Ziam - Wölfe (Teil 2)

Zayns Pov

Mit geschlossenen Augen lag ich einfach dort, ließ mir die Sonne aufs schwarze Fell scheinen und genoss die Ruhe. Ich war eine lange Zeit allein durchs Land gereist. Außer Liam hatte ich Niemanden gehabt und selbst Liam konnte ich nur wenige Tage im Jahr sehen. Zwischen den einzelnen Revieren gab es freie Flächen, die Niemanden gehörten. Durchreisende wurden dort geduldet, jedoch nur für kurze Zeit. Hielt sich ein fremder Wolf zu lange in der Nähe eines Revieres auf, konnte es schnell passieren, dass das Rudel eine böse Absicht befürchtete und man deswegen angegriffen wurde, obwohl man überhaupt nichts getan hatte. Ich hatte es ihnen nie über genommen, denn sie taten es nur um ihre Liebsten zu schützen, dennoch hatte ich meine Beziehung enorm erschwert. Ich wollte am Liebsten jeden einzelnen Tag mit Liam verbringen, doch musste ich mich regelmäßig für einige Wochen vom Revier seines Rudels entfernen. Schließlich konnte Liam mich vor zwei Monaten überreden zu bleiben. Ich wurde Teil des Rudels, was niemanden zu stören schien. Ich wurde von allen Rudelmitgliedern mit offenen Armen empfangen. 

In den letzten zwei Monaten habe ich mich gut eingelebt und musste schnell feststellen, dass hier einiges anders ablief als in meinem alten Rudel, welches ich verlassen hatte ... wenn auch nicht ganz freiwillig. Ich war noch nie Jemand gewesen, der sich durch Regeln gerne einschränken ließ. Ich brauchte meine Freiheit. Natürlich gab es auch in diesem Rudel Regeln, doch dienten diese nur dafür, dass das gemeinsame Leben nicht im Chaos endete. Jede durfte noch eigene Entscheidungen treffen. 

  "Sind sie noch nicht wieder zurück?", riss mich Nialls Stimme aus meinen Gedanken. Ohne den Kopf vom Boden zu heben, öffnete ich die Augen und blickte zum hellgrauen Wolf auf. 

  "Sie sind doch gerade mal vor zehn Minuten losgegangen. Du weist doch selbst, dass die Grenzkontrolle mindestens eine halbe Stunde dauert", merkte ich an. 

  "Stimmt", gab Niall zurück, wobei er sich zögerlich mit etwas Abstand neben mich setzte. Kurz musterte ich ihn, während er Richtung Waldrand blickte, ehe ich meine Augen wieder schloss. "Heute ist wirklich schönes Wetter", meldete sich Niall nach einem kurzen Moment der Stille. Ich brummte lediglich zustimmend. 

Niall versuchte krampfhaft eine Freundschaft mit mir aufzubauen. Er wollte, dass ich ihn mochte, was vermutlich vor allem daran lag, dass einer seiner besten Freunde mein Partner war. Bei seinen Versuchen mir näher zu kommen, stellte Niall sich jedoch ziemlich tollpatschig an. Ich hatte nichts gegen ihn, aber ich würde uns nicht als Freunde bezeichnen. Wir waren einfach zu unterschiedlich. Zudem war ich einfach keine Person, die schnell Vertrauen fasste. 

  "Heute ist Vollmond", durchbrach Niall die aufgekommene Stille, weswegen ich ein Seufzen unterdrückte. Hinter mir ertönte ein Lachen. 

  "Nervst du Zayn wieder?", ertönte Louis amüsierte Stimme, während er sich in Menschengestalt einfach auf meinen Rücken setzte. 

  "Louis", beklagte ich mich. Doch statt runter zu gehen, legte er sich auf mir hin und begann durch mein Fell zu streichen. Da die Streicheleinheit alles andere als unangenehm war, beschwerte ich mich nicht weiter. 

  "Ich nerv ihn gar nicht. Richtig, Zayn?" Ich antwortete Niall nicht. 

  "Zustimmung sieht anders aus", stellte Louis fest, der unsere Stimmen dank Telepathie in seinem Kopf hört, uns jedoch laut antwortete. 

  "Ach und du nervst ihn nicht?"

  "Ich bin sein bester Freund, ich darf ich nerven."

  "Seit wann bist du denn mein bester Freund?", hakte ich nach. 

  "Halt die Klappe und stell unsere Freundschaft nicht in Frage", erwiderte Louis. Tatsächlich blieb ich Still und auch Louis schien einfach die Sonne zu genießen, was Niall jedoch scheinbar zu langweilig war. 

  "Darf ich dich was fragen, Zayn?", fragte er vorsichtig nach, weswegen ich schon ahnte, in welche Richtung die Frage gehen würde. Bisher hatte ich nur mit Liam, Louis und Paul, dem Alpha des Rudels, über meine Vergangenheit gesprochen. Mir war bewusst, dass sich auch die anderen Rudelmitglieder für meine Geschichte interessierten, doch hatte sie mich nie gefragt und ich hatte nie einen Grund gehabt, sie von mir aus zu erzählen. Seufzend öffnete ich die Augen, um Niall wieder anzusehen, was dieser als Zustimmung sah. "Wo hast du gelebt, bevor du zu uns gekommen bist? Warum hast du dein Rudel verlassen?"

  "Das ist eine lange Geschichte", versuchte ich mich rauszureden. 

  "Wir haben doch noch Zeit bis Liam und Harry wiederkommen", versuchte der graue Wolf mich zu überreden. 

  "Das ist keine Sonnenschein-Geschichte", half Louis mir. Er kannte meine Geschichte bereits und wusste dementsprechend, dass es mir nicht leicht fiel darüber zu sprechen. 

  "Aber ...", setzte Niall an, wurde jedoch direkt von Louis unterbrochen. 

  "Zayn wird dir eines Tages schon alles erzählen, aber wenn er gerade nicht möchte, kannst du ihn nicht zwingen." Niall seufzte enttäuscht, gab jedoch auf. 

Natürlich waren ihm all die Narben aufgefallen, die meinen Körper zierten. Gerne würde ich erzählen können, dass ich sie bei einem waghalsigen Kampf erhalten haben, weil ich versucht hatte, Jemanden zu retten. Doch die Wahrheit war leider, dass mein Rudel mich verstoßen hatte und mich vorher grausam zugerichtet hatte. Es war ihnen egal gewesen, ob ich sterbe. Vielleicht hatten sie sogar die Hoffnung, dass genau das passieren würde. Da Mord im eigenen Rudel jedoch nicht gerne gesehen wurde, hatten sie es nicht selbst zu ende gebracht. 

Ich war nie sonst beliebt im Rudel gewesen, weil ich mich den dutzenden Regeln nicht fügen wollte. Ich wollte eigene Entscheidungen treffen, weswegen ich den Zorn des Alphas auf mich zog. Dean war der grausamste Alpha, den ich jemals kennengelernt hatte. Für ihn war sein Rudel keine Familie, sondern Untertarnen über die er herrschte. Er wollte Macht. Das Einzige was für ihn zählte, war er selbst. Über die Jahre hatte er sich mehrere Frauen ausgesucht und diese zu seinem Eigentum ernannt. Wurde ihm eine von ihnen irgendwann zu langweilig, gab er sie halt an einen seiner Diener, wie ich sie immer genannt hatte, ab. Seiner Diener übernahmen wichtigere Aufgaben als die restlichen Mitglieder. Ihnen vertraute Dean, was jedoch noch lange nicht bedeutete, dass er sie auch respektierte. Er nutzte sie aus. 

Ich hatte das Leben in dem Rudel, in welchem ich geboren war, schon immer gehasst. Dean war ich schon seit längerer Zeit ein Dorn im Auge, weil ich seine Entscheidungen hinterfragte oder es sogar wagte, eigene Entscheidungen zu treffen. Schließlich hatte ich den Bogen einmal zu häufig überspannt und wurde aus dem Rudel verbannt. 

Doch es reichte Dean nicht mich einfach nur fortzuschicken. Stattdessen hetzte er mir seine Diener auf den Hals, die mich mitten in der Nacht angegriffen hatten. Ich hatte keine Chance mich zu wehren, da sie zu siebt waren. Es hatte sich angefühlt, als würden sie mich komplett zerfleischen wollen. Immer wieder hatte ich ihre Krallen und ihre Zähne tief in meiner Haut gespürt. Irgendwann war ich bewusstlos geworden. Als ich wieder zu mir gekommen war, lag ich noch immer schwer verletzt und mehr tot als lebendig mitten im Wald. Zwar wusste ich es bis heute nicht mit Sicherheit, doch ging ich fest davon aus, dass sie mir noch irgendeinen Trank oder ein Kraut eingeflößt hatten, da meine Wunden einfach nicht richtig heilen wollten. Tagelang konnte ich mich nicht bewegen ohne vor Schmerz zusammenzubrechen. 

Ein Einzelgänger hatte ich gefunden und entschlossen mir zu helfen. Er blieb in meiner Näher und versorgte mich mit dem Notwendigstem. Als ich jedoch wieder fit genug war, um mich selbst zu versorgen, trennten sich unsere Wege. Hätte er mich damals nicht gefunden, wäre ich sicherlich gestorben. 

Ich begann schnell mich ans Leben als Einzelgänger zu gewöhnen und genoss die Freiheit, die man mir solange verwehrt hatte. 

Nach einigen Monaten traf ich Liam, der beim Jagen das Revier verlassen hatte. Er war so auf seine Beute fixiert gewesen, dass er mich im ersten Moment gar nicht bemerkt hatte. Seit der ersten Sekunden hatte er mich in seinen Bann gezogen. Obwohl ich es mir im ersten Moment nicht eingestehen wollte, ließ sich nicht bestreiten, dass ich meinen Seelenverwandten gefunden hatte. Liam realisierte meine Anwesenheit erst, nachdem er seine Beute erlegt hatte. Kaum war das Adrenalin etwas abgeklungen, war er zu mir herum gewirbelt. Für einen kurzen Moment hatte er Kampfhaltung eingenommen, nur um diese direkt wieder fallen zu lassen. Eine Weile hatten wir uns einfach nur angesehen, bevor wir uns einander langsam genähert hatten. Es war von uns beiden ein vorsichtiges herantasten. Danach ging alles ziemlich schnell. 

Wir begannen einander komplett zu vertrauen, obwohl ich mir bis zu dem Moment sicher war, dass ich niemals wieder jemanden vertrauen können würde. Liam bewies mir das Gegenteil. Ich konnte gar nicht anders als ihn in mein Leben und vor allem in mein Herz zu lassen. Mit ihm fühlte sich das Leben viel leichter an, obwohl es in Wahrheit eigentlich komplizierter geworden war. Liam wollte sein Rudel nicht verlassen und ich wollte kein Mitglied seines Rudels werden, weswegen wir uns nur wenige Tage sehen konnten, um uns dann wieder für mehrere Wochen zu verabschieden. Die Zeit ohne Liam war grausam, doch die schlechten Zeiten waren wie weggeblasen, wenn er dann wieder bei mir war. 

Vor zwei Monaten hatte Liam es dann geschafft mich zu überreden. Ich schloss mich seinem Rudel an und hatte es bis heute nicht bereut. Das Rudel war das komplette Gegenteil zu meinem damaligen Rudel. Es herrschte ein familiäre Stimmung, die ich so noch nie erlebt hatte. Natürlich gab es hin und wieder mal Streitigkeiten, aber wenn es ernst wurde, waren alle füreinander da. Mein Stolz ließ es nicht zu, dass ich offen zugab, dass ich das Leben in diesem Rudel genoss. Liam schien es dennoch zu wissen. 

Ein Knurren durchbrach die erstaunlich lang angehaltene Stille. Ich hob den Kopf und blickte zunächst zu Niall, der verschlafen blinzelte. Kein Wunder dass es so Still geblieben war, scheinbar war der graue Wolf eingeschlafen. 

Erneut ertönte das Knurren, jedoch näher als zuvor. Auf meinem Rücken regte sich nun auch Louis, der sich scheinbar aufsetzte. Mein Blick glitt in Richtung des Knurren, welches scheinbar von Harry stammte. Der graue Wolf sah mich bedrohlich an, als würde er sich jeden Augenblick auf mich stürzen. Louis Gewicht verschwand von meinem Rücken. Im nächsten Moment erschien er in Wolfsgestalt in meinem Blickfeld. Er lief zu Harry, um seinen Kopf sanft mit seinem eigenen anzustoßen. Statt die sanfte Geste zu erwidern, biss Harry in Louis Nacken, der deswegen ein Fiepen von sich gab und zu Boden sackte. Kaum berührte Louis den Boden, ließ Harry von ihm ab. Er warf mir noch einen bösen Blick zu, ehe er sich mit seinen Vorderpfoten, sowie einem Teil seines Vorderkörpers auf seinen Partner legte und versöhnlich über die zuvor gebissene Stelle leckte. Der weiße Wolf legte seinen Kopf auf seinen Pfoten ab. Er kannte Harry und seine Eifersucht besser als jeder andere von uns. 

Deutlich amüsiert legte sich Liam in seiner Wolfsgestalt dicht neben mich. 

  "Der Eine missbraucht mich als Unterlage, der Andere knurrt mich an, obwohl ich derjenige bin, der ausgenutzt wurde ... Wie hältst du es bloß mit den Beiden aus?", erkundigte ich mich, konnte mir dabei jedoch ein Grinsen nicht verkneifen.  

  "Mit ihnen wird es halt nie langweilig", gab Liam zurück, während ich mich wieder gemütlich hinlegte. Der braune Wolf rutschte noch etwas näher zu mir, um mir über die Schnauze lecken zu können. 

  "Nicht dass es dir irgendwann mit mir zu langweilig wird."

  "Es gibt ja ausreichend Beschäftigungen, damit das niemals passiert. Wir könnten zum Beispiel heute Abend, wenn wir im Bett liegen ..." 

  "Stopp!", unterbrach Niall Liam panisch und sprang auf. "Ich will das nicht wissen." Eilig entfernte er sich von uns. 

  "Sonst ist er doch immer so neugierig", meinte ich, wobei ich ohne den Kopf zu heben zu Liam sah. 

  "Ich denke Harry und Louis haben ihn, was das Thema angeht, mehr als nur einmal verstört und jetzt geht er lieber kein Risiko mehr ein."

  "Also ich würde das Risiko eingehen", informierte ich meinen Partner, wobei ich meine menschliche Gestalt einnahm. 

  "Das ist gut zu wissen", gab Liam zurück, der im nächsten Moment ebenfalls als Mensch vor mir saß und seine Lippen zunächst sanft auf meine legte. Genüsslich seufzte ich und schlang meine Arme um seinen Nacken. 

Dieser Mann war es auf jeden Fall Wert das Leben als Einzelgänger aufzugeben. 

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