Kapitel 51

KAPITEL 51

~ May's Sicht ~

"Mamaa!", hörte ich Mina rufen, als ich gerade dabei war, Mittagessen zu kochen. Keine drei Sekunden später, hörte ich Jemanden die Treppen herunter stolpern und ich horchte auf.

"Hast du dir weh getan?", rief ich und rührte die Tomatensoße zu den Spaghetti weiter um.

"Nein, ich bin ok", sagte Mina und blieb wenige Sekunden später neben mir in der Küche stehen. "Du musst mir bitte helfen. Ich kriege einfach den Text nicht in den Kopf."

"Was für ein Text?", fragte ich und blickte sie verdutzt an. 

"Du weißt ja, dass ich in zwei Wochen, oder so, nen Auftritt habe? Das Musical?"

"Ach, da war ja was."

"Die Hormone, Mom", seufzte sie. "Ich hab sonst alles im Kopf, aber bei diesem einen Lied, will es einfach nicht funktionieren."

"Spiel das Lied in Dauerschleife und mach dir Spickzettel- häng diese irgendwo in deinem Zimmer hin, wo du die immer ziehst und irgendwann brennt sich das in deine Birne ein."

"Okay, hoffentlich hilft das", sagte Mina dankend. "Wann ist das Essen fertig?"

"Fünf bis zehn Minuten", antwortete ich und blickte auf die Uhr über der Küchentür. "Ja, könnte so sein. Macht dein Bruder die Hausaufgaben?"

"Hausaufgaben? Er lernt für die Abschlussprüfungen."

"Abschlussprüfungen?", fragte ich und ließ vor Schreck die Nudelkelle fallen. "Wie? Ist es schon so weit? Wieso hat Kane nichts gesagt?"

"Weil du ihm dann helfen willst, oder Papa. Du weißt, seid er in der Pubertät ist, will er doch alles alleine machen. Außerdem kommt Solin heute hier her."

"Warte, dein Bruder hat ein Lern-Date und sagt mir davon nichts?"

"Mir hat er auch nichts gesagt."

"Oh und woher weißt du das?"

"Ich hab gelauscht. Lass dir aber nichts anmerken, dass wir wissen, dass er frisch verknallt ist."

"Darüber muss ich jetzt mit ihm reden!", sagte ich. "Pass mal kurz hier auf."

"Nee, Mama. Nee. Jetzt geh nicht zu Kane und laber ihn damit voll, wegen Verhütung und alles. Du weißt, dass das mega peinlich ist."

"Wieso regst du dich darüber auf? Es betrifft Kane, nicht dich. Du kannst dich dann darüber aufregen, wenn du einen Freund hast."

"Was vorerst nicht passiert", sagte sie fröhlich.

"Was ist mit Joe?"

"Ach, das war nur eine Schwärmerei. Mir ist mittlerweile klar geworden, dass er nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte ist. Ganz wie seine Eltern. Und außerdem ist er so ein widerliche Kerl. Er furzt die ganze Zeit und rülpst und du wirst es nicht glauben, was er das eine Mal gerissen hat, Mom? Er hat eine sechs in Englisch bekommen und was macht er? Er scheißt einfach in den Schulflur."

"Woher weißt du das er da hingeschissen hat?", lachte ich.

"Nico hat das gesehen. Aber ihn nicht verpetzt."

"Wieso sollte der größte Hinscheißer einen verpetzen?"

"Wie meinst du das, Mama?"

"Naja, Nico hatte eine Phase gehabt, da war er sechs. Da hat er sich immer in die Hose gemacht. Teilweise hat er im Supermärkten seine Hose runtergelassen und in die Obst und Gemüseabteilung einen abseilen lassen."

"Oh Gott!", lachte Mina und hielt sich die Hand vor dem Mund.

"Das erzählst du niemanden, Fräulein. Mach den Ruf deines Cousins ja nicht kaputt."

"Weil mein Ruf kaputt geht, ned deinaaaa!", ahmte Mina nach.

"Zwei Tage Hausarrest."

"Wieso das denn?"

"Wieso das denn? Wir haben eine Regel, dass die, dass ist jetzt eine Ausnahme mit dem Erwähnen- hier im Haushalt, werden die Lombardis nicht erwähnt. Keine Sprüche, keine Namen und es ist mir scheiß egal. Mir ging das damals in den Medien schon auf den Sack, dass die wegen alles eine gottverdammte Reality-Show im Assi-Sender am Start hatten. Sarah und Pietro, werden Eltern, Sarah und Pietro bauen ein Haus, Sarah und Pietro, die Hochzeit, Sarah und Pietro, die Wahrheit, Sarah und Pietro, Alessio geht's gut, Sarah und Pietro, die Scheidungs-Show, Sarah und Pietro, die Zusammenführung, Sarah und Pietro, wieder im Babyglück, Sarah und Pietro, Baby Alessika ist gar nicht von Pietro, sondern von Willy Wonka. Bitch please. Kein Wunder, dass Alessio andauernd in den Schlagzeilen ist, wegen Drogen und Schlägerein. Die Mutter ist eine Hure mit chronischer 'Ich-bums-meinen-Ex'-Krankheit und der Vater ist genauso behindert im Kopf, wie eine Schokoladentorte als Belohnungsgeschenk bei den Anonymen Fettleibigen."

Ich blickte zu Mina, die bereits die Küche verlassen hatte und seufzte nur. "Danke, fürs zuhören, Tochter!"

"Ja, kein Problem", hörte ich sie rufen. Nachdem ich das Nudelwasser abgekippt und die Herdplatte ausgeschaltet hatte, klingelte es auch schon an der Tür.

"Ich geh! Ich geh! Ich geh! Keiner bewegt sich! Ich gehe! Ich gehe! Ich! Mina weg! Ich geh! Mom, bleib da wo du bist. Ich gehe!", irritiert blieb ich in der Küchentür stehen, als Kane die Treppen runter gesprungen kam. Mina blieb unten an der Treppe stehen und hielt sich vor Schreck das Herz, während Kane die Tür aufriss. Von einer auf der anderen Sekunde, wurde er cool. "Hey, Soso."

"Anscheinend warst du schneller, als deine Mom und Schwester", bemerkte Solin lachend.

"Du hast das gehört?", fragte Kane und kratzte sich nervös die Schläfe.

"Es war nicht zu überhören."

"Hey, Solin", sagte Mina und winkte ihr zu, als Solin das Haus betrat.

"Hi, Kleine."

"Ich weiß, dass ich klein bin."

"Sei doch nicht immer so zickig, Mensch!", rief ich Mina zu, als sie nach oben verschwand.

"Hallo, Frau Reus."

"May."

"Okay, hallo May."

"Hi, Solin", sagte ich. "Ich hab Spaghetti gemacht. Hast du Hunger?"

"Und ich nicht, oder was?", fragte Kane mich.

"Ich hab zu Hause schon gegessen. Trotzdem danke."

"Ja, ich esse später. Wir müssen lernen, Mom."

"Gut, dass ich auch mal erfahre, dass die Abschlussarbeiten vor der Tür stehen."

"Mom?"

"Sohn?"

"Die Termine hab ich vor einem Monat an den Kühlschrank gehängt. Genau wie die Flyer von den Fahrschulen. Du solltest doch gucken, welche am billigsten ist."

"Oh, dann guck ich gleich mal. Dann geht mal lernen. Und immer mit Verhüterli!"

"Mom!", fluchte Kane rum. "Aus!"

Solin lachte nur. "Wir sind gar nicht zusammen, uhm, peinlich."

"Wie sagt man bekanntlich, was ja nicht ist, kann ja noch werden", sagte ich grinsend und klatschte in die Hände.

"Aus!"

"Okay, ich halte die Klappe", sagte ich und verschwand wieder in die Küche. "Mina! Essen!", rief ich.

"Mom! Nachher!"

"Jetzt!"

"Hab gerade keinen Hunger."

"Ich aber. Ich esse für zwei!"

"Lass mir einfach was übrig!", rief Mina.

"Mir auch!", schrie Kane.

"Wenn's sein muss", murmelte ich und tat mir essen auf den Teller auf, ehe ich mich ganz alleine an den Küchentisch setzte und übers Essen herfiel.


~ Marco's Sicht ~


Ich wäre am liebsten wieder umgedreht, als ich das Gejaule, meiner Tochter hörte, was sie als singen betrachtete. Ich hatte sowieso schon einen Schädel, nach der Klatsche im Pokal gestern und dann durfte ich noch das Gejaule ertragen. Vermutlich würde mich Kane wieder volllabern und meine Frau. Argh. Ich brauchte mal Zeit für mich. Dann würde ich einfach in den Garten verschwinden und ein paar Runden im Pool schwimmen. Nachdem ich die Tür hinter mir zu gemacht hatte, schubste ich meinen Koffer bei Seite und zog meine Strickjacke aus, ehe ich ins Wohnzimmer gehen wollte. Doch ich hielt in der Küchentür inne.

"Oh, May", sagte ich leise, als ich meine Frau sah, die über ihrem Teller mit Spaghetti eingeschlafen war. Natürlich mit dem Gesicht in den Teller. Normalerweise hätte ich jetzt gelacht, aber das konnte ich gerade nicht. Ich drückte May zurück und machte ihr Gesicht sauber, ehe ich sie ins Wohnzimmer trug. Dort legte ich sie auf die Couch und deckte sie mit der Fleece-Decke zu, dann verschwand ich wieder in der Küche, wo ich mir was zu Essen machte.

"Woah, Papi", quietschte Mina und wenige Sekunden später, wurde ich von meiner Tochter angesprungen. "Hiiiii." Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange.

"Hey, Kleines", sagte ich.

"Oh, Niederlage?"

"Jepp."

"Ablenkung? Zocken?", fragte sie und musterte mein Gesicht.

"Nee, ich mag gerade nicht. Ich futter jetzt was und dann geh ich ne Runde schwimmen."

"Es ist Abends und es hat sich ziemlich abgekühlt. Sicher?"

"Ja, ich brauche gerade mal Zeit für mich. Nimm mir das nicht Böse, okay?"

"Ja gut", seufzte sie. "Wo ist Mama?"

"Sie schläft."

"Boah, toll, dann geh ich jetzt auch schlafen. Alles Schlaftabletten hier." Damit war Mina aus der Küche verschwunden und ließ mich endlich mal alleine. Ich setzte mich mit dem Teller und einem Bier in den Garten und blickte auf den knallpinken Himmel, da die Sonne gerade unter ging. Nachdem ich aufgegessen hatte, zog ich mich aus und sprang in den Pool. Anstatt ein paar Runden zu schwimmen, trieb ich einfach nur auf dem Wasser und starrte den Himmel an. So, dass mit Robin, war einfach nur ein Fehler. Wie kamen Marcel und ich nur auf die Idee, dass er leben könnte? Wie? Wie dumm waren wir eigentlich. Das war alles nur ein Fehler und wir hatten uns selber in Gefahr gebracht. Robin war nicht wieder auferstanden. Das alles war nur ein behinderter Zufall und hat Marcel und mich einfach nur verrückt gemacht.

"Scheiße", murmelte ich nur. 

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