Kapitel 50
KAPITEL 50
~ Marco's Sicht ~
Sofort stellte Marcel die Blumenvase zurück auf die Kommode und drehte sich mit dem Rücken zu Mario, damit er nicht den blutenden Kratzer sehen konnte. Ich stellte mich näher an Mario heran und schubste ihn ins Wohnzimmer. "Woah."
"Hey, was machst du denn hier?", fragte ich ihn. "Ist schon ziemlich spät." Ich zog die Tür hinter mir zu und versuchte mir nichts weiter anmerken zu lassen, dass irgendwas vorgefallen war. Mario blickte mich skeptisch an und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Was ist hier los?"
"Ach nichts."
"Uhm, wieso lag da ein umgekippter Stuhl? Wieso hat Marcel Blut an der Stirn."
"Folgendes. Das ist ganz leicht zu erklären. Wir haben einfach zu viel Krimiserien geguckt und wie es auch anders hätte sein sollen ist die Tür zugeknallt und wir waren eingesperrt."
"Nee, nee, ich weiß schon was hier läuft", sagte Mario in strengen Ton. "Du brauchst mir nichts vorspielen. Das liegt doch alles auf der Hand."
"Ach echt, ja?", fragte ich und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.
"Ja, aber natürlich. Ich kann das selbst nicht glauben. Aber die Beweise sind alle da. Du und Marcel habt was mit einander. Deshalb ist er hier. Damit ihr mal ein Wochenende für euch habt und eure Sex-Fantasien ausleben könnt."
Verdutzt blickte ich Mario an. Das kam jetzt nicht aus seinem Mund, oder? Wie kommt er nur auf solch ein Müll.
"Das ist jetzt nicht dein Ernst?", gluckste ich vor Lachen. "Wie kommst du darauf."
"Ich hab's gegoogelt. Das erste was ein Homosexueller tut: es lachend zu verneinen, dass er homosexuell ist."
"Mario, hömma", fing ich an und versuchte es ihm beizubringen, dass ich Gott verdammt noch mal, nicht schwul bin. Genau wie Marcel.
"Nee, hör du mal. Ich find das cool, dass du vom anderen Ufer bist. Nur May tut mir da leid. Sie erwartet ein Kind von dir und du flankst euren besten Freund weg. Okay. Was ist so besonders an Marcel, dass May damals mit ihm geschlafen hat und jetzt du auf ihm abfährst? Warte. Hat May auch einen anderen? Ist das Baby überhaupt von dir? Oh Gott, ich hab's. Marcel und du, habt May als Leihmutter engagiert! So muss es sein- Aaaaah!"
Die schallende Ohrfeige meinerseits hallte noch in der ganzen Suite nieder. Mario rieb sich die Wange und blickte mich völlig entsetzt an.
"Du bist nicht nur Homosexuell, sondern deine Schlagfertigkeit isses auch."
"Ich bin nicht schwul! Ich hab auch nix mit Marcel. Komm doch mal klar, Miss Marple. Und jetzt bitte ich dich, dass du meine Suite verlässt." ich schob Mario zur Tür und er meinte immer wieder, dass alles zu meinen, was er meint. Herr Gott.
"Da hat der Maurer das Loch hinterlassen. Goodbye", sagte ich, riss die Tür auf, schmiss Mario raus und riss die Tür wieder zu.
"Von der Skala der geistigen Behinderung hat Mario die Skala explodieren lassen", hörte ich Marcel sagen. Er hatte sich einen feuchten Waschlappen an die blutende Stirn gelegt und seufzte. "Das war wohl nix."
"Ach, glaubste?", murrte ich ironisch. "Kannst du mir mal sagen, was wir jetzt machen?"
"Was sollen wir noch machen? Wir können nichts mehr machen. Es ist völlig nach hinten los gegangen. Hätte ich mir ja bei uns denken können."
"Scotch?"
"Ich bitte dich darum", nickte er und schmiss sich auf die Couch. "Lassen wir es einfach bleiben. Wir können nichts weiter machen."
"Eben, wir haben es ganz schön vermasselt", seufzte ich und schnappte mir von der kleinen Bar, zwei kleine Gläser, die ich nebeneinander stellte. "Wir können froh sein, dass es nicht schlimmer ausgegangen ist", ich griff nach dem Scotch und seufzte wieder, als ich Marcel genervt brummen hörte.
"Ja, die hätte auch die Chance gehabt uns beide umzulegen. Wieso auch immer hat sie das nicht."
"Komm vielleicht noch", sagte ich ironisch und schnappte mir die beiden Gläser mit dem Scotch, als ich zur Couch ging. Er setzte sich wieder auf und nahm mir ein Glas ab.
"Beschwör' es nicht", seufzte er. "Hast du May davon erzählt, was deine Befürchtung ist?"
"Bist du bekloppt?", fragte ich ihn und trank einen Schluck vom bitteren Scotch. "Die wird mich einweisen lassen."
"Glaubst du das wirklich, dass sie dich gleich nach Königslutter schickt?"
"Königs-was? Ey, rede Deutsch mit mir!"
"Königslutter ist eine Stadt, da ist eine Klinik für Crazy-People und Entzüge-"
"Halt einfach dein Maul", sagte ich.
"Okay. Und nun? Lassen wir es jetzt wirklich sein, oder versuchen wir es nochmal."
Ich zuckte mit den Schultern. "Das Einzige, was ich jetzt weiß, ist, dass ich jetzt pennen gehe." Ich trank das Glas leer und stellte das Glas auf dem Couchtisch vor mir. Dann stand ich auf und haute Marcel leicht auf dem Hinterkopf. "Gute Nacht, Kleiner."
"Gute Nacht, mein schwuler Freund", entgegnete Marcel ironisch, weshalb ich ihm den Mittelfinger hin hielt.
Nachdem ich ausgiebig geduscht hatte, war ich froh, mich in mein Bett hauen zu können. Als May mich anrief, hatte ich sie weggedrückt. Beim dritten Mal, ging ich dann doch ran. Zu mal, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte und weil ich, wenn ich nach Hause kam, keinen Tritt in die Eier von meiner Frau haben wollte. Das wäre nicht die perfekte Begrüßung.
Wir telefonierten, was wir den Tag erlebt haben. May hatte sich mit dem Trainer von Kane angelegt und wäre fast auf ihm los gegangen. Auba hatte sich mit Udo wortwörtlich in den Haare gehabt. Kaum ein Wochenende zu Hause und dann war da die Kacke am Dampfen, zu mal, da meine Schwester Melanie, sich auch noch die Bandscheibe gezerrt hatte und Nico zu tief in der Nase gebohrt hatte, dass er sich mit dem Fingernagel, irgendwas in der Nase eingerissen hatte.
"Ich bin ziemlich müde, Schatz. Ich wäre dafür, dass wir auflegen", murmelte May müde am anderen Ende, ehe ein Gähnen folgte.
"Okay, dann machen wir das", sagte ich. "Ich bin auch ziemlich fertig. Schlaf gut, träum' süß, ich liebe dich."
"Schlaf du auch gut, träum' noch süßer und ich liebe dich auch."
"Ach, die Kinder liebe ich auch."
"Mensch, da war ja was. Du bist ja bald dreifacher Papa", lachte May leise.
"Ja, ich vergesse das immer", murmelte ich. "Fühlt sich halt so an, wie früher. Ich unterwegs und alleine im Hotel und du zu Hause mit den Kindern."
"Ja, Good ol' days", seufzte May.
"Deutsch bitte", meinte ich. "Muss ich schon andauernd Marcel sagen."
"Kann ja sein, dass wir uns abgesprochen haben", hörte ich May sagen. "Meine Güte!"
"Alles okay?", fragte ich.
"Kane! Lass deine Schwester in Ruhe! Es ist Mitternacht! Wir telefonieren noch wann anders. Tschüss, Schatz!"
"Tschüss?", fragte ich verdattert und blickte auf mein Smartphone, als ich es nur noch tuten hörte. "Ich vermisse euch" murmelte ich und machte die Tastensperre rein, ehe ich das Viech von Apple am Ladegerät hing. Zum Kotzen die Macher. 2017 brachten die ein iPhone raus, wo du keinen Kopfhöreranschluss mehr hast. Ich hab hunderte von diesen behinderten losen Kopfhörer-Viechern verloren. Aber da ein Jahr später mit dem nächsten iPhone, der kein Ladekabelanschluss mehr hatte (da gab's dann so eine Hightech-Matte, die du zum iPhone, was schon 800 Euro kostete, für 250 Euro dazukaufen musstest), der Absatz runter ging, haben die wieder ein Jahr später, beide Anschlüsse wieder eingebaut. Und dazu noch ein viel besserer Akku, der fünf Minuten länger hielt, als die vorigen. Super-duper.
Ich machte das Licht aus und kuschelte mich ins Bett ein und wie erwartet, hatte ich die Nacht keinen ruhigen Schlaf.
~ May's Sicht ~
"Kane! Ins Bett! Was fällt dir ein, deine Schwester mitten in der Nacht mit Wasser zu überkippen!", schrie ich sauer, nachdem ich Kane mit meinem Hausschuh, aus Minas Zimmer gescheucht hatte.
"Wieso? Sie spielt mir auch andauernd Streiche", beschwerte er sich. Ich holte mit dem Hausschuh aus und traf Kane volle Kanne im Nacken. "Ah! Mom!"
"Heul nicht! Deine Schwester hat sich deswegen eingepisst. Findest du das witzig?", fragte ich ihn ernst.
Er blickte mich grinsend an. "Naja, wusste nicht, dass sie so darauf reagiert", sagte er und verkniff sich dann ein Lachen.
"Handy her", sagte ich und hielt meine Hand hin.
"Was?"
"Handy her!", wiederholte ich mich ungeduldig. "Kaum ist euer Vater aus dem Haus, tanzt ihr mir auf der Nase herum."
"Uhm, Mom, dass machen wir auch, wenn Papa da ist", hörte ich Mina rufen. Dann schiefte sie.
"Ja, hör auf die Heulsuse!", rief Kane.
"In dein Zimmer! Jetzt!"
"Okidoki", sagte Kane und verschwand in Richtung Zimmer. Dann ging ich zurück in Minas Zimmer. Mina saß immer noch im Bett und war am weinen.
"Das ist doch alles so peinlich", murmelte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Komm wir machen das alles und dann pennst du bei mir."
"Ich bin kein kleines Kind mehr."
"Aber immer noch meine kleine Maus", sagte ich und zog die nasse Decke weg.
"Noch, da ist schon die neue kleine Maus am Start."
"Hoffentlich keine Kopie von Kane", brummte ich.
"Dein Wort im Gottes Gehörgang", seufzte Mina. Nachdem ich die Decke und das Kissen aufgehangen hatte und Mina am Duschen war, schmiss ich ihre Sachen in die Waschmaschine, ehe ich die Matratze, aus dem Bett holte und zum Lüften auf die Veranda stellte.
"Das kriegt Kane noch zurück", seufzte Mina, als sie sich auf meine Seite im großen Bett legte. Ich hatte es mir auf Marcos Seite gemütlich gemacht und vorher noch ein T-Shirt von ihm, über mein Kissen gezogen.
"Ihr beide solltet mal langsam euer immer wieder ausgegrabenes Kriegsbeil im Pazifischen Ozean schmeißen. Mal seid ihr dicke und dann schlagt ihr euch die Köpfe ein. Das nervt uns langsam."
"Ja, sorry. Aber er fängt damit immer wieder an, ich wehre mich nur. Du hast selber gesagt, dass ich mir nicht immer alles gefallen lassen muss."
"Dann macht das so, dass ich davon nichts mitbekomme. Ihr seid ja schließlich alt genug."
"Ja, ich werde Kane erst als erwachsen respektieren, wenn er seinen Abschluss hat und seinen Führerschein. Für mich ist er einfach nur ein behinderter Kindskopf, der gleichzeitig auch noch mein Bruder ist."
Ich verdrehte die Augen. Ja, jetzt ist er der behinderte Kindskopf von Bruder und morgen ist er wieder ihr ein und alles. Das nimmt doch kein Ende mit den beiden. Nie.
"Wie auch immer Mina", seufzte ich und machte das Licht aus. "Ich würde gerne schlafen."
"In zwei Wochen ist der Musical-Auftritt in der Schule. Ich hoffe, ihr kommt da alle hin."
"Klar", sagte ich. Wenn ich bis dahin mein Gehör verliere, bin ich dabei. Das Gejaule von Mina kann man noch nicht mal im besoffenen Zustand ertragen. Bei aller Liebe. Kane ging es genauso. Aber Marco fand, dass sie ja nicht so schlimm sang. Da waren wir beim Thema. Das behauptet Marco auch von sich selber. Es hat mir letztes Weihnachten schon gereicht, als er mit Mario gemeinsam Weihnachtslieder vorgetragen hat. Oder es versucht hat. Und schon hatte ich von deren wundervollen Gesang einen Ohrwurm.
"Weihnachtszeit, Weihnachtszeit, sag allen bescheid, dass Mario und Marco kommt."
Kane würde jetzt sagen, dass sich Solin, wegen dieser Rechtschreibung mega aufregen würde. Ich rege mich nicht nur über die Rechtschreibung auf, sondern über das Gesang, was sie von sich gaben. Zum kotzen.
"Aaaargh!", brummte ich.
"Was denn?", fragte Mina, im Halbschlaf.
"Ohrwurm von Marcos und Marios Weihnachtsklassiker", seufzte ich.
"Oh, nee, bitte nicht. Danke Mama."
"Kein Problem und gute Nacht."
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Yeih, auch mal wieder ein Kapitel :D
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