28.

Yoongi's PoV.:

Die erste Nacht auf dem Sofa hatte ich kein Auge zubekommen. Es war hart im Gegensatz zu Hoseok's Bett und noch dazu hatte ich die ganze Zeit über Jungkook's Drohung nachdenken müssen. Augenringe waren am nächsten Morgen also vorprogrammiert. Ich erschrak mich selbst ein bisschen, als ich mein Spiegelbild im Badezimmer sah. In der Hoffnung mein erbärmliches Aussehen zu retten, stellte ich mich eine Weile lang unter die Dusche. Das warme Wasser tat meinen verspannten Muskeln gut und ich fühlte mich allemal besser, als ich unter ihr heraustrat. Aber selbst mit gestylten Haaren und einer geruchsneutralen Creme in meinem Gesicht, sah ich noch scheiße aus.

„Alles gut bei dir?", fragte Hoseok mit hörbarer Besorgnis, während ich mich zu ihm an den Küchentisch setzte. Auf meinem Platz stand wieder eine dampfende Tasse warme Milch. Ich schnupperte erst daran, ehe ich einen großen Schluck nahm. Der köstlich süße Geschmack ließ mich nicht mehr allzu miserabel fühlen „Ich bin ein bisschen müde, aber sonst geht es mir gut", antwortete ich dann. „Wirklich? Du siehst krank aus", stellte mein Gegenüber fest. Kurz darauf lehnte er sich zu mir vor und legte eine Hand auf meine Stirn. Ich schluckte trocken. Das war genau das, wovor Jungkook mich gewarnt hatte – kein Körperkontakt mit Hoseok. Egal wie sehr ich es brauchte. Also wich ich zurück und nuschelte kleinlaut: „Mir geht es gut, versprochen". Die Sorge in dem Älteren wurde augenblicklich größer. Ich konnte ihm den innerlichen Zwiespalt deutlich ansehen und es zerbrach mir das Herz, ihn so zu sehen. Alles in mir schrie danach ihm die Wahrheit zu sagen und sowohl seiner Sorge, als auch meinem Schmerz ein Ende zu setzen. Aber das konnte ich dank Jungkook nicht riskieren. Nicht, wenn ich hier wohnen bleiben wollte.

„Wann kommt Namjoon heute?", versuchte ich vom Thema abzulenken. Hoseok seufzte resignierend und setzte sich zurück auf seinen Platz. „Der müsste gleich da sein. Er wollte etwas früher kommen, weil er heute Nachmittag nochmal im Life Companionship Center vorbeischauen will. Für gewöhnlich ist das an Wochenenden nicht nötig, aber er macht es trotzdem, weil er scheinbar nichts Besseres zutun hat", antwortete er und ich nickte verstehend. „Haben die Hybriden am Wochenende eigentlich auch Unterricht?", hakte ich dann nach. „Nein, nur in der Woche. Am Wochenende können sie tun und lassen was sie wollen. Natürlich alles innerhalb der Firma, aber wir haben mittlerweile genug Aktivitäten zum Angebot, sodass sie sich nicht langweilen können", erklärte Hoseok. „Zum Beispiel?", wollte ich wissen und der Ältere legte nachdenklich den Kopf schief. „Wir bieten an Wochenenden verschiedene Kurse an: in Musik, Kunst und Sport... Normalerweise beschäftigen sie sich allerdings mit eigenständigem Fußballspielen im Innenhof. Ich weiß nicht wieso, aber sie stehen drauf", Hoseok zuckte unwissend mit den Schultern.

Ich erinnerte mich instinktiv an den Tag zurück, an dem Seokjin und ich draußen unter dem Baum gesessen und miteinander geredet hatten. Das Fußballspiel der anderen hatte genau vor unserer Nase stattgefunden, größtenteils geleitet von selbstbewussten Alphas. Zugegeben hatte es mich etwas eingeschüchtert, denn die Jagd nach dem Ball und das viele Schubsen und Drängeln schien mir wie ein einziger Kampf gewesen zu sein. Demnach wusste ich auch nicht wieso sie ihre Zeit damit vergeudeten, wenn sie stattdessen entspannende Stunden mit Musik und Kunst verbringen konnten.

„Du hättest auch einen dieser Kurse belegen können", meinte der Ältere und auch, wenn er mit Sicherheit nicht vorwurfsvoll klingen wollte, kam es trotzdem so bei mir an. Ich legte verärgert die Ohren an: „Ich brauche derartige Kurse nicht".
„Für einige ist es eine tolle Möglichkeit um ihre Persönlichkeit zu formen. Seokjin nimmt zum Beispiel beim Gitarrenunterricht teil. Er kann sämtliche Kinderlieder spielen und...", erzählte Hoseok, doch ich wollte nichts davon hören. Es klang, als würde er mich loswerden wollen. Das Life Companionship Center so toll beschreiben, dass ich eventuell das Verlangen bekommen würde dorthin zurückzukehren. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte hierbleiben. Bei Hoseok gefiel es mir am besten, auch wenn ich den ganzen Tag lang alleine bleiben und mit seinem eifersüchtigen Freund zurechtkommen musste.

„Du hörst mir gar nicht richtig zu, oder?", fragte Hoseok nach einer Weile nach. Ich schüttelte den Kopf, ehe ich noch einen Schluck von meiner Milch nahm. Er wollte noch etwas sagen, doch plötzlich läutete das Klingeln Hoseok's Wohnungstür durch die Räume. Erschrecken tat ich mich ausnahmsweise nicht, denn ich wusste mit Sicherheit wer vor der Tür stand. Erst als Hoseok aufstand und zur Tür ging, diese öffnete und ich ein fluchen seinerseits hörte, wurde ich aufmerksam. Mit äußerster Vorsicht erhob ich mich von meinem Platz und schlich zur Türschwelle der Küche hervor, lugte hinter dessen Rahmen in den Flur hinein. Was ich dort sah, verwirrte mich allerdings. Zwar konnte ich Namjoon deutlich sehen, aber hinter ihm stand eine weitere Person. Diese war eingemummt in einem übergroßen Hoodie. Nichts weiter als sein familiärer Geruch deutete mir, wer der ungebetene Gast war.

„Seokjin?", hauchte ich ungläubig und machte einen Schritt vor. Der Hasenhybrid sah mich, grinste breit und drängte sich dann blitzschnell an den anderen beiden vorbei, um in meine Richtung zu rennen. So schnell konnte ich gar nicht sehen, da hielt er mich in einer mörderisch festen Umarmung und drückte mir sämtliche Luft aus den Lungen. „S-Seokjin", keuchte ich atemlos, immer noch ungläubig gegenüber dessen, dass Namjoon den Hasenhybrid mitgebracht hatte. Der Ältere löste sich aus seiner Umarmung und zog die Kapuze seines Hoodies herunter. Zum Vorschein kamen seine braunen Löffelohren, welche mich unterdrückt jauchzen ließen. „Du bist es wirklich! Was machst du hier?!", voller Freude sprang ich ihm wieder in die Arme. Ich hatte ihn vermisst. Ihn nun wieder bei mir zu haben, machte mich unfassbar glücklich. „Namjoon hat mir erzählt, dass er Hoseok und dich besuchen gehen will. Da wollte ich unbedingt mitkommen. Also hat er mir einen Pullover geliehen und mich hier rein geschmuggelt", erzählte Seokjin.

Einen raschen Blick in Hoseok's und Namjoon's Richtung zeigte mir, dass Hoseok keineswegs amüsiert darüber war. „Ich habe das Gefühl hier nimmt keiner diese Situation so richtig ernst. Ist euch bewusst, dass in diesem Gebäudekomplex keine Hybriden erlaubt sind? Wenn meine Vermieterin das herausfindet, dann-...", fing er an und sowohl Seokjin, als auch ich konnten pure Verzweiflung an ihm riechen. Wir lösten uns voneinander, als würde das irgendetwas besser machen. „Beruhig dich wieder, Hoseok", sprach Namjoon auf ihn ein, „Niemand hat uns gesehen. Außerdem dachte ich mir, dass Yoongi sich freuen würde". Nun galt sein Blick mir und er lächelte schief. Es war ein unausgesprochenes Friedensangebot, so viel stand fest. Wahrscheinlich wegen dem ganzen Stress, dem er mich ausgesetzt hatte. Und auch, wenn ich ihm dankbar dafür war, konnte ich ihm nicht verzeihen. Noch nicht.

„Das hier ist eine Ausnahme, damit das klar ist", Hoseok hob einen warnenden Zeigefinger in unsere Richtung an. Während Seokjin artig nickte, konnte ich bloß verärgert schmollen. Mein Gegenüber hob daraufhin erwartungsvoll die Augenbrauen an und ich rang mich ebenfalls zu einem nicken hindurch. Alles, um Hoseok einigermaßen zufrieden zu stimmen. „Na schön", sagte er schließlich und machte eine scheuchende Handbewegung in Richtung Wohnzimmer, „Dann nutzt die Zeit sinnvoll. Namjoon und ich gehen in die Küche. Wir haben etwas ernstes zu besprechen".

Seokjin brauchte keine weitere Aufforderung um mich aufgeregt hinter sich her in den anliegenden Raum zu ziehen. Er führte mich direkt zum Sofa, ließ sich darauf plumpsen und machte dann eine einladende Handbewegung neben sich. „Du musst mir alles erzählen", fing er an, „Wie geht es dir? Und wie ist Hoseok so? Und gefällt es dir hier? Du siehst ein bisschen blass aus", den letzten Satz murmelte er besorgt, legte dabei eine Hand auf meine Stirn, „Aber Fieber hast du nicht... Isst du genug? Was ist mit Trinken? Schlaf? Was fehlt dir?".
„Seokjin, mir geht es gut", kicherte ich und nahm seine hysterisch gestikulierenden Hände in meine, damit er sich etwas beruhigen konnte. „Wirklich? Ich habe das Gefühl das du mich anlügst", er biss sich unsicher auf die Unterlippe, was den Stein auf meinem Herzen nur noch schwerer machte. Vielleicht würde es nicht schaden, wenn ich ihm von Jungkook erzählen würde? Immerhin müsste ich die Last dann nicht mehr alleine mit mir rumtragen.

„Also eigentlich geht es mir hier sehr gut. Hoseok kocht jeden Tag frisch und er bringt mir abends immer Arbeitsblätter aus eurem Unterricht mit, damit ich diese bearbeiten kann und mich nicht zu Tode langweile", erzählte ich. Seokjin legte den Kopf schief, wobei seine braunen Löffelohren gleich mitschwanken: „Aber? Du klingst, als würdest du mir etwas verschweigen". Ich seufzte leise und nickte zögerlich. „Naja, da ist etwas-... Oder eher gesagt jemand, der mir das Leben ein bisschen schwer macht", gab ich schließlich zu. „Wer?", hakte Seokjin sofort nach. Nur um sicherzugehen das Hoseok und Namjoon uns nicht hören konnten, warf ich einen raschen Blick in Richtung Küche. Von hier aus konnte ich die beiden zwar nicht genau sehen, aber es reichte aus um zu erkennen das sie gemeinsam am Esstisch saßen. „Ein Freund von Hoseok... Sein Name ist Jungkook und naja, er ist ein ziemliches Arschloch. Die beiden scheinen einerseits eine Beziehung zu führen und andererseits nur Freunde zu sein. Ich weiß auch nicht...", antwortete ich leise. „Freunde mit gewissen Vorzügen?", beschrieb Seokjin es und merkwürdigerweise ergab diese Beschreibung ziemlich viel Sinn. „Ja, so in etwa", nickte ich. Nun schaute der Ältere nachdenklich auf unsere Hände herab. Sie lagen immer noch ineinander verschränkt und ich genoss das warme Gefühl, welches von ihm ausging. Für mich war es wie Balsam für die Seele.

„Ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen, aber-... Wir sollten uns nicht in die Beziehungen von Hoseok einmischen. Lass diesen Jungkook ein Arschloch sein und konzentriere dich einfach nur auf dich selbst. Ich denke, dass ist das Beste", entschied der Hasenhybrid nach einer Weile der Stille. „Schon, aber es ist schwer einfach wegzusehen, wenn er mich so offensichtlich provoziert", brummte ich gekränkt. „Sag bloß du hast dich mit ihm angelegt", zischte er panisch, ganz offensichtlich noch traumatisiert von dem Abend, an dem ich bei der Veranstaltung des Hybrid Health Departments den Katzenhybrid für sein schlechtes Verhalten angegriffen hatte. Ich verdrehte die Augen: „Nein, habe ich nicht. Auch, wenn ich ihm am liebsten die Zunge rausreißen würde".
„Yoongi!", Seokjin hielt mir entsetzt eine Hand auf den Mund, „Du solltest an deinem Sprachgebrauch arbeiten. Ehrlich, sowas sagt man nicht".

„'Tschuldigung", nuschelte ich gegen seine Hand, aber wirklich leidtun tat es mir nicht. Immerhin ging es um Jungkook und der hätte das verdient. „Lass uns das Thema wechseln. Du steckst mich mit deiner Wut an", mein Gegenüber zog die Nase kraus. Wahrscheinlich konnte er meine Frustration riechen und weil ich selber eigentlich keine Kraft mehr hatte, um mich weiterhin über diesen frechen Jungen aufzuregen, nickte ich resignierend. „Na schön... Erzähl mir was von dir? Wie geht es im Life Companionship Center zu?", fragte ich nach. Und dann fing Seokjin an zu reden, fand kein Ende. Er erzählte mir von Jaehwan, der im Kochkurs von Frau Choi auf ein paar frisch gebackene Croissants genießt hatte, weil sie ihr Parfüm mal wieder zu stark aufgetragen hatte. Außerdem ging das Gerücht herum, dass bald ein neuer Hybrid zu ihnen stoßen würde und ich machte mir in meinem Hinterkopf eine Notiz, Hoseok deswegen nachzufragen. Letztendlich unterhielten wir uns nur noch über all den Kram, der in den letzten Tagen im Unterricht gelehrt worden war. Seokjin konnte mir sogar ein paar meiner Fragen beantworten, zu denen ich im Internet keine Antwort gefunden hatte.

Ich genoss die Zeit mit ihm. Und als Seokjin zwei Stunden später wieder zurück zum Life Companionship Center gehen musste, glaubte ich den Tränen nahe zu sein.

Spätes Update, weil ich bis eben einkaufen war ;-; Hatte meine Maske vergessen und musste mir dann eine neue kaufen. Ich hoffe dieser Masken-Wahnsinn ist bald vorbei. Das geht mir dezent auf die Nüsse xD

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