Yakuza

9 Jahre habe ich mir Zeit gelassen, mich auf dieses Werk einzulassen. Mittlerweile bei uns im Westen 4 Teile und ein Zombie-Spin-Off zählend, erwartet mich folglich eine recht lange Reihe von Spielen. Ob mich die Milieu-Studie über Japans Unterwelt-Mythos bei der Stange halten konnte und für die weiteren Teile motivierte oder ich das Epos links liegen liess, erfahrt Ihr beim

Erstmal im Allgemeinen: Wer sind eigentlich die Yakuza? Einfach von der japanischen Mafia zu sprechen, würde dieser interessanten Subkultur nicht gerecht werden. Denn im Vergleich zur Mafia blicken die Yakuza auf eine mehrere Jahrhunderte währende Tradition und einen komplexen Ehrenkodex zurück. Man könnte sie eher mit den Samurai, Ronin, den Ninjas oder den Shinsengumi vergleichen. Schon bereits im feudalen Japan bildeten sich erste Yakuza-Gruppen aus Glücksspiel-Syndikaten, die im Verlauf der kommenden Jahre zunehmenden Einfluß auf Banken- und Immobilienwesen ausübten. Demnach profitierten die Yakuza stets von Bedürftigen. Und so hält sich das bis heute, weshalb viele Yakuza heutzutage als Geschäftsleute in ihren Gewerbe getarnt leben. Hinter dieser Fassade steckt ein großes Konglomerat aus einem großen Clan und vielen kleineren Unter-Clans. Der Vorsitzende eines Clans ist der sogenannte Oyabun, dessen Anweisungen als unantastbar gelten und der darüber entscheidet, ob einer seiner Söhne sich soweit verdient gemacht hat, einen eigenen Unter-Clan zu gründen. Früher oder später lassen sich Yakuza großflächig tätowieren. Diese Tätowierungen, üblicherweise japanische Fabelwesen oder Tiere, repräsentieren die innere Antriebskraft des Tätowierten. Das dürfte als Hintergrundwissen genügen, um zu verstehen, von welchem Menschenschlag Segas PS2-Klassiker "Yakuza" aus dem Jahr 2005 handelt.

Vorab gesagt ist es völlig unmöglich die Geschichte dieses handlungslastigen Videospiels in wenigen Sätzen abzuhandeln. Die Geschichte handelt von Kazuma Kiryu, einem Yakuza des Dojima-Clan, einem von vielen kleineren unter dem Tojo-Clan. Aufgewachsen ist er im Sonnenblumen-Waisenhaus mit seinen zwei Freunden Yumi und Nishiki. Als Yumi vom Oyabun des Dojima-Clan sexuell belästigt wird, knallen Nishiki die Sicherungen durch, worauf er sein Oberhaupt erschiesst. Aus Zuneigung zu den beiden nimmt Kazuma die Schuld jedoch auf sich und wandert dafür 10 Jahre in den Knast.

Als er rauskommt gilt er unter den Yakuza als Verstossener (immerhin ist er als derjenige bekannt geworden, der seinen Oyabun getötet hat), wohingegen Nishiki seinen eigenen Clan gegründet hat. Und der Tojo-Clan steht vor einem großen Problem, denn 10 Milliarden Yen wurden aus der Haushaltskasse entwendet. Als Kazuma das kleine Waisenmädchen Haruka unter seine Fittiche nimmt, kristallisiert sich zunehmend heraus, dass dieses Mädchen den Schlüssel zu dem Geld darstellt. Mit Hilfe von Detektiv Date und Unterwelt-Informant Kage versucht Kazuma herauszufinden, was hinter dem Diebstahl steckt.

Im Verlauf ganzer 13 spielbarer Kapitel kommt Kazuma dem Geheimnis um Harukas Herkunft auf die Spur. Doch bis zum furiosen Showdown im Millenium-Tower ist es ein langer Weg...

Wer das Spiel "Yakuza" nicht kennt und sich Screenshots ansieht wird sicherlich einem zweier Irrtümer auf den Leim gehen, die bereits beim Release bereits heiss diskutiert wurden. Das Spiel ist urjapanisch. Es handelt sich um KEINEN Klon von "Grand Theft Auto". Die Spielmechanik ist grundlegend anders. Man steuert im ersten Teil der Reihe Kazuma nämlich nicht aus der 3rd-Person-Perspektive, sondern überwiegend durch feste Kamera-Einstellungen. Des Weiteren ist es nicht möglich mit Autos oder sonstigen Vehikeln zu fahren, denn der Hauptdarsteller ist bis auf ein paar Taxifahrten per pedes unterwegs. Der zweite Irrtum wäre eine spielerische Ähnlichkeit mit Segas Vorzeige-Titel "Shenmue" für den Dreamcast.

Ob man es glaubt oder nicht, unterliegt die Mechanik von "Yakuza" einem waschechten japanischen Rollenspiel. Zwischen den einzelnen Handlungsabschnitten wird Kazuma permanent von Punks, Pennern, anderen Yakuza und sonstigen Idioten angepöbelt, woraufhin das Spiel nach kurzer Ladezeit in einen abgegrenzten Kampfschirm schaltet, in dem man mittels Kombo-Attacken die Gegner aufs brutalste verkloppt. Besonders hervorzuheben an diesem Kampfsystem ist, dass man vielerlei in der Umgebung liegende Gegenstände als Waffen einsetzen kann. Mit Hilfe der sogenannten Heat-Kombo lassen sich besonders fiese Finishing Moves verteilen. Am Ende jedes Kampfes hat man Erfahrungspunkte gesammelt, die man zusehends auf eine von drei Fertigkeiten verteilen und somit aufleveln kann. Ein klassisch action-orientiertes Kampfsystem also vergleichbar mit "Radiata Stories" oder "Rogue Galaxy". Der Clou im Vergleich zu beiden genannten Spielen ist allerdings, dass endlich mal ein neuer Ansatz für das RPG-Genre genutzt wurde und Fantasy- und SciFi-Elemente üblicher Vertreter links liegen lässt.

Stattdessen erwartet den Spieler eine detailgetreue Nachbildung des Tokioter Stadtteils Kabukicho, hier allerdings unter dem Namen Kaburocho entfremdet. Neben den bereits angesprochenen Kloppereien und der hochkomplexen Story bietet die Stadt viele Vergnügungsmöglichkeiten. Glücksspiele, unzählige Bars, Geschäfte, Massage-Salons, Kneipen und Hostessbars warten auf einen Besuch. Letztere bieten dem Spieler sogar die Möglichkeit Beziehungen in Form eines Dating-Games zu unterhalten, die mit dankbaren SMS-Antworten auf Kazumas Handy belohnt werden. Immer wieder wird man somit vom eigentlichen Spielziel abgelenkt, sollte dieses allerdings nicht zu lange ausser Augen lassen. Denn ein zu langes Beiseitelegen der Story könnte dazu führen, den Überblick zu verlieren. Glücklicherweise bietet das Spiel eine tolle, sich selbst aktualisierende Datenbank, die alle Haupt- und Nebenpersonen in ihre entsprechenden Clans sortiert, so dass man auch beim Vergessen eines bestimmten handlungstragenden Namens jederzeit nachlesen kann, um wen es sich gehandelt hat.

Besonderes Augenmerk wurde auch auf die wachsende Beziehung zwischen Kazuma und Haruka gelegt, die man in einem Kapitel sogar kontinuierlich bespassen muss um ihr Vertrauen zu gewinnen. Dabei kommen ein paar sehr süße Szenen des Spiels auf den Tisch, zum Beispiel wenn die beiden gemeinsame Sticker-Fotos machen. :D

Insgesamt lohnt es sich auch heute noch, die PS2 herauszukramen und "Yakuza" einzulegen. Den Spieler erwartet eine tolle zeitlose Grafik, eine spannende Story, ein abwechslungsreiches Spielsystem und auch eine großartig besetzte englische Sprachausgabe mit deutschen Untertiteln, die jedem Kinofilm das Wasser reichen kann. Ich war B-E-G-E-I-S-T-E-R-T und habe direkt nach Beenden des Spiels den zweiten Teil eingelegt. Jetzt geht es nach Osaka! YÄY!

P.S.: Wen lediglich die Story interessiert (soll ja solche Menschen geben), der kann sie sich in komprimierter Form in Takashi Miikes Film "Like a Dragon" alternativ zu Gemüte führen!

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