Kapitel 83
Kapitel 83
~ May's Sicht ~
"Sag mir, was passiert ist", sagte Marco immer wieder. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Dann schaute ich über seine Schulter und sah Robin, der an der Tür stand. Ich legte meine Hände auf Marcos Rücken. Mit der einen Hand winkte ich Robin weg. Dieser nickte nur gekränkt und verschwand von der Bildfläche. Marco drückte mich wieder einmal von sich weg.
"Mal! Mir platzt gleich der Geduldsfaden."
Ich fluchte auf und trat die Wasserflasche von mir weg. "Ich kann das alles auch nicht glauben. Es tut mir leid."
"Es tut mir leid, dass ich mich hier einmische, aber", hörte ich Janu sagen. Sie kam ins Wohnzimmer und stellte sich zwischen Marco und mir. "Sie hat schon so viel heute durchgemacht. Lass mich das erklären. Und wenn sie sich abgekühlt hat, kannst du sie fragen, was immer dir im Kopf herum geht."
Marco schluckte nur und setzte sich auf den Sessel, wo Robin vorhin die ganze Zeit gesessen hatte, als wir geredet hatten.
Janu setzte sich auf die Couch und zog mich dann neben sich. Ich stand jedoch wieder auf und kniete mich vor Marco. Vergrub mein Gesicht in seinem Schoß- wollte weinen, aber dann auch wieder nicht. Und dann erzählte Janu meinen Mann alles.
Er sagte nichts, blieb ruhig, aber ich merkte, dass er seine Hände zu Fäusten ballte. Dann fing er am ganzen Körper an zu zittern.
"Es tut mir leid, Marco", sagte Janu. Ich schaute auf, direkt in das Gesicht von meinem Mann. Er hatte die Augen zusammengekniffen. Versuchte immer wieder die Tränen zurück zuhalten, aber diese kämpften sich durch und liefen seine Wange herunter.
"Es tut mir so leid, Baby", flüsterte ich und schnappte nach seinen Händen. Er riss seine sofort zurück und schubste mich nach hinten. Dann sprang er auf und tigerte wimmernd durch das Wohnzimmer.
"Mein", er musste schlucken und fuhr sich durchs Haar. "Mein bester Freund ist tot? Wurde erschossen? Der verlässt mich einfach so? Und dann kann ich auch noch damit rechnen, dass meine Frau auch mich verlässt."
"Ich verlasse dich doch nicht."
"Doch, wenn du wegen Mordes im Knast smorrst und mich mit den Kindern alleine lässt."
"Es wird niemand hier von erfahren. Hast du mir zugehört?", fragte Janu ihn. "Wir haben Leute die hier das regeln. Leute, wie, naja, ich weiß nicht ob du das noch ertragen kannst."
"Was ist denn nu?", fragte Marco und blieb stehen. Er blickte direkt zu meiner Schwester. Janu zögerte, blickte nachdenklich zu mir. Und noch bevor sie irgendwas sagen konnte, stand Robin hinter meinem Mann.
"Es gibt da was, was ich dir erklären muss", sagte Robin. Ich blickte zu Robin und schaute ihn sauer an. Aber dann riss ich mich doch zusammen und hielt die Hand meines Mannes fest.
Marco runzelte die Stirn und drehte sich um. Er wich zurück und stammelte wirres Zeug. "Nee."
"Kann ich dir das erklären, ohne das du... wirst du so oder so. Das ist alles ziemlich viel für dich."
Marco hielt sich am Sessel fest und blickte zu mir. "Ich wusste es", flüstert er mir zu.
"Was wusstest du?", fragte ich ihn. Er blickte mich an und hielt meine Hand ganz fest.
"Ich habe es geahnt, dass er lebt und mein Gefühl hat mich nicht getäuscht", murmelte er.
"Wie konntest du das ahnen?"
"Ich dachte ich habe es mir eingebildet, dass ich ihn gesehen habe. Aber dem war ja anscheinend nicht so."
"Wann hast du mich gesehen?", fragte Robin mich.
"Ich stand in der Küche und hab aus dem Garten geschaut und dann habe ich dich gesehen. Hab dann meine Augen zusammengekniffen, auf der Hoffnung, dass das ein Irrtum war. Du warst dann aber auch weg, aber ich hatte immer wieder dieses Gefühl, dass du da bist. Und die ganzen merkwürdigen Dinge, die in London passiert sind. Ich bitte dich Robin. Ich kenne deinen Spruch."
Robin schluckte nur und kam weiter ins Wohnzimmer. "Ich weiß, du würdest mir am liebsten den Kopf abreißen, Marco."
"Ja."
"Aber schaffst du es, mit mir zu reden?"
"Hm."
Robin schmiss sich auf die Couch und blickte zu Marco. Ich wollte aufstehen, doch Marco drückte mich wieder auf den Boden herunter und klammerte sich an mich fest.
"Wo soll ich anfangen?", fragte Robin.
"Das fragst du allen ernstes?", knurrte Marco. "Du hast uns all die Jahre verarscht und angelogen. Und jetzt tauchst du hier einfach wieder auf, als wäre nichts gewesen."
"Ihr hättet nichts weiter von mir mitbekommen, wäre May nicht so ausgetickt."
"Ich habe mich nur gewehrt! Sonst hätte ich wie Marcel in der Badewanne gelegen und wäre ausgeblutet wie ein Mastschwein!"
"Du hättest dich zusammenreißen sollen", bemerkte Robin.
"Halt deine Fresse, bevor ich mich vergesse, Alter!", schrie Marco sauer und sprang auf. Da ich mich an Marcos Beinen abstützte, flog ich nach hinten. Janu half mir auf und ich blickte zu Marco, der mich entschuldigend anschaute. "Können wir einfach nur fahren, May?", fragte er mich.
Ich nickte nur und suchte nach meiner Handtasche. Ich vergewisserte mich noch einmal, ob meine Python wirklich drinnen war. War sie. Und dann blickte ich zu Janu. "Kommst du?"
"Ich bleibe noch hier", sagte sie. "Ich weiß ja, wie die S-Bahn fährt." Sie blickte mich aufmunternd an und ich nickte nur.
"Hier. Kannst den AMG haben", sagte ich und reichte ihr die Autoschlüssel.
"Danke."
Ich blickte zu Marco, der auf den Boden schaute. "Kommst du?", fragte ich ihn. Er sagte nichts, sonder nickte nur. Dann schnappte er wieder nach meiner Hand und verließ mit mir die Wohnung. Ich kannte ihn so, wie er gerade war. So wie er gerade war, so ruhig und zurückhaltend, so war er auch nach dem Tod von Robin gewesen. Es hatte ein paar Stunden nach der Nachricht gedauert, bis er angefangen hatte zu weinen. Ich nahm Marco auf dem Parkplatz die Autoschlüssel ab und stieg ein. Er setzte sich ohne großes Gemecker, auf dem Beifahrersitz und schaute auf die Motorhaube des Geländewagens.
"Du magst nicht reden, oder?", fragte ich ihn und musterte sein Gesicht.
"Was sagen wir den Kindern? Was ist mit Marcel? Was machen die mit ihm."
Ich erklärte meinen Mann, was die mit Marcel vor hatten und er blickte mich entsetzt an.
"Wir sollen unsere Kinder anlügen?", fragte er mich.
"Sie sind zu jung um das zu verstehen. Sie werden das nicht verstehen, da kann man so erklären wie man will."
"Und was hast du dir für eine Geschichte ausgedacht?"
"Alysha ist abgehauen. Keine Ahnung wohin und Marcel", ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Ich habe dafür gerade keinen Kopf."
"Aber wir können uns noch von ihm verabschieden, oder?", fragte er mich.
Ich nickte. "Ja, Robin wird schon dafür sorgen."
Marco schnaubte. "Ich kann das alles nicht glauben."
"Ich kann das auch nicht glauben", stimmte ich zu. "Wir müssen erstmal unsere schauspielerischen Künste ausleben. Nichts anmerken lassen."
"Auba und Curtys sind bei uns. Wie sollen wir denen unter die Augen treten. Wie willst du ihnen unter die Augen treten, wenn du Alysha getötet hast."
Ich schluckte. "Es war Notwehr. Sie hat mich angegriffen, mir gedroht, dass sie das gleiche mit mir machen will, wie mit Marcel. Ich hatte Marcel in der Badewanne gefunden und sie dachte, ich würde sie verpfeifen. Sie ist völlig ausflippt. Ich hab mich ehrlich nur gewehrt. Es tut mir leid. Ich hatte nur eine Familie und ein Mann. Ich wollte die nicht alleine lassen."
"Okay", sagte er und schnallte sich an. "Komm, lass uns fahren."
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