito gähnend der gerade dabei war Kaffee für beide einzuschenken.
„Um ungefähr halb neun", meinte er. „Als ich gesehen habe, dass du noch schläfst wollte ich dich nicht wecken, also hab ich es dir auf der Couch bequem gemacht."
Er wurde ein wenig rot. Als Shin'ichi das sah stieg auch in ihm die Röte wieder hoch.
Das letzte Mal, als sie so eng nebeneinander geschlafen hatten, hatten sie in einer alten Hütte festgesessen und das damals nur getan, weil sie sich beide ansonsten zu Tode gefroren hätten.
„Kaito... wie sollen wir das eigentlich machen mit... du weißt schon...", fing Shin'ichi an. Er war nervös, diese Frage zu stellen. „Sollen wir es öffentlich machen?"
„Nein", antwortete Kaito und grinste. Er stellte den Kaffee weg und legte seine Hände um Shin'ichi. „Erstmal nicht. Vorerst will ich dich noch ganz für mich haben."
Mit diesen Worten verschloss er ihre Lippen erneut in einen Kuss. Ohne zu zögern erwiderte Shin'ichi diesen. In seinem Innern kochte es. Ja, Kaito hatte recht. Auch er wollte den Dieb fürs Erste für sich haben.
Seinen Dieb.
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