Tag 6

Ich habe versucht mich zu beruhigen, was mir teilweise auch gelungen ist, aber es geht schon sage ich mir. Ich bereite mich auf den Schultag vor und heute nehme ich seit langem den Bus wegen meinem Gips. Als ich eingestiegen bin, suche ich mir einen Platz, aber alles ist belegt, also halte ich mich an einer Stange fest. Mittlerweile ignorierte ich gekonnt die Blicke der Anderen und setzte mich an meinen Platz. Der Unterricht verlief bis zu der letzten Stunde normal. Dann kam ein Lehrer, den ich sowieso nicht sonderlich mag. Mein Klassenlehrer. Wir machten Geschichte. Die KZs. "Es wurden Juden, Asoziale und auch Homosexuelle in solche KZs gesteckt." Dann der Satz: "Ach, Julian, du bist doch auch einer von denen, oder?" Von denen. Der Wortlaut gefiel mir nicht und obwohl eine innere Wut in mir aufstieg, antwortete ich nicht. "Achso, das wussten die Anderen gar nicht? Dass du homosexuell bist?" Nein, das wissen sie nicht, wollte ich sagen, doch ich schüttelte einfach den Kopf. Ruhig bleiben. Er wird schon aufhören. Dich anscheinend reichte es ihm immer noch nicht. "Wie sind denn so deine Erfahrungen damit?" Er klang wie einer, der jemanden nach Erfahrungen mit einem Produkt fragt. Er sollte aufhören, mich bloßzustellen! Mir reichte es. Es war genug. Ich stand auf und sagte ihm ins Gesicht: "Größtenteils Homophobie!" und ich lief genervt aus dem Zimmer heraus. Was war das für ein Leben? Die ganze Zeit gemieden zu werden? Das System arbeitet auf Hochtouren. Geh zurück, sagt es mir, doch ich will nicht.

Ende des sechsten Tages.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top