Kapitel 60

Kapitel 60

~ Marco's Sicht ~

"Was zum Henker?", fragte ich meine Frau und lehnte mich zu ihr rüber. "Das ist doch nicht unsere Tochter, oder?"

"Doch, dass ist sie", bemerkte meine Frau und kratzte sich nachdenklich an der Stirn. "Was ist mit ihrer Stimme passiert?"

"Anscheinend wurde sie beim Kacken von einem Blitz getroffen und kann auf einmal singen."

Selbst Janu schien verblüfft. "Da stimmt doch irgendwas nicht. Singt die Playback?", fragte sie ihre Schwester.

"Nee, das ist live. Oder irre ich mich da jetzt. Ich bin gerade völlig überfordert mit der Situation."

"Wen sagst du das", stimmte ich zu. "Aber ich denke mal deine Schwester hat recht. Irgendwas ist da faul."

"Nee, dass lässt mich jetzt in Ruhe. Ich gehe da jetzt nachgucken", sagte ich und wollte gerade von meinem Platz aufstehen, aber meine Frau zog mich zurück.

"Komm runter", sagte sie. "Es ist eh gerade Pause. Lass Mina erstmal durchatmen. Wir gucken gleich nach, ob das jetzt Playback ist oder nicht."

"Das dauert noch so lange, bis das wieder anfängt."

"Wenn du rummeckerst, dauert das eben länger und jetzt sei leise, Schatz und höre dem neuen Weltwunder zu."

"Okay", sagte ich und blickte wieder auf die Bühne, wo meine Tochter weiter die Vaiana spielte. Wir kamen gerade an der Stelle an, an der Vaiana nach einem Sturm auf einer Insel gestrandet war und nun auf Maui treffen wird- den Halbgott, der diesen bescheuerten Stein von der einen Insel geklaut hat. Jetzt sind die ganzen grünen Inseln von irgendeinem Fluch betroffen, der die Insel und das Leben darauf zerfallen ließ. Der Film war sau gut und ist meiner Meinung sogar besser als Die Eiskönigin gewesen. Boah, was bin ich froh, dass es nicht von den schwulen Lehrer ausgewählt wurde. Den Ohrwurm von Willst du mit mir einen Schneemann bauen, könnte ich jetzt nicht wieder ertragen. Mir ging schon Kane damals auf den Sack, wenn er das Lied, oder das andere beschissenere Lied gesungen hatte.

   Ich war froh, dass ich nach der Pause endlich mit meiner Frau spionieren konnte. "Wir kommen schon dahinter, dass sag ich dir", sagte ich und war endlich bereit das alles aufzuklären.

"Vielleicht ist Mina klar geworden, dass sie nicht singen kann und hat sich noch was einfallen lassen, bevor sie sich vor ihrer ganzen Schule blamiert."

"Kann auch sein, Schatz. Wir müssen doch hier irgendwo hin. Wo lang?"

"Keine Ahnung, aber ich würde mal den Schildern an der Wand folgen, Sherlock."

"Oh", meinte ich und folgte meiner Frau weiter durch die Fluren der Schule. Dann als wir uns an einem Lehrer in die Umkleidekabinen des Theaterraums geschlichen hatten, schaute May sich um. "Ich kann nichts Verdächtiges sehen. Was ist mit dir?"

"Auch nichts Besonderes. Komm lass uns doch mal hinter die Kulissen gehen. Vielleicht finden wir da einen wichtigen Hinweis."

"Dein Wort in Gottes Gehörgang", sagte meine Frau und ging voran. Mina war gerade wieder am Singen. Es gab wieder irgendeine Version von "Ich bin bereit", und wir wussten endlich wo der wundervolle Gesang herkam. Meine Nichte Mia, hatte sich hinter der Leinwand versteckt und hielt ein Mikrofon in ihrer Hand und sie sang. Ich lachte leise auf. "Boah, Schatz. Da kannst du mal sehen, wie die Reus' zusammenhalten, bevor sich der andere blamiert."

"Ja, kannst du mir mal erklären, wo die alle geblieben sind, wenn Nico sich blamiert?", stellte sie die Frage, weshalb ich nachdenken musste. Ich runzelte die Stirn.

"Weil die bei ihm schon alle Hoffnungen verloren haben. Er ist nicht gerade der schlauste Typ."

"Es muss immer einen nicht gerade schlauen und ziemlich verpeilten Typen in der Familie geben. Sonst fehlt doch immer was."

"Stimmt auch wieder, Schatz."

"Gut, jetzt haben wir es herausgefunden und was machen wir jetzt? Erwähnen wir davon nichts und sehen mal, ob sie irgendwann selber zu uns kommen wird."

"Entschuldigung, was machen Sie hier. Sie haben hier hinten nichts verloren!", hörte ich eine piepsige Stimme hinter mir sagen. May und ich drehten uns gleichzeitig um und blickten die kleine, rothaarige Frau an.

"Bitte?", fragte ich und musterte die Frau von oben bis unten. Was spricht die mich einfach von hinten an. Geht's bei der noch.

"Das hier ist für die Kinder die Aufführen."

"Sie sind doch bestimmt von diesem rothaarigen Jungen die Mutter, oder?", fragte May sie.

"Ja, das bin ich."

"Okay, und was machen Sie dann hier?"

"Ich habe an den Musical mitgearbeitet und bin befugt mich hier aufzuhalten, um nach meinen musikalischen Schützlingen zu suchen."

"Ah, wo haben Sie denn mitgearbeitet?"

"Das Bühnenbild ist meiner Fantasie und der meines Sohnes entsprungen. Dazu habe ich mit gearbeitet..." Sie blickte an uns vorbei und riss erschrocken die Augen auf. "Um Gottes Willen. Das Mädchen singt ja gar nicht alleine, sondern die andere. Das muss ich ein Ende setzen."

"Nööööö", sagte May und hielt die Frau am Arm fest, bevor sie hinter die Kulissen stürmen und den Lehrer bescheid sagen konnte. "Ich denke, Sie halten da einfach Ihren Mund darüber und lassen es so. Sie wollend doch nicht, dass das arme Mädchen blamiert wird und das Musical in einem Desaster wird, wenn Sie sie vor der gesamten Schule bloßstellen."

Die Plunschkuh rümpfte die Nase und riss sich vom Griff meiner Frau los. "Sie können mich nicht aufhalten. Sie sind schwanger, und ich lege mich nicht mit gebährenden Müttern an."

May lachte belustigt.

"Sie kennen mich nicht, aber Sie können mich gerne kennenlernen. Ganz einfach", sagte May.

"Ich lasse mich nicht von Ihnen drohen!"

"Ich drohe nicht. Ich weise nur darauf hin, dass man bestimmte Dinge einfach nicht tun sollte, weil das nicht gut enden würde."

"Es ist mir egal. Die Welt soll wissen, dass dieses Mädchen nicht singen kann, sondern dass andere."

May schubste die Frau wieder zurück. "Sie blamiert sich jeden Tag bei Ihrer Familie für ihre Stimme, aber Sie wird sich nicht vor der gesamten Schule deswegen blamieren. Sie weiß sicherlich selbst, dass sie nicht gerade die großartigste Sängerin auf den Planten ist, aber sie ist nicht so doof wie Sie meinen zu denken. Also, lassen Sie das Mädchen machen und sich glücklich fühlen. Und wehe Sie kommen auf die Idee ein armes 13 Jähriges Mädchen zu blamieren. Denn dann, kriegen Sie es mit der Familie von dem Mädchen zu tun. Und ich sage Ihnen, dass wird kein Spaß werden."

"Sie drohen mir schon wieder!"

"Halten Sie einfach den Ball flach."

"Herr Lörres!", rief die dumme Kuh und sprang hoch, um auf sich aufmerksam zu machen. "Herr Lörres."

"Nö", sagte May, riss den Spind neben sich auf und stopfte ohne irgendein Wort die Mutter in den Spind hinein. Dann knallte sie die Tür zu.

"Das ist Freiheitsberaubung! Ich werde Sie Anzeigen!"

"Werden Sie nicht!", rief May und stellte vor dem Spind noch einen Schiebewagen mit Klamotten. "Okay, du gehst zurück zu den anderen. Ich warte hier auf Mina. Ist eh nicht mehr lange."

"Alles klar", sagte ich und drückte meiner Frau, nach langer Zeit endlich mal wieder meine Lippen auf ihre.

"Wie kam das jetzt auf einmal? Du hast mich längere Zeit nicht mehr so geküsst", sie drückte mich aus dem leidenschaftlichen Kuss zurück und musterte mein Gesicht.

Ich zuckte nur mit den Schultern. "Weil es mir leid tut", bemerkte ich. "Ich war in der letzten Zeit nicht einfach bei der Sache und dafür entschuldige ich mich. Gerade jetzt, wo du mich brauchst, bin ich viel zu doof zu dir. Tut mir ehrlich leid."

"Ach, das geht schon. Und jetzt geh. Sonst denken deine Schwestern wieder, wir haben uns verpisst, nur um eine Nummer zu schieben." May schubste mich von sich weg und ich ließ sie dann einfach in der Umkleidekabine zurück.

Als ob meine Frau in die Zukunft schauen konnte.

"Hast du dich extra mit May verpisst, um zu vögeln?", fragte Melanie mich sofort, nachdem ich mich auf meinem Platz gesetzt hatte. Ich verdrehte nur die Augen und blickte wieder auf die Bühne- schaute mir den Rest des Vaiana-Musicals an.

Nachdem das Musical beendet war, ertönte tosender Applaus. Es gab Standing Ovation von uns allen und die Leute in der vorderen Reihe schmissen Blumen und Teddybären auf die Darsteller.

"Ich geh mal nach meiner Frau gucken. Die hat irgendeine Mutter in den Spind gesperrt", sagte ich und stand von meinem Platz auf.

Ich hätte mit ziemlichen Ärger hinten gerechnet, aber die Mutter stand ziemlich ruhig da und meine Frau daneben.
"Minaaaa!", freute May sich. "Du warst großartig." sie drückte Mina fest und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Ja, danke Mom", sagte Mina nur und schnitt eine kleine Grimasse. "Papa und du habt es eh herausgefunden, oder?"
"Ja, du hättest deine Cousine besser verstecken sollen", flüsterte May zurück.
"Dann weiß ich es für das nächste Mal", sagte Mina schulterzuckend.
"Dann fahren wir. Es steht noch das Essen bei uns an."
"Herrgott. Noch mehr verrückte Familienmomente", lachte Mina.
"Ja, stur lächeln und winken, Cousinchen. Das hilft bei den bekloppten immer", sagte Mia und stellte sich neben ihrer Cousine.
Mina lachte wieder auf uns schnippste mit den Fingern.
"Der große Star muss fertig gemacht werden! Maske!", rief sie.

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