K a p i t e l | 4

Song:
Sucker - Jonas Brothers

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Ein Klopfen ließ mich aufschrecken. Ich musste eingeschlafen sein. Schnell sprang ich aus dem Bett und öffnete die Tür. Bruce stand vor mir. Er trug jetzt eine Jeansjacke über seinem Hemd.

"Essen?", fragte ich und folgte Bruce den Gang hinab. Ohne ihn würde ich mich hundertprozentig verlaufen. Diesmal benutzen wir nicht den Fahrstuhl, sondern die Treppe. "Damit du auch wirklich alles kennenlernst.", meinte Bruce.

Unten in der Küche saßen schon die anderen. Der Raum war ähnlich aufgebaut wie das Wohnzimmer oben. Es gab eine Fensterfront, vor der ein langer Esstisch stand. Eine moderne Küchenzeile reihte sich an der Ecke entlang und ging in einen Thresen mit Barhockern über.

Am Tisch waren noch zwei Plätze frei und ich setzte mich neben Jane. "Ich hoffe du hast ordentlich Hunger.", sagte Natasha und füllte mir etwas von dem dampfenden Nudelauflauf auf. "Clint hat gekocht."

Ich hob überrascht die Augenbrauen. Clint kam mir nicht so vor wie jemand der kochte. Allgemein kam mir die Gruppe (mit ein, zwei Ausnahmen) gar nicht wie ein Superheldenteam vor. Es schien klare Regeln und Aufteilungen zu geben. Sie lebten fast so wie in einer normalen Wohngemeinschaft. Und wenn sie Haushaltshilfen, oder ähnliches hatten, hatte ich sie noch nicht gesehen.

Barton hob die Gabel. "Mit Peppers Hilfe!", grinste er und Tonys Freundin lächelte bescheiden. Ich probierte den Nudelauflauf und schloss genießerisch die Augen. Es schmeckte köstlich!

Die anderen verfielen schnell in muntere Gespräche. Ich blieb dabei, erst einmal etwas zuzuhören. Bruce erkundete sich nach Tonys neuer Erfindung und dieser begann einen Vortrag über irgendwelche Techniken und ich schaltete ab.

Natasha und Steve unterhielten sich über das Massaker, das ich heute Nachmittag kurz im Fernsehen gesehen hatte. Ich piekste eine Nudel auf, als Clint sich scherzhaft an Loki wandte. "Und, welchen Plan zum Ausbrechen hast du heute entworfen, Stinkstiefel?"

Der Gott rollte mit den Augen. "Ausnahmsweise mal nichts."
Meine Gabel hielt kurz vor meinem Mund inne. Das war das erste Mal das ich ihn sprechen hörte! Zumindest das erste Mal, dass er mehr als nur ein Wort sagte. Seine Stimme war dunkel und klang wie Schmirgelpapier. Sie ließ meine Kopfhaut kribbeln.

Und erst jetzt fiel mir sein Akzent auf: Er unterschied sich deutlich von den anderen. Da ich nicht englisch-sprachig aufgewachsen war, konnte ich sie nicht so richtig einordnen, aber ich war mir sicher, dass es Britisch war. Wieso sprach ein Gott aus Asgard britisch?

"Alles in Ordnung?", fragte Jane neben mir besorgt. Schnell schluckte ich die Nudel hinunter. "Ja, ja. Das Essen ist super!"
Jane lachte. Es klang wirklich schön. "Das stimmt - Clint ist einer der besten Köche hier!" Thor stimmte mampfend zu.

"Wechselt ihr euch ab mit dem Kochen?", fragte ich, neugierig darauf wie das hier so funktionierte. Jane nickte. "Ja, meistens kochen wir zu zweit. Dann geht es schneller. Manchmal bestellen wir auch was. Je nach dem."

Das klang sehr abwechslungsreich. Ich beendete meine Portion und legte das Besteck auf dem Teller zurecht.
"Wie lange bist du denn schon hier?", fragte ich Jane. "Seit zwei Wochen. Thor ist bei mir vorbeigeflogen und hat gefragt, ob ich mitkommen will."
"Geflogen!?", ich glaubte nicht richtig gehört zu haben und sah sie ungläubig an. Thor lachte und hielt sich den Bauch.

"Du hast richtig gehört, kleine Midgardianerin. Mithilfe meines Hammers Mjöllnir kann ich fliegen." Sein Bart formte sich voller Stolz zu einem Grinsen.

Dieser Name kam mir vage bekannt vor. Ich machte in Gedanken eine Notiz, um später danach zu googeln. Google schien hier mein Lebensretter zu werden.

"Was ist Mjöllnir?", fragte ich. Thor schien nur darauf gewartet zu haben. Die anderen stöhnten auf. Er machte eine ausholende Geste und stieß dabei fast Lokis Gabel aus dessen Hand.
"Der Hammer Mjöllnir wurde im Licht eines sterbenden Sterns geschmiedet. Er besitzt magische Kräfte und bringt jeden Gegner zu fall. Wenn ich ihn schleudere toben die Blitze und wir reiten durch die Lüfte!"

Thors epischer Vortrag schien irgendwie niemandem zu gefallen, außer Jane.
"Wow, das klingt...", ich suchte nach dem richtigen Wort. "Umwerfend."
Thor lachte tief. "Oh ja, das ist es auch. Manchmal wünschte ich, jeder könnte fühlen was ich fühle, wenn ich mit Mjöllnir fliege."

"Ehhr! Nichts für Ungut, Spartakus - aber das klingt ziemlich falsch.", unterbrach Tony ihn und Thor sah verschmitzt in die Gruppe. "Oh nein! Nicht das was ihr denkt. Fliegen ist toll!"
"Schon klar", grummelte Loki neben ihm.

Ich konnte nicht umhin und musste mir ein Lachen verkneifen bei dieser Szene. Ich glaube die nächsten 12 Monate können echt witzig werden.
"Wie habt ihr euch kennengelernt?", fragte ich Jane etwas später. Sie sah zu Thor, der grinste, und wurde rot. "Naja, also... Ich war gerade am forschen und... Ich hab ihn angefahren."

"Was?", ich glaubte mich verhört zu haben und sah fragend zu Thor. Doch dieser nickte nur lachend. "Ich wurde aus Asgard verbannt und bin auf die Erde gekommen.", sagte Thor und erklärte mir in Kurzfassung seine ganze Geschichte. Er berichtete, wie er sich mit Jane anfreundete und schließlich einen Weg zurück nach Asgard fand. Den Kampf mit den Avengers kannte ich schon von Bruce, doch es war spannend ihn aus Thors Perspektive zu hören.

Nach dem Essen gaben Thor und Jane mir noch eine Besichtigungsrunde durch das ganze Gebäude. Sie zeigten mit den Trainingsraum im Keller, ihren Besprechungsraum und die Terasse.

Am Ende brachten sie mich zu den Schlafzimmern, da ich Angst hatte mich zu verlaufen.

Später im Bett dachte ich über den Tag nach. Es war so viel passiert. Meine Gedanken flogen zu dem Essen vorhin. Alle waren so nett zu mir, als würden wir uns schon ewig kennen. Naja, alle außer Loki. Er hatte mich keines Blickes gewürdigt und mich ignoriert, als wäre ich gar nicht da.

Ich hätte mir so etwas denken sollen, doch von Bruces Erzählungen hatte ich etwas Hoffnung, dass er doch nicht so böse war wie im Fernsehen. Leider war dem wohl nicht so. Ich musste mich wohl den Rest des Jahres von ihm fernhalten. Das würde sicher nicht schwer sein.

Er wirkte so gigantisch und hinterlistig und irgendwie mächtig. Genau wie Thor. Die beiden hatten eine Ausstrahlung, die nicht von dieser Welt war. (Was ja auch stimmte.) Ich dachte an die alten Sagen, die ich gelesen hatte und die die Götter als majestätische Wesen darstellte.

Bevor ich losgeflogen war, hatte ich mich im Internet doch etwas über die nordischen Mythen informiert. Was stand da noch über Loki?

Kurzerhand nahm ich mein Handy und gab Lokis Namen bei Google ein.
Ich überflog die News, die über den Chitauri-Angriff 2012 berichteten. Das meiste kannte ich schon aus dem Fernsehen. Damals waren die ganzen Medien voll davon und die Welt musste erst einmal damit klarkommen, dass sie nicht alleine war in dieser Galaxis.

Obwohl ich mir bisher ziemlich sicher war, dass es da draußen noch etwas anderes geben musste, hatte ich es immer noch nicht ganz verdaut.
Der lebende Beweis stand jedoch gerade in der Google-Suchleiste meines Handys.

Als ich nichts anderes außer Nachrichten und News-Artikel fand, erweiterte ich die Suche und gab "nodische Mythologie" ein.
Auf Wikipedia wurde ich fündig. Es gab unzählige Einträge über Loki, in denen er jedoch nicht gerade freundlich dargestellt wurde. Vorsichtshalber machte ich einen Screenshot.

Langsam wurde ich neugierig, was die Wikinger damals über ihn dachten. Vielleicht wussten sie ja sogar, dass es die Asen wirklich gab...
Ich kam zu der Stelle, wo Lokis Kinder beschrieben wurden und verzog das Gesicht.

Wölfe und Schlangen als Kinder? Eine Tochter, die das Totenreich regierte? Die Geschichten jagten mir einen Schauer über den Rücken. Wenn das stimmte...

Ich wagte es nicht zuende zu denken, als ich zu der Information kam, dass Loki und seine Kinder Ragnarök, also den Weltuntergang heraufbeschwören sollten.
So mega böse kam er mir gar nicht vor.

Ich wusste nicht genau, was ich von alldem halten sollte und beschloss, nächsten Tag erstmal Thor oder Jane zu fragen, bevor ich jemand anderen darauf ansprach. Vielleicht wussten die beiden ja mehr darüber.

Immer noch mit einem mulmigem Gefühl im Bauch, legte ich mein Handy weg und knipste das Licht aus. Hoffentlich bekam ich heute Nacht keine Alpträume.

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