𝐒𝐢𝐞𝐛𝐳𝐞𝐡𝐧

Das nicht perfekte Weihnachtsfest
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Gerne möchte ich euch über ein Weihnachtsfest mit meiner Familie erzählen, die einmal nicht ganz so lief wie wir uns das vorgestellt hatten. Also so richtig drunter und drüber ging. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, weshalb ich mich so gut daran erinnere. Leider vergisst man, das Positive viel schneller als das Negative. Es begann beim am Weihnachts- Apéro der Kirchengemeinde, welches wie jedes Jahr immer nach der morgendlichen Weihnachtsmesse stattfand. Da ich mit meinen Eltern im Kirchenchor mitsang, war es schon fast Pflicht an diesem Apéro teilzunehmen.

„Musst du nicht noch fahren?", fragte mein Freund Sandro, als ich mir ein drittes Glas Weisswein vom Buffet holte. Mein Freund war so lieb gewesen und war mitgekommen, des Weiteren hatte ich ihn heute zum ersten Mal meinen Eltern vorgestellt. Ich rechnete es ihm hoch an, denn er war nicht der Kirchengänger und junge Menschen gab es an diesem Apéro, ausser uns, keine. Kein Wunder, das ganze Kirchenzeugs machte keine junge Leute mehr an und die Masche mit; du kommst in die Hölle du Ungläubiger, zieht heutzutage auch nicht mehr. Wie schon gesagt, ich rechnete es Sandro hoch an, auch ich war kein begeisterter Kirchengängerin. Versteht mich nicht falsch, ich glaube an Gott und allem, aber mich würde es nicht wundern, wenn Gott selbst bei einer Messe schnarchend in einer Kirchenbank sitzen würde, so langweilig sind diese Gottesdienste für uns junge Leute. Naja, nicht nur für uns, ich habe meinen Vater auch schon erwischt, dass er in der Kirche eingeschlafen ist. Jetzt fragt ihr euch, weshalb ich im Kirchenchor bin, ich liebe klassische Musik und ich liebe es zu singen, mehr gibt es nicht zu sagen.

„Es ist ja nur ihr drittes Glas.", antwortete mein Vater für mich und nippte dann selbst an seinem bestimmt vierten Glas Weisswein. „Ausserdem muss sie nur den Hügel runterfahren."
Ich grinste bei der Antwort meines Vaters und trank ebenfalls einen Schluck aus meinem Glas, während sich mein Vater von Heinz aus dem Kirchenchor in ein Gespräch verwickeln liess.
„Im schlimmsten Fall kann ich zu Fuss zum Haus meiner Eltern gehen.", erwiderte ich lächelnd. „Es sind keine fünf Minuten."
„Ja, aber du hast doch erzählt, dass du deiner Mutter danach noch bei dem Weihnachtsfest helfen musst.", meinte Sandro und sah mich verwirrt an.

„Ja, das ist der Grund, weshalb ich trinke.", erwiderte ich, nahm einen weiteren Schluck Weisswein. Ihr müsst wissen, meine Mutter ist, um es milde zu beschreiben, sehr speziell. Sie möchte es immer perfekt haben für ihre Gäste, immer und an Weihnachten musste es noch perfekter sein. Wieso es an Weihnachten immer perfekt sein muss, für jedermann, habe ich bis jetzt noch nicht verstanden und wir kennen es alle, immer wenn alles perfekt sein muss, geht etwas schief. Das ist sowas wie ein Gesetz. Ausserdem ist meine Mutter sehr direkt, was ja nicht schlecht ist, aber leider merkt sie nicht, wenn sie etwas sagt, dass es verletzend ist oder sich überhaupt nicht gehört. Ein kleines Beispiel? Letzthin sagte sie zum Freund meiner Schwester Selina, dass jeder Mann, welcher ein Bart trägt, Selbstbewusstsein Probleme hat. Dass der Freund meiner Schwester einen Bart hat, erübrigt sich hier. Das sind diese Momente, wo mein Vater mit den Augen rollt und nachfragt ob noch jemand Wein möchte. Als ob der Wein hier helfen könnte. Kurz gesagt, meine Mutter ist anstrengend. Sehr anstrengend.

„Aber nicht das du dann betrunken bist.", meinte Sandro besorgt.
„Keine Sorge, ich vertrage viel Alkohol und glaube mir, selbst wenn ich noch zwei weitere Gläser trinke, hatte ich nicht genug, um den späteren Wahnsinn zu ertragen.", versicherte ich ihn lächelnd. „Was denkst du wieso mein Vater bereits beim vierten Glas ist?"

Sandro musste Lachen, ich hatte ihn bereits vorgewarnt wie meine Mutter sein konnte und dass ich mit ihr meistens nicht so klar komme. Aber seid unbesorgt, ich liebe meine Mutter.

Nach meinen vierten Glas Weisswein, meinte meine Mutter, dass es jetzt an der Zeit wäre zu gehen, da wir noch jede Menge zu tun hätten, bevor der Rest der Familie käme. Sandro verabschiedete sich von meinen Eltern und gab mir einen Kuss zum Abschied.
„Viel Spass und bleib tapfer.", murmelte Sandro mir noch zu, dabei grinste er, weil er wusste, dass es mich extrem nervte meiner Mutter bei ihren Vorbereitungen zu helfen. Ich lächelte, rollte aber dabei mit den Augen, was ihn noch mehr zum Grinsen brachte. Er stieg in sein Auto ein und ich winkte ihm zum Abschied, bevor ich selbst ins Auto stieg und die kurze Strecke zu meinen Eltern fuhr.
Nachdem ich für meine Mutter noch kurz gestaubsaugt und beide Bäder geputzt hatte, falls ihr euch fragt, weshalb ich das tun musste, obwohl ich nicht mehr bei meinen Eltern wohne, kann ich euch keine Antwort geben, dass frage ich mich nämlich auch, deckte ich den Tisch und dekorierte diesen festlich.

So war es auch schon vier Uhr nachmittags und der Rest der Familie würde langsam kommen. Natürlich war meine Mutter, welch ein Wunder, mit dem Kochen überhaupt nicht nach. Meine Mutter ist eine super Köchin und zaubert jedes Jahr an Weihnachten ein sieben Gänge Menu, jedoch bereitet sie sich wie jedes Jahr immer zu spät vor und so war sie mehr als nur genervt. Meine Nerven lagen jetzt schon blank, wegen meiner Mutter und ihren unorganisierten Fähigkeiten und auch mein Vater war genervt von seiner gestressten Frau. Die Hälfte der Arbeit hätte meine Mutter gestern schon erledigen können. Typisch meine Mutter, immer auf den letzten Drücker.

„Diana hol mir den Kalbsfond von unten!", befahl meine Mutter.
„Aber gerne Mama.", antwortet ich und verdrehte genervt die Augen, sobald ich ihr den Rücken zugedreht hatte. Es war ja nicht bereits zum fünften Mal, dass ich in den Keller gehen musste, um etwas aus dem Vorratsschrank zu holen. Ich stieg die Treppe zum Keller hinunter und wieder hoch, brachte das Gewünschte meiner Mutter, als diese fluchte. Draussen parkierte gerade meinen Onkel vor dem Haus, wie immer hatte er auch Oma abgeholt, diese stieg bereits aus dem Auto.

„Ich bin überhaupt nicht fertig und deine Mutter ist bereits hier.", jammerte meine Mutter zu meinem Vater, mit einem Blick aus dem Küchenfenster. „Vier Uhr nachmittags ist einfach zu früh für ein Weihnachtsessen, aber nein, deine Mutter will ja unbedingt früher. Wenn es ganz nach ihr ginge, hätten wir bereits um zwei Uhr nachmittags zu Tisch gehen können."

Meine Mutter jammerte weiter, während ich schwer seufzend zur Tür ging, um Oma zu begrüssen. Es stimmte, dass wenn es nach Oma gehen würde, alle bereits am Essen wären. Meine Oma war nämlich eher der Frühaufsteher und ging deswegen früh ins Bett. Für meine Oma war neun Uhr schon spät, aber sie stand auch um vier Uhr morgens auf. Es klingelte an der Tür, bevor ich diese erreichte, schnell öffnete ich sie und liess meine Oma hinein.

„Hallo Liebes.", grüsste mich meine Oma lächelnd. „Schön dich wieder zu sehen."

„Hallo Oma, freue mich auch dich wiederzusehen.", grüsste ich zurück und umarmte sie herzlich.

„Alles gut? Deine Mutter ist bestimmt gestresst?"
„Du kennst sie doch.", murmelte ich und atmete dabei frustriert aus.

„Jaja.", antwortete Oma, verdrehte die Augen und ging ins Wohnzimmer weiter. Ich musste schmunzeln und grüsste meinen Onkel, der mittlerweile auch vor der Tür stand, per Zufall mit meiner Schwester Selina und ihrem Freund Philipp. Sie mussten gleichzeitig angekommen sein und ich hatte es nicht bemerkt. Freudig umarmte ich meine Schwester und dann ihr Freund.
„Und wie läuft es bis jetzt in Teufelsküche?", fragte Philipp schelmisch.

„Fantastisch!", antwortete ich ironisch und grinste übertrieben breit, um meine Ironie zu unterstreichen. „Schade, dass ihr nicht da wart, um bei den Vorbereitungen zu helfen. Ihr habt das Beste schon verpasst."

„Schon in Ordnung, ich gönne es dir!", meinte Selina darauf und wir mussten alle lachen. Während meine Schwester bereits ins Wohnzimmer ging, fragte Philipp nochmals nach.

„Jetzt ernsthaft, wie ist eure Mutter drauf?"
„Ach, sie ist gestresst. Sowie jedes Jahr, du kennst es ja bereits.", antwortete ich achselzuckend. Bevor Philipp noch darauf etwas erwidern konnte, brach in der Küche ein Höhlenlärm los. Wir hörten zwei Stimmen sich streiten und plötzlich kam mir meine Oma wütend entgegen.

„Das muss ich mir nicht bieten lassen!", rief sie dabei laut aus, zog ihren Mantel wieder an und ging wieder zur Tür hinaus. „Ich gehe wieder nach Hause!"

Philipp und ich schauten uns völlig perplex mit grossen Augen an. Wir hatten eindeutig etwas verpasst!

„Du entschuldigst mich?", sagte ich zu Philipp, er nickte nur. Ich packte schnell meinen Mantel und hastete meiner Oma hinterher, welche bereits die Strasse entlang lief. Was war passiert? Ich hatte meine Oma noch nie so toben sehen.

„Oma warte! Was ist denn los?", rief ich ihr zu, während ich sie einholte, dabei dachte ich nur, dass ich für diese Scheisse nicht genug beim Apéro getrunken hatte.

„Deine Mutter!", meinte Oma nur und war immer noch wütend. Ach herrje, dachte ich, ich habe dafür eindeutig zu wenig getrunken!

„Was ist denn genau passiert?"
„Deine Mutter, hat mir gesagt, dass es meine Schuld ist, dass sie im Stress ist. Nur weil ich um vier Uhr schon hier sein wollte!", erklärte mir Oma aufgebracht. „Dabei hätte sie mir sagen können, dass sie mehr Zeit braucht! Das muss ich mir nicht bieten und deswegen gehe ich wieder nach Hause!"

„Moment Oma, du bist doch gerade erst gekommen und Mama hat es bestimmt nicht so gemeint!", beschwichtigte ich sie und hielt sie wieder auf weiterzugehen. „Du kennst doch Mama, so ist sie eben!"

„Schon möglich, aber genug ist genug. Ich muss mir das nicht mehr bieten lassen, dass sie mich so behandelt! Ich gehe jetzt nach Hause!"

„Aber es ist Weihnachten! Willst du nicht mit uns Weihnachten feiern?", versuchte ich sie weiter zu beschwichtigen. „Ausserdem wie willst du nach Hause gehen?"

„Natürlich will ich mit euch Weihnachten feiern, aber nicht so. Sie soll sich entschuldigen und das wird bestimmt nicht passieren.", sagte Oma immer noch erzürnt. „Kein Wunder das mein Sohn trinkt, bei einer solchen Frau!"

Bei ihrer letzten Aussage konnte ich nicht anders und musste lachen, was auch sie leicht zum Lachen brachte. Ich wusste, meine Oma sagte dies nur, weil sie wütend war. Meine Vater liebte meine Mutter und er trank, weil er Wein liebte. So wie ich.
„Keine Sorge Liebes, ich nehme den Bus nach Hause."
„Du nimmst nicht den Bus nach Hause Oma.", erwiderte ich und sah sie bittend an. „Bitte bleib hier und lass uns gemeinsam Weihnachten feiern. Kannst du Mama nicht verzeihen? Es ist schliesslich Weihnachten!"

„Tut mir Leid Diana, aber diesmal gebe ich nicht als erstes nach!"
Ich versuchte meine Oma umzustimmen, doch egal was ich sagte, es brachte nichts. Ich schaffte es immerhin, dass sie zustimmte, dass mein Onkel sie wieder nach Hause brachte. So setzte sich mein Onkel wieder hinters Steuer und fuhr Oma nach Hause.

Während wir im Wohnzimmer warteten, dass mein Onkel zurückkam, stärkten wir uns alle mit einem Gläschen Wein und versuchten nicht über das Geschehene zu sprechen. Ich war schon ein wenig sauer auf meine Mutter, dass sie es soweit hatte gehen lassen, dass wir nun ohne Oma Weihnachten feiern und Oma ganz allein war. Aber ich konnte sehen, dass es Mama auch nicht gerade toll fand und bestimmt hatte sie auch Schuldgefühle.
Nach einer dreiviertel Stunde kam mein Onkel wieder und zu unser aller Freude mit Oma. Er hatte sie unterwegs nochmals bearbeiten können und sie schlussendlich überredet wieder mitzukommen. Wir waren alle mehr als happy.

Kurz sprach meine Mutter mit Oma und obwohl ich Mamas Entschuldigung nicht gehört hatte, wusste ich, dass sich Mama entschuldigt hatte. Der Rest des Abends verbrachten wir doch in Harmonie, der Weihnachtszauber war da. Naja, ein Drama pro Tag reicht ja auch aus. Niemand sprach über das vorige Geschehen, als wäre nie etwas passiert und als wir nach dem wunderbaren Essen, um den Weihnachtsbaum sassen, kam ich nicht umhin daran zu denken; was machte Weihnachten überhaupt besonders? Was war der Sinn von Weihnachten? Ich meine mal abgesehen vom Christis Geburt und Geschenken erhalten.

Weihnachten ist Teilen, Freude, Vergebung, Liebe, Beisammensein, Glück, Familie, Freunde und all die schönen Dinge, welche wir uns unterem Jahr keine Zeit nehmen.

Ich glaube manchmal vergessen wir, die einfachen Dinge des Lebens zu schätzen oder die alltäglichen Dinge und Weihnachten soll uns daran erinnern dafür dankbar zu sein. Und ich bin dankbar für meine Familie und an dieses etwas andere Weihnachtsfest, an welches ich nie vergessen werde. Denn obwohl es zu einem Teil kein freudiges Ereignis gab, werde ich bei Omas kleinen Wutausbruch immer wieder Grinsen müssen, aber vor allem denke ich dabei an die Harmonie danach, als wir alle dankbar waren gemeinsam Weihnachten feiern zu dürfen.

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© DFSaillants

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