Über Lou Scheimer
Über 30 Konzepte von Zeichentrickserien gehen auf den Verdienst dieses Mannes zurück, der von den späten 60ern bis in die frühen 90er so manch Heranwachsendem die Kindheit vor dem Fernseher versüßte. He-Man and the Masters of the Universe, She-Ra, Bravestarr, die Space Sentinels oder Blackstar dürften so ziemlich jedem TV-Freund meiner Generation bekannt sein. Wie gestern erst bekannt wurde, ist Animations-Legende Lou Scheimer, Gründer von Filmation, am 17. 10. 2013 von uns gegangen. Lasst uns kurz auf die Arbeitsweisen und Visionen eines Animations-Pioniers zurückblicken...
Es durchzuckte mich eben wie ein Stromschlag, als ich rein zufällig von der Nachricht erfuhr, Lou Scheimer wäre verstorben. Ein Mann, dessen Cartoons hohen Wiedererkennungswert haben. Ob nun das Charakterdesign, die Animationen, die Musik von Shuky Levy, das Filmation-Logo, die grellen Farben, die Muskelpakete, die Moral von der Geschicht' am Ende jeder Episode...einmal angefixt, erkennt man Lou Scheimers Werk fast blind. Vier Grundpfeiler seines Erfolgskonzepts waren stets: "Möglichst erfolgreich - Möglichst viele Episoden - Möglichst gutaussehend - Möglichst günstig produziert". Wie man sich vorstellen kann sind die Aspekte wirklich schwer miteinander vereinbar, wenn es um die Produktion von Zeichentrickserien geht. Und dennoch wusste Scheimer sich vieler Tricks und Kniffe zu bedienen, um dem wöchentlichen Zuschauer mehr vorzugaukeln, als er eigentlich bekam. Denn schaut man sich mal mehrere Episoden von "He-Man" an und achtet mal weniger auf die Geschichte, sondern auf die Animationssequenzen, fällt einem auf, dass hier eine starke Wiederverwertungs-Strategie betrieben wurde. Einfache Mund-Animationen, immer die selben Action-Animationen vor anderen Hintergründen, usw. ABER das Design der Figuren und Hintergründe war so stimmig, dass die Konzepte Scheimers alle fruchteten und ein paar der erfolgreichsten Zeichentrickserien aller Zeiten zur Folge hatten.
Und der liebe Lou beschränkte sich nicht nur auf einfache Kinderunterhaltung. Im Gegenteil hat er sogar ein paar richtig bemerkenswerte Produktionen in der Saturday-Morning-Cartoon-Sparte untergebracht, die vor allem ein erwachsenes Publikum vor den Bildschirm lockten. Bekanntestes Beispiel ist sicherlich die Zeichentrickserie zu "Star Trek", die es schaffte, ein maßgebliches Interesse an der vor Jahren abgesetzten SF-Serie neu zu entfachen. Statt auf für Kinder zugeschnittene Stories zu setzen, verpflichtete Scheimer einige der ursprünglichen Autoren von "Star Trek" für die Drehbücher. Herausgekommen ist eine überraschend ernstzunehmende Zeichentrickserie, untypisch für ihre Zeit und mit intelligenten Geschichten aufwartend. Das hatte es so vorher noch nicht gegeben im amerikanischen TV.
Eine der wohl ambitioniertesten Serien schuf Scheimer Ende der 70er mit der (bs heute) originalgetreusten Umsetzung der Abenteuer von Weltraumheld Flash Gordon. Legendär dabei sind die Animationen des Raumschiffs, die mittels Rotoskopie-Verfahren ganz neue TV-Standards setzten und bis heute verdammt gut aussehen. Doch mit der zweiten Staffel brach die Flash-Gordon-Serie inhaltlich ein. War die erste noch eine sich von Folge zu Folge weiterentwickelnde Fortsetzungsgeschichte, wollten die TV-Sender von Scheimer, dass er den Stoff kindgerechter verpacke. Es kam also ein rosa Maskottchen hinzu, in sich abgeschlossene Geschichten und die berühmte Moralpredigt am Ende jeder Episode. Und obwohl Scheimer seinem Flash Gordon-Projekt das Grab schaufelte, eröffnete er sich den Zeichentrickmarkt der 80er.
Natürlich hatte Scheimer innerhalb der letzten 35 Jahre nicht nur Fans, sondern auch viele erbitterte Gegner, die ihm beispielsweise vorwarfen, jungen Zuschauern Gewalt als Lösungsvorschlag für Konflikte anzubieten. Ebenso hält sich bis heute die Vermutung, dass Scheimer einen offenen Umgang mit der homosexuellen Kultur anstreben wollte. Egal, ob He-Man oder She-Ra, in beiden Serien ist stets ein leichter Gay-Unterton zu spüren. Bestes Beispiel ist die Beziehung von Man-at-Arms zu He-Man. Er begleitet Prinz Adam auf fast jedem Abenteuer, trägt einen verdächtigen Schnurrbart, kennt Prinz Adams kleines "Geheimnis" und bringt sich unnötig oft selbst in Gefahr um in Körperkontakt mit seinem Freund zu kommen.
Was auch immer Lou Scheimer sich dabei gedacht haben mag, es fiel mir als Kind NIE auf und als Erwachsener lache ich drüber. Und geschadet hat mir die Serie nicht; im Gegenteil hatte ich mit Lou Scheimers Produktionen immer super viel Freude und Entspannung als Kind.
Während der Produktion von Bravestarr musste Scheimer sich im Jahre 1990 einer Bypass-OP unterziehen. Während den Untersuchungen wurde Parkinson im Anfangsstadium erkannt, was dazu führte, dass Scheimer sich zurückzog und aus dem Zeichentrick-Geschäft ausstieg.
Am Donnerstag, dem 17. 10. 2013 verstarb er an den Folgen der Parkinson-Krankheit. Was bleibt, ist ein wahrhaftiges Monument an gutgemeinter Kinder- und Jugendunterhaltung und der wahrscheinlichen Tatsache, warum das Interesse an Star Trek in den 70ern neu entfacht ist.
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