✭ 2. Dezember ✭

Weihnachtspanne mit Happy End

Weißer Schnee fiel auf die leere Straße und die umliegenden Wiesen. Er überzog die komplette Landschaft mit einer Schicht Zuckerguss und tauchte sie in komplette Stille. Ein einziger alter Truck fuhr auf der Landstraße. Die drei Insassen, ein etwas älterer Herr und ein junges Paar, unterhielten sich angeregt über den Weihnachstabend der Ihnen kurz bevorstand. Sie waren weder verwandt, noch kannten sie sich sonst woher. Wie kam es also dazu, dass sie nun alle in diesem Truck saßen?

2 Stunden zuvor

„I'll find my way back home
And light up every tree", dudelte es leise aus dem Radio des in die Jahre gekommenen Pick Ups. Tom und seine Freundin Clara hatten sich am Marktplatz der kleinen Stadt Nowata getroffen, um nach einem anstrengenden Arbeitstag gemeinsam nach Hause zu fahren.

So hatten sich das junge Pärchen ihr erstes gemeinsames Weihnachten nicht vorgestellt, denn wer arbeitete schon gerne an einem 24. Dezember bis um 16 Uhr? Ihr eigentlicher Plan für heilig Abend war es gewesen zu Claras Eltern zu fahren.

Durch einen Anruf aus der Arbeit fiel dieser jedoch ins Wasser, da die Fahrt zu ihren Eltern ganze sechs Stunden dauerte und eine Ankunft um 22 Uhr an Heiligabend nun wirklich keine großartige Option war. Daher hatten sie beschlossen stattdessen einfach einen gemütlichen Abend in Toms Haus, mit ein paar Snacks und guten Filmen, zu verbringen.

Beide waren hellauf begeistert als es anfing zu schneien. Etwas gutes hatte dieser Abend ja doch noch an sich. Die Lichterketten, die viele der Bewohner aufgehängt hatten, gaben dem Ganzen eine gemütliche Atmosphäre. Außerdem fühlte man sich wie in einem alten russischem Kindermärchen über Väterchen Frost. Diesen Anblick würden sie noch lange in ihren Erinnerungen und auch ihn ihren Herzen behalten.

Je weiter die beiden aus der Stadt zu Toms Haus am Land fuhren, desto höher wurde der Schnee. Immer weniger Autos kamen ihnen entgegen und auch die Straßenlaternen tauchten in immer größer werdenden Abständen auf.

Dies beunruhigte das Paar jedoch nicht, schließlich waren sie schon tausende male hier entlanggefahren und passiert war auf dem Weg nach Hause bis jetzt noch nie etwas. Lissy, wie Tom sein Auto liebevoll nannte, erledigte ihre Dienste gut. Die Fahrt durch die Schneelandschaft erwies sich als sehr beruhigend nach dem langen Arbeitstag. Die Temperatur lag bei etwa ein Grad Celsius und so dauerte es nicht lange, bis sich der Schnee auf der Straße langsam auflöste. Eis bildete sich auf der Straße und so kam es wie es kommen musste.

Lissy verlor den Halt auf der Straße und Tom somit auch die Kontrolle über seine geliebte Pick Up Dame. Das Auto fing an sich in Schlangenlinien über die Fahrbahn fortzubewegen, bis es letztendlich in den Graben, der zum Glück nicht allzu tief war, hineinfiel. „Alles in Ordnung bei dir?" fragte Tom sofort seine Freundin. „Ja alles in bester Ordnung", zischte diese mit leichtem Sarkasmus. Dann wurde es still im Wagen.

Das Radio war ausgefallen, leichter Qualm stieg von der Motorhaube empor und auch die Windschutzscheibe hatte so einiges abbekommen. Beide stiegen aus, um den Schaden näher zu betrachten. Die Abdeckung des Motors war komplett eingedrückt und auch die beiden Hinterreifen standen zur Gänze in der Luft. „Keine Chance das wir die nochmal auf die Straße kriegen", stellt Tom fest und ließ sich frustriert auf den Boden fallen. Clara setzte sich zu ihrem Freund. Nun saßen sie beide am heiligen Abend mit nassen Hosen auf einer Landstraße irgendwo im nirgendwo.

Plötzlich sprang Tom jedoch auf und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Wozu leben wir den im 21. Jahrhundert!?", rief er aus und begab sich zur Fahrerseite. Leises fluchen war zu hören und kurz darauf ein Jubelschrei. Währenddessen war auch Clara aufgestanden, um nachzusehen was er da trieb. Als sie bei ihm angelangt war hielt ihr dieser voller Euphorie sein Smartphone entgegen. Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht seiner Freundin aus, vielleicht würde dieser Abend doch noch ganz gut ausgehen.

Tom gab die Nummer des Abschleppdienstes ein und hielt sich sein Handy ans Ohr. Wenige Sekunden später nahm er es enttäuscht wieder hinunter. „Kein Empfang.", flüsterte er frustriert. Auch Claras Grinsen verschwand. Um die Hoffnung nicht ganz aufgeben zu müssen, gingen die beiden ein paar Meter nach rechts, doch noch immer war kein Empfang vorhanden. Auch hundert Meter weiter hatten sie kein Signal. Frustriert liefen sie zu Lissy zurück und lehnten sich so gut es ging an das Auto. Als die beiden sich dann jedoch in die Augen sahen, mussten sie über diese Situation lachen. So etwas konnte auch nur ihnen passieren. Kein Empfang bedeutete kein Abschleppdienst und somit auch keine warme Couch und mit guten Filmen. Zumindest schleppte Tom in seiner geliebten Lissy immer eine warme Decke mit. Man wusste ja nie, wozu man diese einmal gebrauchen konnte.
„Frohe Weihnachten", kam es von Clara die sich nun mit Tom in die Decke eingewickelt hatte. Worauf sie warteten, wusste eigentlich keiner von den beiden so wirklich. Vielleicht war es ein Wunder, oder auch das nächste Auto, auf das sie hofften.

Es schien so, als habe irgendjemand ihren Wunsch erhört, denn nicht einmal knappe 20 Minuten später hörte man das Tuckern eines alten Motors in der Ferne. Als dann die ersten Lichter des herannahenden Autos zu sehen waren, sprang das Paar auf und versuchte sich durch fuchtelnde Armbewegungen bemerkbar zu machen. Ein alter roter Truck kam ihnen entgegengefahren und hielt kurz darauf neben ihnen an. „Kinder! Was macht ihr den hier in der Eiseskälte und bei dem Sauwetter?", fragte ein älterer, etwas rundlicher, Herr mit weißem Vollbart. Tom fing an zu erklären was geschehen war.

Als es dann jedoch wieder anfing zu schneien, unterbrach ihn der Mann, der sich inzwischen als Pete vorgestellt hatte: „Ich sehe es. Das Glück ist heute nicht auf eurer Seite. Aber Bursche, was willst du jetzt machen? Meine alte rostige Karre bekommt deinen Wagen sicher nicht auf die Straße." Das hatte Tom gar nicht bedacht, als er Clara gesagt hatte, dass sie sich bemerkbar machen müsste. Die Hoffnung, die ihn soeben gepackt hatte, verließ ihn wieder. „Vielleicht könnten sie uns ja in die nächste Stadt mitnehmen, sodass wir einen Abschleppdienst rufen können.", schlug Clara vor.

Ein nachdenklicher Ausdruck legte sich über das Gesicht des älteren Herrn. Dann schüttelte er den Kopf und wischte sich mit der Hand über die Haare, um die Schneeschicht, die sich darauf gebildet hatte, abzubekommen. „Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich das tun würde? Wisst ihr was? Hier fährt bis morgen eh keiner mehr durch. Ihr kommt einfach zu mir und meiner Frau mit. Lange hat uns schon keiner mehr an Weihnachten besucht!"

Seine Augen fingen an zu glänzen und auch ein fröhliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er zu seinem Truck ging und die hintere Tür öffnete. Tom und Clara warfen sich skeptische Blicke zu. Sollten sie es wirklich wagen und bei Fremden das Weihnachtsfest verbringen? Die beiden entschieden sich einzusteigen, denn draußen stehen zu bleiben war für sie, bei diesen Temperaturen, auf jeden Fall keine Option.
„Und wir machen ihnen und ihrer Frau damit wirklich keine Probleme?", fragte Clara noch einmal nach: „Sie können uns auch wirklich in der nächsten Stadt rauslassen, dass wäre für uns kein Problem."

Das Auto war gut beheizt und so schmerzte sie der Gedanke, mehr als es ihr lieb war, wieder hinaus in die Kälte zu müssen. Auch Tom hätte gegen ein anständiges und warmes Essen nichts einzuwenden, damit wollten sie Pete jedoch nicht belasten, der schon mehr für sie getan hatte als so manch anderer es tun würde. „Meine Frau und Ich laden euch gerne zu uns ein. Schon lang kommen unsere Kinder und unsere Enkel nicht mehr zu uns an Weinachten. Ihr würdet uns sogar eine große Freude bereiten.", gab Pete etwas niedergeschlagen zu. Clara beugte sich zu ihrem Freund und flüsterte ihm ins Ohr, dass sie eine solche Einladung nicht ausschlagen könnten. Außerdem würden sich Pete und seine Frau sehr über etwas Gesellschaft freuen, wie es schien. So eine bitte konnten sie doch nicht ausschlagen.

Als die beiden Pete sagten, dass sie sehr gerne den Weihnachtsabend mit dem älteren Ehepaar verbringen würden, fingen seine Augen wieder an zu strahlen und auch ein breites Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er beteuerte den beiden, dass sie ihre Entscheidung nicht bereuen würden.

An einem kleinem roten Backsteinhaus angekommen, hielt Pete den Truck an. Er stellte den Motor ab und deutete seinen beiden Gästen mit einem Lächeln an aus dem Auto zu steigen. Sie näherten sich der hölzernen Tür auf der ein Weihnachtskranz hing. Er öffnete diese und rief nach seiner Ehefrau. Kurz darauf erschien eine ältere Dame mit grauen Haaren und einer roten Kochschürze umwickelt im Türrahmen. Sie begrüßte Tom und Clara herzlich: „Meine süßen Kinder was macht den ihr hier noch um diese Stunde? Solltet ihr nicht bei euren Eltern sitzen und mit ihnen gemeinsam den Abend genießen?", fragte sie.

Das Paar erklärte ihr, dass ihr Auto in den Graben gerutscht sei und dass Pete ihnen Angeboten hatte diesen Abend gemeinsam mit ihnen zu verbringen. Die Augen von Treena, wie die ältere Dame hieß, begannen zu leuchten und die beiden wussten, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten.

Sie folgten ihr in die Küche, wo sie sofort jeweils eine Tasse heiße Schokolade in die Hand gedrückt bekamen. Am späten Abend setzten sich alle vier gemeinsam an den festlich gedeckten Tisch. Das Essen wurde herumgereicht und es wurde viel Gelacht. Trotz einer Autopanne war dieser Abend doch noch gut ausgegangen.

Seit diesem Tag wurde es zur Tradition sich am 24. Dezember im roten Backsteinhaus zu treffen, um einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen.
Und somit hatte Weihnachten für jeden von ihnen seinen Zauber wiedererlangt.

© _traumtaenzer_

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