✭ 12. Dezember ✭
Der Dezemberabend ist frostig und klirrende Kälter liegt über dem kleinen Weihnachtsmarkt am Rande der Stadt. Sterne funkeln ab und zu durch die weiße Wolkendecke, die die Welt in Watte packt und die Lichter noch heller strahlen lässt. Wand an Wand stehen die kleinen Häuschen und bilden eine hell leuchtende Kette durch den gesamten Park, die geschlängelten Wege entlang.
Menschen lassen sich durch den Duft und die Geräusche treiben und bestaunen fasziniert die Vielfalt der Kunstwerke und Kreativität der Produkte der einzelnen Künstler.
Kinderlachen ertönt, trotz der Uhrzeit und irgendwo werden leise Weihnachtslieder gesungen.
Als die Sonne vor einigen Stunden unterging, flackerten nach und nach die Lichter auf und tauchten des rege Treiben in ein magisches Leuchten.
Maila stand nun schon den ganzen Tag, dick eingepackt in Mantel, Schal, Mütze und Handschuhe, in dem kleinen Büdchen und schenkte einen Punsch nach dem anderen aus.
Sie genoss die Atmosphäre jedes Jahr aufs Neue und so war es auch diesen November nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie sich dazu durchgerungen hatte, sich den Tag frei zu nehmen und dem alteingesessenen Ritual zu weihen.
Zwar kroch einem viel zu schnell die winterliche Kälte in die Kleindung und nach nur wenigen Minuten im freien leuchteten die Nasen der Mutigen feuerrot. Nun schon ganze neun Stunden stand sie in dem kleinen Raum und wuselte gemeinsam mit Sieghardt, einem alten, freundlichen Mann Mitte 60, und Daria, einer engen Freundin von ihr, von dem großen Fenster zu den riesengroßen Töpfen, die gefüllt waren mit heiß dampfenden Punsch, und zurück.
Der Tag würde sich unter andern Umständen nach einer Ewigkeit anfühlen, doch auf den Weihnachtsmarkt freute sie sich das ganze Jahr und für die glücklichen Gesichter, die vorweihnachtliche Stimmung und die glänzenden Kinderaugen, wenn sie ihnen zusätzlich zu einem Kinderpunsch einen kleinen Schoko-Weihnachtsmann zusteckte, lohnte sich die Kälte und der ständige Geruch nach Alkohol, der sie trotz der winterlichen Gewürze und Beeren scharf in der Nase biss.
Auch deshalb kam sie jedes Jahr wieder, um denen, die schon genug getrunken hatten, im Zweifelsfall einen Alkoholfreien Punsch zu geben, der sowieso schon genau gleich schmeckte, aber für stark angetrunkene Gäste nicht mehr zu unterscheiden war. Das war das Mindeste, was sie tun konnte, um ihnen ein schönes Weihnachtsfest zu bescheren.
Sieghardt, der seit Jahren für den Ausschank verantwortlich war, missbilligte ihre Angewohnheit am ersten Abend vor sieben Jahren, doch er merkte schnell, wie verändert die letzten Stunden waren, und so ließ er Maila in den folgenden Tagen freie Hand und tat es ihr nun schon seit einigen Jahren gleich.
Jede Tasse, die Maila weitergibt, wärmt ihre Hand und verjagt für einen kurzen Moment die unsägliche Kälte.
„Noch eine halbe Stunde, dann kommt die letzte Fuhre für heut'", informiert der grauhaarige Mann die jungen Frauen undeutlich und sie nicken sich zu.
„Dann kannst du vermutlich in circa einer Stunde gehen, Maila. Daria und ich schaffen das alleine."
Unverständnis spiegelt sich auf ihrem geröteten Gesicht und verwirrt zieht sie die Augenbrauen zusammen. Darias Blick trifft den ihren und Maila erkennt die gleiche Irritation in dem vertrauten Gesicht ihrer Freundin.
Die Erfahrung der letzten Jahre hatten sie gelehrt, dass der letzten Schwung des köstlich duftenden und schmeckenden Getränk, zwar am schnellsten verkauft wurde, aber normaler Weise schenkten sie diesen gemeinsam aus und brachten schließlich die Reste der Alkoholfreien Version unters Volk. Mit Aufräumen machte das mindestens zwei weitere Stunden.
„So lange, wie du heute da und im Dienst warst, solltest du wirklich nach Hause gehen und dir ein warmes Bad nehmen", erklärte Sieghardt, der ihr Unverständnis gesehen hatte, sich jetzt jedoch dem nächsten Besucher zu wand.
Darias Lippen verziehen sich zu einem zustimmenden Lächeln und flüstert der Brünette im Vorbeigehen ins Ohr: „Du siehst aus, wie ein wandelnder Eiszapfen."
Empört stößt die Angesprochene ihr in die dick in Wolle und Daunen eingepackte Seite, erntet jedoch nur ein freundschaftliches Grinsen.
Der Gedanke, früher zu gehen, scheint ihr wie fremd. Seit sie denken kann, verbringt sie die Stunden des Wochenendes des dritten Advents auf dem vertrauten Weihnachtsmarkt in der Kleinstadt ihrer Großeltern.
Die Vorstellung eine der wertvollen Stunden wegfallen zu lassen und den einjährlichen Zauber nicht bis aufs Ganze auszureizen widerspricht ihr. Zwar ist morgen erst der letzte Tag, doch will sie heute auskosten, als wäre es der letzte.
Seufzend gesellt sie sich zu den Beiden und verteilt Tasse nach Tasse das duftende Gebräu.
Der große Feuerkorb wird herbei geschafft wie jedes Jahr und gekonnt stapelt Ivan, ein junger Mann aus der Straße ihrer Großeltern, die dicken Holzspalte. Sobald das wärmende Feuer entzündet ist, animiert er einige Männer, ihm zu helfen, Bierbänke aus dem großen Festzelt zu bringen, und so sammeln sich die Menschen vor dem kleinen Stand und suchen Wärme beim Feuer.
Auch die Künstler schließen nach und nach ihre Häuschen und mischen sich unters Volk.
Mit einer Kiste voller Wolldecken und einem Stapel Liedtexte bewaffnet, tritt Maila später in die Menge und bahnt sich einen Weg hindurch.
Sie strahlt über beide Ohren, versteckt ihre Nase jedoch in dem großen Schall.
Ihr Blick wandert durch die Menschen und sie saugt jedes Detail der Weihnachtsfreude in den Gesichtern der Menschen auf. Augen funkeln, Lachen tönt.
Den Frierenden bietet sie eine Decke an und jeder, der möchte, bekommt einen Text. Leise stimmt Ivan das erste Lied an und bald steigt einer nach dem anderen ein.
Das Knistern und Knacken des Feuers wird von dem wunderschönen Klang übertönt.
Maila gibt sich einen Moment, den Zauber des Moments zu genießen, schließt ihn ganz tief ein, wo er ihr nie verloren gehen kann.
Auf dem Weg zurück schaut sie nicht auf jeden ihrer Nächsten oder bietet ihnen einen Text an. Stattdessen huscht ihr Blick über die verfroren Gesichter hinweg. Sie nimmt sie nicht wahr und als sie bemerkt, was sie gerade tut, stockt sie überrascht.
Sie sucht nach einem Gesicht, das ihr schon vor Stunden aufgefallen war. Immer wieder tauchte der attraktive Mann auf und bestellte ein ums andere Mal zwei Glühweine und einen Kinderpunsch.
Gegen fünf gingen die Lichter an und es wurde dunkler, da kam er das erste Mal.
Ein Lächeln schleicht sich auf ihre geröteten Wangen, als sie an das unwiderstehliche Grinsen denkt, mit dem er die drei Getränke bestellte und seine eindrücklichen Augen, die sie die ganze Zeit forsch musterten.
Unter der dunkelblauen Mütze lugten dunklen Locken hervor, die anmutig seine definierten Züge umspielten.
Nach dieser Begegnung bediente Daria den mysteriösen Unbekannten gleich zwei Mal. Sie zwinkerte Maila verschwörerisch zu, als ihre Blicke sich trafen und fragend zog Maila eine Augenbraue hinauf, woraufhin Daria kaum merklich mit einem belustigten Zucken um ihre Mundwinkel eine knappe Geste auf den jungen Mann zu machte. Seine Augen lagen auf ihr und als sie in anschaute, erschienen bezaubernde Grübchen auf seinem hübschen Gesicht und er zwinkerte ihr zu, bevor sich Sieghardt zwischen die beiden stellte.
Nachdem Daria, die nicht aufhörte zu schmunzeln, ihm die drei dampfenden Tassen ausgehändigte, er sich mit tiefer Stimme bedankte und die Becher gekonnt davon balanciert, zog sie Maila hinter sich her aus der schmalen Tür, für die sich beide ducken mussten.
„Der hat dich angeschaut, nachdem er bestellt hatte. Auffällig", informierte sie ihre Freundin und machte sich ohne eine Antwort abzuwarten, auf den Weg zurück in die duftende Hütte, aus der Sieghardt die beiden ungeduldig rief.
Fassungslos von diesem Auftritt stand Maila einige Augenblicke vor der dünnen Holzwand, die die wenige Wärme im Inneren des Häuschens hielt und knetet ihre fröstelnden Hände.
Maila, die in Gedanken versunken zum Büdchen zurück wandelte, stellt die Kiste auf eine leere Kiste neben die vielen Stehtische und flüchtet zu den wärmenden Bechern in die vier Wände zurück.
Gedämpft klingen die Weihnachtslieder vom Feuer durch die Stimmen und das Gelächter zu den Drei hindurch, die flink und routiniert eine Tasse nach der anderen füllen und herausgeben.
Schneller als erwartet ist der Glühwein leer und sie verteilen den letzten Topf Punsch.
Die Stimmung ist ausgelassen und jeder der Anwesenden scheint die einzigartige Atmosphäre zu genießen.
Erfüllt staunt Maila über die Welt und für einen kurzen Moment, spürt sie ein Ziehen in der Brust, doch sie lässt nicht zu, dass dies ihren Eindruck trübt.
Eine junge Frau bestellt zwei Punsch, ein Ehepaar streitet sich lachend und Händchen haltend, ob sie nun ein oder zwei Punsch brauchen, eine Gruppe Jugendlicher versucht ihre Enttäuschung über den „Verlust" des Glühweins katastrophal zu verstecken, ein alter Mann freut sich über den kleine Schoko-Weihnachtsmann mehr als die meisten Kinder und eine Mutter löst ihr Versprechen ihren Kindern gegenüber von einem letzten Punsch ein, bevor sie Nachhause gehen und morgen wieder kommen. Sie füllen und geben aus und Maila bemerkte gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht.
Die Glocken der alten Kirche schlagen neun und Daria schaut Sieghardt skeptisch von der Seite aus an, fragt aber nicht nach, als er nichts weiter sagt.
„Und wie viel darf es für sie sein? Wir haben nur noch Punsch", fragte Maila lächelnd die hübsche Frau mit schwarzen Haaren und einem ansteckenden Lachen.
„Das ist wohl einfach, dann drei Punsch bitte", flötet sie und die Brünette nimmt die drei bunten Becher, die die Anfang 50-jährige Frau ihr entgegenhält. Nur wenig später erhält die Frau die duftenden Tassen und Maila fragt sich vergeblich, warum die Tassen sie so verwirren, während sie der netten Frau ihre Becher füllt.
Gäste kommen und gehen und langsam wird der Platz vor dem Büdchen leerer und es an der Feuerstelle immer voller.
Die am Tag so weiße Wolkendecke liegt nun tiefer über dem Weihnachtsmarkt und verschließt den Blick auf den Nachthimmel voller Sterne.
Die Musik halt durch die Nacht und dringt aus dem Lichtschein der hellen Lampen und des Feuerscheins hinaus in die Dunkelheit.
Irgendjemand hat eine Gitarre hervor gezaubert und die Klänge leiten das gemeinschaftliche Singen kunstvoll an.
„So Ladys, ich denke es ist Zeit zum Aufräumen geworden", poltert Sieghardt in den Gesang und das leise Murmeln hinein.
Er schickt Daria los, um die benutzen Becher zur Küche zum Spülen zu bringen. Er selbst sammelt die herumstehenden Tassen auf den bereits leeren Tischen ein, Maila wischt die Theke und räumt im Häuschen auf. Diese Arbeitsteilung funktionierte schon seit Jahren hervorragend.
Gerade rubbelt Maila an einem besonders hartnäckigem Fleck herum, als sich jemand neben sie stellt und mit einem weiteren Lappen die Theke von getrocknetem Glühwein zu befreien beginnt.
Schweigend arbeiten die beiden nebeneinander.
Die harmonischen Stimmen schwingen durch die Nacht, die Lichter erhellen die erfüllten Gesichter und der Geruch von Feuer, Punsch und Waffelteig kitzelt die Anwesenden in den Nasen.
Maila hebt den Blick von der Theke, die nun blitzeblank die vielen kleine Lichter spiegelt und die Umrisse ihres Helfers, von dem sie ausgeht, dass es entweder Daria oder Sieghardt ist, schattiert.
Schwungvoll dreht sie sich um und steht plötzlich dem hübschen jungen Mann gegenüber. Sein Grinsen vertieft sich und seine weißen Zähne kommen zum Vorschein.
„Hey, ich dachte, ich gehe dir mal zur Hand", begrüßt er sie und deutet grinsend auf die saubere Fläche.
„Äh - Danke!", bringt Maila hervor und kann nicht anders, als sein Lachen zu erwidern.
„Sehr lieb, danke dir."
„Gerne, was muss noch getan werden?", erkundet er sich und Maila kommt nicht umher, zu bemerken, wie intensiv seine grünen Augen glänzen.
Statt ihm zu antworten, schnappt sie sich ihren Wischlappen und greift nach seinem, den er mit einer kontrollierten Bewegung außerhalb ihrer Reichweite schafft.
„Ich meinte das schon ernst", schmunzelt er und kopfschüttelnd geht sie an ihm vorbei in die Bude hinein.
„Na dann. Die Tische müssen gleich noch gewischt und danach gestapelt, die Tassen in die Küche gebracht und gespült werden."
Ihr Blick trifft herausfordern den seinen und ohne zu zucken hält er ihr stand.
„Okay, dann wischen wir jetzt die Tische", bestimmt sie und strahlt ihn an.
Schneller als er greift sie nach seinem Lappen, den er unachtsam auf die Theke gelegt hatte, gegen die er sich lehnt.
„Ey." Empörung klingt in seiner tiefen Stimme, wird aber von einem wohligen Lachen verdeckt.
„Wir sollten die Tücher schon sauber machen, was meinst du?", spottet sie und nun lacht er in die plötzlich nicht mehr ganz so kalte Adventnacht.
Nachdem die Brünette die Lappen in einem kleinen Eimer, den sie unter der Theke hervorzauberte, fix ausgewaschen hatte und dann mit schneller klopfenden Herz zu dem hübschen Mann, der sie die ganze Zeit über aufmerksam verfolgt hatte, zurück in die Kälte gegangen war, nahm er ihr eins der nassen Tücher aus der Hand und wand sich dem nächst gelegenen Stehtisch entgegen.
Mit einem unerklärlichen Lächeln auf dem Gesicht liegen ihre Augen auf dem schwarzen Stoff, seins Mantels, der seinen breiten Rücken bedeckt und ihm bis auf die Oberschenkel reicht. Er lässt den Lappen auf den Tisch fallen, und zeiht sich die dicken Wollhandschuhe in einer flüssigen Bewegung aus. Während er sie in die rechte Tasche seines Mantels packt, dreht er seinen Kopf Maila zu und lächelt.
Durcheinander geht sie zum nächsten Tisch und probiert ihr springendes Herz zu beruhigen. Schweigend putzen sie einen Tisch nach dem anderen und ihr Herz pocht laut gegen ihre Brust.
„Hast du dir Hilfe geholt, Maila?", erkundigt sich Sieghardt ungeniert und lässt die Angesprochene in gedankenversunkene zusammenfahren.
„Wer ist das?", verlangt er aus dem Holzhaus zu wissen.
Erschrocken blickt Maila den jungen Mann an, der dem alten Mann seine Hand entgegen streckt.
„Hallo, ich bin Harry und ganz freiwillig hier."
Schon wieder zeichnet sein ansehnliches Gesicht ein aufrichtiges Lachen und als sein Blick zu Maila, die neben ihn getreten ist, huscht, springt ihr Herz einmal zu schnell.
„Ah", quittiert Sieghardt und dreht sich abwesend ab, nachdem er Harry die Hand geschüttelt hat.
„Warum?" Maila steht mit verschränkten Armen vor ihm. Sie muss den Kopf etwas heben, denn er überragt sie, und obwohl sie einen Schritt zurückgetreten ist, stehen sie viel zu eng beieinander.
„Warum was?"
„Warum wischt du mit mir alte Glühwein Reste, statt am Feuer zu sitzen und die Atmosphäre zu genießen?", verlangt die Brünette zu wissen.
„Weil Weihnachten sich für mich zum Beispiel in der Hilfsbereitschaft wiederfindet. Weißt du, das Fest der Liebe und so."
Schalk leuchtet in seinen wunderschönen Augen auf. Harry kopiert ihre Position und Maila, die dies mit einem Lächeln auf dem Gesicht wahrnimmt, welches sie jedoch sofort wieder hinter ihrem Schal verstecken versucht, reagiert mit einem Schulterzucken.
„Na, wenn du meinst", nuschelt sie, unfähig das belustigte Glucksen aus ihrer Stimme herauszuhalten.
„Und deshalb", murmelt Harry kaum hörbar und schiebt die flauschige Wolle ihres blauen Schals sanft von ihren kalten Wangen unter ihr Kinn, sodass ihr verzauberndes Lächeln zum Vorschein kommt, das ihn von Beginn an in seinen Bann zog.
Zufällig streift seine Hand über ihre weiche, kühle Haut und eine wohlige Wärme breitet sich bei der Berührung in ihr aus.
Ein lautes Schnauben ertönt und mit schweren Schritten stapft Sieghardt mit einer Wanne voller klirrenden Tassen Richtung Küche.
Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel, während er die beiden alleine lässt, und um seine Augen vertiefen sich die Falten, die von einer glücklichen Jugend zeugen.
Ein Giggeln kriecht Mailas Hals hinauf und Harry grinst sie mit leuchtenden Augen an.
Langsam nimmt er seine markante Hand von ihrem Schal und die blaue Wolle rutscht wieder ein Stückchen hinauf, verdeckt jedoch nicht ihre vollen Lippen, die Harrys Grinsen erwidern.
„Er ist eigentlich ganz umgänglich. War heute nur ein langer, sehr kalter Tag", erklärt sie und greift nach dem Handtuch, das auf der Theke liegt, lässt ihr Gegenüber aber nicht aus den Augen.
„Kann ich mir gut vorstellen. Ich glaube, ich wäre auch irgendwann nicht mehr der Umgänglichste."
Er runzelt die Stirn und eine kleine Falte, zwischen seinen Augenbrauen entsteht. „Wie lange seit ihr denn schon hier?"
„Unterschiedlich. Ich bin um halb zehn gekommen, Daria und Sieghardt gegen halb eins, als der ganze Trubel nicht länger zu zweit zu stemmen war. Vorher hat mir Sieghardts nette Frau Ingrid ausgeholfen, aber sie musste dann los um auf ihre Enkel aufzupassen", erklärt sie und reibt sich ihre kalten Hände. Ihre Handschuhe hatte sie fürs Wischen ausgezogen, damit sie sie danach nicht wärmen.
„Das sind gleich zwölf Stunden, das ist dir bewusst, oder Maila?", empört er sich und fährt fort, ohne auf das Lächeln zu achten, dass sich auf ihrem Gesicht vertieft hat, als er ihren Namen aussprach.
„Das ist doch verrückt. Hast du wenigstens eine Pause gemacht?", erkundigt er sich mit besorgter Stimme und jagt ihr einen Schauer über den Rücken. Die Falte zwischen seinen Brauen ist verschwunden, stattdessen wandern sie ein gutes Stück hinauf.
„Natürlich. Alles andere wäre ja unmenschlich", bestätigt sie lachend und drückt ihm das Handtuch in die Hand.
„Warum? Machst du dir etwa Sorgen?", neckt sie ihn und die Falte, die sie nun schon lieb gewonnen hat, erscheint und seine Augen verengen sich, ehe sein Gesicht sich entspannt und er briet sie breit anlacht, als er bemerkt, dass es genauso ist.
„Und was wäre wenn es so ist?", fordert er sie heraus und bekommt das erhoffte herzliche Lachen geschenkt, dass sein Herz schneller Klopfen lässt.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht würde ich dich für verrückt erklären, oder einen Idiot", lacht sie und ohne, dass sie es wollte, stolpern ihre Gedanken hinterher: „einen süßen Idiot".
„Das klingt ja gar nicht so schlimm. Dann hab ich mir wohl Sorgen gemacht."
Der Schalk in seinen Augen, mit denen er jede ihre Bewegungen aufmerksam registriert, erinnert sie an Kiran und ihr Herz stolpert, als wüsste es nicht, ob es schneller schlagen oder aussetzten sollte. Den ganzen Tag hat sie nicht an ihn gedacht und das schlechte Gewissen lässt sie unwillkürlich schlucken.
Wenn es ihm nicht gut ginge, hätte Lean sich sofort gemeldet, dessen ist sie sich bewusst. Widerwillig reist sie ihren Blick von dem attraktiven Mann los und wendet sich ab.
„Alles okay bei dir?", fragt Harry vorsichtig nach. Seine warme Hand schließt sich um ihr Handgelenk und hält sie zurück.
„Hab ich was falsch gemacht?"
Sie schüttelt den Kopf und schaut ihm in die faszinierende Augen.
„Nein, alles gut-", murmelt sie und zwingt sich ein Lächeln aufs Gesicht.
„- es ist nur...", sie stockt, „ich war nur in Gedanken versunken", schließt sie und in seinen Augen sieht sie die Zweifel.
„Ich dränge dich nicht, weil es mich eigentlich nichts angeht, aber wenn du es erzählen willst, weil es dich bedrückt, hör ich dir zu. Versprochen."
Er lässt seine Hand sinken und die Poren des kleine Stücks Haut, dass er gewärmt und vor der Kälte geschützt hat, ächzen nach seiner Wärme und seiner Berührung.
„Später, vielleicht. Gerade nicht", gibt sie zurück.
„Mach es so, wie es für dich richtig ist, okay? Aber ich würde mich wirklich freuen, mehr von dir zu erfahren, Maila", spricht Harry aus, was ihm schon seit Stunden im Kopf herumspukt.
„Es muss auch nicht direkt all das sein, dass dich traurig macht", fügt er grinsend hinzu und sein Herzschlag wird schneller, als sie ihn anlächelt.
„Machst du das bei jeder so?"
„Ich wüsste nicht, was du meinen könntest!"
Schon wieder das spöttische Lachen auf seinen Lippen und Maila greift sich das Handtuch, um ihn nicht anzustarren.
„Steht das Angebot mit deiner Hilfe noch?"
„Natürlich", verkündet er inbrünstig und lacht laut auf.
„Na dann, haben wir ja genug Zeit."
Die beiden putzen einen Tisch nach dem anderen. Die lästige Arbeit scheint auf einmal gar nicht mehr so schlimm und die Zeit vergeht wie im Flug.
Die Menschen am Feuer verlaufen sich und die Geräusche um sie herum werden immer gedämpfter, doch die beiden bemerken dies gar nicht und sind fokussiert auf ihre Arbeit und vor allem aufeinander.
Maila lächelt die gesamte Zeit und Harry tut sein bestes, ihr mit seinen Kommentaren ein Lachen zu entlocken.
Es gelingt ihm immer öfter und die Vorstellung, die Braunäugige nach der getanen Arbeit verlassen zu müssen, bereitet ihm einen Kloß im Hals.
Die Tische sind seiner Meinung nach viel zu schnell abgewischt, und als es viel zu schnell zum Zusammenstellen und Wegbringen der Tische kommt, schwiegen sie beide in stiller Übereinkunft den gesamten Weg. Am anderen Ende des Weihnachtsmarktes werden alle Gegenstände gesammelt gelagert und Harry stellt einen nach dem anderen die Stehtische zu den Bierbänken und -Tischen, Klappstühle und Hocker.
Als auch der letzte Teil geschafft ist, gehen sie gemeinsam über den leeren Weihnachtsmarkt zurück zur Glühweinbude.
„Warum arbeitest du eigentlich beim Weihnachtsmarkt mit?", will der Lockenkopf neugierig wissen.
Maila lacht und gesteht: „Sentimalität".
In seinen Augen erkennt sie die Frage, bevor er sie stellen kann und so kommt sie ihm zuvor.
„Meine Großeltern haben hier gewohnt. Früher waren wir als Kinder immer am dritten Advent bei ihnen, damit unsere Eltern etwas Zeit ohne uns Nervensägen hatten. Außerdem kamen sie meist davor nicht dazu, Geschenke zu kaufen. Ärzte."
Er nickt mit einem Grinsen auf dem Gesicht, aber die vertraute Falte ist wieder da.
„Was ein einmaliger und zweckbedingter Ausflug war, wurde zum Ritual und als Oma und Opa ins Altenheim kamen, wurde es seltener, dass wir etwas mit ihnen unternahmen. Oma bekam Alzheimer, Opa starb vor drei Jahren. Wir kamen trotzdem jedes Jahr wieder und als ich durfte, fing ich an zu helfen, wo ich konnte. Ich bin jedes Jahr hier gewesen, abgesehen von dem vor drei Jahren.
Nicht herzukommen und zu helfen, würde sich anfühlen, als würde ich Oma und Opa ein Stückchen mehr verlieren, als der Tod mir schon genommen hat. Deshalb komme ich wieder."
Ein Seufzer dringt über ihre geschwungenen Lippen und sie dreht ihren Kopf Harry zu, der schweigend neben ihr herlief, um seine Reaktion zu sehen.
Seine Mütze ist ihm im Laufe des Abends etwas hoch gerutscht und einige der dunkelbraunen Locken hängen ihm wirr auf die verzogene Stirn. Es zuckt ihr in den Finger, aber sie widersteht dem Drang, etwas daran zu ändern.
„Das tut mir gleichzeitig schrecklich leid und andererseits bin ich dankbar dafür, dass du ein so emotional gelenkter Mensch bist", antwortet er ihr mit rauer Stimme. Die Zweideutigkeit seiner Aussage ist beiden bewusst, doch niemand traut sich, es laut auszusprechen und so spazieren sie Seite an Seite nebeneinander her durch die wolkenbehangene Winternacht. Die Lichter an den Häuschen erhellen ihre Gesichter und ihre Schritte knirschen auf dem Kies.
Ihr Atem ist in weißen Wolken zu sehen und Maila wird immer Kälter.
Fröstelnd knetet sie ihre eisigen Hände und versteckt sich tief in ihrem Schal.
Unauffällig wirft Harry ihr einen Blick zu und zieht sich ohne zu zögern seine Handschuhe aus und reicht sie ihr.
„Hier nimm."
Sie will protestieren, aber er bedeutet ihr zu schweigen. Dankbar nimmt sie sie entgegen.
„Ist dir jetzt nicht kalt?", fragt sie beschämt und blickt aus dem Schalnest auf, in dem sie sich eingenistet hat.
„Ich werd's wohl aushalten, keine Sorge", verspricht er und stupst sie an, damit sie weitergeht.
„Gleich sind wir beim Feuer, da kann ich mich wieder aufwärmen, das passt schon. Du brauchst sie dringender."
Sie setzten sich wieder in Bewegung und Maila zieht sich mit Mühe das zweite Paar Handschuhe über, was Harry mit einem Lachen quittiert und sich ihrer schließlich erbarmt und ihr die Stoffe flink überzieht.
„Danke", klingt es aus dem Schal und Harry kann mit Gewissheit sagen, welches Lächeln sie nun zeigen würde.
„Bleibst du noch, bis meine Finger wieder aufgetaut sind?", fragt er sie leise und erschrocken blickt sie auf. Ihre braunen, gutmütigen Augen sind weit aufgerissen, bis sie seine Mimik sieht und lachend stößt sie ihn in die Seite.
Grinsend kommen sie auf den Platz, vor dem Glühwein stand und sehen, wie Daria und Sieghardt die Theke hochklappen und die Bude für heute verschließen. Der letzt Rest Punsch steht auf einem provisorischen Hocker und frei für die wenig übrig geblieben.
Schnell hasten Maila und Harry auf die beiden zu und packen mit an, sodass das Häuschen aussieht wie all die anderen, die Wand an Wand mit Lichterketten beleuchtet die Wege säumen.
„Dank'schön", murmelt Sieghardt und verabschiedet sich mit einem Nicken, bevor er in die Nacht verschwindet.
„Ich muss dann auch mal gehen, ihr Lieben", flötet Daria.
Sie Grinst Maila an und druckt sie einmal feste, bevor sie einmal winkt und schneller als eine Schneeflocke im Sommer verschwunden ist.
„Tschüss, bis morgen", ruft Maila ihr noch hinterher.
„Morgen also auch wieder zwölf Stunden in der Kälte?", hakt Harry missbilligend nach und schaut sehnsüchtig das Feuer an.
„Jetzt komm schon", weißt Maila ihn zurecht.
Ihre dick eingepackte Hand schließt sich um Harrys und trotz der zwei Schichten ist seine um einiges größer. Ungeduldig zieht sie ihn zu den letzten Bierbänken und lässt sich auf einer von ihnen nieder und zwingt ihn, sich ebenfalls zu setzten.
„Deine Finger müssen schließlich wieder zu den Lebenden zurückkehren, was meinst du?"
Ihr Schal ist von ihrem Gesicht herunter gerutscht und sie grinst ihn schief an.
„Vermutlich. Ich spüre sie gar nicht mehr." Er blickt hinab auf ihre verschränkten Hände und zieht eine konzentrierte Miene, als würde er sich anstrengen, seine Finger zu bewegen und bringt sie zum Lachen.
Vorsichtig löst sie ihre Hände und zieht die Handschuhe einen nach dem anderen aus. Seine legt sie ihm in den Schoß, ihre macht sie Anstalten sie wieder anzuziehen, nachdem sie sie von einander gelöst hat, doch Harry hindert sie daran. Er greift nach ihrer ausnahmsweise warmen Hand und nimmt sie in seine, die trotz der winterlichen Temperaturen wohlig warm sind. Maila schaut aufmerksam ihn an und wendet sich mit einem stummen Lächeln dem Feuer zu.
Die Flammen züngeln um die letzten Holzscheite und einige Funken fliegen in die Dunkelheit, ehe sie erlischen.
Harry mustert sie von der Seite und grinst glücklich in sich hinein, bevor sein Blick auch in die Glut des Feuers geht.
Er fühlt sich, als würde etwas in seinem Inneren brennen, wie das Holzstück in dem eiserneren Korb.
Winterliche Stille legt sich über die beiden und nur das Knacken des Feuers, ihr Atem und das heulen eines Uhus sind zu hören.
Maila greift nach einer Decke, die neben ihr liegt, legt sie sich über Beine und schaut Harry fragend an. Er nickt und so sitzen die beiden gemeinsam, in eine Decke eingemummelt, Hand in Hand am Wärme spendenden Feuer.
Maila lehnt sich an Harrys Schulter und schützend legt er einen Arm um sie.
Ihre Lider werden schwer und ihre Atmung wird ruhiger und immer regelmäßiger.
Vorsichtig dreht Harry den Kopf und muss schmunzeln, als er sieht, dass ihr wunderschönen Augen, die voller Leben sprühen, geschlossen sind.
„Schläfst du etwa, Maila?", flüstert er warm und streichelt ihr liebevoll eine straßenköterblonde Strähne von der Wange.
Ein Lächeln umspielt kaum merklich ihre Mundwinkel.
„Morgen hast du ganz sicher Nackenschmerzen, Mai", murmelt er, doch sie reagiert nicht.
Sanft streicht er ihr über die eisigen Wangen, bis sie langsam die Augen aufschlägt und ihn matt anlächelt.
„Tut mir leid", haucht sie und richtet sich langsam auf.
„Braucht es nicht. Du schnarchst nicht, noch hast du gesabbert. Keine Sorge", witzelt er und sie grinst müde.
„Und selbst wenn, das wäre egal", fügt er hinzu und wendet sich ab, um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen, während er da sagt.
So entgeht ihm die leichte Röte, die zum ersten Mal an diesem langen Abend ihre weichen Wangen überzieht. Maila entrutscht ein Gähnen und Harry blickt wieder zu ihr, die sich gerade die müden Augen reibt.
„Du gehörst ins Bett, Mai", verkündet er und greift nach ihrer zierlichen Hand, die er mit kleinen Kreisen versieht.
„Wann warst du heute morgen auf den Beinen?"
„So gegen halb sieben, schätze ich", murmelt sie schwach und sinkt zurück an seine Schulter.
„Was? Nicht dein Ernst. Wir bringen dich jetzt nach Hause."
Er macht Anstalten aufzustehen, doch sie hält ihn zurück.
„Bitte, Harry. Wenn ich ins Bett wolle würde, wäre ich nicht mehr hier."
Er seufzt schwer und lässt sich zurücksinken.
„Ich weiß. Aber deshalb ist es trotzdem nicht richtig, dass du nun seit mehr als 14 Stunden in der Kälte unterwegs bist und seit 17 Stunden auf den Beinen", protestiert er, doch seine tiefe Stimme ist ruhig.
„Ich bring dich jetzt nach Hause. Keine widerrede, Maila."
Er streicht ihr eine verirrte Strähne hinters Ohr und hat plötzlich den unwiderstehlichen Drang, seine Lippen auf ihre zu legen und ihre weiche Haut unter ihnen zu fühlen, ihr Gesicht, ihre Hände, ihren Körper mit ihnen zu erkunden.
Eine Träne rollt langsam ihre rechte Wange entlang und versickert in ihrem Schal.
Erschrocken betrachtet Harry ihr erschöpftes Gesicht und sucht hilflos nach einer richtigen Reaktion. Er löst vorsichtig ihre verschränkten Finger und nimmt ihr Gesicht ganz sanft in seine großen Hände.
„Was ist los, Mai?", raunt er und streicht sacht mit dem Daumen über die Spur, die die Träne hinterlassen hat.
Aufrichtig blickt sie ihm entgegen und verspürt ein heftiges Ziehen in ihrer Brust, als sie die Sorge in seinen grünen Augen entdeckt.
„-will nicht, dass es vorbei ist", nuschelt sie undeutlich und senkt den Blick.
Harry jagt ihr eine Gänsehaut über den gesamten Körper mit seinen Berührungen und kraftlos lässt sie sich gegen seinen starken Oberkörper sinken.
„Weißt du was, ich auch nicht. Aber du gehörst ins Bett und morgen ist auch noch ein Tag", flüstert er, die Lippen auf ihrem Scheitel, seine Hände auf ihrem Rücken.
Er gibt ihr einen kurzen Kuss auf den Haaransatz und richtet sich dann langsam auf.
„Komm, ich bring dich nach Hause, Mai. Bitte. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du noch weniger Schlaf bekommst!", informiert er sie und lächelt sie an. Schwach erwidert sie es und lässt sich langsam von ihm ins Stehen ziehen. Die Decke fällt ungeachtet zu Boden.
Das Feuer ist ausgegangen und nur noch die Glut scheint rot durch die Asche.
Sie lehnt sich gegen Harry und er schließt seine Arme um ihren schlanken Körper.
Tief atmet Maila ein und der Geruch von Tanne und Gewürzen kitzelt ihr mit dem des Rauchs in der Nase und glücklich schließt sie die Augen.
Harry löst sich von ihr und hebt die Decke auf, legt sie ihr um die Schultern und fragt: „Wo muss ich dich hinbringen?"
„Du musst nicht-", beginnt sie, noch er bringt sie zum Verstummen. Sein Finger auf ihren Lippen brennt ihr auf der Haut.
Als sein Finger ihre vollen Lippen berührt, jagt ein Schauer durch in und nur mühsam kann er dem Wunsch widerstehen, sie nachzuzeichnen, wenn er sie schon nicht küssen kann.
Aber jetzt gibt es Wichtigeres.
„Deine Adresse", bringt er mit möglichst kontrollierter Stimme hervor und nimmt den Finger von ihrem Mund, ehe er noch etwas tut, was er hinterher bereuen würde.
Maila kapituliert und nennt ihm leise die Ferienwohnung der Mayers.
Die Straßen sind leer und in keinem Fenster der Häuser brennt noch Licht.
In einige Gärten stehen kleine Leuchttierchen und geschmückte Weihnachtsbäume.
Harry führt Maila zielsicher durch die schweigende Stadt. Hand in Hand, eine Gestalt eine Decke über den schmalen Schultern, die andere breitschultrig und die Kleinere immer wieder mit einem kleinen Lächeln bedenkend.
„Du bist wunderschön, Mai", flüstert Harry andächtig, so leise, dass die Angesprochene es fast nicht wahrnimmt.
Ein Lächeln schleicht sich auf ihr gerötetes Gesicht und sie bleibt abrupt stehen.
Harry dreht sich zu ihr um und plötzlich stehen sie sich nah. Sie schauen sich in die Augen.
Er lächelt, als er ihren heißen Atem kurz vor seinem Gesicht spürt und schließt die Augen, als sie ihre Lippen mit einer Energie, mit der er nicht mehr gerechnet hätte, auf seine drückt und ein Feuerwerk in seinem Inneren zu explodieren beginnt.
Voller Verlangen zieht er sie an sich und sie klammert sich an ihm fest, als wäre er der einzige, der ihr Halt gibt. Energisch drückt er seine Lippen gegen ihre und als sie sich von einander lösen, atmen beide schwer.
Ein irres Lachen entrutscht ihr und erschrocken hält sie sich die Hand vor den Mund. Grinsend greift Harry nach ihrer Hand und drückt sie.
„Komm. Morgen ist auch noch ein Tag", wiederholt er seine Worte von eben und langsam setzten sie sich in Bewegung.
Bevor Maila die schmale Treppe hinauf zu ihrem kleinen Apartment hinauf geht, gibt sie sich Harrys Umarmung ganz hin, lauscht seinem klopfenden Herz, genießt seine Wärme, seinen Geruch, die Geborgenheit und ihr flatterndes Herz.
„Morgen hol ich dich hier ab, versprochen" raunt er und seine Lippen, die er in ihre Haaren versteckt hat, bewegen sich langsam.
„Um kurz vor halb zehn, recht so?"
Schweigend nickt Maila.
„Bis morgen, Mai", mit den Worten löst er ihre innige Umarmung und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.
Ihr Herz pocht laut gegen ihre Rippen, aber sie weiß genauso gut wie er, dass sie sich trennen sollten.
Sie lächelt ihn an und ihre Stimme ist tonlos, als sie haucht: „Bis morgen, Harry".
Rückwärts geht sie einige Schritte, bis sich notgedrungen ihre Hände löse und sie alleine da steht.
Unschlüssig winkt sie Harry, dann geht sie, sich immer wieder umdrehend, die Treppe hinauf.
Der junge Mann schaut ihr hinterher und auch als sie die Tür hinter sich geschlossen hat, steht er gedankenversunken auf dem tristen Innenhof, bis er sich schließlich losreißt und mit einem breiten Grinsen auf den morgigen Tag freut.
© jsm1294
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