K a p i t e l | 5

Circles - Of Monsters And Men

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Ich knetete meine Hände und zupfte nervös an meinem Kleid herum. Es passte wie angegossen. Das Zimmermädchen, das mir geholfen hatte, war super nett gewesen. Sie war fünfzehn und hatte lange blonde Haare. Als sie gehört hatte, dass ich zum gemeinsamen Mahl mit der Königsfamilie eingeladen war, hatte sie mich ehrfurchtsvoll angesehen. Es war uhr größter Traum, den Prinzen einmal persönlich zu begegnen, sagte sie. Die Königin hatte sich schon oft gesehen und einmal sogar mit ihr gesprochen, doch an die Prinzen kam sie nicht heran. Das kam niemand. Außer mir.

Und gerade ich wäre im Moment am liebsten auf der Stelle umgedreht. Ich wollte da nicht hin. Ich wollte Odin nicht treffen. Nicht Thor und auch nicht Loki. Ich hatte Angst, dass er nicht so war, wie ich ihn kannte. Dass er anders war.

Doch hatte keine Wahl. Der Bedienstete führte mich unbeirrt weiter durch den Palast. Wir kamen an eine hohe Flügeltür, die von Wachen mit Schwertern flankiert war. Sie stießen die Tür auf und der Bedienstete wieß mir mit einem Arm den Web. Selbst hinein durfte er nicht.
Hinter den Türen lag ein ausgedehnter überdachter Balkon. Säulen standen in regelmäßigen Abständen an den Wänden und Feuerkörbe verzierten die Ecken. Mitten in der Mitte stand ein ausladender gedeckter Tisch. Goldene Stühle standen darum und drei davon waren besetzt. Ich war nicht die letzte, die ankam. Ein Rabe saß auf dem Balkongerüst. 

Ich entdeckt Frigga und sie stand in einer fließenden Bewegung auf. "Da bist du ja Liebes." Sie begleitete mich zu dem riesigen Tisch und drückte mich beinahe bestimmend auf den Platz neben ihren Stuhl. Ich sah auf. Am Kopfende saß ein Mann mit langen weißen Haaren und einer Augenklappe. Odin! Mir brach der Schweiß aus. Hätte ich mich nicht berbeugen müssen? "Eure Majestät", stotterte ich und senkte den Kopf.
"Ihr seid die Diplomatin, die meine Gemahlin ausgesucht hat?" Seine Stimme war angenehm dunkel. Ähnlich wie Thors.
Ich nickte zur Antwort.
"Sei willkommen im Hause Asgards. Ich hoffe Eure Ankunft war zufriedenstellend."
"Ja danke, es ist alles perfekt."
Odin lächelte zufrieden. Vielleicht war er doch nicht so streng, wie Loki immer gesagt hatte. Apropos Loki. Zwei Plätze neben Odin waren leer. Die beiden Prinzen fehlten noch. Frigga seufzte. "Gerade heute müssen sie zj spät kommen."

"Sie sind unterwegs.", sagte der dritte Mann, dem ich bisher noch gar keine Beachtung geschenkt hatte. Er trug goldene Rüstung und hatte dunkle Haut. Seine Augen schimmerten von einem unnatürlich hellem Braun. Frigga sah meinen Blick. "Das ist Heimdall. Der Wächter Bifösts und ein alter Freund der Familie."
Heimdall senkte leicht den Kopf. "Sehr erfreut." Heimdall musterte mich nachdenklich und ich fragte mich, was er über mich wusste. Wusste er was geschehen würde? Aber er konnte ja nicht in die Zukunft sehen. Ich wurde nervöser als ich ohnehin schon war.

Da sprangen plötzlich mit einem lauten Knall die Flügeltüren auf und ich hörte Lachen. Bekannte Stimmen. Thor und Loki! Sie waren es wirklich. "Und glaub mir, Bruder. Nächstes Mal werde ich sie besiegen. Sif ist nicht unverwundbar!"
"Das will ich sehen."
Mein Herz schien auf der Stelle zu gefrieren. Der Klang seiner Stimme stach schmerzhaft in meine Brust und ich musste mich zusammenreißen, nicht loszuheulen. Ich hatte diese Stimme so sehr vermisst! Atemlos beobachtete ich, wie sich die beiden Brüder auf Odins rechte Seite setzten. Loki saß mir schräg gegenüber.
Die beiden musterten mich verwirrt und Lokis blaue Augen bohrten sich in meine. Wenn dies nicht so ein wichtiger Moment gewesen wäre, und Frigga nicht an meiner Seite, wäre ich in Ohnmacht gefallen. Jede Faser meines Körpers schrie danach zu ihm zu laufen. Ihn zu berühren, zu umarmen. Ich hatte ihn immer vermisst, aber jetzt wurde mir erst bewusst, wie sehr! Er sah so lebendig aus.
So vertraut und fremd zugleich. Seine Haare waren kürzer und nicht so lockig.
Ach Thor hatte kurze Haare und seine Statur war weniger massig, als zu meiner Zeit.
Denn dies war ein ganz anderes Leben der beiden. Ihr Leben vor den Avengers.

Thor warf mir unter seinem blonden Bart ein Grinsen zu. Loki sah nur von mir zu seiner Mutter. Frigga erlöste mein Leiden.
"Das ist Hanna Schaper. Unsere neue Diplomatin, von der ich euch erzählt habe."
Sie legte ihrem Mann die Hand auf den Arm. "Odin und ich haben schon länger darüber nachgedacht, einen Diplomaten von der Erde auszubilden."
Sie lächelte mich an. Thor hob seinen Becher. "Willkommen in Asgard!"
Ich lächelte schüchtern. "Danke"
"Sie wird einige Zeit bei uns bleiben und hauptsächlich meiner Autorität unterstehen. Deshalb habe ich sie zu all unseren zukünftigen Mahlzeiten mit einberechnet."
Odin nickte stumm und nahm einen Schluck Wein.
Frigga wandte sich zu Loki. "Loki, ich möchte, dass du dich um unseren Gast kümmerst und ihr alles zeigst, während ich anderweitig beschäftig bin. Wärst du so lieb?"
Loki musterte mich und nickte knapp. "Sicher Mutter"
Mein Herz klopfte heftig. Frigga zwinkerte mir zu und ich sah sie erschrocken an. Zum Glück hatte es niemand mitbekommen.

Dann wurden die Speisen serviert. Odin und Heimdall unterhielten sich über irgendwas, doch meine Gedanken waren zu durcheinander, um ihnen folgen zu können.
Plötzlich stöhnte Thor auf.
"Da sind schon wieder Tomaten in meinem Salat! Ich hab den Köchen schon tausendmal gesagt, dass sie die Tomaten bei meiner Portion weglassen sollen!" Ich sah ihn vollkommen verblüfft an. Thor beschwerte sich über Tomaten!?
Odin ignorierte ihn und ich sah, wie Loki sich ein Grinsen verkneifen musste. Frigga seufzte. "Iss deine Tomaten, Thor. Ein bisschen Salat schadet dir nicht."
Thor grummelte vor sich hin, aß dann aber doch widerwillig seinen Salat. Ich stopfte mir ein Salatblatt in den Mund, um nicht zu kichern. So kindisch hatte ich Thor noch nie erlebt. Wenn ich das doch nur Bruce und den anderen erzählen könnte.

Da sah Thor plötzlich auf.
"Also. Was macht Midgard, ähmm...", Thor überlegte. "Hanna war dein Name richtig?"
"Ja", ich nickte und überlegte fieberhaft, was 2010 auf der Erde so alles passiert war. Wenn ich etwas durcheinander brachte, würde Heimdall es ja sofort merken.
"Woher dieses plötzlich Interesse an Midgard, Bruder?", stichelte Loki. Thor sah ihn beleidigt an. "Es ist eine spannende Welt!"
"Schon klar", Loki schmunzelte ihn an und ich musste mich zwingen ihn nicht anzustarren.
"Nun?", unterbrach Odin uns und ich zuckte kaum merklich zusammen. "Was gibt es neues auf Midgard?"
Ich kramte in meinen Erinnerungen herum und erzählte ihnen etwas von der Fußballweltmeisterschaft und den paar wenigen politischen Dingen, an die ich mich erinnerte. Und die ganze Zeit war ich mir Lokis bohrenden Blick bewusst. Innerlich seufzte ich. Wie sollte ich das bloß aushalten?

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