9.
Yoongi's PoV.:
„Geht es dir wirklich wieder gut? Du weißt, dass du dir den heutigen Tag frei nehmen könntest...", sagte Seokjin besorgt an mich gewandt, während wir zum Speisesaal liefen. Mir stieg widerwillig die röte ins Gesicht und ich schüttelte den Kopf. „Das hast du mich bestimmt schon zehn Mal gefragt. Mir geht es immer noch gut, keine Sorge", antwortete ich dann. Am Anfang hatte mir seine Fürsorglichkeit noch gefallen und ich bin praktisch in der vielen Aufmerksamkeit geschwommen, aber mittlerweile wollte er einfach nicht aufhören mich mit Samthandschuhen anzufassen. Seit gestern Nachmittag, wo mir in dem Geschäft der Herrenmode urplötzlich Blut aus der Nase gelaufen war. Ich konnte mich noch gut an den metallischen Geruch erinnern und wie mir davon schwindelig geworden ist. Zusammengebrochen bin ich allerdings nicht. Dennoch war es mir nach wie vor unheimlich peinlich. Sowohl gegenüber von Seokjin, als auch vor Hoseok.
Letzterer hatte mich auf dem Weg zurück zum Auto gestützt und mir ständig neue Taschentücher in die Hand gedrückt, um die unaufhaltsame Blutung zu stoppen. Da ich mit der Situation deutlich überfordert gewesen war, vor allem, weil ich nicht wusste was genau mit mir passierte, hatte ich wie verrückt gezittert. Und es hatte auch erst aufgehört, als Taehyung mir im Life Companionship Center eine Beruhigungstablette gegeben hatte.
„Tut mir leid, ich mache mir nur Sorgen um dich. Du hast gestern echt erledigt ausgesehen", nuschelte Seokjin und seine Löffelohren knickten niedergeschlagen ein. „Ja, ich war ziemlich müde. Ich weiß auch nicht wieso, aber der Tag gestern war einfach aufregend... Hattest du schon mal Nasenbluten?", ich versuchte das Thema in eine andere Richtung zu lenken, in der Hoffnung die Stimmung des Älteren anzuheben. Es schien sogar zu funktionieren, denn seine Löffelohren stellten sich automatisch wieder hoch. „Ich hatte noch nie Nasenbluten, aber Jaehwan schon. Allerdings ist das beim Fußballspielen passiert – der Ball ist ihm direkt ins Gesicht geflogen", er schüttelte sich einmal unwohl, „Das sah total schlimm aus. Sein ganzes Nasenbein war angeschwollen gewesen. Aber wie du sicherlich weißt haben wir Hybriden einen äußerst schnellen Heilungsprozess und nach zwei Tagen sah er wieder vollkommen normal aus".
„Das ist echt praktisch", grinste ich.
„Schon, aber viele nutzen diese Kräfte von uns auch aus...", Seokjin presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. „Wie meinst du das?", hakte ich neugierig nach, doch er schüttelte schnell mit dem Kopf. „Vergiss, was ich gesagt habe. Lass uns lieber beeilen, ansonsten kommen wir noch zu spät zum Unterricht", und damit hüpfte er dann fröhlich voraus. Einen Moment lang überlegte ich wovon er geredet haben könnte, aber ich fand auf die schnelle keine Erklärung und beließ einfach dabei.
Als wir den Speisesaal erreichten, konnten wir bereits die anderen Schüler aus unserer Klasse sehen. Sie standen in der Küche, die direkt an dem großen Raum angrenzte und unterhielten sich lauthals miteinander. Scheinbar schien unsere Hauswirtschaftslehrerin noch nicht da zu sein.
„Gerade noch geschafft", keuchte Seokjin atemlos und zog mich hinter sich her, zu den anderen, „Frau Choi kann echt wütend werden, wenn wir zu spät kommen".
„Ist sie denn sonst nett?", fragte ich unsicher nach. Zwar hatte ich bis jetzt nur freundliches Personal im Life Companionship Center kennengelernt, aber es konnte natürlich auch Ausnahmen geben. „Sie ist nett, aber auch streng. Außerdem solltest du in ihrer Nähe keinen tiefen Atemzug nehmen, denn die Frau riecht unglaublich stark nach Parfüm. Davon fängt deine Nase an zu kitzeln und du musst niesen".
„O-Okay", stammelte ich.
„Wir glauben das sie so viel Parfüm aufträgt um den Geruch von Öl zu überdecken. Frau Choi ist nämlich dieselbe Frau, die auch unser Frühstück und Abendessen kocht. Sie steht ständig in der Küche und riecht demnach auch sehr streng nach-... Du weißt schon", winkte er ab und ich nickte. In meinem inneren hatte ich mir bereits eine Vorstellung von ihr gemacht; klein und dick, mit strengen Gesichtszügen, aber einem freundlichen Lächeln.
Überraschenderweise sah sie sogar genau so aus. Auf dem ersten Blick wirkte sie einschüchtern und ich war nach ihrem eintreten unbemerkt hinter Seokjin's breite Schultern gerückt, aber schon nach den ersten 15 Minuten ihrer Anwesenheit erkannte ich, dass sie gar nicht so gruselig war. Eigentlich empfand ich sie sogar als nett. Sie erklärte uns was wir heute machen würden – Zimtschnecken – verteilte dann das Rezept dafür und half uns sogar die Zutaten dafür rauszusuchen.
Wir arbeiteten in Zweiergruppen, weswegen es mir deutlich leichter fiel mich zurecht zu finden. Seokjin zeigte und erklärte mir alles, darauf bedacht mich nicht zu sehr zu überfordern. Bei der Zubereitung des Teiges wurde er dann wieder Überfürsorglich, ließ mich lediglich die Zutaten zusammen kippen. Mischen und kneten tat er sie. Ich war etwas enttäuscht deswegen, aber hatte auch keine Lust mit ihm zu diskutieren. Also sah ich schmollend dabei zu wie er die ganze Arbeit machte.
Ich verspürte dennoch unglaublichen Stolz, als ich nach zwei Stunden unser Endprodukt sah. Die Zimtschnecken waren goldbraun gebacken und rochen himmlisch süß. Mir lief augenblicklich das Wasser im Mund zusammen. Hätte Frau Choi uns nicht gesagt das wir mit dem Essen noch etwas warten sollen, weil es noch ziemlich heiß ist, wäre ich wohl wie ein Tier darüber hergefallen.
„Riecht gut, huh", grinste Seokjin mich an. „Aber sowas von gut. Ich glaube ich habe noch nie etwas so süßes gerochen", antwortete ich und musste aufpassen, dass ich dabei nicht sabbere.
„Ich hoffe sie schmecken auch gut... Ich will meine Zimtschnecke nämlich an Namjoon verschenken. Er hat mir mal erzählt wie gerne er Kuchen und Kekse isst, musst du wissen. Da dachte ich mir ist dies die perfekte Gelegenheit, um ihm eine kleine Freude zu machen", der Ältere schaute etwas verträumt, als er von dem Chef der Firma redete. Und zugegeben brachte es mich zum Nachdenken, denn seine Idee war gar nicht mal so schlecht. Ich würde meine Zimtschnecke zwar nicht an Namjoon verschenken wollen, aber dafür an Hoseok. Er hatte es verdient, nachdem er sich gestern so viele Sorgen um mich gemacht und mir geholfen hatte. Ein kleines Dankeschön wäre also nur angebracht.
„Weißt du ob Hoseok auch Zimtschnecken mag?", hakte ich zögerlich nach. Eine Weile lang sah Seokjin mich einfach nur mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann verfiel er in schallendes Gelächter. Die anderen Schüler um uns herum drehten sich verwirrt in unsere Richtung und mir wurde beschämt warm um die Wangen, bei all der Aufmerksamkeit die plötzlich auf uns lag. Schließlich beruhigte sich der Hasenhybrid wieder und kicherte ein: „Da bin ich mir ziemlich sicher".
Also aß ich meine Zimtschnecke nicht, obwohl ich ein unbändiges Verlangen nach ihr hatte. Ich ignorierte mein schmerzhaftes Magenknurren bis die Stunde zu Ende war und dann wickelte ich das Gebäck schnell in einer Servierter ein, um es nach oben zu Hoseok zu bringen. Seokjin begleitete mich dabei, immerhin wollte er zu Namjoon gehen.
Auf dem Obergeschoss angekommen, wurden wir allerdings an der kleinen Rezeption von einer hübschen Dame abgefangen. „Wo soll es denn hin gehen?", fragte sie nach, den Blick dabei neugierig auf unsere eingewickelten Zimtschnecken gerichtet. Ich versuchte ihr zu antworten, doch ihre Frage hatte mich in meiner Handlung so unsicher gemacht, dass ich kein einziges Wort herausbekam. „Ich möchte zu Namjoon und Yoongi möchte zu Hoseok", antwortete Seokjin schließlich, woraufhin ich verklemmt nickte. „Du solltest wirklich aufhören unseren Chef so zu verwöhnen", die Dame – dessen Namensschild Jung Wheein zeigte – schnalzte missbilligend mit der Zunge. Das Geräusch war nicht laut, aber es sorgte trotzdem dafür das ich erschrocken zusammenzuckte. Seokjin knurrte daraufhin warnend. „Das kann dir egal sein, eifersüchtige Schlange".
„Wie bitte?!".
„Komm Yoongi, wir gehen", er stieß meine Schulter an und animierte mich damit zum Weiterlaufen. Ich folgte ihm langsam. Das war vermutlich das erste Mal gewesen, dass ich Seokjin knurren gehört hatte. Er klang wahrlich gefährlich, wenn er das tat. Und obwohl er Wheein als eine eifersüchtige Schlange beleidigt hatte, wusste ich das er in diesem Moment genauso Eifersüchtig war. Ich konnte es riechen; wie seine Stimmung plötzlich finster wurde und er alles daran setzte seine Beziehung zu Namjoon zu schützen. Es war faszinierend, wenn auch ein bisschen befremdlich.
„S-Seokjin?", stammelte ich, als ich vor Hoseok's geschlossener Bürotür stehen blieb und der Ältere einfach weiterlief.
„Mh?", machte er und blieb schließlich ebenfalls stehen. „Gehen wir nachher gemeinsam nach unten?", hakte ich kleinlaut nach. Seokjin seufzte, lächelte sanft und nickte. Erleichterung durchflutete meinen Körper und ich erwiderte sein Lächeln breit. „Dann bis gleich".
„Bis gleich, Yoongi", und damit verschwand er dann auch schon in Namjoon's Büro. Ich warf noch einen letzten Blick zurück zu Wheein, ehe ich selber an der Tür vor mir anklopfte und hereintrat.
Hoseok saß wie gewohnt an seinem Schreibtisch, ein Haufen Papier neben ihm gestapelt. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt und sah absolut verzweifelt aus. Für einen Moment glaubte ich den falschen Augenblick erwischt zu haben, war drauf und dran wieder zu gehen, doch dann sah er auf und als er mich erkannte, lächelte er breit. Seine Lippen formten sich dabei zu einem Herz und der Anblick ließ mich jegliche Zweifel wegfegen.
„Hey", begrüßte ich ihn und trat an seinen Tisch vor. „Yoongi! Ich hatte nicht mit dir gerechnet, aber es ist schön dich zu sehen. Geht es dir gut?", fragte er aufmerksam nach. „Ja, mir geht es sehr gut", erwiderte ich. „Wirklich? Kein Nasenbluten mehr, oder Schwindelgefühle?".
„Nichts davon. Ich bin topfit", von seiner Fröhlichkeit angesteckt, fing ich an hin und her zu wippen. „Super, das freut mich. Gibt es irgendetwas über das du mit mir reden möchtest?", hakte er nach. „Nein", ich schüttelte den Kopf, biss mir einmal aufgeregt auf die Unterlippe, „Ich-... Ich bin eigentlich gekommen um dir das hier zu geben". Behutsam wickelte ich die rote Servierte um der Zimtschnecke ab und platzierte sie dann auf einer freien Fläche seines Tisches.
Hoseok's Mund öffnete sich staunend, während er das Gebäck betrachtete. „Ist das-...?", fing er ungläubig an. „Das ist für dich, als kleines Dankeschön wegen gestern. Wir haben eben gerade im Unterricht Zimtschnecken gebacken. Seokjin hat seine Zimtschnecke auch verschenkt", ich wusste nicht recht wieso ich den letzten Satz gesagt hatte. Ein kleiner Teil in mir schien sich für mein Handeln rechtfertigen zu wollen. Dabei gab es eigentlich keinen Grund dafür. Jemandem zum Dank ein Geschenk zu geben, war doch vollkommen normal, oder nicht?
„Yoongi, das ist wirklich lieb von dir. Ich glaube ich habe sowas noch nie bekommen", das Lächeln von Hoseok wurde noch breiter und innerlich hüpfte ich vor Freude und Stolz herum. Vielleicht war es doch ganz gut, dass ich gekommen war. Jetzt konnte er sich neben all dem Stress ein bisschen entspannen und etwas herzhaftes genießen.
Das Kapitel ist nach meinem eigenen Versuch an Zimtschnecken entstanden. Allerdings sind meine Zimtschnecken überhaupt nichts geworden und ich glaube ich musste diese Traurigkeit in mir füllen, indem ich ein Kapitel schreibe, wo sie was geworden sind xD
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