Kapitel 27

KAPITEL 27

~ Marco's Sicht ~


"Kane, bist du bereit?", fragte ich, als ich am Freitag gegen 3 Uhr in der Nacht oder am Morgen, in seinem Zimmer stand.

"Wie?", wollte er wissen und setzte sich auf. Er kniff die Augen zusammen, da ich das Licht angemacht hatte.

"Wir wollen doch Campen gehen. Da müssen wir eben früh los", sagte ich und kratzte mich an der Stirn. "Ich hab gar nicht geschlafen, sondern habe die ganzen Sachen in den Geländewagen geräumt."

"Mama und Mina kommen nicht mit?", hakte er noch mal nach.

"Nö. Nur wir beide", antwortete ich. Mama hat gestern schon für dich Sachen zusammengepackt. Schlüpper ohne Bremsspuren-"

"Oh Gott, ich mache mich ja fertig. Wie lange fahren wir?"

"Wir fahren drei Stunden und zwanzig Minuten, wenn keiner einen Unfall baut, könnten wir gut durchkommen."

"Geht ja noch. Wo ist denn das genau?"

"Corfwater Camping. In Petten, direkt an der Nordsee."

"Wir waren doch schon mal in den Niederlanden. War das an der Nordsee gewesen?"

"Nee, Winterswijk. Direkt an der Grenze. Da haben wir doch bei Action immer das ganze Deko-Zeug her."

"Typisch Mama und Mina", sagte Kane und rappelte sich auf. "Ich bin in einer Viertelstunde fertig." Er hielt sich kurz den Kopf und seufzte.

"Stiiiimmt. Was macht denn dein Kopf?"

"Brummt nur noch ganz wenig", murmelte mein Sohn. "Was die Tabletten alles helfen. Oh, wir sind ja in den Niederlanden. Erinnere mich daran, dass ich mich da wieder mit AXE-Deo und Duschgel eindecke."

"Ja, und ich mich mit Paracetamol. Die Packung kostet da nur fünfundvierzig Cent. Mach dich fertig. Ich warte unten in der Küche. Was willst du Essen?"

"Irgendwas, was man Essen kann", antwortete er und stand aus seinem Bett auf.

"Blumen aus dem Nachbargarten?"

"Haha, jetzt raus!", brummte Kane und schnitt eine Grimasse. Ich verschwand aus dem Zimmer und machte die Tür hinter mir zu, ehe ich nach unten ging.

"Schon wach?", fragte ich verwirrt und blickte verwundert meine Frau an, die mit dem Kopf im Kühlschrank hing. Sie fuhr erschrocken zusammen und blickte mich mit großen Augen an. Ihr Mund war völlig mit Schokolade verschmiert. Selbst die Nase und die Stirn. "Nächtliche Fressattacke?" 

"Hm", nickte May und wandte sich wieder dem Kühlschrank zu.

"Hast du den ganzen Schokokuchen aufgegessen?"

"Das is' ne Schokotorte", antwortete May nur und schon hörte ich sie wieder schmatzen. Während meine Freundin dabei war, den ganzen Kühlschrank zu leeren, machte ich Kane ein Nutellatoast.

"Gute Nacht", hörte ich May wenig später sagen. Der Kühlschrank ging zu und meine Frau ging müde und gähnend aus der Küche heraus. Gleichzeitig kam Kane in die Küche. Er warf seiner Mutter einen verwirrten Blick zu.

"Frag nicht", sagte ich, als Kane seinen Mund zum reden öffnete. "Da Kakao und Nutellabrot."

"Wie oft noch? In diesem Haushalt wird kein überteuertes Nutella gegessen, sondern Nusspli, oder wie das heißt", er setzte sich hin und fiel sofort über sein Brot her, während ich in Ruhe mein Toast aß.

    Eine halbe Stunde später, konnten Kane und ich uns auf den Weg machen. Ich verabschiedete mich noch von meiner Frau, die mit einer Tüte Chips im Bett lag. Mina die tief und fest am schlafen war, drückte ich einen Kuss auf die Stirn.

    "Kann ich fahren?", fragte Kane mich, als wir in der Nähe von Dorsten waren.

"Mach erstmal deinen Lappen", antwortete ich und konzentrierte mich weiter auf die Straße.

"Wieso? Du hast auch aufgehört und dir deinen Lappen bei Paule oder wie der heißt besorgt?"

"Paule ist der Vater. Der wohnt hier irgendwo in Dorsten."

"Ey, wenn wir hier schon mal in der Nähe sind, kannst du ja gleich den Auftrag abgeben, mir einen Lappen drucken zu lassen." Er schlug mir leicht auf den Oberarm und ich verdrehte die Augen.

"Vergiss es", meinte ich und musste mir ein Grinsen verkneifen. "Onkel Marcel hat da auch seinen Lappen her."

"Ehrlich? Er hat auch nicht seinen Führerschein gemacht?"

"Er ist der Fahrprüfung durchgefallen, weil er gedriftet ist. Fand der Prüfer nicht so gut. Aber der Fahrerlehrer schon. Daraufhin hatte er kein Bock, noch mal die Prüfung zu machen und ist mit mir zu Paule gefahren. Okay Robin ist gefahren. Da haben wir die Führerscheine eben her."

"Krass. Und Marcel wurde kein einziges Mal erwischt-"

"Ja, im Gegensatz zu mir", lachte ich.

"Du bist auch blöd."

"Freundchen", schnaubte ich wütend.

"Das war Spaß. Schon krass. Aber Mama hat einen richtigen Führerschein, oder?", hakte Kane weiter nach.

Ich zuckte mit den Schultern. "Es kann auch sein, dass sie keinen richtigen Führerschein hat. Aber ich glaube das eher nicht. Sie steht nicht so auf illegalen Scheiß."

"Dad, sie hat eine Knarre", machte mich Kane darauf aufmerksam.

"Hatte", verbesserte ich. "Erbstück. Die älteste Tochter bekommt von der Großmutter, die ebenfalls die älteste war, die Knarre."

"Also hätte Mina die irgendwann bekommen?"

"Genau."

"Wieso ich nicht?"

"Du bist ein Typ."

"Woher willst du das wissen? Ich kann auch ein Mädchen sein?"

"Ich habe damals deine Windeln gewechselt."

"Mama meinte, dass sie das meistens gemacht hat, weil du das nicht abkannst."

"Kann ich auch nicht. Deshalb wirst du die Windeln wechseln, wenn das nächste Kind da ist."

"Nö, werde ich nicht. Das kann Mina machen. Ich bringe den Kleinen nur Fußball bei."

"Woher willst du wissen, dass es ein Junge wird?"

"Ich hab's im Urin."

"Ich hab auch einiges im Urin", murmelte ich und seufzte. "Wir haben noch eine lange Fahrt vor uns."

"Mehr als zweieinhalb Stunden. Und die Fahrt nach Disneyland ging nicht schneller. Neun Stunden sind wir da hingefahren. Neun Stunden."

"Stimmt. Aber auf den niederländischen Autobahnen kann man nur 130 höchstens fahren. Nicht so wie bei uns, wo nichts dran steht, wo man Kutte geben kann."

"Die fahren nur so langsam, weil sie alle bekifft sind."

"Oder, weil die Fahrräder nicht so viel drauf haben", fügte ich hinzu.

Kane lachte auf. "Der war Scheiße."

"Ich weiß", nickte ich. "Ich weiß."

"Spielen wir 'Ich sehe was was du nicht siehst'?", fragte Kane mich und schaute aus dem Fenster.

"Wow, in der Dunkelheit. Ich sehe Rücklichter, Lichter von Lampen und hey, was ganz seltenes, was man sonst nicht in der Dunkelheit sieht- Dunkelheit", meinte ich sarkastisch.

Kane lachte leise. "Dumme Idee. Willst du noch mit mir Reden, oder darf ich schlafen?"

"Du darfst auch Musik über deinen iPod hören."

"Cool."

"Ja, aber ich hab die Bassbox drinnen. Nichts und niemanden wird Chris Brown übertönen."

"Och, Dad. Nicht schon wieder der. Dann mach The Weeknd an. Der ist besser, als dieser Frauenschläger."

"Du hast früher als Kind saugerne zu der Musik getanzt."

"Ja, da wusste ich auch noch nicht, dass er die eine Sängerin vermöbelt hat. Wie hieß die?"

"Rihanna."

"Ja, die."

"Hat die aber verdient. Die Musik von ihr war immer Scheiße. Umbrella ist ja okay, aber der Rest."

"Stimmt auch wieder. Umbrella ist ein wirklich guter Song. Aber nichts kommt eben an Queen Beyoncé ran. Nicht diese Selena Gomez, oder die Miley Cyrus oder diese rothaarige Nervensäge aus Sam und Cat."

"Ariana Grande", meinte Kane.

Ich nickte. "Genau die. Die drei zusammen. Grauenvoll. Die hören sich alle an wie eine Horde Katzen die von Hunden gejagt werden. Immer dieses gepitche der Stimmen. Okay, bei manchen Songs von Beyoncé ist das auch so. Aber hey, die Alte hat's eben drauf. Sie war die Königin und wird immer die Königin bleiben."

"Mag Mama die eigentlich?"

"Nee. Für Mama gibt es nur eine Hollywood Königin. Und das wird immer Angelina Jolie sein. Möge sie in Frieden ruhen. Scheiß Terroristen. Wie konnten die damals nur den ganzen Flugzeug mit der Jolie-Pitt-Familie abschießen."

"Aber dieser Brad Pitt lebt doch."

"Ja, weil sie sich ein Jahr vorher haben Scheiden lassen. Er ist nicht mit nach London. Sonst wäre noch ein großartiger Schauspieler tot."

"Wie auch immer Dad. Ich möchte jetzt schlafen und dazu brauche ich Ruhe. Deshalb zitiere ich jetzt einmal Rihanna. Zitat Beginn 'Shut up and drive', Zitat Ende." Damit hatte sich Kane in den Ledersitz fallen lassen und sich die Kopfhörer in die Ohren gesteckt. Wenige Sekunden später ertönte Linkin Park aus seinen Kopfhörern. 

"Shut up and drive, drive, drive, drive", sang ich vor mich hin, während ich weiter in Richtung Niederlande fuhr.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top