Kapitel 67
Kapitel 67
~ Kane's Sicht ~
"Weißt du, was für eine Show, Nico wieder vor sich hergeschoben hat?", fragte ich meine Tante, nachdem die Abschlussfeier vorbei war. Wir standen noch drinnen und die Familie stand beisammen.
"Ich hoffe mal, dass die Lehrerin das nicht so böse nimmt", meinte Oma.
"Ja, aber wo sind eigentlich Mama und Papa. Die haben sich voll in Luft aufgelöst?", fragte Mina und schaute sich um. Ich mich ebenfalls und dann konnte ich meinen Augen nicht trauen.
"Oma?", rief ich.
"Ja, ich stehe doch neben dir! Schrei nicht so!", brüllte Papas Mama.
Ich ließ die anderen stehen und ging zu Oma, die stehen blieb und sich peinlich berührt umschaute. "Was machst du denn hier?", fragte ich und drückte sie kurz.
"Ich wollte euch mal besuchen."
"Hast du Mama und Papa gesehen?", fragte ich. "Ach, was frage ich überhaupt. Hättest du Mama gesehen, dann würdest du hier ja nicht mehr stehen."
"Bitte?", fragte Elena mich. "Naja, gesehen habe ich die beiden schon. Die wurden gerade mit dem Krankenwagen abgeholt."
"Wie? Hat Mama sich wieder geprügelt?", fragte Mina und stellte sich neben mich. Fragend blickten wir Elena an, die nur den Kopf schüttelte.
"Nein, eure Mutter hat gerade im Auto ein Kind bekommen. Ich hab ihr geholfen, wenn sie mich nicht angekeift hat."
"Wie?", fragte Mina ruhig. "Wir haben ein Geschwisterchen bekommen?"
"WAS! WIR MÜSSEN INS KRANKENHAUS! ABER WIE WIR INS KRANKENHAUS MÜSSEN!", brüllte ich darauf hin los. Ich drehte mich zu meinen anderen Familienmitgliedern und schrie diese an. "ICH BIN BRUDER GEWORDEN! KUTSCHIERT MICH EINER MAL INS KRANKENHAUS IHR PFLAUMENPFLÜCKER! JETZT!"
"Ich dachte schon Nico hat irgendwie eine geistige Behinderung, aber liegt wohl in der Familie", bemerkte Auba und schaute uns alle nach der Reihe an, die auch nur Ansatzweise das Reus-Gen in sich hatten. Nachdem ich einen halben und freudigen Kreischanfall hingelegt hatte, waren wir auch endlich auf den Weg ins Krankenhaus. Auba war so nett und fuhr uns hin.
"Habt ihr Nico eigentlich noch mal gesehen?", fragte Curt, als wir auf dem Weg waren.
"Nein. Der läuft bestimmt verwirrt durch Dortmund, bis ihn die Hundefänger einfangen werden", antwortete Mina trocken, während ich gar nicht in der Lage war, irgendwas zu sagen. Ich war so behindert und kirre gerade im Kopf, dass ich gerade an meinem Daumen lutschte!
"Woaaah", meinte Curt. "Wieso bläst du deinen Daumen einen?"
"Mach ich nicht", sagte ich und nahm meinen Daumen aus den Mund. "Nur weil du Schwänze lutscht."
"Ich bin nicht schwul, du Anus. Nur weil du Solin noch nicht wegflanken konntest, du ewige Jungfrau."
"Boah, hört auf zu reden", bemerkte Mina angewidert, während Auba nur am Lachen war. Mina, die sich unbedingt auf den Beifahrersitz setzen wollte, drehte die Musik laut auf. "Was ist das für ein Lied?"
"Hat mein Bruder für mich geschrieben. Dein Vater war im Video und hat versucht zu tanzen. Sah aus wie eine Salzstange mit Bandscheibenvorfall."
Wir mussten alle lachen.
"Das war Mays Mama?", fragte Auba nach einer Weile.
"Ja."
"Sieht gar nicht aus wie May."
"Weil sie auch etliche Operationen hinter sich hatte, Papa. Du kennst doch meine Erzeugerin. Die ist genauso."
"Du sollst nicht immer schlecht von deiner Mutter reden", bemerkte Auba streng.
"Aber, du redest selber manchmal nicht besser über sie. Und normalerweise meckerst du nicht rum, wenn ich über Alysha meckere."
"Ja, aber irgendwann ist auch gut", sagte Auba und drehte die Musik wieder lauter, da gerade Starboy von The Weeknd lief.
Zehn Minuten später kamen wir im Krankenhaus an. Auba hatte noch nicht mal richtig geparkt, als ich aus dem Auto gesprungen war und in Richtung Eingang lief.
"Kane, spinnst du?!", rief mir Auba hinter her, der deswegen eine Vollbremsung hinlegen musste. Ergebnis, der Typ hinter ihn, oh, dass war Tante Yvonne, fuhr in dem Kofferraum des Porsches.
Das war mir gerade egal. Ich legte eine Vollbremsung an dem Tresen hin und die Frau schaute mich irritiert an.
"Man, Sie sind ja schick angezogen", bemerkte sie freudig. "Was kann ich für Sie tun?"
"Meine Mom! Wo ist meine Mom?"
"Name?"
"May Reus. Die hat gerade ein Kind geworfen und soll hier eingeliefert worden sein", sagte ich und haute ungeduldig auf der schwarzen Ablage herum.
"Dritter Stock. Rechter Flügel. Sie wird gerade untersucht."
"Danke, Frau hinter dem Tresen", sagte ich und stürzte wieder hoch. An den Fahrstühlen drückte ich wie verrückt alle Knöpfe, doch das ging mir einfach nicht schnell genug. Dann nehme ich halt die Treppen. Ich nahm drei Stufen auf einmal, flog fast zehn Mal auf die Fresse - was soll's bin schon im Krankenhaus -, bis ich endlich im dritten Stock ankam. Mehr oder weniger. Glastür war im Weg.
"Au! Man!", fluchte ich auf und hielt mir die Nase. Dann drückte ich die Tür auf und stürzte in den Flur. "PAPAAAAA!", kreischte ich über den ganzen Flur.
"Alter, bist du behindert?", fragte mich ein völlig entkräfteter junger Typ, der aussah, als hätte er lange Nächte hinter sich.
"Ja, ich weiß. Danke. Was ist mit dir?", fragte ich ihn.
"Ich komme aus Barkenberg, hab mal nicht so eine große Fresse."
"Wo liegt Barkenberg?"
"Da wo du nichts liegst."
"Maurice, kannst du nicht mal die Leute in Ruhe lassen?", hörte ich einen anderen Mann sagen. Er war nur etwas Älter und hatte eine Frau und zwei Kinder bei sich. Die große war schon Jugendlich und dann war da noch ein kleiner Knirps, der auf den Arm seiner Mutter hing und mich grinsend anblickte.
"Lass mich doch."
"Mein Schwager ist gerade zum ersten Mal, Papa geworden. 72 Stunden Geburt. Der ist ein wenig fertig mit den nerven", bemerkte die Frau. "Elanie, kannst du mal den Teddy von deinen Bruder aufheben?"
"Klar", bemerkte das junge Mädchen und reichte ihren kleinen Bruder ihren Teddybären. Der grinste zuckersüß und warf den Teddy wieder weg. Erst jetzt bemerkte ich, dass der Junge ein Kratzer am Kinn hatte.
"Ist wohl auf den Mund gefallen, was?"
"Nee, der wollte nur seinen Vater nacheifern", bemerkte die Frau. " Bobbycar den Berg runter. Der erste Hügel war gut. Der zweite nicht so. Mehrere Überschläge und zum Schluss mit dem Kinn abgebremst."
"Aua!", bemerkte ich.
"Ja, ganz der Papa", sagte der Mann grinsend. "Das gilt auch für Boulettenbrötchen-Fürze."
Der kleine Junge lachte, was dem Mann zum Schmelzen brachte. Er nahm seinen Sohn auf den Arm und drückte diesen einen Kuss auf die Wange.
"Na dann. Dann gehe ich mal zu Charlotta. Wir haben nämlich ein neues Baby in der Familie zu beglückwünschen", sagte die Frau. "Pierre, passt du auf die Kinder auf."
"Und auf meinem Bruder?"
"Hab ich doch gesagt", lachte sie.
"Hey, ich hab Ohren, Mandy", bemerkte der Maurice.
"Und eine große Klappe", lachte die Tochter.
"Hakt ihr alle auf mich herum, oder was?"
"Musst du wieder zicken?", fragte der große Bruder.
"Uhm, wenn du Marco Reus suchst, den findest du den Weg entlang", meinte die Frau.
"Woher weißt du das?", fragte ich.
"Ich bin BVB-Fan und verfolge deinen Vater immer noch."
"Stalker."
"Pff. Das nennt man wahre Liebe, Papa", bemerkte das Mädchen.
"Ich muss hier eh lang. Dein Vater hat hier alles zusammengeschrien. Das Baby ist da und alles. Ich bin froh, dass mein Mann bei der Geburt unserer Kinder, nicht so ausgeflippt ist."
"Nee, weil ich damit beschäftigt war, immer wieder umzukippen, als ich den blutigen Babykopf und Körper gesehen habe", antwortete er. "Boah, ich brauch ein Kakao."
"Ich auch, Papa."
"Auch", sagte der Kleine.
Also folgte ich der Frau, deren Namen ich vergessen habe, den Flur entlang. "Wie heißt du noch mal?"
"Mandy."
"Und du bist BVB-Fan seit wann?"
"Erst 2010."
"Okay. Und du hast mich erkannt."
"Meine Tochter auch. Sie folgt dir auf Instagram. Dieser behinderte Scheiß halt."
"Ah, ok", nickte ich. "Dein Schwager ist also Papa geworden?"
"Ja, wir haben heute eigentlich nur einen Ausflug nach Dortmund gemacht und dann ist bei seiner mal immer wieder Freundin die Fruchtblase explodiert, weil mein Mann wegen einer Spinne gekreischt hat."
Ich lachte leise. "Wir Männer", bemerkte ich.
"Wieso bist du so schick angezogen?"
"Abschlussfeier. Meine Mom soll angeblich das Baby im Auto bekommen haben."
"Mensch. Das ist toll. Was soll ich denn sagen. Meine Tochter kam im November 2017 normal auf die Welt. Mein Sohn, Paul. Der musste gleich 10 Tage nach dem Geburtstag meines Mannes übertreiben. Oh, hey. Wir sind im Disneyland Paris, lass mich doch vor Stitch die Fruchtblase platzen lassen. Ergo, ich hab in der Umkleide, der Darsteller, neben dem Stitchkostüm unseren Sohn bekommen."
"Wow. Disneyland Paris. So schön. Ich fahre da mit meiner Freundin hin."
"Ich geb dir einen Tipp. Schwängere deine Freundin nicht dort. Hab ich das letzte Mal hinter mir und jetzt auch wieder. Bin im dritten Monat. Irgendwie ist Disneyland ein Babymagnet."
"Wie ist es möglich, wenn man zwei kleine Kinder hat, trotzdem Sex zu haben?", wollte ich wissen.
"Wir waren mit meinen Schwiegereltern da. Die haben nicht aufgepasst und wir beide waren auf irgendeinem Klo verschwunden. Weißt du, Freundinnen von mir kamen damit an, dass ich mein erstes Kind Mina oder Kane nennen soll."
"Ach was. Wieso hast du das nicht?"
"Zu viel Liebe gegenüber meine Mutter und meiner Schwester. Deshalb Elanie. Hab die Namen der beiden zusammengemischt. So, genug mit mir fremden geredet. Da ist deine Mutter drinnen." Wir blieben vor einer Tür stehen und ich hörte schon ein Kind schreien.
"Okay, danke dir. Und noch viel Glück mit deiner Familie."
"Danke dir. Und dir für die Zukunft bei Real und mit deiner Freundin viel Glück", damit ließ mich Mandy stehen und ich blickte wieder zur Zimmertür.
"Boah, Paul Berginc!", kreischte Elanie. "Musst du mich andauernd vollkotzen? Du bist 9 Monate. Neun! Lernst du das mal. Lach doch nicht, Papa."
"Schmier das doch nicht an mir ab!", rief der Vater hilflos und sprang zurück. Ich lachte nur und klopfte an der Tür an. Dann wird es wohl mal Zeit mein kleines Geschwisterchen kennen zu lernen. Ob Weib oder Kerl, dass werde ich sehen, wenn das Licht angeht. Oder wie das auch immer heißt. Ich bin zu Jung für diesen Scheiß.
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