Wie? | Larry


Wie fühlt es sich an, wenn du es bist, der ihn zum Lachen bringt, wie er es bei mir nie tun würde?
Wie fühlt es sich an, wenn er deine Hand hält als hätte er wirklich Angst, dass du plötzlich verschwindest? Als hätte er Angst dich zu verlieren.
Wie fühlt es sich an, wenn er dich mit diesem Blick anschaut, der seine Augen glitzern lässt, als wärst du das Kostbarste auf der Welt?
Wie fühlt es sich an, wenn du dich abends an seine warme Brust kuschelst und er dir liebevolle Küsse auf's Haar drückt, durch deine langen braunen Strähnen streicht?
Wie fühlt es sich an, wenn du derjenige bist, an dessen Schulter er sich traut zu weinen und zu schluchzen, als wäre er wieder fünf Jahre alt und auf dem Fußballfeld zu hart gestürzt?
Wie fühlt es sich an zu wissen, dass er immer zuerst zu dir kommen wird um über die Dinge zu reden, die ihn beschäftigen und abends den Schlaf rauben?
Wie fühlt es sich an, wenn du weißt, dass auch er dir immer zuhören wird, dass er dich halten wird, wenn deine Welt bricht und deine Ängste dich zu überwältigen drohen? Wenn alles um dich herum schwarz erscheint und er die einige Farbe ist.

Wie fühlt es sich an seins zu sein?

Es ist eine seltsame Frage. Vielleicht ist sie selbstsüchtig und besitzergreifend und dumm.
Aber ich stelle sie mir jeden Tag. Jeden verdammten Tag, wenn er meine Hand hält als wäre sie nichts, wenn sein Blick durch mich hindurchgleitet und meine Worte ungehört an ihm abprallen. Wenn er lächelt weil er muss, aber nie weil er will. Wenn er seine Maske aufsetzt, die ich nicht zu durchdringen vermag. Wenn er seine Lippen auf meine legt und im Kopf doch bei dir ist. Wenn ich ihn deinen Namen flüstern höre, nach jedem falschen "Ich liebe dich".
Denn du bist sein ein und alles. Sein Sonnenschein, der Mittelpunkt seiner Welt, in die ich so gerne Einlass hätte. Schon seit unserem ersten Treffen hatte ich das Gefühl, dass er mich nicht sonderlich mag. Es begann mit Blicken und abwehrenden Gesten.
Bis er mir eines Abends all die Wahrheiten an den Kopf schleuderte, die ich nie hören wollte. All die Dinge, die mein kleines hoffnungsvolles Herz in winzige Stücke zerbrachen.
Er machte sich nicht die Mühe sie aufzuheben. Stattdessen schnitt jeder einzelne Splitter tiefer in meine Haut, mit jedem geschrienen Wort, dass seinen Mund verließ.
Er sprach von dir.
Natürlich tat er das. Das tut er irgendwie immer, selbst wenn er es nicht bemerkt.
Er erzählte mir von all den Dingen, die ihr zusammen tut. Von all den Nichtigkeiten, die ich so gerne mit ihm geteilt hätte, von all den Worten, die ich so gerne von ihm gehört hätte. Von all den Nächten, die ich bei ihm liegen wollte. Von ihm weiß ich welchen Tee du am liebsten trinkst, dass du nie weniger als zwölf Minuten im Bad brauchst und deine Haare nach Honig und Verführung riechen. Ich weiß wann ihr euch das erste Mal geküsst habt und in welchem Restaurant er dir den Antrag gemacht hat. Ich weiß wonach die Kerzen gerochen haben in eurer ersten gemeinsamen Nacht, und dass ihr das Geschirr deiner verstorbenen Großmutter in eurer gemeinsamen Wohnung stehen habt. Ich weiß was dein Lieblingsfilm ist, und dass du bei Titanic immer an der selben Stelle anfängst zu weinen.
Ich weiß so viel über dich, dass es nur noch mehr schmerzt zu wissen, dass er mir nahezu nichts über sich erzählt. Ich würde nicht mal seinen Zweitnamen kennen, hätte ich ihn nicht auswenig lernen müssen. Ich weiß auf welcher Schule er war und wann wir uns angeblich kennengelernt haben, aber nicht wie es ist, wenn seine Finger sanft und voller Hingabe über deine Haut streicheln. Ich weiß welche Fußballmannschaften er hasst, weil sie auf der Liste von Dingen stehen, die ich niemals öffentlich unterstützen darf. Aber ich kenne nicht die Art wie er die Nase hochzieht und die Lippen spreizt, wenn er ehrlich lacht oder wie er direkt nach dem Aufwachen aussieht. Ich weiß welche Marke er am liebsten trägt, damit ich mein Outfit passend dazu stylen kann, und doch habe ich keine gottverdammte Ahnung was die Dinge sind, die er am liebsten auf der Welt tut. Es sei denn sie haben mit dir zu tun. Alles was ich über ihn weiß hat irgendwie mit dir zu tun.
Und jedes Mal wenn er deinen Namen mit dieser rauen Stimme sagt, die so sehr vor Liebe tropft, wird der Druck auf meinem Brustkorb stärker. Ich weiß, dass ich keine Chance bei ihm habe, weiß, dass alle Hoffnungen und Bemühungen ihn für mich zu begeistern umsonst sind. Ich weiß es seit jenem Abend, als er zu betrunken war um sich um andere als dich zu scheren. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch nicht mal ob er sich daran erinnert mir von euch erzählt zu haben. Wenn, dann lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er ist ein guter Schauspieler, fast so gut wie ich. Und doch ist sein Gerüst früh vor mir zusammen gefallen. Alkohol macht die Zunge locker und den Kopf nebelig.
Er hat mir eure Liebe in den schönsten Tönen beschrieben, hat geschwärmt und getobt, als ich gewagt habe ihn zu bitten zu gehen, weil ich deinen Namen nicht mehr ertragen habe aus seinem Mund zu hören.
"Warum sollte ich gehen?", hat er mich angeschrien. "Du verschwindest doch auch nicht einfach! Scheiße, heute ist unser Hochzeitstag und ich muss hier mit dir rumhängen, weil das scheiß Management es so will! Dabei sollte ich stattdessen ihn im Arm halten. Ich sollte ihn küssen und ihn lieben und nicht meine Zeit mit dir vergeuden müssen!" Dann ist er weinend auf einem Stuhl zusammengebrochen. Ich habe versucht ihm die Tränen wegzuwischen, doch er wehrte mich starr ab. Meine eigenen Tränen hatte er nicht bemerkt, vielleicht waren sie ihm auch einfach genauso egal wie ich.
In jener Nacht fiel mein Leben als Scherbenhaufen in sich zusammen und ich konnte absolut nichts dagegen tun. All die Lügen lagen auf einmal klar vor mir und die Fesseln um uns beide zogen sich fester und fester, drohten mich zu ersticken. Vielleicht haben sie das. Vielleicht bin ich an diesem Abend in meiner Küche ein kleines bisschen gestorben.
Heute fühlt sich der Schmerz nur noch dumpf an. Ich betäube ihn mit falschem Lächeln und leeren Worten. Ich verdränge und versuche mit meinem eigenen Leben abzuschließen. Dabei sollte es jetzt erst beginnen.
Hätte ich es gewusst, von Anfang an gewusst, dass sein Herz längst an jemand anderen vergeben war, hätte ich diesen Vertrag niemals unterschrieben. So sehr ihr mich dafür hassen mögt, in diesem Teil bin ich unschuldig. Ich dachte ich würde eine leere Stelle besetzen, doch sie war längst von dir ausgefüllt.
Es tut mir leid.
Es tut mir leid, dass ich Teil eures Leids geworden bin und es tut mir leid, dass ich nicht über ihn hinweg komme, obwohl er nie mir gehört hat. Obwohl er schon immer von deinen sicheren Armen gehalten wurde. Ich wünschte ich könnte dich hassen wie er mich hasst. Ich wünschte du wärst ein Ekel, eine furchtbare Person, damit ich ihn aus deinen Fängen retten könnte. Aber du bist wohl das Beste, was ihm jemals passiert ist. Und das tut weh, denn ich kann dich nicht hassen und ich kann ihn nicht retten, denn bei dir ist er glücklicher als ich ihn je gesehen habe. Bei dir ist er er selbst. Bei dir lebt er. Und so sehr mein Herz dabei blutet weiß ich, dass du ihn genauso liebst wie er dich. Dass ihr füreinander geschaffen seid, und dass ich die Böse in diesem Spiel bin, obwohl ich es nie sein wollte. Ich bin die gemeine hinterhältige Frau, die sich zwischen eine so reine Liebe stellt.
Dabei bin ich selber nur ein einsames Mädchen auf der Suche nach ein wenig Zuneigung. Es tut mir leid sie beim Falschen gesucht zu haben.
Und auch wenn es nie mein Verdienst war oder sein wird, so hoffe ich doch, dass er jetzt glücklich ist. Bestimmt liegt er in deinen Armen und küsst dich wie er es schon vor einem Jahr tun sollte, als er stattdessen in meiner Küche zusammengebrochen ist. Ich hoffe du wirst ihn niemals so verletzen wie es allein meine Anwesenheit tut. Er ist kostbar. Er verdient die Welt und so viel mehr als das und ich vertraue darauf, dass du sie ihm zu Füßen legen wirst. Dass du ihn lieben wirst wie ich es nicht kann, und dass du ihn stützen wirst wie ich es niemals werde. Denn er liebt dich. Und wenn ich nicht alles in meinem Leben falsch eingeschätzt habe, dann liebst du ihn auch. Mehr als ich es je könnte. Denn du kennst seine kleinen Ecken und Kanten und nicht nur den glatten Eisklotz, wie ich.
Ich wünsche euch nur das beste für die Zukunft. Es ist ein bittersüßer Abschied, wie ein Pflaster, dass man von einer noch nicht ganz verheilten Wunde abzieht. Aber ich denke es ist das Richtige. Tu mit diesem Brief was du willst. Zerreiß ihn, verbrenne ihn, schmeiß ihn weg. Es ist deine Entscheidung, euer Leben. Ich wünsche euch alles Glück der Welt zu eurem wohl vierten Hochzeitstag.

~gezeichnet Eleanor

29. Juli 2020

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