Kapitel 78
Kapitel 78
~ Kane's Sicht ~
„Alter Schwede, normalerweise bin ich nach drei Stunden Schlaf ziemlich müde, aber irgendwie könnte ich Bäume ausreißen", hörte ich Solin sagen, als sie auf dem Weg ins Badezimmer war. Ich lag immer noch im Bett und wollte hier eigentlich gar nicht erst raus. Es war so gemütlich und so warm und so toll und ich war so müde. Aber der Hunger siegte doch und ich erhob mich wie ein Zombie aus dem Jahrhundertschlaf.
„Kann man den Park nicht einfach vor die Tür schieben", murmelte ich.
„Heul doch nicht herum. Wir fahren mit dem Bus", sagte Solin. Ich blickte zu ihr und nickte nur. Sie war gerade dabei, sich einen Pferdeschwanz zu binden und schnitt eine Grimasse. „Zopf bringt dir nichts, wenn du im Rock and Roller Coaster drinnen warst. Von null auf hundert in wenigen Sekunden."
„Entweder verknoten meine Haare und ich bekomme nach dem Kämmen Kopfschmerzen oder ich kriege Kopfschmerzen von einem viel zu festen Zopf. Und ich hasse Knoten in den Haaren. Du weißt, wie ich an meinen Haaren hänge."
„Weiß ich", lachte ich und streckte mich noch einmal. „Na gut, dann mache ich mich auch fertig und dann plündern wir den Frühstücksbasar."
„Das hört sich doch ziemlich gut an", nickte Solin zustimmend. Sie kam zu mir, nachdem sie sich den Zopf fertig gebunden hatte und drückte mir einen Kuss auf den Mund. Dann schmiss sie sich neben mir aufs Bett und seufzte. „Ich bin im Disneyland Paris. Ich kann das immer noch nicht glauben."
„Ja, ich kann es nicht glauben, dass ich mit dir hier bin", entgegnete ich, schnappte mir frische Klamotten und verschwand ins Badezimmer.
„Schleimer!", hörte ich sie noch rufen.
Nach dem Frühstück – Solin war schlau und hatte ein paar Tupperdosen von zu Hause mitgebracht um Essen zu plündern, für nachher-, machten wir uns mit dem Bus auf den Weg zum Park. Der Bus war ziemlich überfüllt, weshalb wir stehen mussten. Wenn ich eins hasste, überfüllte Busse, wenn es warm ist. Einige Leute hatten echt diesen bissigen Schweißgeruch an sich. Da wusste man nicht, ob die Kiffen oder einfach nur Stinken. Ja, es gibt Leute, deren Schweiß nach Marihuana riecht. Hab ich mal bei Galileo gesehen. Richtig bedeppert.
„Gott sei Dank", sagte ich, als wir aus dem Bus ausgestiegen waren. „Keine Sekunde länger hätte ich das dadrinnen ausgehalten."
„Wen sagst du das", stimmte Solin zu. „Aber wir sind ja gleich in ein paar Achterbahnen und da bekommen wir reichlich frische Luft. Wenn dir nicht wie gestern im Big Thunder Mountain eine Taube entgegen kommt."
„Ich hab immer noch leichte Schmerzen auf dem Brustkorb."
„Heul nicht. Die Taube ist tot. Genickbruch, so wie die Leute hinter uns es festgestellt haben, weil du kreischend und heulend die Taube weggeworfen hast."
„Es war ein 10 Jähriges Drecksbalg, was die Taube abbekommen hat. Hast du nicht mitbekommen, wie er mit seiner Mutter geredet hat?"
„Ja, aber die haben Französisch geredet. Was macht dich da so sicher, dass er sie beleidigt hat?"
„Die Gestik und die Mimik."
„Franzosen sehen immer aggressiv aus, wenn die reden."
„Eben wie wir Deutschen."
„Stimmt auch wieder."
Heute stand nicht der Originale Park an, sondern Disney Studios. Ich wollte gleich zum Rock and Roller Coaster durchstarten, aber Solin hielt mich gleich nach dem Eingang auf. „Nein. Wir beide gehen alles nach der Reihe durch."
„Waaaas? Aber der Rock and Roller Coaster ist ganz hinten."
„Dann musst du dich gedulden", lachte sie und schnappte nach meiner Hand. „Dann komm, Großer."
„Ich bin kein Hund."
„Nein, aber ein Reus."
„Was ist los, du hast doch irgendwas?", fragte Solin mich, als wir ein paar Stunden im Park waren. Ich setzte mich auf eine Bank und musste mich erstmal wieder finden. Mir war so übel und so schwindelig, das kannte ich gar nicht von mir, wenn ich Achterbahnen gefahren bin. Das war für mich Neuland.
„Mir ist schlecht und schwindelig", murmelte ich. „Und mir tut mein Bauch so weh."
„Werde mir ja nicht krank, Kane", sagte sie und kniete sich vor mich. „Oder liegt es an den ganzen Achterbahnen?"
„Nein, das macht mir ja nichts aus. Ich bin gestern auch den ganzen Tag gefahren. Mir wird davon nie schlecht oder schwindelig."
„Herr Gott, bist du blass." Solin strich mir über die Wange und schauderte. „Und schwitzen tust du auch. Wo tut es denn weh am Bauch?"
„Hier", sagte ich und hielt mir die rechte Seite.
„Hast du da nicht deine Narbe von der Operation damals?", fragte sie mich.
„Ja, die Nierenoperation."
Wie soll ich das sagen, im Alter von 11 Jahren hat man bei mir festgestellt, dass meine beiden Nieren irgendwie im Arsch waren. Soll erblich bedingt sein. Ohne Niere kann man nicht leben, mit einer schon. Und ich hatte Glück. Ein Spender wurde schnell gefunden, der die gleiche Blutgruppe wie ich hat. Onkel Marcel. Wäre der nicht mein kleiner Organspender, wäre ich vermutlich nicht mehr da und Mina hätte die Kontrolle über unsere Eltern erlangt.
„Nicht, dass da wieder was kaputt ist, oder so."
„Ich hoffe mal nicht", sagte ich und hielt mir wieder den Bauch.
„Komm wir gehen aufs Hotelzimmer. Weiter lasse ich dich hier nicht rumlaufen und wenn es nicht besser wird, müssen wir in ein Krankenhaus."
Ich nickte nur zustimmend und rappelte mich dann gequälterweise wieder auf.ew3
~ May's Sicht ~
„Ich hoffe es ist all für alle mal vorbei mit der", hörte ich Marco sagen, nachdem ich mich am frühen Morgen fertig gemacht hatte.
„Ich mache auch drei Kreuze, dass sage ich dir", stimmte ich zu und lehnte mich nach vorne. Ich drückte Marco einen Kuss auf den Mund. „Ich melde mich zwischenzeitlich, okay?"
„Darüber wäre ich dir sehr dankbar."
Ich blickte ins Babybett, welches neben unserem Bett stand. Aleyna war am Zucken und am Murren. „Mensch, die Kleine wird wach", flüsterte ich.
„Gib sie mir rüber. Ich kann jetzt eh nicht mehr schlafen", sagte Marco und setzte sich auf. „Dann kuschel' ich ein wenig mit der Kleinen."
Ich nahm Aleyna aus dem Babybett und legte die Kleine Marco in die Arme. „Mina hat heute nur bis 11 Uhr Schule. Wenn Kane sich meldet, gibst du mir auch Bescheid, okay?"
Marco nickte. „Ja, was auch immer du in den nächsten drei Tagen vor hast. Also von Donnerstag bis Sonntag, nimm dir da nichts vor."
„Wieso? Was hast du vor?"
„Das wirst du schon sehen." Marco zwinkerte mir zu und ich runzelte nur die Stirn.
„Okay, bis nachher."
„Pass auf dich auf."
„Pass ich immer."
„Naja."
„Hey."
„War nur ein Scherz, mein Schatz", munterte Marco mich auf.
„Soso", murmelte ich und verließ das Schlafzimmer. Ich zog die Tür ran und machte mich dann auf dem Weg zur Wohnung von Marcel.
„Hey, Marcel ich bin's. Ich weiß nicht, ob du pennst, dir einen runterholst, oder sonst was. Wäre aber nett, wenn du mich anrufen würdest. Bin gerade auf den Weg zu „Du weißt schon wen" und wollte fragen, ob du sicherheitshalber mitkommen könntest? Keine Lust, dass die Kacke wieder so am Dampfen ist, wenn du verstehst was ich damit meine? Naja, kannst dich ja mal melden. Um sechs Uhr fahren wir nämlich los. Wäre dir da sehr dankbar, Großer. Hab dich lieb", ich hinterließ über der Freisprechanlage eine Nachricht auf der Mailbox von Marcels Handy, da ich ein wirklich ungutes Gefühl hatte. Irgendwas wird doch heute schief laufen. Die Frage ist bloß was. Aber darüber will ich mir jetzt keinen weiteren Kopf drüber machen.
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