Kapitel 93

Kapitel 93

~ Kane's Sicht ~

Mein neues Leben hier in Spanien. Super. Irgendwie. Ich hatte jetzt schon Heimweh und fühlte mich hier noch nicht gerade wohl. Aber ich denke, dass es sich eh legen wird. Hoffentlich. Papa ist heute Morgen mit dem Taxi zum Flughafen gefahren und ich machte mich gerade fertig, um mit dem Taxi zum Treffpunkt mit Cristiano zu fahren. Er hatte mir irgendeine Adresse geschickt, ob es ein Restaurant ist, oder der Hauptsitz von Real Madrid- ich weiße es nicht.
Ich dieselte mich mit meinem Parfüm voll und blickte auf mein Handy. Ich hatte Solin geschrieben, wie es ihr geht, aber von ihr kam noch nichts. Vermutlich war sie noch am schlafen, da sie ja noch Ferien hat.
Nachdem ich den Taxifahrer erklärt hatte, dass ich zu der Adresse wollte, wollte er mich da nicht hinfahren. Keine Ahnung, was er hatte. Ich sprach kein Spanisch. Er war sogar aus seinem Taxi gestiegen und legte sich auf die Motorhaube. Ey! Ich komme noch zu spät. Grummelnd stieg ich wieder aus und stellte mich vor dem Taxifahrer, ehe ich in Englisch auf ihn einredete.

„Ich habe ein wichtigen Termin", meinte ich hektisch. „Davon hängt meine Zukunft ab. Ich bin noch nicht mal drei Tage in Spanien und ich will nicht wieder zurück nach Deutschland. Könnten Sie mich einfach fahren, der Herr?"

Er setzte sich auf und schaute mich an. Dann zeigte er mit dem nackten Finger auf mich und fing an zu grinsen. „Yo sé lo que eres!", rief er erfreut.

„Wat is?", fragte ich verdaddert.

„Eres el hijo de Marco!"

"Hä?", wollte ich wissen und kratzte mir die Stirn.

„Du Sohn Marco Reus. Neu bei Reale", sagte er im brüchigem Deutsch und fasste mit seine Hände mein Gesicht an. Dann drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. Öh, hallo? Geht's noch? Ist der geistig behindert, oder so? „Bienvenida, Kane."

Hä. Der kannte meinen Namen. „Uhm, hallo." Und dann wurde es mir klar, dass er mich erkannt hatte. Das ich der neue Spieler von Madrid war, wurde ihm erst jetzt klar. Aber hallo? Ihm wurde es klar. Er hat mich erkannt. Krass. Ich musste grinsen.

Dann fragte er mich, dass ich zu Cristiano wolle und ich nickte. Glücklich hielt mir der Typ die Tür auf und drückte mich ins Auto.

„Ich fahre! Ich fahre!", verkündete er wieder in seinem Deutsch. „Hab Dutsche gelernt."

„Das ist ja cool", nickte ich und zuckte zusammen, als er die Tür zuknallte.

Als er mich zu Cristiano fuhr, sang er die ganze Zeit Atemlos von Helene Fischer, oder zu mindestens versuchte er es. Alter Schwede. Mein Kopf. Meine Ohren. Meine Nerven. Er sang nicht nur, nein, er machte gleich noch die Instrumente nach. Selbst die Deutschen gehen bei Schlager nicht so ab, wie der Typ gerade vor mir. Nach einer halben Stunde hielt er dann endlich vor einer fetten Villa, mit riesigem Zaun. Er drehte mich grinsend zu mir um. „Sind da", sagte er.

„Danke."

Ich reichte ihm einfach einen fünfziger, obwohl ich gerade mal 20 Euro bezahlen musste und er flippte schon wieder aus. „Danke Merkel", rief er und küsste den fünfziger. „Danke, Kane."

„Gracias, uhm?"

„José."

„Gracias, José."

Ich stieg stirnrunzelnd und gleichzeitig lachend aus und wurde von einem jubelnden Taxifahrer verabschiedet, der auch noch die Hupe seines Autos vergewaltigte. Und dann stand ich da vor dem Metalltoren der Villa. Nachdem ich unter der Kamera die Klingel gefunden hatte, schellte ich und wartete einfach nur.

Ich fuhr zusammen, als sich die Kamera bewegte und eine Stimme hörte, die auf Spanisch oder Portugiesisch sprach.

„Kane Reus, ich hatte ein Termin."

„What?"

„Au, Papi- no!", meckerte ein Kind herum.

„Sorry, dass war mein Jüngster. Wer ist da?", hörte ich Cristiano auf Englisch sagen.

„Kane?"

„Oh, stimmt. Was frage ich, wenn ich dich sehe. Du hast einen Popel in der Nase."

„Hm?", fragte ich.

„Popel. Schmeiß den bitte vor's Haus. Meine Putze hat alles Steril gereinigt."

Es zischte kurz aus den Lautsprechern und ich konnte nicht anders, als wir in den Nasenlöchern herumzuprokeln. Ah, da war ja wirklich einer und der hing schon auf halb acht.

„Eeew", hörte ich eine Frau neben mir sagen.

Schnell schnipste ich den Popel weg und blickte zu der etwas älteren Frau mit Putzschürze. „Ronaldo erwartet dich schon", sagte sie und drückte die Tür, neben dem großen Tor auf.

„Danke", meinte ich nur und trat ein. Die Frau hielt mir Desinfektionsgel hin, was ich entgegennahm und meine Hände damit einschmierte. Ich schaute mich auf den großen Hof, vor der Villa um. Hier war alles Steril. Die Villa selbst blendete einem mit ihrem Weiß, die Büsche und Sträucher, waren alle perfekt zurechtgestutzt. Vor der Villa war ein Springbrunnen in dem eine goldene CR7 Figur stand- wenigstens sah das Gesicht dort nicht so verstellt aus, wie diese eine Bronzefigur aus dem Jahr 2017.

„Weiter", drängte die Frau mich und schubste mich in Richtung Villa, als ich an der riesigen Garage mit den vielen Sportwagen vorbei ging. „Na los." Sie klatschte in die Hände und ich flitzte nach vorne.

„Senior!", kreischte die Frau, als wir in der Villa standen. Ich bekam meinen Mund nicht mehr zu. Alles war weiß, steril und luxuriös. Aaaaaber, es war der Wahnsinn. Der Eingangsbereich war schon riesig und die beiden riesigen Treppen erst. Mensch. Der Typ gönnt sich ja richtig.

„Bin schon da", sagte Cristiano und kam lockerflockig die Treppen heruntergelaufen. Grinsend blickte er mich an. „Kane, schön das du da bist."

„Danke für die Einladung. Tschuldige, wie ich rumlaufe."

„Ist eine schwarze normale Jeans und? Ich trage eine Jogginghose", bemerkte er und deutete auf seine Beine.

„Das sieht aus wie eine Anzughose."

„Jaaa, die war die auch mal. Gucci ist mir zu Schade wegzuschmeißen", sagte er und klatschte in die Hände. „Willst du was trinken?"

„Ein Wasser. Ich bin am schwitzen wie sonst was."

„Stimmt. Ihr Deutschen seid dieses Wetter ja nicht sonderlich gewöhnt", nickte Cristiano und ging zwischen den beiden Treppen, den riesigen Flur entlang. Und ich kam mir immer mehr wie ein winzig kleiner Zwerg vor.

Da standen wir also. Im noch riesigerem Wohnzimmer mit dem ziemlich riesigen Fernseher und der ziemlich riesigen Sitzecke aus dunkelrotgefärbten Leder. Das und die Trikots, die in weißen Bilderrahmen an der Wand hingen, waren das einzige Bunte hier. Sonst war alles in Schwarz, weiß und grau gehalten. Nachdem Cristiano mir eine Flasche Voss auf dem Glastisch stellte und sich in dem Sessel setzte, blickte er zu mir. „Weißt du wieso du hier bist?"

„Nö, du hast nur gesagt, dass ich zu dir kommen soll. Und hier bin ich", sagte ich und schnappte mir die Wasserflasche.

„Oh no", meinte die Haushälterin und haute mir auf den Hinterkopf. „Ich gebe dir ein Glas."

„Ist doch schon in Ordnung", meinte Cristiano.

„No-No."

Damit war sie verschwunden. Ich blickte zu Cristiano. „Ich darf jetzt nicht trinken?"

„Wenn du hier lebend wieder rauskommen willst, musst du auf meine Schwiegermutter warten."

„Das ist deine Schwiegermutter?", fragte ich und stellte die Wasserflasche zurück auf den Tisch.

Cristiano nickte. „Ja, ist ein schwieriges Verhältnis. Seitdem meine Frau verstorben ist, nervt die mich und die fünf Kinder nur noch. Sie war mal bei der Mexikanischen Armee."

„Das erklärt einiges", nickte ich.

Cristiano stimmte dem zu. „Die Hölle ist die Frau. Führt sich auf wie sonst was. Meine Haushälterin hat wegen der gekündigt. Selbst die Nannys, weil sie alles an sich reißen muss. Ein Teufel ist die."

„Aber du kannst froh sein, dass sie dir mit den Kindern helfen tut", meinte ich. „Auch wenn sie nicht einfach ist."

„Ich hoffe, du bekommst das Problem nicht, mein Freund. Schwiegermutter? Pah, sie ist ein Schwiegermonster. Sie ist noch nicht mal ein Teufel. Die Teufelsaustreibung hat fehlgeschlagen. Trump, Putin und Erdogan sind Engel im Gegensatz zu ihr."

„So übel ist Putin eigentlich gar nicht. Er schwimmt mit Delphinen."

„Und Haien", nickte Cristiano.

„Das war leider nur Photoshop."

„Ach was?", fragte dieser. „Ich dachte nur, meine ganzen Ex-Model-Freundinnen, die sich zu Schade waren ihre Vagina zu verrunzen, sind so Photoshop-Geil. Bis auf meine letzte Frau. Und die war noch nicht mal Model. Ganz normal. Meine Jugendliebe. Mit ihr habe ich zwei wunderschöne Kinder bekommen."

Ich kniff nur die Augen zusammen. „Die wollten sich die Vagina bestimmt nicht mit der Geburt verunstalten."

„Jaja, die Geburt. Dafür gibt es Kaiserschnitt. Ich rede vom Sex. Die wollten Little CR7 da unten nicht drinnen haben. Die Ausleierungsgefahr war zu groß."

„Bei deinem Ding wird noch nicht mal die Öffnung vom Tetrapack eines Eistees ausgeleiert", sagte seine Schwiegermutter und kam mit einem Glas für mich wieder.

„Danke", sagte ich.

„Kein Problem."

„Du bist ein Teufel, Consuela", zischte Cristiano.

„Wieso soll ich dir den Engel zeigen? Du hast mir meine Tochter genommen und versnobbt."

„Wie auch immer", warf ich ein. „Wieso bin ich jetzt hier?"

Ich blickte neben mir, da sich Consuela einfach neben mich gesetzt hatte und zuhörte. Dann schaute ich wieder zu Cristiano.

„Consuela, dass ist ein Gespräch zwischen meinem Spieler und mir. Gehst du bitte?"

„Ich will doch nur helfen und wenn es dich stört, kauf dir ein Büro."

„Consuela!", knurrte Cristiano. „Geh!"

„No!"

„Sí", rutschte es mir heraus.

Consuela schaute mich so an, als wäre ich ein Fürsprecher von Trumps Mauer zwischen Amerika und Mexiko, plus, als hätte ich Jesus und ihre Mutter beleidigt.

„Entschuldige bitte, wie redest du mit mir?", fragte sie mich.

„Vergiss es. Wir gehen wo anders hin. Vor der Ausgeburt des Bösen habe ich nie meine Ruhe."

„Solange meine Enkelkinder hier leben, kannst du weiter träumen, dass ich tot bin."

Cristiano machte eine abfällige Geste, nachdem seine Schwiegermutter das Wohnzimmer verließ und dann stand er auf.

„Hast du Hunger?"

„Fahren wir nach McDonalds, oder Burger King?"

Cristiano lachte belustigt. „Nein, fünf Sterne Restaurant, du Dummerchen."

„Welcher passt besser zu meinen Schuhen?", fragte er mich, als wir in der riesigen Garage standen. Garage. Entschuldige, war viel zu mickrig. Das war sein eigener Fuhrpark, mit mehr als vierzig Autos. Ich blickte auf seine Schuhe und dann zu den Autos.

Es breitete sich ein Grinsen auf meinen Lippen aus, als ich den 2017er Chevrolet Camaro sah – den meine Mutter hatte, bis er mit einem Schuss in dem Motor hingerichtet wurde.

„2017er Camaro."

„Den?", fragte er mich nicht gerade begeistert. „Was hast du mit dem, der war ein Fehlkauf."

„Das ist das Lieblingsauto meiner Mutter. Sie selbst hatte mal einen."

Cristiano dachte nach. „Na gut", sagte er und ging zu dem Auto. Perplex schaute ich ihn an, als er sich auf dem Beifahrersitz setzte. „Na komm!", rief er mir rüber und drückte auf die Hupe.

„Ich habe keinen Führerschein", bemerkte ich, als ich zum Auto ging. „Ich kann nicht fahren."

„Dann lernst du das jetzt und wenn bezahle ich das. Komm." Er klatschte in die Hände und ich zuckte nur meine Schulter, ehe ich mich auf dem Fahrersitz des mattschwarzen Camaros setzte.

„Dein Vater hat dich nie fahren lassen? So still und heimlich?"

„Nee, meine Mutter."

„Okay, deine Mutter ist im den Punkt cool. Aber das sie sich dieses Auto gekauft hat. Verstehe ich nicht. Hat dein Vater ihr nicht ein Porsche, oder Lamborghini geschenkt?"

„Er wollte ihr ein Porsche kaufen, aber die fand sie nicht so gut. Und Lamborghini sind bei mir in der Familie nicht gerne gesehen, seitdem mein Onkel in so einem Auto umgekommen ist."

„Mein Beileid. Ich hab davon in den Nachrichten mitbekommen."

„Danke dir. Wie geht das jetzt?"

„Ich dachte deine Mutter hat dich fahren lassen?"

„Ja, in dem neuen Mercedes C63 AMG Black Series."

„Nein, den habt ihr?"

„Den hat meine Mutter sich gekauft, als sie sich von ihrem Camaro verabschieden musste. Sie hatte freie Wahl."

„Ich muss sagen, deine Mutter hat doch Geschmack. Sie hätte natürlich mehr Geschmack, wenn sie meine Spielerfrau gewesen wäre."

„Du kennst meine Mom noch nicht einmal", lachte ich.

„Nein, nein, nur dein Vater. Aber ich habe einige Berichte gelesen - über euch. Musste ja wissen, welches Fußballtalent ich mir zu Real hole."

„So talentiert bin ich auch wieder nicht."

„Du bist auf demselben Level deines Vaters, als er noch nicht von den ganzen Verletzungen heimgesucht wurde. Aber du, du kannst noch viel besser werden. Und deshalb bist du hier. Ich glaube an dich, wenn du mit meinem Sohn zusammenspielst, werden wir sämtliche Pokale holen. Und hier verdienst du mehr, als wie jemals in Dortmund. Ich meine, wenn du hier für ein paar Jahre spielst, Kane und dann doch wieder nach Dortmund möchtest, hast du bis dahin sämtliches Geld verdient und hast so einen Bekanntheitsgrad, da fressen die dir aus der Hand. Sei es durch Real, Weltmeisterschaften mit der Deutschen Nationalmannschaft – wo du von Podolski auch noch eingeladen wirst, sämtliche Werbeeinahmen, dass wird alles schon laufen." Aufmunternd klopfte er mir auf die Schulter. „Na komm. Dann zeig ich dir mal, wie das Ding funktioniert."

Ich nickte nur und drückte auf irgendeinen Knopf, weshalb Cristiano mir eine Standpauke hielt.

"Was wenn das der Schleudersitz gewesen wäre?", fragte er mich.

"Schleudersitz? Willst du gegen die Decke knallen?"

"Das war die Lachgaseinspritzung", meint er. "Wie wäre es, wenn du auf Start drücken würdest?"

"Achso."

"Du deutsche Kartoffel."

"Gracias."

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