Kapitel 68

Kapitel 68

- Kane's Sicht -

Mein Kopf war mächtig am Dröhnen. Alter. Solche Kopfschmerzen hatte ich noch nie in meinem Leben gehabt. Mein Hals war so trocken, als hätte ich Wüstenwind gesoffen. Ich traute mich noch nicht mal meine Augen aufzumachen, weil ich Angst hatte, dass die Kopfschmerzen größer wurden. Aber wenn wir noch in Saskias und Leo's Bar waren, würden meine Eltern hier eh auftauchen und mir so den Kopf waschen, dass ich in Ohnmacht fallen werde. Naja, wenn Mom schon aus dem Krankenhaus raus ist. Aber dem war ja nicht so. Denke ich mal.

"Wo zum Henker sind wir?", hörte ich jemanden sagen. Aaah, Solin. Gut. Sie war noch da und lebte noch- wie ich. Wenigstens etwas Gutes an diesem Morgen, Mittag oder Abend. "Schatz!"

Mir wurde leicht auf den Oberschenkel gehauen und ich zuckte zusammen. "Ich will meine Augen nicht aufmachen. Das tut in meinem Kopf-Kopf au-au", nuschelte ich vor mich hin.

"An deiner Stelle, würde ich das machen. Ich habe keine Ahnung, wo wir sind." Solin sprach immer leise, ehe sie anfing zu flüstern.

"Wieso flüstern wir?", flüsterte ich ebenfalls.

"Weil wir in irgendeinem Haus sind, was ich nicht kenne und ich auch sonst nicht weiß, was auf der Abschlussfeier passiert ist."

"Hauptsache wir haben nicht miteinander geschlafen. Das hab ich für Disneyland geplant."

"Was?", fragte sie knurrend nach.

"Nichts."

"Könntest du das noch mal wiederholen?"

"Hab ich vergessen."

"Aha! Kannst froh sein, dass ich das nicht verstanden habe, weil du gerade einen Nuschelanfall wie Til Schweiger hast. Der nuschelt doch schon so ekelhaft. Wie soll man den bitte schön verstehen, wenn er besoffen ist. Gebärdensprache?"

"Selbst da nuschelt er", murmelte ich und schmunzelte leicht.

"Hm. Stimmt. Könntest du bitte deine Augen öffnen und dich umschauen. Vielleicht kennst du das ja hier."

"Sind die Dinger am Fenster runter?", fragte ich nach und hielt mir meine Hände vor die Augen.

"Ja, sind die", versicherte Solin.

"Okay, dann öffne ich jetzt meine Augen."

"Sag es nicht nur so, sondern mach es einfach. Ich hab keinen Bock, dass wir hier irgendwo im Suff eingestiegen sind."

"Wir sind bestimmt von einen unserer Klassenkameraden zu Hause. Ganz einfach", bemerkte ich und öffnete meine Augen. Dann nahm ich meine Hände von den Augen runter und blickte mich in diesem großen und modernen Wohnzimmer um. "Hm", machte ich.

"Okay, so wie du guckst, ist das ein Haus von irgendwelchen Klassenkameraden, oder? Bitte sag mir, dass es ein Haus von einem Klassenkamerad ist. Bitte!"

"Hm", machte ich wieder und rieb mir die Augen. Dann schaute ich mich weiter um. Hier hingen noch nicht mal Fotos von der Person, die ein ziemlicher Borussia Dortmund Fan ist. Überall hingen Flaggen, Poster und sonstiger BVB-Schnick-Schnack.

"Es könnte fast jeder sein. Fast alle sind BVB-Fans."

"Aber so übertrieben?", fragte ich und stand von der Couch auf. Erschrocken fuhr ich zusammen, als ich in ein vergoldetes Gesicht blickte. "Ih, Kevin Großkreutz!", bemerkte ich und starrte die goldene Statue an. "Was das?"

"Ih, Kevin Großkreutz? Du weißt schon, was der Irre für den BVB getan hat?", fragte Solin mich.

"Einen Kölner mit einem Döner mit extra scharfer Sauce beworfen?"

"Vergiss das einfach. Wir sind in einem Haus von einem verrückten BVB-Anhänger eingestiegen. Und wenn der mitbekommt, dass du der Sohn von einem gewissen Marco Reus bist, dann lässt er uns sicherlich nicht gehen. Der fordert bestimmt Lösegeld oder so. Was ist, wenn das so ist?"

"Und wenn das so ist, musst du nur voller Panik drauf los reden und dann lässt er uns irgendwann von alleine gehen, kleine Labertasche", meinte ich belustigt und schnappte mir meinen Smoking. "Na komm. Nimm deine Sachen und dann sehen wir zu, dass wir Land gewinnen, bevor wir noch erwischt werden."

"Okay", nickte Solin und schnappte sich ihre kleine Handtasche mit diesen behinderten Namen. "Klatsch", wird es ausgesprochen. Kein Plan wie das geschrieben wird. Interessiert mich auch nicht. Ich bin ein völlig heterosexueller Junge und keine Schwulette aus Köln.

"Bevor wir gehen, können wir noch was trinken. Mein Hals ist trocken wie-"

"Psssht", flüsterte Solin panisch und sprang hinter die Couch, als wir hörten, dass jemand Barfuß die Marmortreppen runterkam. Wieso Barfuß? Weil es immer Platsch-Platsch-Platsch machte. Schnell sprang ich ebenfalls hinter die Couch und machte mich so klein wie es nur ging. Dabei rutschte ich ein wenig nach vorne, um zu schauen, wer sich da herumtrieb. Ob die Person gefährlich war oder nicht.

Schnell wurde mir auf jeden Fall klar, dass es doch keine Füße waren, die auf dem Marmorboden aufklatschten. Sondern, dass der etwas ältere Hausbesitzer nackend herumlief und sein bestes Stück dieses gottverdammte Geräusch machte. Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte nur meinen Kopf.

Solin stupste mich fragend an und ich schüttelte nur weiter meinen Kopf. Plötzlich drückte sie mich runter und kletterte halb auf mir drauf, um ebenfalls was sehen zu können. Dann würgte sie und kletterte wieder von mir runter.

Ich blickte wieder zu den Typen, der vorm geöffneten Kühlschrank stand und reinschaute.

"Pudding!", quietschte er entzückt, warf die Arme nach oben und, boah nee, nee, nee, wackelte mit seinem Unterkörper. Das Klatschen wurde immer lauter. "Puddiiiiiing!"

"Oh mein Gott, Papa. Zieh dir was an! Du bist so peinlich!", hörte ich ein Mädchen sagen. "Siehst du! Du fragst, wieso ich nicht zu Hause bin und da haben wir den Grund. Ich komm mit deiner Nudisten-Kacke einfach nicht klar. Da hast du auch übrigens den Grund, wieso Mama dich verlassen hat!"

"Mensch, Leonie. Ich bin alt und wenn man alt wird, fängt es an zu hängen und dann wünscht man sich einfach nur Freiheit für die Klöhten und die Bockwurst. Wenn du mal alt bist, Schätzeken, hängen deine Brüste auch und dann kommst du auch noch auf dem Geschmack herumzulaufen. Außerdem ist das mein Haus. Die Rollos sind runter. Sieht doch keiner."

"Sieht doch keiner? Was ist mit morgens, wenn du die Post reinholst?", fragte das Mädchen entsetzt. "Du öffnest den Briefkasten mit deinem, Ih-Gitt und machst es wieder damit zu. Wir haben einen Metallbriefkasten. Weißt du wie das scheppert, wenn du da mit deinem, Ih-Gitt, drauf haust? Die Oma im Nachbarhaus hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Hörst du die nicht immer "Die Britten kommen! Die Britten kommen! In Deckung!", schreien? Papa, wenn das so weiter geht, dann bin ich keine Großkreutz mehr, sondern wieder eine Stuhldreier."

Ich riss die Augen auf. Neeeeeeein. Wir waren allen erstens im Haus von Kevin Großkreutz eingebrochen. Nein. Papa wird uns umbringen. Kevin zwar nicht, nein, Kevin nicht. Kevin kannte mich. Und wenn er mich sieht, dann wird er ausflippen. Positiv gesehen. Oder auch nicht, da ich nicht beim BVB spielen werde. Er wird ausflippen, egal wie. Und schlimmer noch. Entweder wird mich ein nackter Kevin Großkreutz umarmen. Oder, es wird mich ein nackter Kevin Großkreutz in seinem Haus auf brutalster Weise umbringen. Ich hab die Wahl.

"Papa, du bist so peinlich. Ändere dich, bitte. Ich will nicht zu Mom. Ehrlich nicht. Die ist viel zu streng und dann schickt die mich auf das Mädcheninternat."

"Okay, ich laufe nur noch nackt rum, wenn du nicht zu Hause bist. Gib mir vorher bescheid, bevor du hier bist, damit ich mir was anziehen kann."

"Na geht doch", bemerkte das Mädchen zufrieden. "Ich treffe mich jetzt mit meinen Freundinnen. Kann sein, dass wir nachher hier her kommen und dann bitte ich dich, dass du etwas an hast, wenn wir hier sind. Oke?"

"Oke, Bienchen."

"Super. Dann bis später, Papa."

"Bis später, Leo!"

Irgendeine Haustür viel zu und ich verdrehte nur die Augen. Mensch, Kevin. Geh doch mal nach oben. Los. Verschwinde.

"Das hätte sie wohl gerne. Ich weiß doch, dass ihre Freundinnen auf mich stehen!", murmelte Kevin vor sich hin und holte irgendwas aus dem Kühlschrank raus. "Man, wieso müssen frisch rasierte Eier immer so kratzen, ey!" Er kratzte sich da, wo es gerade juckt und steckte seinen Kopf in die Schale mit dem Pudding, ehe er die Treppen wieder nach oben verschwand. Ich drehte mich zu Solin und gab ihr das Zeichen, dass wir abhauen sollten.

Ich mit meiner Jacke bewaffnet und Solin mit Schuhe und Tasche, stürmten zur Tür, rissen diese auf und machten diese wieder - aber leise - zu.

"Okay, komm!", bemerkte ich erleichtert.

"Ja, mein Dad glaubt, dass ich mich mit meinen Freundinnen treffe. Aber ich treffe mich mit dir, Süßer!", hörten wir Kevins Tochter sagen. "Wieso ich? Wieso muss ich immer an die Kondome denken, beziehungsweise kaufen. Nein, ich sehe das nicht mehr ein. Immer ich."

Mist sie stand direkt am Tor und woanders lang konnten wir nicht, da ein drei Meter hoher Zaun das Haus umringt. Solin und ich, wollten uns gerade hinter einem Busch verstecken, als Leonie sich umdreht. Sie kreischte, als sie uns sah und rief sofort nach ihren Vater. "Papa! Einbrecher!"

"Halt die Schnauze!", motzte Solin rum und schubste Leonie weg, ehe sie das Tor aufriss. "Na, komm."

"Okay!", rief ich ebenfalls panisch und lief an Leonie vorbei, die kreischend aus dem Gebüsch aufstand. Ich schubste sie noch mal rein, damit wir mehr Zeit zum Flüchten hatten.

"Ah! Papa!", kreischte sie wieder. Solin wartete auf dem Fußweg auf mich und ich zog das Tor wieder zu.

"Lauf! Ich kenne eine Abkürzung zu mir!", sagte ich und lief vor.

"Muss ich klettern?", hörte ich Solin fragen, die versuchte mit mir Schritt zu halten.

"Einfach schwimmen, schwimmen, einfach schwimmen.", scherzte ich.

"Idiot!", lachte Solin nur.

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