Kapitel 61
Kapitel 61
~May's Sicht~
"Wie lange hast du in der Küche gestanden, May?", fragte meine Schwiegermutter mich, als wir alle eine Stunde später am Esstisch saßen und zu Abend essen. Ich war nie der Fan von großen Familienessen, aber da meine Schwester meine andere Familie kennen lernen will, blieb mir nichts anderes übrig.
"Fünf Minuten um die Bestellung aufzugeben", gab ich zu.
"Wie die Pizza ist nicht selbst gemacht?", fragte Thomas mich.
"Ich hab schon keine Lust für meine Familie irgendwas zu kochen. Dann soll ich noch was für euch kochen. Nö."
"Dasselbe gilt anscheinend auch für den Abwasch", grinste Solin und deutete auf die Pappteller.
"Die lieben Schwangerschaftshormone", bemerkte Yvonne. "Aber das kenne ich, Kleines. Mir ging es nicht anders, als ich mit Nico schwanger war."
"Yepp, dass ging mir genauso mit Mia", stimmte Melanie zu und biss von der Pizza ab.
"Irgendwie sind wir Kinder immer Schuld", lachte Mia. Die anderen am Tisch stimmten mit ein.
"Okay! Ich halt's nicht mehr aus!", sagte Janu und schmiss ihr Stück Pizza auf den Pappteller. "Mina, wir wissen alle, dass du nicht singen kannst. Mag sein, dass du eine gute Tänzerin bist, aber das was du als singen bezeichnest, hört sich an wie eine Katze die ohne Betäubung kastriert wird. Wie hast du das gemacht. Es muss Live gewesen sein, dass hat man gehört und ich bin echt verwundert, dass du so gut die Lippen bewegen kannst - ich meine zur Musik und desgleichen. Aber wie zum Henker, hast du das hinbekommen. Ich bin echt ratlos."
Mina fing an zu lachen. "Denkt ihr wirklich, ich weiß nicht, dass ich singen kann? Ich höre mich weitaus schlimmer an, wie eine Katze die ohne Betäubung kastriert wird. Ich wollte diese Rolle so dolle, auch wenn ich nicht singen kann. Aber ich bin froh, dass ich mich auf meine Cousine verlassen kann."
Marco und ich tauschten nur einen Blick aus und nickten.
Mia hob die Hände. "Ja, ich gebe es zu. Ich hab gesungen. Mina hat mich gefragt und ich wollte auch nicht, dass meine kleine Cousine blamiert wird. So what? Die Hälfte wusste nicht bescheid."
"Ja, zu der Hälfte. Da war diese rothaarige Mutter gewesen. Die hat davon Wind bekommen. Sie wollte euch vor der versammelten Mannschaft samt Publikum bloßstellen", warf Marco dazwischen.
"Uhm, und wieso hat die es nicht?", fragte Mia.
"Na rate mal, wer die Mutter von Redhead in einen der Spinde gestopft hat", sagte Mina.
Sämtliche Leute am Tisch blickten direkt in meine Richtung. Ich zuckte nur unschuldig die Schultern.
"Wieso hat die nach dem Auftritt sonst nichts gesagt?", wollte Kane von mir wissen.
"Ist doch egal, wieso die nicht gesungen hat. Und wenn, dann ist das auch egal, oder nicht?", lachte ich und biss wieder von meiner Pizza ab.
"Mit meiner Schwiegertochter soll man sich lieber nicht anlegen. Erst recht nicht, wenn die wieder Läufig ist."
"Nein, Papa. Läufig ist, wenn sie darauf aus ist weggeflankt zu werden", verbesserte Marco seinen Vater.
"Weggeflankt? Wieso will sie sich freiwillig foulen lassen?"
"Boah, Opa", sagte Kane und schlug sich die flache Hand gegen die Stirn.
"Ich meinte damit, dass läufig die aktuelle Situation bedeutet, dass die läufige Person gerade immer nur, 'du weißt schon was' haben will."
"Wieso soll sie, wenn sie läufig ist, Lord Voldemord haben?"
"Alter, Schwede", kam es gleichzeitig von Kane und Marco.
"Papa, vergiss das einfach", meinte Yvonne. "Streng dir bloß nicht dein Erbsengroßes Hirn an."
"Kartoffelgroß. Wir haben Kartoffelgroße Hirne", lachte Thomas nur und schnappte sich wieder ein Stück von der Thunfisch-Pizza.
"Bah, wie kann man nur Fisch essen?", fragte Kane.
"Schätzeken, du weißt schon, dass du 'Bremer' isst?", fragt Marco.
"Ja, die Bremer von Nordsee ist auch das Beste, was Fisch zu bieten hat, nicht Mom?"
Ich nickte zustimmend. Da kam Kane von mir. Wir beide hassten Fisch, es sei denn, es gab ein Bremer von Nordsee. Selbst Fischstäbchen konnten wir nicht mehr essen. Da waren Mina und Marco anders. Die beiden aßen nur Fischstäbchen und nichts anderes was mit Fisch zu tun hat.
Genug jetzt mit dem Thema Fisch, sonst habe ich gleich wieder diesen behinderten Ohrwurm von dieser behinderten Mc Donalds Werbung. Und da haben wir die wieder.
"Uh", meinte ich.
"Was? Hast du wehen?", fragte Melanie sofort.
"Nee, alles gut", meinte ich und schnappte mir noch ein Stück von der Salami-Pizza.
"Was gibt es denn zum Nachtisch?", fragte Manuela mich. "Eis, was du bestellt hast?"
"Nö, ich hab Schokopudding gemacht", sagte Marco stolz.
"Du und Pudding machen? Von Edeka eingekauft und alles in eine Schüssel gekippt?"
"Nee, eben nicht. Nach May's Rezept."
"Wie es gibt Tante May's Schokoflammeri?", fragte Mia begeistert.
"Ja man, wenn es legal wäre, würde ich den Pudding heiraten", warf Nico ein. Ah, der Sonderbare war ja auch noch da. Wo war er denn gewesen? Er saß doch gerade nicht am Tisch.
"Kannst du mir mal verraten, was du unter dem Tisch gemacht hast?", fragte sein Vater ihn.
"Falls du es bemerkt hast, ich sitze hier völlig eingequetscht zwischen Mama und dir. Ihr seid ja nicht gerade die schlanksten Garzellen."
"Das sind die Reus' Gene. Irgendwann wird jeder Reus fett."
"Ja, ich merke es", sagte Marco ironisch.
"Ich hoffe ich habe deine Gene, Mom", bemerkte Kane.
"Freu dich mal nicht zu früh", murmelte ich. "Und Schatz, du hast auch zehn Kilo zu genommen. Und das sind keine Muskeln."
"Pah, als ob. Ich habe lediglich nur einen Mit-Schwangerschaftsbauch bekommen. Ganz einfach. Und nach der Geburt werden wir wieder gemeinsam abnehmen. Das haben wir bei Mina auch schon gemacht."
"Ja, aber bei Mina warst du nicht so fett, wie jetzt. Also...", bemerke Melli.
"Ich bin nicht fett."
"Was, willst du uns sagen, dass du immer noch Babyspeck hast?"
"Jaaa", sagte Marco niedergeschlagen. "Das ist echt so. Immer dieses Mobbing."
"Hier, Taschentuch!"
Marco schaute zu Nico. "Du hast dir nicht mal vor fünf Minuten deine fettigen Mundwickel damit abgewischt. Behalte das mal bei dir."
"Na gut. Die Mädels aus der Klasse würden sich deswegen gegenseitig verprügeln."
"Naja, die würden sich gegenseitig verprügeln, damit sie alle als erster aus der Tür abhauen können", hörte ich Solin sagen. Kane fing lauthals an zu lachen und der restliche Tisch stimmte mit ein.
~ Kane's Sicht ~
"Ich weiß, es war ziemlich überrumpelnd für dich, meine ganze Familie an einem Tag kennenzulernen", sagte ich zu Solin, als wir eine Stunde später auf's Zimmer verschwunden waren.
"Ach, ist doch nicht so schlimm", bemerkte sie und blickte aus dem Fenster. "Schau mal, wie klar der Sternenhimmel ist."
"Ja, dass ist schon schön", sagte ich und kuschelte mich von hinten an Solin heran. Ich legte mein Kinn auf ihrer Schulter ab und blickte ebenfalls aus dem Fenster.
"Was ist eigentlich mit den Eltern deiner Mutter?", fragte sie.
"Opa Tommy ist in Amerika."
"Ist May Amerikanerin?"
"Nein, halb Schottin und halb Deutsche", antwortete ich. "Opa ist nur Schauspieler und lebt deswegen in den USA. Tante Janu ist die Tochter von Opa und meiner zweiten Oma. Mamas Mom lebt zwar in Wolfenbüttel, unserer alten Heimat, aber wir haben kein Kontakt mehr zu der. Jedenfalls Mom nicht. Ich schreibe zwischendurch mit ihr. Mehr oder weniger."
"Woher hast du ihre Nummer?"
"Woher? Als Papa und ich den Männerausflug nach Holland gemacht haben, war die neben uns auf dem Campingplatz. Wir haben uns zwar ausgesprochen, aber dann war die einfach verschwunden."
"Okay, dass ist doof. Und was meinst du mit mehr oder weniger?"
"Ich schreibe ihr. Manchmal kommt eine Antwort zurück und manchmal gar nicht. Ziemlich komisch. Vielleicht lasse ich das auch wieder mit dem Kontakt mit ihr. Sie ist auch nicht sonderlich gut auf meine Mutter zusprechen und anders rum, genauso."
"Das ist schon Scheiße, wenn man sich als Mutter und Tochter so auseinander lebt, wegen einem Streit. Und das dann auch noch die Enkelkinder mit reingezogen werden, ist dann natürlich auch nicht schön."
"Ja, dass sehe ich genauso. Aber ich bin ganz gut ohne meine Großmutter klar gekommen. Dann brauche ich die jetzt eigentlich auch nicht mehr. Ich hab hier schließlich meine Familie, auf der ich mich verlassen kann. Dann kommt es auf eine Oma, die ich nicht habe, auch nicht mehr an."
"Ja, die Familie hilft einen immer über den Verlust eines geliebten Menschen hinweg. Sei es ein Freund, oder ein Großelternteil."
"Genau", meinte ich und blickte in den Himmel. "Der Himmel ist wirklich schön."
"Ja, hab ich doch gesagt."
"Ich weiß sogar, wo er noch schöner sein wird", bemerkte ich und zog aus meiner Hosentasche das Ticket für Disneyland heraus, okay, es war noch in einem Umschlag. Ich wollte es ein wenig spannender machen.
"Hab ich das verdient?", fragte Solin und nahm mir den Umschlag ab.
"Ja."
Sie machte den Umschlag auf und zog das Ticket heraus. "Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?"
"Doch. Ich hab mir gedacht, bevor es mich nach Spanien verschlägt, fahren wir beide für eine Woche nach Disneyland Paris. Zwar mit dem Zug, aber was soll's."
"Das ist großartig. Ich kann bis dahin meinen Führerschein haben, dann fahren wir mit dem Auto meines Vaters. Das, boah, Kane, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist einfach... einfach...wow."
Ich lachte leise. "Ich bin froh, dass es dir gefällt."
"Wieso sollte mir das nicht gefallen? Es ist der Traum von jedem Mädchen, irgendwann mal im Disneyland Paris zu sein." Solin drehte sich in meinen Armen um und umarmte mich fast zu Tode.
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Ein kleines Kapitel zum Dienstag hin. Ich hoffe ihr hattet einen guten Start in die Woche und wenn nicht, dann soll euch das Kapitel ein bisschen aufheitern.
Bis die Tage
Diane :)
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