𝐕𝐢𝐞𝐫𝐭𝐞𝐫

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Ich blicke hinauf in das dunkle Wolkengestüber,
dicker Schnee fällt hinab, herauf und hinüber.
Der Wind weht kräftig und mit Macht,
es ist eisig, bitterkalt, in dieser Nacht.

Es ist immer der Dezember, der mich mahnt,
der mich erinnert, der mich warnt.
Wieder ein Jahr herum, einfach vorbeigeflogen.
Wieder ein Jahr, um meine Seele betrogen.

Ich seufze, atme durch, streiche über mein Kleid.
Das ist weder Zeit noch Ort für Selbstmitleid.
Dies ist die einzige Zeit im Jahr für meine Ruhe,
ich hüte die Erinnerungen daran wie in einer Truhe.

Es beginnt fast immer mit Beschwerden über die Läden:
Wie könne es nur im Herbst schon Nikoläuse zu kaufen geben?
Die Menschen unterscheiden sich dabei ganz:
für die einen ein Graus, für andere Grund zum Tanz.

Darauf folgt eine düstre, kalte, bedrückende Zeit:
die Tage kürzer und dunkler, Niselregen macht sich breit.
Die Menschen sind gestresst, hetzen umher.
Sie sehen sich, einander, die Welt gar nicht mehr.

Jedes Jahr aufs Neue kommt dieser Novemberblues.
Jedes Jahr aufs Neue schaue ich ihnen dabei zu.
Und dann, ganz langsam, meist an den letzten Tagen,
sind sie endlich bereit - diejenigen zuerst, die es sich wagen.

Sie holen die Boxen aus Kellern und Dachböden,
sie entzünden ihre Lichter an Ketten, Bäumen und Bögen.
Sie stellen ihre Figürchen auf Fensterbänke und Simse,
dekorieren fleißig das Zuhause mit Krams und Klimbimse.

Sie fahren in Geschäfte, suchen am Handy nach Geschenken,
ziehen ihre Stirnen kraus, wenn sie verzweifelt nachdenken.
Haben tolle Ideen, werden bewundernswert kreativ,
machen sich stark für die, bei denen es nicht so gut lief.

Sie organisieren Feste wie für Könige und Kaiser gemacht,
sie hüllen den kleinsten Raum in eine vorweihnachtliche Pracht,
bei der selbst der Hofe von Versailles vor Neid erblässte.
Und sie bereiten und tüfteln und machen - für die Gäste.

Sie beginnen, in diesem Jahr über neue Rezepte nachzudenken,
nur um dann natürlich doch auf Omas Bewährtes umzuschwenken.
Sie rühren Teig, versetzt mit Aromen von Vanille, Rum und Butter.
Sie stechen Plätzchen aus, oftmals Kinder zusammen mit ihrer Mutter.

Die Augen leuchten dabei groß und klar,
diesen Anblick sauge ich auf, Jahr für Jahr.
Ich rieche den Duft, der aus dem Ofen dringt,
ich höre den Chor, der von Freude singt.

Ich möchte zu gerne nach dem Teller greifen,
mich bedienen an Sternen, Herzchen, Pfeifen.
Ich möchte mich mit an die Tafel setzen,
möchte auch von Alltag und Freunden schwätzen.

Ich will die Wärme der Lichter an meiner Wange fühlen,
möchte eine warmgetrunkene Stirn am Fensterglas kühlen
und dabei den Schnee beim Fallen zusehen,
für einen Schneeengel mit nach draußen gehen.

Und doch stehe ich jedes Jahr nur da und sehe zu
und so schnell wie der Zauber kommt, verfliegt er im Nu.

Drum liebe Menschen, lasst euch sagen:
genießt den „Stress" an den Weihnachtstagen.
Freut euch, eure Familien zu sehen.
Denn vieles kann so schnell vergehen.

Mit einem Mal sind sie euch vielleicht genommen.
Alles wäre egal, würden sie nur zum Feste kommen.
Haltet euer Glück fest in dieser unsteten Zeit.
Auf dass ihr euch auf Weihnachten freut!

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© NaimaNellit

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