Kapitel 74

Kapitel 74

~ May's Sicht ~

„Bist du hingefallen?", fragte Elena mich, die mir einen Tag nach dem Vorfall mit Curtys auf der Matte stand. Mein Mann war gerade mit Aleyna spazieren und Kane und Mina machten gerade ihren Geschwisterausflug. Es war Sonntagnachmittag und außer Kochen hatte ich nichts zu tun. Ich war verwundert, dass es keinen blöden Kommentar gab, wegen meiner Wunde an der Lippe.

„Ach, hab nur eine Auseinandersitzung mit irgendeiner Frau gehabt", antwortete ich. „Die musste meinen mir einen Kratzer reinzufahren und den Parkplatz zu klauen. Sie hat mir eine rein gehauen, aber ich hab nichts weiter gemacht."

„Das ist gut. Ich meine, ich kenne dich ja nicht anders. Du bist seit dem Kindergarten so. Tut man dir weh, tust du der anderen Person weh. Aber gut, dass du dich zusammengerissen hast. Und ich hoffe du bist nicht sauer, dass ich mich nicht daran halte, dass langsam aufzubauen, weil ich wieder hier bin."

„Ist in Ordnung. Du kannst mir ja beim Kochen helfen?"

„Ich wollte nur mal schauen, wie es dir und den Kindern geht. Aber die sind ja alle aus dem Haus."

„Ja, siehst du meinen Mann auch als Kind an?"

„Ein bisschen."

„Willkommen im Club", nickte ich. „Hast du irgendwas vor?"

„Ich wollte ein bisschen nach Essen. Da ist Flohmarkt. Soll ich dir irgendwas mitbringen?"

„Nein, danke."

„Ein Tipp. Hau ein bisschen Curry in die Sauce. Das macht die Lasagne leckerer. Grandma Katharinas Geheimnis." Mama streichelte mir kurz über den Oberarm und verabschiedete sich dann von mir.

Na gut. Dann haue ich da Curry mit rein, mal gucken wie das schmecken wird. Nachdem die Lasagne fertig war, kam Marco mit Aleyna wieder.

„Uiii, Mama hat Essen gemacht. Nur leider bist du dafür viel zu klein. Mehr Lasagne für Papi", bemerkte Marco ärgernd und kam mit der kleinen Maus auf dem Arm in die Küche. Er drückte mir einen Kuss auf den Mund und setzte sich an den Tisch, der schon gedeckt war. Als ich die Lasagne hinstellte, fing Aleyna an zu weinen.

„Milchtüten oder Windel?", fragte ich meinen Mann. Er hob die Kleine hoch, roch an der Windel und würgte angewidert. „Windel", nickte ich. „Du fang schon mal an. Ich mach nur schnell die Windel frisch und hau Aleyna ins Bettchen."

Marco nickte nur und ging ins Wohnzimmer, wo ich Aleyna auf der Couch wickelte. „Mensch. Du Knirpsin, was hast du für Fürze", bemerkte ich. Ja, das war alles nur heiße Luft gewesen und die Kleine hat sich vermutlich selber darüber erschrocken, dass so was aus ihr rauskam. Die mittlerweile eingeschlafene Aleyna legte ich in das Babybett und dann ging ich wieder in die Küche. Die Windel, wo nur Pippi drinnen war, schmiss ich in den Mülleimer. Ich wusch mir die Hände und setzte mich zu Marco an den Tisch.

„Was hast du gestern mit Kane unternommen?"

„Wir waren beim Paintball. Er hat irgendeinen Jungen in die Eier geschossen, dann waren wir im Vapiano Essen, haben richtige behinderte Fanfictions auf Wattpad über ihn und mich gelesen. Dann haben wir ein paar meiner alten Kollegen Streiche gespielt. Waren auf den Bolzplatz mit Ömer und Nuri. Haben dann wieder gegessen. Bin mal gespannt, was er mit seiner Schwester vorhat."

„Ich auch", nickte ich und futterte die Lasagne weiter.

„Aleyna schläft und die beiden Kinder kommen erstmal nicht so schnell nach Hause. Wie wäre es, wenn..."

„Auf Sex habe ich keine wirkliche Lust", unterbrach ich meinen Mann. „Sorry."

„Solange du da noch Blutungen hast, ist eh nix mit Sex. Ich wollte dir eigentlich eine Massage vorschlagen und dabei gucken wir irgendeinen Film?"

„Geht auch einfach nur Rückenkraulen und einen Film?"

Marco nickte. „Aber nur, wenn deine Hand in meiner Hose landet. Du musst nichts machen. Nur halten. Mehr nicht."

Jetzt nickte ich zustimmend und wenig später hingen wir beide auf der Couch und schauten Scrubs die Anfänger, während mir der Rücken gekrault wurde. Ich zog irgendwann meine Hand aus seiner Hose und schlief ein und er kraulte einfach nur noch mein Rücken weiter. Das waren die richtigen Männer, die nicht sofort damit aufhörten, wenn einem die Augen zufielen, sondern weiter machten.

          "Ich muss meine Sachen packen!" Erschrocken fuhr ich hoch und musste mich erstmal orientieren, wo ich bin. Wohnzimmer? Couch? Stimmt ja, ich war hier ja eingeschlafen. "Es ist schon so spät und ich muss noch meine Sachen fürs Disneyland packen!" Ach, Kane. Der schrie allen erstens das ganze Haus zusammen, nur weil er wieder vor Hektik krepiert.

"Halt doch mal die Klappe, Kane. Aleyna schläft", antwortete Mina ruhig. Ich wischte mir den Schlaf aus den Augenwinkeln und stand auf.

"Wie viele Jahrhunderte habe ich geschlafen?", fragte ich und verließ das Wohnzimmer. Kane kam gerade mit einem Koffer aus dem Keller, während Mina meckernd da stand und sich über ihren Bruder beschwerte.

"Nur ein paar Stunden", sagte Marco und kam aus der Küche raus. "Soll ich dir Mittagessen warm machen?"

"Ja, darfst du machen", nickte ich und gähnte. "Aleyna ist am schlafen?"

"Ja, oben im Schlafzimmer." Marco drehte sich um und in seiner Hosentasche konnte ich das Babyfon erkennen.

"Okay. Uhm, brauchst du Hilfe beim Sachen packen?", fragte ich meinen Sohn.

"Nein, ich hab schon alles rausgesucht, was auf deiner Liste stand, die du mir gemacht hast, damit ich gar nichts vergesse. Ich habe die hundert Mal durchgelesen. Ich hab alles. Ihr fahrt mich doch morgen in aller Früh zum Bahnhof, oder?"

"Wie in aller Früh?", stellte ich die Gegenfrage.

"Um drei Uhr geht der Zug. Wir müssen noch Solin abholen."

"Kann ich machen!", hörte ich Marco sagen. "Essen ist fertig, Schatz."

"Danke. Nach dem Essen, schmeiße ich mich gleich wieder ins Bett. Falls wir uns nicht mehr sehen", sagte ich und breitete die Arme gegenüber meinen Sohn aus.

Kane drückte Mina den Koffer in die Hand und umarmte mich. "Pass auf dich und Solin auf. Und lasst den Park stehen." Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

"Ja, ich pass schon auf", sagte er. Er schnappte sich den Koffer und verschwand nach oben. Mina ging ins Wohnzimmer und ich in die Küche. Am Küchentisch stand schon der Teller mit dem Essen, über den ich nicht gerade hungrig herfiel.

"Alles in Ordnung?", fragte Marco mich.

"Ich bin so müde, dass ich kein Hunger habe."

"Dann lege dich doch oben wieder ins Bett. Kann es sein, dass dich Aleyna angesteckt hat?"

"Ja, irgendwie schon." Ich nahm zwar noch einen Bissen und würgte den runter, ehe ich aufstand und mich streckte. Ich drückte meinen Mann einen Kuss auf den Mund und dann ging ich nach oben ins Schlafzimmer. Ich zog mich nur bis auf die Unterwäsche aus und legte mich ins Bett, nachdem ich geschaut hatte, wie es Aleyna ging, die in dem Babybett neben meinem Bett lag. Sie schlief ruhig, also könnte ich der ruhig nachmachen. Doch nichts da. Mein Handy, was auf dem Nachtschrank lag, vibrierte auf und ich zuckte zusammen.
Wer hatte mir denn geschrieben?

Unbekannte Nummer.

-Ich kann es nicht, May. Ich kann nicht zur Polizei. Dann sehe ich meinen Sohn nie wieder. Ich kann das einfach nicht.

Alysha. Woher hatte die schon wieder meine Nummer?

~Wir treffen uns Morgen um 12 Uhr am Schrottplatz.

-May. Aber keine Polizei.

~Ich bin doch nicht bekloppt. Morgen 12 Uhr am Schrottplatz.

-Nein. Ich kann mich da nicht mehr blicken lassen. Ich sende dir morgen meinen Standort.

~Oder so.

-Danke, dass du mich nicht verpfeifst, May.

~Vergiss das, Alysha. Wir reden morgen weiter. Ich bin ziemlich K.O.

-bitte sag niemanden davon, dass ich dir geschrieben habe. Ich habe gehört das Auba seine Leute auf die Suche nach mir geschickt hat. Die wollen mich bei den Bullen ausliefern.

~ich halte vorerst noch meinen Mund. Und wer kann das Auba verübeln.

Es kam keine weitere Nachricht von Alysha zurück. Kopfschüttelnd machte ich die Tastensperre rein und legte das Handy wieder weg. Ach. Sie will sich mit mir treffen und dann?
Dann heult sie mir wieder die Ohren voll. Typisch. Am liebsten würde ich sie dann packen und zur Polizei schleppen. Herrgott. Kann mich diese Frau nicht einfach in Ruhe lassen. Einmal? So kann ich das gerade nicht genießen eine Mutter zu sein. So nicht.
Genervt murmelte ich mich wieder ins Bett ein und versuchte zu schlafen. Und das tat ich- ziemlich unruhig.
Um kurz vor drei stand mein Mann auch noch auf, um meinen Sohn zum Bahnhof zu fahren. Dadurch wurde Aleyna wach und diese musste ich erstmal hin und her wiegen.

"Mom?", hörte ich Mina sagen. Sie stand in der Zimmertür und blickte zu mir.
"Sorry, wenn dich deine Schwester aus dem Schlaf gerissen hat", sagte ich und wiegte das schreiende Baby hin und her.
"Ich kann sowieso nicht schlafen. Und ich hab nachher Schule. Das kann was werden."
"Wird das ein Gespräch, dass ich dich krank melde?"
"Nein", sagte sie verdutzt. "Ich bin doch nicht Kane."
Sie legte sich auf Marco's Seite im Bett und strich ihrer Schwester über den Bauch.
"Vermutlich muss die nur einen ablassen. Sie hasst das Gefühl, furzen zu müssen und der Furz kommt nicht raus. Bauchstreicheln hilft immer."
"Traurig, dass ich das als Mutter nicht weiß", murmelte ich und schnalzte mit der Zunge.
"Ach, Mom. Ist nicht schlimm. Du hattest den Kopf wegen Alysha woanders."
Ich nickte. "Ja, so ähnlich."
Ich blickte zu Aleyna die gar nicht mehr am weinen war.
"Nee, oder?", fragte ich. Friedlich schlief die Kleine und ich wusste wieso, nachdem mir ein unangenehmer Duft in die Nase kroch.
"Na lecker", bemerkte ich und stand auf. Dann legte ich Aleyna zurück ins Bett.
"Hab ich dir doch gesagt", sagte Mina und schmiss sich ins Bett. "Ich schlafe hier."
"Mach das", sagte ich und schmiss mich ebenfalls ins Bett. "Dann gute Nacht."
"Gute Nacht, Mom."



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