Kaite 77
Kapitel 77
~ May's Sicht ~
"Ich hasse dich", fauchte Alysha mich an.
"Du hasst sie? Bitch, schon mal in den Spiegel geschaut, dann hast du da jemanden den du zu Recht hassen kannst", warf Marcel ein. Das Ende dieser bescheuerten Verfolgungsjagd war, dass ich den Geländewagen mit den "Bösen" von der Straße gedrängt habe und der Wagen ein bisschen um einen Baum gewickelt hatte. Neben den Geländewagen war noch ein Sportwagen hinter uns her. Jedoch konnte ich den abwimmeln und in eine Tiefgarage in Gelsenkirchen fahren. Wir sind dann erstmal zu Fuß weiter und versteckten uns in einem Abrisshaus und immer wieder fragte ich mich, was ich hier mache.
Alysha sagte nichts mehr, aber Marcel konnte man nicht beruhigen.
"Am liebsten würde ich dir jetzt eine Kugel in dein nicht existierendes Hirn jagen, dann hätte meine beste Freundin keine Probleme mehr. Aber 25 Jahre Haft wegen Mordes, nah, die Jahre will ich in Würde altern. Ist dein Leben nach dem Spielerfrauendasein, so langweilig geworden, dass du immer wieder mit der Hackfresse vorran ins mit dünnpfiffgefüllten Fettnäpfchen landen musst? Ich hatte mal ein Praktikum in einer Lebenshilfe und die Leute sind nicht mal ansatzweise so behindert wie du. Unglaublich, dass du auf der Erde wandeln darfst. Unglaublich, dass du Auba getroffen hast und mit ihn Curtys hast. Du bist eine widerliche Frau."
"Bist du fertig?", fragte Alysha unbeeindruckt.
"Sieh dir an, May. Die interessiert es gar nicht, was andere über sie denken."
"Stimmt so auch wieder nicht. Interessiert mich doch. Aber mich interessiert nicht die Meinung von dir, du eifersüchtiges Ding?"
"Ich und eifersüchtig? Auf was, Abitchiya?"
"Auf mich. Das May und ich uns so gut verstehen."
"Paha, absoluter Bullshit."
"Du meinst, dass du ihr einziger bester Freund bist und sein wirst? Nur weil du May kennst, seitdem ihr Windeln sprengen konntet?"
"Wir kennen uns seitdem wir in den Hodensäcken unserer Väter geschwommen sind, aber rede ruhig weiter-", verbesserte Marcel sie.
"Sie war die einzige in deinem Leben, die immer für dich da war. Egal, was war. Ihr habt immer zusammengehalten, im Gegensatz zu anderen Freunden von dir. Sie hat dir nie den Rücken gekehrt und irgendwann hast du mehr als freundschaftliche Gefühle für sie entwickelt..."
"Laber doch nicht. Aber sonst geht's dir soweit gut, ja? May ist wie meine Schwester. Und wird sie auch immer bleiben."
"Wir wissen alle, dass du in sie verliebt warst. Es vielleicht noch bist."
"Nein, bin ich nicht mehr. Und das ist Jahre her, dass es so war."
"Haltet einfach beide für einen Augenblick mal die Klappe", mischte ich mich endlich ein. "Wir kriegen Besuch."
"Was meinst du?", fragte Marcel und kam zu mir. Ich stand nämlich die ganze Zeit am Fenster und schaute auf die Straße, aber bisher konnte ich nichts auffälliges erkennen. Bis jetzt. Denn da liefen zwei miese Typen draußen rum und schienen jemanden zu suchen. Und ich war mir sicher, dass die uns suchten.
Marcel, zog eine Pistole hervor, als die beiden Männer das Grundstück betraten.
"Mach keinen Scheiß", motzte Alysha herum.
"Halt die Fresse und drück mit der Jacke auf der Wunde!", fauchte ich sie an. Sie schnitt nur eine Grimasse und schüttelte ihren Kopf.
"Die haben Waffen", bemerkte Marcel leise und kam aus den Flur wieder in die Küche. "Die gehen", sagte ich und blickte aus dem Fenster. "Echt?"
"Ja."
"Was machen wir jetzt?"
"Du hältst an deinem Plan fest. Ich rufe Hubert an und der fliegt dich dahin, wo immer du hin willst."
"Mexiko."
"Und wohin soll ich solange?"
"Meine Zweitwohnung", bemerkte Marcel. "Da kann die hin. Muss eh sauber gemacht werden. Wenn die mit ihrem Gesicht da auftaucht, dann springen die Staubdinger freiwillig aus dem Fenster."
"Ich bin nicht deine Putze."
"Ach man. Ich dachte du kannst dich einmal nützlich machen", seufzte Marcel.
Während Marcel schnell mein Auto holte, wartete ich mit Alysha im Haus. Es war noch nichts vorbei, da war ich mir sicher. Aber ich war froh, dass wir wenigstens in Ruhe nach Dortmund fahren konnten. Ich schmiss Marcel zu erst bei sich zu Hause raus und dann fuhr ich Alysha zu Marcels Zweitwohnung.
Da waren wir also. Die Schlampe, die immer wieder in verflixte Situationen gerät und meine Wenigkeit, die die immer auf die Schlampe reinfällt und ihr helfen will. Wobei ich gestehen muss, dass ich ihr Anfangs nur geholfen habe, auf der Hoffnung, die würde wieder normal im Kopf. Aber das mit Curtys hat ja wohl den letzten Vogel abgeschossen. Jetzt war ich einfach nur noch froh, dass sie sich endlich aus unser aller Leben verpissen würde.
"Du bist Scheiße", sagte ich wieder, als ich gerade dabei war, ihre Wunde mit dem erste Hilfe Kit aus meinem Auto zu säubern. Ich tupfte mit einem sterilen Verband auf der Wunde herum, welches ich vorher im Alkohol getränkt hatte. Wieso auch immer hatte Marcel selbstgebrannten Wodka da. Der brannte in den Augen, als ich die Flasche geöffnet hatte.
"Ich weiß", antwortete Alysha nur und zuckte immer wieder zusammen, als ich mit dem Verband über die Wunde ging. "Wie sieht es aus? Du kennst dich ja damit aus."
"Du hast, wieso auch immer Glück gehabt. Ist nur ein Streifschuss. Das mit auf den Kopf zielen, müssen die ja noch lernen."
"Wenn du es dir so ersehnst mich tot zu sehen, wieso legst du mich nicht einfach um? Du hast zwei gottverdammte Knarren da. Jag mir doch einfach eine Kugel in meinen Schädel und dann ist gut."
"So gerne ich das würde, aber ich habe keine Lust, dass du mir in meinen Träumen als Geist auftauchst und mir dann doch Vorwürfe machst, wieso ich dich getötet habe, da du doch Mutter bist und dich hättest bessern können." Ich hielt inne. "Wo wir alle wissen, dass du dich niemals bessern wirst."
"Du hast mich doch sonst nie so schnell aufgegeben", murmelte sie.
"Tja, Zeiten ändern sich. Leider Gottes auch Menschen wie du. Ich mach jetzt nur noch einen Verband herum und dann gebe ich dir ein paar Schmerztabletten. Marcel müsste hier noch welche nach seiner Blinddarmoperation haben."
"Wann rufst du euren Familien-Piloten an?"
"Wenn du mich noch mal fragst, dann nicht. Nerv mich nicht damit", pflaumte ich sie an. Nachdem ich Alysha weiter verarztet hatte, schmiss ich ihr ein paar Schmerzmittel in den Rachen. Gerade als ich Wasser hinterherkippen wollte, fing sie an herumzumeckern.
"Würdest du auch so mit deinen Eltern umgehen, wenn sie Pflegefälle wären?", fragte sie mich.
"Nein, die sind keine hinterfotzigen Homo Sapiens, wie du", sagte ich trocken und drückte ihr die Wasserflasche in die Hand. "Hier sauf, ich rufe Hubert an."
Nachdem ich mit Hubert telefoniert hatte, stimmte er schnell zu, dass er morgen direkt in der Früh, den Flug nach Mexiko hinter sich bringen will, da in vier Tagen seine Tochter heiratet und er das Extrageld gut gebrauchen könne.
"Super danke, Hubert. Ich überweise dir die 2000 Euro heute und die anderen nach dem Flug, okay?", fragte ich.
"Kein Ding. Soll ich dir was Schönes aus Mexiko mitbringen?", fragte er mich.
"Nein, dass brauchst du nicht. Es wäre nur schön, wenn Marco davon nichts erfährt."
"Oh hey, May. Was kann ich für dich tun, brauchst du einen Flug?", fragte Hubert mich und ließ seine Ahnungslosigkeit freien Lauf.
"Neeein", sagte ich ironisch. "Ich habe mich nur verwählt. Danke."
"Kein Problem. Morgen 8 Uhr. Privatflughafen Haltern am See. Ruf mich an, wenn was dazwischen kommt?"
"Mach ich", nickte ich und legte auf. Dann ging ich zurück ins Wohnzimmer, wo Alysha immer noch auf der Couch lag und zu mir blickte. "Hast du die Tabletten geschluckt?"
"Ja, mit Wasser."
"Na Schade, ich dachte, du würdest zum Wodka greifen. Aber was mach ich mir vor. Dein Leben ist dir ja wichtiger, als alles andere", sagte ich und schnappte mir meine Handtasche. "Hör mir mal zu. Morgen um 8 Uhr geht der Flug. Brauchst du noch Papiere?"
"Die trage ich bei mir, die Paule mir gemacht hat", seufzte sie.
"Ich bin morgen früh um 6 Uhr hier. Wir haben eine etwas längere Fahrt. Mehr oder weniger. Ich lass dir, auch wenn ich es vermutlich bereuen würde, deine Knarre hier, wo auch immer du die her hast und dann sehen wir uns morgen."
"Was ist, wenn ich sterbe?", wollte sie wissen.
"Wirst du nicht. Schmeiß einfach alle paar Stunden eine Pille rein und überlass dich dir selbst. Und bitte nerv mich nicht, mit irgendwelchen Anrufen, oder weiß der Geier was."
"Du wirst nichts weiter Marco erzählen, oder?", fragte Alysha mich.
"Pff", meinte ich schulterzuckend. "Ich habe keine Geheimnisse vor meinem Mann."
"Ah, na klar."
"Spar dir deinen Sarkasmus. Du bist hier schließlich die Hinterfotzige von uns beiden", brummte ich sauer und verließ die Wohnung.
Ich war erstaunt, dass Marco mich nicht fragte, was passiert ist. Er saß einfach nur mit meiner Schwester in der Küche.
"Und?", wollte Janu sofort wissen.
"Ich mache drei Kreuze, wenn die endlich aus meinem Leben verschwindet", bemerkte ich genervt und setzte mich an den Küchentisch- direkt neben meinen Mann. Dieser trank einen Schluck von seinem Kaffee und blickte zu mir. "Marcel hat's mir schon erzählt. Wie willst du sie hier rausschaffen?"
"Hubert wird sie morgen nach Mexiko fliegen. Gleich morgen früh, kann sie dort für Unruhe sorgen."
"Mexiko, ein hartes Pflaster", bemerkte Janu. "Das wird sie nicht überleben. Jedenfalls nicht lange."
"Hoffentlich", kam es von meinem Mann. "Irgendwann reicht es auch, dass sie immer Schuld daran ist, dass in meiner Familie was ist. Sei es meine Frau, oder Curtys. Oder Marcel."
Ich nickte. "Ich hatte einen ziemlich harten Tag hinter mir. Ich leg mich schlafen."
"Ja, ich komme mit", nickte mein Mann.
"Hast du was von unserem Sohn gehört?", fragte ich Marco als wir eine halbe Stunde später im Bett lagen. Ich hatte vorher nach Aleyna geschaut, aber die war seelenruhig am schlafen.
"Er ist gut angekommen und die haben schon für ordentlich Chaos gesorgt."
"Solange die nicht rausfliegen und Familie Reus ein lebenlang Hausverbot dort hat, ist alles noch im Rahmen."
"Stimmt", nickte Marco und zog mich zu mir. "Versprichst du mir was?"
"Was denn?"
"Ja, oder nein?"
"Ja."
"Wenn Alysha weg ist, dann machst du keine Scheiße mehr? Die ganzen Waffen kommen weg?"
"Das werde ich dir versprechen, mein Schatz." Ich schaute Marco tief in die Augen und dieser nickte zustimmend.
"Du bist heute irgendwie ein Wackeldackel, oder?"
"Joah", schmollte er und schmiss sich in sein Kissen. "Komm her." Er streckte die Arme nach mir aus und ich legte mich neben ihn, kuschelte mich an seine Brust heran und genoss seinen langsamen, aber irgendwie doch aufgeregten Herzschlag.
"Ich liebe dich", flüsterte ich.
"Ich liebe dich auch", entgegnete ich.
***
Mein heißgeliebtes Sony Xperia hatte gestern Abend auf der schnelle das Whirlpool-Territorium von Spaghetti kennengelernt und dabei einen dreifachen Rittberger hingelegt. Kapitel 77 bis 80 dürfen doch noch mal neu geschrieben werden. Yeih.
***
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top