Different | Larry AU

Vorsichtig setzt Harry die Spitze seines Bleistifts auf das Papier. Zunächst sind die Striche noch zögerlich gesetzt, aber mit der Zeit werden sie immer sicherer. Konzentriert ist sein Blick auf sein Skizzenbuch geheftet, auf dem jetzt immer deutlicher ein Gesicht entsteht. Mit gezielten Strichen entstehen Nase und Augen. Das Gesicht ist fast fertig. Nur der Mund fehlt mal wieder. So wie eigentlich immer.

„Hängst du schon wieder am Mund fest?" fragt plötzlich eine Stimme ganz nah an seinem Ohr und Harry zuckt automatisch zusammen. Erschrocken fährt er herum und blickt in das Gesicht seines Freundes.                                     „Kein Grund zur Panik. Ich bin's nur." lächelt Louis liebevoll. „Du weißt, dass ich mich immer erschrecke, wenn du dich so anschleichst." murmelt Harry in den Kragen seines Mantels und richtet seinen Blick wieder auf die Zeichnung vor ihm. 

„Bekomme ich keinen Begrüßungskuss?" lacht Louis und mustert Harry gespielt beleidigt. Dieser schüttelt den Kopf und beißt sich feste auf die Unterlippe, um sein Lächeln zu verbergen. Demonstrativ beginnt er wahllos feine Linien zu den eigentlich bereits vollendeten Gesichtszügen zu ergänzen. Er will wenigstens so tun, als wäre er schwer beschäftig. 

Louis, der seinen Freund weiterhin beobachtet, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er weiß genau, dass Harry nicht ernsthaft böse auf ihn ist. Es ist einfach die Art des Jüngeren sich für die Späße, mit denen Louis ihm regelmäßig auf die Nerven geht, zu revangieren. Und Louis weiß genau, wie er Harrys Aufmerksamkeit und seinen Begrüßungskuss bekommt.

Vorsichtig, um Harrys Zeichnung nicht zu ruinieren, beginnt Louis seine Lippen sanft auf Harrys Wangen zu drücken. Der Jüngere versucht sein Grinsen hinter seinen langen Locken zu verbergen, aber Louis kann das leise Kichern hören.  Breit grinsend pickst er Harry in die Seite, der inzwischen den Stift zur Seite gelegt hat und sich dann  doch zu seinem Freund umdreht.

„Nicht mehr bockig?" erkundigt sich Louis und Harry schüttelt den Kopf und lässt sich bereitwillig in einen sanften Kuss verwickeln. Dann lässt sich Louis neben seinen Freund auf die Bank fallen. „Wie war dein Tag, Haz?"

Der Angesprochene schweigt einen Moment, bevor er schließlich antwortet. „Gut. Dr. Halley mochte meine Skizzen." Harry spricht ganz leise und bei der Erinnerung an das Lob seiner Kunstprofessorin schleicht sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. Louis liebt diesen Ausdruck. 

„Ich hab dir doch gesagt, dass die Sachen super sind." grinst er breit und Harry kichert leise. „Ja, aber du findest doch alles toll, was ich mache. Und so richtig viel Ahnung hast du nicht."
„Wie war das?" Louis zieht eine Augenbraue nach oben. Harry kichert wieder und Louis muss automatisch mit lachen. Er kann einfach nicht anders. Sanft küsst er seinen Freund wieder und wispert „Ich liebe dich, Haz." kurz bevor sich ihre Lippen berühren. Harrys Wangen werden rot, so wie eigentlich immer, und er murmelt ein leises „Ich dich auch!"

Einen Weile sehen sie sich einfach nur schweigend in die Augen, ohne ein Wort zu sagen und genießen die Anwesenheit des Anderen. Um sie herum wird dämmert es langsam und die untergehende Sonne taucht den ganzen Park um sie herum in ein goldenes Licht. „Magst du die Zeichnung noch fertig machen, bevor wir nach Hause gehen?" fragt Louis leise und Harry nickt, bevor er sich konzentriert über das Skizzenbuch auf seinem Schoß beugt. Louis beobachtet lächelnd, wie Harrys immer wieder zwischen Louis Gesicht und dem Papier hin und her wandert. 

„Bleib so." bittet Harry und Louis tut ihm den Gefallen. Er ist oft Harrys Model. Eigentlich immer, wenn dieser außerhalb der Uni zeichnet. „Was sagt Dr. Halley eigentlich dazu, dass du zu 95% nur mich zeichnest?" fragt Louis und erhält sofort einen bösen Blick von Harry. „Bleib so, hab ich gesagt." Louis brummt entschuldigend und tippt Harry dann mit dem Fuß an, als dieser zunächst nicht antwortet.

„Sie mag die Skizzen. Sie sagt, ich sehe glücklicher aus, wenn ich dich zeichne und die Zeichnungen sind lebendiger, als meine anderen." murmelt Harry schließlich. „Sie sagt, man kann die Gefühle zwischen zwei Menschen immer in den Bildern des Künstlers sehen und das findet sie gut." Zu gerne würde Louis Harry über diese Gefühle ausquetschen, aber dafür würde er bestimmt wieder nur einen bösen Blick erhalten und außerdem weiß er, dass Harry nicht besonders gut über solche Themen reden kann.

Harry ist einfach anders, als die meisten Menschen. Und deshalb liebt ihn Louis auch so sehr. Der Grünäugige ist zwar bereits 21 und studiert seit zwei Jahren Kunst, aber ist einfach sensibler als die Anderen in seinem Alter. Er redet nicht so viel und wenn, dann nur sehr leise. Harry braucht einfach etwas mehr Fürsorge. Er ist nicht gerne unter Menschen und vermeidet jegliche Art von Kontakt mit Fremden. Und er braucht lange, um Vertrauen zu anderen aufzubauen. 

Als Louis Harry das erste Mal gesehen hat, war dieser sofort fasziniert von dem Jungen, der irgendwie so anders war, als die anderen. Harry weckt in Louis eine Seite, die dieser so sonst nicht von sich kennt. Louis ist immer laut und fröhlich, ist gerne unter Menschen und quasi mit jedem befreundet, mit dem er einmal gesprochen hat. Aber bei Harry ist es anders.

Louis wird immer ganz ruhig, wenn er bei Harry ist und Harry taut jedes Mal auf, sobald er die Anwesenheit von Louis spüren kann. Louis weiß, dass man sanft mit Harry umgehen muss und weiß, wann es ihm zu viel wird. Er beschützt Harry vor der Welt, die viel zu laut und viel zu dunkel für den Jüngeren ist. Und Harry hilft Louis runter zu kommen und sich selbst über allem nicht zu verlieren. 

Das das zwischen den Beiden etwas besonderes ist, spürt jeder, der etwas länger Zeit mit ihnen verbringt. Man sieht ihnen ihr Glück nicht nur an, man spürt es in der Art, wie Harry und Louis miteinander umgehen. Louis selbst ist immer wieder erstaunt, wie sich Harry öffnet, wenn die beiden zusammen sind. Nach der Highschool sind die beiden sofort zusammen gezogen. Louis studiert jetzt Sowi und Sport auf Lehramt.

Für ihn war auch von Anfang an klar, dass Harry Kunst studieren würde. Es war zwar einiges an Überzeugungsarbeit nötig, bis er den Jüngern zum Kunststudium überredet hatte, aber umso glücklicher macht es ihn jetzt Harry bei seinen Projekten zu beobachten, die er für die Uni anfertigte und natürlich Bestnoten dafür erhält.

„Fertig?" fragt Louis schließlich, als sein Gegenüber den Bleistift zur Seite legt. Vorsichtig hält er Louis das Skizzenbuch hin und dieser kann mal wieder nur mit offenem Mund über  Harrys Talent staunen. Ihm blickt ein so perfektes Abbild seiner selbst entgegen, dass er nicht glauben würde, dass es eine Zeichnung ist, wüsste er es nicht besser. „Gefällt es dir?" fragt der Jüngere leise. Louis nickt. „Es ist wunderschön. Ich..." 

Harry lacht leise. „Das ist nur deinetwegen so. Du bist wunderschön. Sonst könnte ich das doch gar nicht zeichnen." Louis spürt förmlich, wie sein Herz hinweg schmilzt. Manchmal sagt Harry Sachen und Louis weiß genau, dass diese genauso gemeint sind, wie er es sagt. Genauso ehrlich und unschuldig, wie es klingt. „Du wirst rot." kichert der Jüngere jetzt und streicht Louis vorsichtig über die Wange.

Manchmal sieht Louis so zerbrechlich aus, dass Harry Angst hat nur ein Windstoß könnte ihn kaputt machen. Und Harry weiß, dass Louis dann am glücklichsten ist, wenn er so aussieht. Wegen ihm. Wegen dem verkorksten Lockenkopf, der er nun mal ist und der sein Herz irgendwie an den vorlauten und  immer fröhlichen Louis verloren hat. Und das macht ihn automatisch auch glücklich.

Als eine leichte Brise die Bäume um sie herum rascheln lässt und Harry eine leichte Gänsehaut verpasst, drückt dieser sich näher an seinen Freund. „Können wir nach Hause, Lou?" fragt Harry leise und der Älter fährt ihm lächelnd durch die Locken. „Alles, was du willst, Love." Harry packt das Skizzenbuch in eine der großen Taschen seines Mantels, bindet seine langen Locken in einen lockeren Dutt und schiebt den Bleistift in diesen. So macht er das immer und bringt Louis jedes Mal zum lächeln. Dieser greift jetzt nach Harrys Hand und verschränkt ihre Finger. 

Eine Weile laufen sie schweigend, dann fragt Harry leise „Wie war dein Tag eigentlich, Boo?" Louis Herz macht einen kleinen Satz. Egal, wie lange er schon mit Harry zusammen ist, diese eigentlich so alltäglichen Dinge machen ihn so unendlich glücklich. Weil er weiß, dass es nicht selbstverständlich für Harry ist. Wie lange Harry an sich selbst arbeiten musste, um so entspannt mit Louis zu reden und dabei seine Hand zu halten. 

Die Sonne ist inzwischen untergegangen und die Straßenlaternen spenden ein warmes Licht. Bereitwillig erzählt Louis von seinem Tag und Harry lacht über alle seine dummen Witze. Als sie schließlich in ihrer kleinen Wohnung sind und sich aus ihren Jacken geschält haben, drückt Harry Louis sein Skizzenbuch in die Hand. „Fang was Neues an. Ich mach noch Tee. Dann helfe ich dir." Louis lächelt in sich hinein und geht ins Wohnzimmer. Stifte und Farbe liegen sowieso in der ganzen Wohnung verteilt. Er wird schon was finden.

Es ist eines ihrer Rituale. Jeden Abend, wenn sie nach Hause kommen, setzt sich Louis ins Wohnzimmer und beginnt mit einer Skizze. Irgendwas, was ihm in den Kopf kommt. Harry kocht zwei Tassen Tee und kommt dann zu Louis, um die Skizze irgendwie zu retten. Denn Louis ist ein miserabler Zeichner. Harry amüsiert sich jedes Mal wieder über die ungelenken Zeichnungen seines Freundes, aber für ihn sind diese Zeichnungen trotzdem das schönste überhaupt. Aus Louis festen, ungelenken Strichen und Harrys feinen, gezielten Linien entstehen immer wieder kleine Kunstwerke, die nach und nach die Wände ihrer Wohnung gefüllt haben. Sie zeigen Louis und Harrys Geschichte. Vom Anfang bis jetzt. Und jeden Tag erweitern sie diese Geschichte um ein kleines Stück.

Louis hat bereits die Stehlampe neben dem Sofa und leise Musik angemacht und sitzt jetzt grübelnd über dem leeren Blatt, als Harry vorsichtig zwei dampfende Tassen zum Sofa balanciert und auf den Beistelltisch abstellt. Er wirft einen neugierigen Blick auf das Papier, sagt aber nichts. Seufzend fährt sich Louis durch die Haare. „Ich kann das einfach nicht, Haz. Du bist der Talentierte von uns." Harry mustert ihn mit schräg gelegtem Kopf und einem sanften Lächeln auf den Lippen. Louis startet diese Diskussion jeden Abend. Es gehört zu ihrer Routine.

Auffordernd sieht Harry seinen Freund an und drückt ihm schließlich einen Kuss auf die Wange. „Los jetzt."
Louis seufzt theatralisch und greift zu einem  Kohlestift, der auf dem Beistelltisch liegt. Mit dicken Linien beginnt er die Umrisse eines Baumes und einer Bank zu zeichnen. Als Erinnerung an den heutigen Nachmittag. Konzentriert zieht er die Stirn kraus und kaut auf seiner Unterlippe. „Nicht. Das gibt Falten." murmelt Harry und fährt mit dem Zeigefinger über Louis Stirn. 

Perplex hört dieser auf zu zeichnen und blickt seinen Freund an. „Woher hast du den Spruch denn schon wieder?" fragt er belustigt und beobachtet entzückt, wie sich Harrys Wangen rot färben und er hastig einen Schluck von seinem Tee trinkt. Einige Minuten später drückt Louis Harry dann das Skizzenbuch in die Hand. „Dann rette mal, was noch zu retten ist."

Harry schüttelt den Kopf und sieht sich suchend nach einem Bleistift um. „Hier, Love." Louis zieht ihm den Bleistift aus dem Dutt und hält ihn Harry hin. „Danke." Harry wird wieder rot. Er liebt die Spitznamen, die Louis ihm gibt und er schämt sich ein bisschen dafür, dass er nicht selbst an den Bleistift in seinen Haaren gedacht hat. Aber nur ein bisschen, weil es eben Louis ist, der neben ihm sitzt und ihn an den Stift erinnert. 

Harry weiß, dass Louis sich nicht über ihn lustig macht. Er lacht höchstens mit ihm. Liebevoll führt er Louis' anfängliche Versuche fort, ergänzt Schatten und bringt Leben in die Zeichnung. Louis hat den Kopf gegen die Schulter des Grünäugigens gelegt und verfolgt jede Bewegung des Stiftes genau. Er muss lächeln, als Harry zwei Personen andeutet, die auf der Bank sitzen. Eine große und eine etwas kleinere.

Schließlich legt Harry den Bleistift beiseite und greift nach einem schwarzen Fineliner, mit dem er sorgfältig seine Signatur in die untere rechte Ecke setzt. Er hält Louis den Stift hin und dieser tut es ihm gleich. Einen Moment betrachten sie schweigend ihr Kunstwerk und Louis ist mal wieder völlig fasziniert, wie aus seinen Zeichenversuchen so etwas schönes entstehen. 

„Lou?" unterbricht  Harry schließlich die Stille. „Mmh?" Louis richtet sich langsam auf und mustert seinen Freund. „Ich liebe dich." murmelt Harry leise und Louis Gesichtsausdruck wird ganz sanft. „Ich dich auch, Haz. Ich dich auch."

4. Dezember 2020

All the Love aada2018

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