Kapitel 17
KAPITEL 17
~ May's Sicht ~
"Müll, Müll, Müll, Müll, Müll und von vorne", meinte ich und zappte, mittlerweile das achtzigste Mal durch die bescheuerten Krankenhauskanäle durch, aber selbst als Privatpatient, hat man nur fünf Sender. Grauenvoll. Ich schaltete den Fernseher aus und legte die Fernbedienung neben mir auf den rollbaren Tisch, dann ließ ich mich wieder im Kissen zurücksinken und schaute zu Tür.
Es war 7 Uhr Morgens und der gestrige Abend schwirrte immer noch in meinem Kopf herum. Was war denn das für eine kranke Scheiße? Wenn Alysha mir über den Weg läuft, die trete ich so was von den Hintern. Die ist einfach so abgehauen.
Aber was mich an der Sache am meisten wurmte, war immer noch dieser anonyme Schütze, der mir mein verdammtes Leben gerettet hatte. Wer war das gewesen? War es ein Mann, oder eine Frau? Ich weiß es nicht.
Auf jeden Fall, bin ich in Marcels Armen gestern bewusstlos geworden und heute morgen um zwei in meinem Zimmer aufgewacht. Ich hatte viel Blut verloren und war an einem Tropf angeschlossen, aber mir ging es sau gut. So war es auch schon damals gewesen, als mein rechter Oberschenkel dran glauben musste.
Seit zwei Uhr morgens, lag ich hier total wach auf meinem Bett herum und hatte Recht, dass es ein Durchschuss war. Oberschenkel rein und unter der Pobacke wieder raus, weshalb ich auf eine Art Hämoridensitzkissen saß, damit ich nicht auf der Wunde saß. Das brannte wie die Hölle, aber das war normal, nachdem die Nähte reingezogen wurden. Wie gesagt, dass hatte ich schon mal gehabt.
Wieso auch immer, ging mich mit Schusswunden recht cool mit um, während ich bei einer Blasenentzündung immer dachte, dass ich gleich das Zeitliche segnete.
Auch bis um acht kam weiter Arzt, oder eine Schwester, oder die Polizisten, die mich befragen wollen. Selbst Marcel ließ sich hier nicht blicken.
Marco schon recht nicht. Ich will gar nicht wissen, was er sich für einen Kopf gemacht hatte, da ich einen auf Heldin machen musste.
Wenn mich halt keiner Besuchen will, dann kann ich auch schlafen. Ich denke, dass würde mir ganz gut tun. Ich kuschelte mich in das Kissen ein und bretterte dann auch schon nach einer gefühlten Ewigkeit in eine Art Halbschlaf, aus dem ich dann wieder gerissen wurde.
"Guten Morgen, Frau Reus", sagte jemand. Ich öffnete meine Augen und blickte direkt zu einer kleinen pummeligen und jungen Schwester.
"Howdi", murrte ich.
"Wie geht es Ihnen?", wollte sie wissen.
"Wann kann ich hier wieder raus?", stellte ich die Gegenfrage.
"Sie wurden gestern Nacht angeschossen, bitte riskieren Sie das nicht", sagte die Frau.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich bin in Schottland angeschossen wurden. Da habe ich direkt nach der OP den Saftladen wieder verlassen."
"Ich denke, wir Deutsche und Ihre Saftläden, denken da ein wenig anders", meinte die Krankenschwester. "Wie fühlen Sie sich?"
"Mein Bein tut weh, was will man denn bei einer Schusswaffe erwarten?"
"Hm, der Arzt kommt gleich zur Visite und schaut sich ihr Bein an", sagte sie und hob die Decke an. Hach, diese wundervollen Krankenhauskutten, die am Arsch frei waren. Grauenvoll.
Sie tastete mein Bein ab. "Es ist nicht hart und auch nicht angeschwollen. Das ist doch schon mal gut", meinte sie.
"Dann kann ich ja gehen", sagte ich.
"Das entscheidet der Arzt. Außerdem warten die Beamten des K4's vor Ihrer Zimmertür und wollen wissen, ob Sie zu Ihnen dürfen?", fragte die Krankenschwester.
"Ich kann die Befragung auf leeren Magen nicht durchstehen", sagte ich.
"Das regel ich schon", sagte Marco und stürmte mit einer Tüte vom Becker, einen Strauß Rosen und zwei Becher - mit irgendwas - ins Zimmer.
"Na dann", meinte die Krankenschwester. "Ihr Ehemann ist ja ein richtiger Gentleman. Ich hole eine Vase."
"Zwischendurch mal und danke", sagte ich ironisch und die Krankenschwester verließ das Zimmer. Marco legte alle Sachen auf den Tisch an der Wand ab und kam sofort zu mir.
"Ich hab mir solche sorgen gemacht", sagte Marco und schmiss sich regelrecht auf mich. Die drei Sekunden, in der ich sein Gesicht schauen konnte, bevor er mich und mein Bein sprang, sah ich tiefe Augenringe und ein müdes Gesicht. Man, dass wollte ich doch nicht.
"Bein! Bein!", quietschte ich. Marco rollte sich zwischen meinen Beinen und lehnte seine Stirn gegen meine. "Aah!", seufzte ich, als der Schmerz langsam wieder abebbte.
"Tut mir leid", sagte er und drückte mir mehrere Küsse auf den Mund. "Ich dachte, du gehst drauf."
"Ich lebe noch."
"Gott sei Dank", meinte er. "Ich hab's den Kindern gesagt und ich hab sie in die Schule gebracht, damit sie Ablenkung bekommen."
"Das ist auch richtig so. Ihre Mutter ist angeschossen wurden und liegt nicht mit Krebs flach. Da kann man ruhig in die Schule gehen, mal ehrlich", sagte ich.
Marco lachte leise und drückte seine Lippen wieder auf meine. Dann rollte er sich wieder von mich runter und ging zum Esstisch. "Die Cops warten vor deiner Tür und wollen dich ausquetschen, was gestern passiert ist", sagte er und holte aus der Tüte belegte Brötchen.
"Die sollen gefälligst warten. Die beiden haben sie ja."
"Hm, auch, wenn sie von Zlatan's Kopf die Überreste aus der Wiese picken dürfen", sagte Marco und blickte auf sein Mettbrötchen. "Und nun habe ich kein Hunger mehr."
"Ich müsste eigentlich keinen Hunger haben, da ich es ja gesehen habe - Marcel auch-"
"Du hast einen Menschen gekillt-"
"Ich habe niemanden getötet. Der Kerl hat auf meinen Bein geschossen, weil ich abhauen wollte, dann sind wieder Schüsse gefallen und dieser Zlatan tot auf dem Boden zusammengesackt. Das kam aus dem nirgendwo. Marcel hat sich die Tusse gekrallt."
"Das hat mir Marcel und der Cop schon erzählt, pardon", sagte er. "Ich bin nur sau froh, dass dir nichts weiter passiert ist."
"Hast du schon eine Anzeige aufgegeben?", fragte ich Marco, der mir ein Camembert-Brötchen in die Hand drückte.
"Anzeige?"
"Alysha ist mit deinem Auto abgehauen?", sagte ich und biss hungrig rein- biss jedoch nicht ab. Marcos Magen knurrte laut auf. Hach, Jungchen. "Iss du das Camembertbrötchen und gib mir das Mettbrötchen."
"Sicher, Honey?"
"Sicher, zackig. Ich verhungere."
"Gut", sagte Marco und brachte mir das Mettbrötchen. "Alysha ist zu uns gekommen und hat alles erzählt. Ich dachte erst, dass ist ein Scherz, aber nach einer Weile wurde mir klar, dass sie recht haben könnte, da du ihr deine Sachen in die Hand gedrückt hast. Von wegen du triffst dich mit Saskia."
"Tut mir leid, ich wusste, dass dir das übel aufstößt, wenn ich gesagt hätte, ich treffe mich mit Alysha", sagte ich und wich Marcos enttäuschten Blick aus.
"Schon okay und ich habe Alysha nicht angezeigt? Wegen was. Die hat mir ja mein Auto mitgebracht", Marco hielt inne und biss vom Camembert-Brötchen ab. "Ich bin nur so scheißefroh, dass dir nichts weiter passiert ist."
Die Krankenschwester kam rein und hielt eine Vase mit Wasser in der Hand. "Hier ist die Vase", meinte sie und war gleich so nett und stellte die roten Rosen rein. Diese stellte sie dann neben mir auf den Nachttisch.
"Danke schön", sagte ich.
"Danke", meinte Marco.
"Wenn was ist, einfach rufen", meinte die Krankenschwester und verließ wieder das Zimmer.
"Kaffee?", fragte Marco mich.
"Babe", meinte ich.
"War ein Scherz. Ich weiß, dass wir Kaffee hassen. Hab Kakao vom Bäcker. Ich hoffe der schmeckt auch so gut wie meiner."
"An deinem Kakao kommt keiner ran", meinte ich und hielt Marcos Brötchen fest, während er die beiden Kakao-To-Go-Becher holte.
"War ein Durchschuss, was?", sagte er und machte eine Kopfbewegung in Richtung Oberschenkel.
"Yeah", nickte ich und dann seufzten wir beide. "Wie geht es unseren Kiddies?"
"Mina hat nur geheult, weil sie gar nicht wusste was los ist und Kane, der wollte dich am liebsten Suchen. Auba und Mario haben auf die aufgepasst. Alysha war auch die ganze Zeit bei uns gewesen. Ich bin so froh, dass es dir gut geht", sagte Marco.
"Und du hast dir Sorgen gemacht. Ich weiß", meinte ich.
Dann dinierten wir zu Ende, bis dann der Arzt reinkam.
"Kann ich gehen?", wollte ich sofort wissen.
Dieser lachte nur. "Wir behalten Sie noch bis morgen hier. Keine Chance", sagte er. "Die Blutung haben wir gestillt und zugenäht. Wir müssen trotzdem noch mal zum Ultraschall. Mir ist da etwas aufgefallen."
Marco fuhr ganz zum Arzt herum. "Was ist Ihnen aufgefallen?"
"Es könnte ein Nerv in dem Oberschenkel Ihrer Frau beschädigt sein. Wir haben ein spezielles Ultraschallgerät darüber."
"Ist das so gravierend?"
"Nein, eigentlich nicht. Aber ich will das meine Patienten mit den besten Genesungswegen das Krankenhaus verlassen. Sicher ist sicher", sagte der Arzt. "Ich werde Sie in zehn Minuten abholen. Die Herrschaften von der Polizei warten, darf ich die reinschicken?"
"Wenn Sie glauben, dass die Befragung zehn Minuten dauert?", stellte ich die Gegenfrage.
"Man kann das ja aufteilen, nech", meinte der Arzt.
"Na dann", sagte ich. "Dann holen Sie die Cops rein."
Der Arzt nickte und war aus dem Zimmer verschwunden- wenig später kam er wieder, gefolgt von zwei Männern, die gar nicht in Polizeiuniform gekleidet waren.
"Hallo Frau Reus, Kommissar Michael Naseband und das ist mein Kollege Robert Grass", stellte sich der große Glatzköpfige vor.
"Hi", meinte ich.
"Hallo", sagte Marco.
"Wer sind Sie?"
"Der Ehemann? Marco Reus? Wir haben uns schon vor der Tür getroffen."
"Ach stimmt", meinten beide. Dann wandten die Kommissare sich wieder zu mir. "Wir haben ein paar Fragen an Sie, Frau Reus, diesbezüglich den Verlauf von gestern Abend. Möchten Sie diese beantworten."
"Ja", nickte ich.
"Super", sagten die Kommissare. Der eine holte einen Block zum schreiben raus und Marco schob sich einen Stuhl ran, worauf er sich setzten konnte. Ich trank von meinem Kakao und blickte die beiden Kommissare an und dann wurden auch schon die Fragen gestellt.
Ich antwortete Wahrheitsgemäß.
"Das ist Ihre Waffe?", fragte Herr Naseband.
"Die Beretta, ja, das ist meine. Die ganzen Unterlagen, dass die Waffe legal ist, liegen zu Hause."
"Wieso haben Sie Ihre Waffe mit?", fragte der Mann weiter. "Sie wissen ganz genau, dass Sie die Waffe getrennt von Munition in je einem Safe lagern sollen-"
"Das weiß ich. Ich war nur letztens auf dem Schießstand gewesen und da habe ich die Waffe in meinem Camaro vergessen, wieder mit reinzunehmen."
"Der Chevrolet Camaro der in der Werkstatt steht, die Sie gemeinsam mit Ihrem besten Freund betreiben?", hakte der Grass nach.
Ich nickte. "Genau, ich habe die beiden dort hingelockt, wie ich bereits erwähnt habe, um an die Waffe ranzukommen. Die Waffe ist doch in der Ballistik, oder?"
Die beiden Cops nickten.
"Dann werden Sie auch keine Spuren finden, dass ich mit der Waffe gestern oder sonst wann geschossen habe", meinte ich. "Außerdem sind noch alle Patronen drinnen. Sie werden die Fingerabdrücke von dieser Marisa drauf finden und die von Marcel Fornell-"
"Herr Fornell hat bereits bestätigt, dass er Ihre Waffe in der Hand hielt", nickte der Naseband. "Ich denke wir haben alles. Es werden mit Sicherheit noch weitere Fragen aufkommen, deshalb bitten wir Sie, die Stadt nicht zu verlassen und erreichbar zu sein, wenn wir Antworten brauchen", der Naseband verschwand als erster aus dem Krankenzimmer.
Der junge Kollege blieb stehen und blickte zu mir. "Und Sie haben den Schützen oder die Schützin, nicht gesehen, der Herr Ibrahimovic erschossen hat?"
"Nein, wie gesagt, die Schüsse kamen aus dem Nichts", sagte ich.
Er wandte sich zu Marco. "Was ist mit Ihnen?", fragte er ihn.
"Ich war die ganze Zeit in dem Polizeiauto. Da können Sie den Kollegen fragen, der wegen wir einen Jochbeinbruch hat."
"Okay."
"Gibt es schon Ergebnisse", wollte ich wissen.
"Ergebnisse."
"Von welcher Waffe die Schüsse auf Zlatan Ibrahimovic kamen?"
"Entweder aus Ihrer oder da war wirklich die Hand Gottes dazwischen. Wir werden es sehen", sagte der Grass und verließ das Krankenzimmer. Ich blickte zu Marco, als die Tür zu fiel.
"Ich werde mich jetzt die ganze Zeit fragen, wer die Person war."
"Ich mir auch", entgegnete Marco. "Die hat schließlich das Leben meiner Frau gerettet."
Eine halbe Stunde hatte die Befragung gedauert. Mir wurden gestern schon, während ich behandelt wurde, die Fingerabdrücke genommen und meine Finger wurden nach Schmauchspuren untersucht. Ich weiß, dass man keine finden wird. Das habe ich denen auch gesagt. Ich habe gestern keine Waffe in der Hand gehabt, die ich auch abgedrückt habe.
Marco schaute kurz auf sein Handy. "Kane hat mir geschrieben", meinte er. "Mina und er wollen wissen, wie es dir geht."
"Schreib gut", sagte ich. "Geht es mir ja auch."
Marco nickte und tippte auf dem Bildschirm herum. "Sie wollen vorbei kommen- nach der Schule."
"Sie müssen nicht fragen, ob sie mich besuchen dürfen."
"Haben sie nicht. Kane hat geschrieben, egal was Mama und du sagt, Mina und ich stehen, nach der Schule auf der Matte!", Marco lachte leise und ich stimmte mit ein. Letztlich verging mir schnell wieder das Lachen, als der Arzt rein kam.
"So, Frau Reus, dann nehme ich Sie mal mit zur Untersuchung."
"Und es besteht wirklich keine Möglichkeit, dass ich heute irgendwie noch gehen könnte?", hakte ich nach.
"Nein, Sie bleiben bitte bis morgen", sagte der Arzt sofort. Zwei Krankenschwestern kamen rein, während Marco nur am lachen war.
"Ich warte hier, Honey."
"Alles klärchen, Bärchen", meinte ich.
Marco schnitt nur eine Grimasse und ich runzelte die Stirn. Bevor ich in den Rollstuhl geschoben wurde, drückte Marco mir einen Kuss auf den Mund.
"Hast du Hämorriden?", gluckste Marco belustigt.
"Nein, ich kann nur nicht auf der linken Arschbacke sitzen, wegen der Schusswunde, du Troll."
"Auch gut", meinte Marco. "Boah, der Schuss muss ja direkt bei der Arschbacke rausgekommen sein."
"Unter der Arschbacke", sagte ich und setzte mich auf das Donutkissen drauf - hörte sich schöner an, als Hämorridenkissen. "Beim rechten Oberschenkel, war das ein wirklich glatter Durchschuss, aber da wurde fast mein Hintern mit in Mitleidenschaft gezogen."
"Hm, krass", sagte Marco. "Während du untersucht wirst, fällt mir gerade ein, was ich vergessen habe."
"Und was?", fragte ich und richtete das Krankenhauskleidchen an meinen Beinen.
"Die Tasche mit deinen Klamotten", sagte er und stand auf.
"Ich bitte dich darum, sonst hole ich mir noch was weg, da mein Arsch Freigang hat", sagte ich.
Die Krankenschwestern lachten nur auf.
"Dann fahren wir mal, Frau Reus", sagte die Krankenschwester und löste die Bremsen des Rollstuhls. Marco begleitete uns noch, bis er zu den Fahrstühlen ging- vorher hatte er mir noch mal einen Kuss auf den Mund gedrückt und war dann verschwunden.
"Sie machen aber die Nähte nicht weider auf, wenn ein Nerv getroffen wurde, huh?", fragte ich die Krankenschwester.
"Deshalb kontrollieren wir das nochmal."
"Mit einem Ultraschall? Ich dachte, damit schaut man sich nur die Organe an."
"Das ist ein neuwertiges Gerät- damit erkennt man auch Nerven und Äderchen im ganzen Körper."
"Willkommen in der Zukunft", meinte ich. "Das ist neu."
"Das gibt es schon seit zehn Jahren ungefähr."
"Davon wusste ich jetzt gar nichts- aber gut", meinte ich. "Ich werde ja auch nicht alle Jahre angeschossen."
"Stimmt auch wieder."
"Nur zwei Mal."
"Schon mal?", fragte die Krankenschwester und schob mich weiter durch die Gänge.
"Japp. Urlaub in Schottland. Wir Schotten, vor allen Dingen die Familie meines Vaters- Waffennarren. Ich auch."
"Solange Sie nur auf Ziele schießen."
"Das bleibt auch dabei. Mein Großvater, wollte mal mit mir Jagen gehen. Ich hab alles versucht, dass die Bambis nicht getötet werden- hat auch geklappt."
"In Schottland darf man Mutter und Kind töten?"
"Ja."
"Hier in Deutschland nur die Hirsche."
"Ich weiß. Wir Schotten haben unsere eigenen Regeln", sagte ich und wurde in ein Behandlungszimmer geschoben. "Ich hoffe mein Ehemann beeilt sich, damit ich aus die Kutte rauskomme. Mein Arsch schmerzt schon, der soll auch noch keine Frostbeulen abbekommen."
Die Krankenschwester lachte. "Da müssen unsere Patienten leider durch. Aber solange ein lieber und treusorgender Ehemann sich um einen kümmert, ist doch alles perfekt."
"Der Typ ist perfekt", sagte ich nur.
"Das waren wirklich schöne Rosen, die Sie bekommen haben. Sahen auch teuer aus."
"Ja, die sind echt schön", nickte ich. Wir hielten neben einer Liege.
"Mein Verlobter bringt mir immer Tankstellenblumen mit", meinte die Krankenschwester geknickt.
"Macht mein Mann auch manchmal, wenn er auf die Schnelle Rosen für mich besorgen will. Hauptsache der Wille zählt."
"Ja, es kommen immer Blumen von ihm, wenn er eine Nacht lang weg war. Es ist offensichtlich", sagte die Krankenschwester und breitete das Tuch auf der Liege aus.
"Er arbeitet in der Nachtschicht?", warf ich eine Vermutung in den Raum.
Die Krankenschwester blickte mich an. "Sie wurden anscheinend noch nicht betrogen, weshalb Sie sowas in den Raum werfen. Frauen die betrogen wurden, schmeißen gleich rein, dass er bei einer anderen war."
"Nee, ich wurde ehrlich noch nicht betrogen. Ich denke auch nicht, dass mein Mann mir so etwas nicht antun wird."
"Dachte ich von meinem Verlobten auch."
"Dann haben wir wohl zwei unterschiedliche Männer, Liebes", sagte ich und drückte mich am Fahrstuhl hoch, um mich auf die Liege zu legen. Es klappte. Yeah.
Ich richtete die Kutte und legte mich hin.
"Vermutlich", meinte die Krankenschwester. "Ich kann mich aber nicht einfach von ihm trennen. Wir sind schon seit der Jugend zusammen und den Schlussstrich ziehen kann ich einfach nicht. Ich liebe ihn und ich weiß, er liebt mich auch."
"Wenn er dich lieben würde, dann würde er dich nicht hintergehen."
"Das tat weh", schluckte das Mädchen.
"Das ist das Leben", sagte ich. "Und wenn er dich doch lieben sollte, dann weiß ich auch nicht, was in dem Kopf deines Verlobten abgeht. Sowas tut man seiner großen Liebe, absolut nicht an."
"Wenn Sie die Chance hätten, mit einem heißeren und jüngeren Kerl zu schlafen-"
"Wie alt bin ich für dich?"
"35?"
"Och, danke", meinte ich. "Ich bin 39, die vierzig wartet in zwei Monaten auf mich. Schieße fort-"
"Wenn da ein jüngerer Kerl wäre, würden Sie mit ihm schlafen, auch wenn Sie glücklich mit ihrem Ehemann sind?"
"Wenn ich glücklich mit meinem Ehemann bin, nehme ich die anderen Männer gar nicht war. Das ist bei mir schon seit achtzehn Jahren so- mit Unterbrechung."
"Wie lange sind sie verheiratet?"
"Am 31. Dezember sind mein Mann und ich 14 Jahre verheiratet. Und wir haben zwei wundervolle Kinder. Unser Sohn steckt gerade Pubertät, aber was soll man machen? Jeder wird von dieser Phase in seinem jungen Alter überrollt."
"Stimmt", nickte die Krankenschwester. "Ich hatte eine Emophase. Dann habe ich studiert und ich habe eine Phase gehabt, wo ich Bisexuell war- da war Megan Fox total begehrt. Dann habe ich gesehen die Kaut ihre Fingernägel ab und ich war wieder voll und ganz Hetero."
Ich lachte leise. "Na dann."
"Hatten Sie auch mal so eine Phase gehabt, wo Sie auf Frauen gestanden haben?"
"Mein Mann ist zwischendurch mal eine Frau", sagte ich. "Also ja."
"Trägt er Frauenkleider?"
Ich lachte laut auf. "Nein. Ich meine, im Bezug auf Krabbeltiere und Spinnen. Das ist nicht so seins. Meins auch nicht. Und die Kinder erst recht nicht. Das geht bei uns immer ab, wenn Spinnen im Haus sind. Letztlich rufen wir immer meinem Schwiegervater an."
Die Krankenschwester lachte. "Selbst bei kleinen Spinnen?"
"Kleine Spinnen geht noch. Aber bei diesen Weberknechten oder den dicken Spinnen, da haben wir ein reuserisches Vier-Ton-Kreisch-Orchester im Haus."
"Sie haben wohl sehr viel Spaß mit Ihrer Familie."
"Wenn Sie nicht alle aus der Reihe tanzen. Meine Tochter ist ja ein ganz stilles Mäuschen. Wie gesagt, mein Sohn dreht durch- Pubertät. Mein Mann, der hat eh einen an der Waffel. Dazu muss ich nichts sagen. Irgendwann müssen Sie da auch durch."
"Ich bin dreißig, das wird auch mal Zeit", bemerkte die Krankenschwester. "Wie alt waren Sie, als ihre Kinder geboren wurden?"
"Bei meinem Großen bin ich mit 22 schwanger geworden, mit 23 hab ich den Jungen geworfen-", meinte ich. Die Krankenschwester lachte. "Bei meiner Kleinen war ich 26, als sie gezeugt wurde und 26 als sie geboren wurde- einen Monat vor meinem."
"Dann sind ihre Kinder 16 und 12?"
"Genau", nickte ich. "Und werden dieses Jahr wieder ein Jahr älter. Den Großen melden für die Fahrschule an und er überlegt ob er nach der neunten aufhört und eine Ausbildung anfängt, oder noch ein Jahr dranhängt."
"Was will er denn werden?"
"Einzelhandelskaufmann in der Fanwelt."
"Ach was."
"Ja, das reicht aus. Ich will nicht wirklich, dass mein Sohn studiert. Das ist übertrieben. Hauptsache er verdient ehrlich Geld."
"Und das Töchterchen?"
"Das weiß ich nicht. Mina lebt in ihrer eigenen Welt. Aber ich denke, sie wird wie die Mama enden- an Autos herumschrauben."
"Sie arbeiten in einer Werkstatt?"
"Ich besitze mit meinem besten Freund eine Werkstatt."
"An allen Autos, oder nur Spezielle?"
"Luxuskarossen, Sportkarren, teure Wagen halt, wo du sonst zum Spezialisten musst, die im ganzen Land verteilt werden."
"Krass. Da springt sicherlich eine Menge raus."
"Kann man so sagen", nickte ich.
"So dann gucken wir mal nach", sagte der Arzt und kam ins Zimmer.
"Wie heißen Sie eigentlich?", fragte ich den Arzt.
"Ich hab mich gestern vorgestellt", lachte er.
"Echt."
"Ja."
"Hab ich vergessen."
"Merke ich gerade", lachte er. "Frau Reus, ich bin Herr Sommer."
"Dann haben wir das auch geklärt", sagte ich. "Und ich kann wirklich nicht schon-"
"Erst Morgen, Frau Reus. Morgen", warf er sofort dazwischen und machte sich an die Arbeit. Er kontrollierte die Nähte, die perfekt saßen - ein Wunder, in Schottland mussten die zig mal neu gemacht werden, weil da irgendwas immer dran falsch war -, dann machte er ein Ultraschall von meinem Oberschenkel und meinen Hintern. Argh. Wie peinlich. Ich trug noch nicht mal ein Schlüpper, dem entsprechend, lag meine linke Arschbacke auf dem Präsentierteller.
"Alles super. Kein Nerv getroffen", sagte er, als ich mich wieder auf den Rücken drehte.
"Super", sagte ich und richtete wieder diese bescheuerte Krankenhauskutte. Erschrocken fuhr ich zusammen, als mein Hintern die kalte Wand berührte. "Dann soll sich nur mein Ehemann beeilen, damit ich in meine Klamotten kann."
"Solange dürfen Sie dann auch wieder auf ihr Zimmer zurück."
"Na prima", meinte ich und stand auf. Ich setzte mich wieder in den Fahrstuhl und steckte mein Bein aus, da ich wieder leichte Schmerzen hatte.
"Die Blutergebnisse von Frau Reus", sagte eine Krankenschwester und ich horchte auf, als sie meinte, dass sie da was Interessantes drinnen gefunden hatte.
Der Arzt schaute sich stirnrunzelnd die Unterlagen an und blickte dann zu mir.
"Was denn?", wollte ich wissen.
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