4.
Hoseok's PoV.:
Mein Büro sah größer aus, als es in Wirklichkeit war. Das lag vor allem an den zwei Fensterfronten, durch die ich sowohl auf unseren Parkplatz, als auch einen Teil des Gartens sehen konnte. An Tagen wie diesen, wo die Sonne am wolkenlosen Himmel schien, wurde der spärlich eingerichtete Raum mit goldgelbem Licht durchflutet und wärmte ihn wie von selbst. Nichtsdestotrotz roch auch hier die Luft etwas abgestanden und ich musste zu allererst eines der Fenster aufmachen, damit ich wieder vernünftig atmen konnte.
„Setz dich ruhig", forderte ich Yoongi auf und deutete auf einen ledernen Sessel, der vor meinem Schreibtisch stand. Währenddessen zog ich mein Jackett aus und hängte es ordentlich über meinen Stuhl. Dann ließ ich mich ebenfalls nieder, direkt gegenüber von dem Katzenhybrid. Dieser schien mittlerweile sichtlich unsicher, so verkrampft wie er seine Hände im Schoß knetete und dabei umherschaute. „Keine Sorge, du hast nichts angestellt. Jeder neue Hybrid bekommt an seinem zweiten Tag eine Sprechstunde mit mir", sprach ich beschwichtigend auf ihn ein und er atmete erleichtert aus. Irgendwie fand ich seine Zweifel amüsant, aber ich verkniff mir ein Kommentar dazu. Vermutlich hätte ihn das nur noch mehr eingeschüchtert.
„Also", fing ich an und lehnte mich auf meinem Schreibtisch zu ihm vor, „Wie geht es dir so?". Yoongi's Ohren zuckten einmal. „Gut, denke ich?".
„Denkst du?".
„Naja, es gibt nichts was mich schlecht fühlen lassen könnte. Mein Zimmergefährte ist nett, wenn auch ein bisschen aufdringlich... Die Betten sind bequem, das Frühstück war lecker und ich habe auch schon ein bisschen von eurer Firma gesehen. Ihr habt einen schönen Garten", den letzten Part nuschelte er schüchtern, was mich automatisch zum Lächeln brachte. Für einen Moment vergaß ich sogar die kleine Auseinandersetzung zwischen Namjoon und mir. „Ja, unser Garten ist wirklich schön. Im Sommer findet man dort häufig Schmetterlinge und Marienkäfer. Die anderen lieben es Insekten zu jagen", erzählte ich. „Das klingt nach einer Menge Spaß", erwiderte Yoongi grinsend.
„Vielleicht erwischt du ja auch mal einen. Der Garten steht für euch zu jeder Uhrzeit offen. Außer abends, denn gegen 20:00 Uhr ist Bettruhe".
„Davon hat Seokjin mir schon erzählt. Er hat auch gesagt das es einen gruseligen Wächter gibt, der nachts durch die Flure schleicht und dafür sorgt, dass wir in den Betten bleiben".
„Also gruselig ist Mr. Kyung definitiv nicht. Er ist ein älterer Herr, der nicht mal seine Taschenlampe aufheben könnte, wenn sie ihm aus der Hand fallen würde", antwortete ich und Yoongi musste etwas lachen, „Aber komischerweise finden ihn trotzdem alle gruselig...".
Ich konnte mich noch gut an den Abend erinnern, an dem die Hybriden gemeinsam eine Nachtwanderung geplant hatten. Sie waren aus ihren Zimmern geschlichen, nur um dann in den dunklen Fluren herum zu streunen. Als Mr. Kyung sie erwischt hatte, sind sie alle schreiend und lachend zugleich davongerannt. Warum das ganze? Natürlich für den Nervenkitzel. Damals hatten sie dafür eine Menge ärger von mir bekommen, vor allem, weil Mr. Kyung beinahe einen Herzinfarkt erlitten hätte. Doch heute konnte ich über die ganze Situation bloß lachen.
„Hast du denn trotzdem gut schlafen?", hakte ich nach. Eine Fangfrage, mit der ich Yoongi's Ehrlichkeit testen wollte. Ich erwartete bereits von ihm angelogen zu werden, hinsichtlich dessen, dass die meisten Hybriden zugunsten ihres Besitzers die eigenen Gefühle unterdrücken. Deswegen überraschte es mich auch, als mein Gegenüber plötzlich mit dem Kopf schüttelte. „N-Nein, nicht wirklich...", antwortete er dazu, den Blick beschämt auf seinem Schoß gerichtet. Sogar seine Katzenohren sackten etwas ein. „Das ist nicht schlimm, wirklich", sprach ich sanft auf ihn ein, „Es ist verständlich, wenn man mal überlegt das es deine erste Nacht bei uns war". Yoongi nickte kaum merklich und hob dann wieder seinen Kopf an. Er sah noch etwas unsicher aus, aber auch dankbar das ich ihm mit derartiger Empathie entgegengekommen war.
„Hat dich denn irgendetwas beschäftigt? Etwas, über das du so sehr nachgedacht hast, dass du nicht einschlafen konntest?", versuchte ich herauszufinden. Denn eine weitere schlaflose Nacht konnten wir uns nicht leisten. Seine dunklen Augenringe standen bereits heute im starken Kontrast zu seiner hellen Haut. Mal abgesehen davon das zu wenig schlaf ziemlich ungesund ist. Besonders für Hybriden. Es kann ihren gesamten Stoffwechsel durcheinanderbringen, oder noch schlimmer, dafür sorgen das ihr Nervensystem zusammenbricht.
„Ich denke ich war überwältigt von alledem, was gestern passiert ist. Ich habe so viel gesehen, gerochen und die ganzen verschiedenen Geräusche haben mir Kopfschmerzen gemacht. Und ja, ich habe auch viel nachgedacht", Yoongi zuckte mit den Schultern, ganz so als würde er das Thema damit abstreichen wollen. Allerdings gab es jetzt kein Ausweg mehr; wir mussten darüber reden.
„Worüber hast du nachgedacht? Wenn du es mir erzählst, dann wirst du dich besser fühlen, glaub mir", sagte ich. Yoongi biss sich unsicher auf die Unterlippe. Einen Moment schien er die Vor- und Nachteile seiner Offenbarung abzuwägen. Dann seufzte er leise und gab nach. „Mich haben so viele Dinge beschäftigt. Aber vor allem wieso ich hier bin. Ich meine, ich weiß was meine Existenz als Hybrid bedeutet, nur verstehe ich nicht wieso ich dazu ausgerechnet bei euch bin. Seokjin hat von einer Schule erzählt, zu der alle jeden Tag hinmüssen. Komme ich da auch hin? Und was lerne ich da? Und was passiert danach? Gebt ihr mich weg? Komme ich in eine fremde Familie?", die letzten Fragen kamen beinahe schon panisch aus ihm herausgeschossen. So voller Angst und Ungewissheit. Ich konnte mein eigenes Herz tief sinken spüren, als ich in Yoongi's große Augen starrte.
Eines wurde mir dabei sofort klar; der Katzenhybrid wies eine ungewöhnliche Verhaltensart auf. Andernfalls konnte ich mir nicht erklären wieso er sich Sorgen um den Einzug in eine fremde Familie machte. Die meisten Hybriden finden das aufregend und freuen sich auf den Tag, an dem sie endlich unsere Firma verlassen und Menschen in Not helfen können. Natürlich gibt es auch ein paar die sich mit dem Gedanken weniger anfreunden können, aber das kommt wirklich selten vor.
Jetzt wurde der Fakt, dass wir Yoongi in weniger als einer Woche zu einer Veranstaltung mitschleppen würden, umso schlimmer.
„Ja...", kam es langgezogen aus mir heraus, während ich versuchte meine wilden Gedanken zu ordnen.
„Tut mir leid, wenn ich zu viel gefragt habe", nuschelte er kleinlaut. „Nein, schon in Ordnung. Du musst dich für sowas nicht entschuldigen", platzte es sofort aus mir heraus, „Ich muss nur kurz überlegen wo ich anfangen soll". Eine Lüge, von der ich mir sicher war das Yoongi sie an meinem steigenden Puls erkennen konnte. Aber er sagte nichts dazu und blieb für einen Moment still.
„Okay, fangen wir bei der Frage an, wieso du hier bist. Das Life Companionship Center hat nämlich nicht nur ein Labor im Untergeschoss, sondern bietet eben auch Unterkunft und Schule für Hybriden an. Wir behalten euch meistens zwei Jahre lang hier. In der Zeit werdet ihr in vielen verschiedenen Fächern unterrichtet. Dazu gehören Koreanisch, Mathe, Biologie und Hauswirtschaft. Es gibt auch noch Wahlfächer, die aus Englisch, Musik und Kunst bestehen. Wenn ihr genügend gelernt habt, werdet ihr an Familien weitervermittelt. Natürlich schauen wir uns die Menschen vorher an und es wird gründlich überlegt, ob ihr dort auch gut aufgehoben seid", erklärte ich, wobei Yoongi sich merklich zu entspannen schien, „Außerdem bleiben wir in den ersten Monate im engen Kontakt mit euch, damit ihr euch in aller Ruhe an euer neues Leben gewöhnen könnt".
„Und wann fängt mein Unterricht an?", fragte er neugierig nach. „Deine erste Stunde fängt erst Morgen an. Ich habe dich in Seokjin's Klasse eingetragen, damit du jemanden hast an dem du dich orientieren kannst. Ich bin mir sicher, dass er sich gut um dich kümmern wird", antwortete ich und schenkte ihm ein liebevolles Lächeln.
„O-Okay".
„Hört sich doch nicht so schlecht an, wie du dachtest, huh?", grinste ich.
„Nein, es geht", gestand er ehrlich und kratzte sich dabei verlegen hinter seinem linken Katzenohr. Ich hätte bei dem Anblick auf der Stelle schmelzen können, so niedlich wie er aussah. Manche Hybriden konnten dahingehend echt gefährlich sein.
„Ich bin mir sicher, dass du dich schnell an uns gewöhnen wirst. Die meisten von euch brauchen vier Wochen, also mach dir keine Sorgen, wenn du mit manchen Dingen nicht sofort klarkommst. Und wenn etwas ist, kannst du immer zu mir hochkommen".
„Einfach so?".
„Ja, einfach so. Ich bin so gut wie immer in meinem Büro. Wenn nicht hier, dann im Pausenraum. Du kannst auch vorne an der Rezeption nach mir fragen", sagte ich. Zwar nutzten die meisten Hybriden dieses Angebot nicht, aber es konnte nicht schaden den Vorschlag auf den Tisch zu legen. Außerdem konnte ich mir gut vorstellen wie Yoongi sich von Zeit zu Zeit bei mir blicken lassen würde. Er sah ein bisschen anhänglich aus, wenn mich nicht alles täuschte.
„Hat Seokjin dir eigentlich schon eine Tour durch die Firma gegeben?", hakte ich dann nach, „Denn das wäre das nächste, was ich mit dir machen würde. Immerhin solltest du dich hier auskennen".
„Nein, er hat mich noch nicht rumgeführt. Ich habe bis jetzt nur den Speisesaal und euren Garten gesehen...".
„Gut, dann lass uns losgehen", motiviert sprang ich auf die Beine. Den Katzenhybrid steckte ich damit automatisch an, denn plötzlich grinste er breit und tat meinem Beispiel nach.
Ich hoffe dieses Kapitel wird jetzt angezeigt. Wenn nicht, dann heule ich eine Runde und nehme die ganze Story wieder runter, damit ich sie nochmal neu hochladen kann. Ich hab das Gefühl da ist irgendein Bug drin ;-;
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