The Shining
Unglaublich, aber wahr. Ich hatte bis vor einer Woche noch nie Stanley Kubricks Verfilmung von Stephen Kings Roman “The Shining” gesehen. Zwar war mir die Existenz dieses Werks aus meinem Geburtsjahr durchaus bewußt, aber da ich kein Fan von Horrorfilmen bin, hatte ich immerzu eine gute Ausrede, ihn nicht zu gucken. Doch es wurmte mich seit ein paar Monaten: Den Großteil des Kubrickschen Filmwerks kenne ich, aber ausgerechnet “Shining” nicht? Ich habe es nachgeholt und hier meine Meinung…
Es geht um Familie Torrance, die die Winterverwaltung eines gigantischen Hotels in den Bergen übernimmt. Vater Jack (vom gleichnamigen Jack Nicholson gespielt) ist Romanautor und freut sich über einen Ort der Muße und des Chillouts. Immerhin werde im Winter keinerlei Gäste kommen und Vater, Mutter und Sohn werden die Einsamkeit neu für sich entdecken. Schon beim Einzug erfährt Jack allerdings, dass ein paar Jahre zuvor ebenfalls eine Familie diese Tätigkeit übernahm, der Vater allerdings in der Einsamkeit durchdreht, seine Frau und seine beiden Töchter tötete und anschliessend sich selbst. Doch was hat das eine mit dem anderen zu tun, denkt sich Jack. Er ist jemand anders, und wird die Situation schon verkraften.
Über seinen Sohn Danny erfahren wir allerdings, dass er nicht nur einen imaginären Freund hat, sondern dass er die Gabe der Telepathie und Präkognition besitzt, die als “Shining” bezeichnet wird. Schon nach der Ankunft beginnt Danny seltsame Dinge in dem Hotel wahrzunehmen. Zwei Zwillingsmädchen, die durch die Gänge schleichen….und das geheimnisvolle Zimmer 237, in dem sich eine von vielen schrecklichen Tragödien zugetragen haben soll. Da helfen auch die Aufheiterungsversuche seiner Mutter nichts; Danny beginnt die Wahrheit zu erkennen: Das Haus ist verflucht. Damit liegt er nicht falsch, immerhin wurde das Haus auf ehemaligem Ureinwohner-Gebiet gebaut und mehrere Utensilien und Einrichtungsstücke im Haus weisen darauf hin, dass die indianische Kultur sich nicht verdrängen liess.
Und ob man es glaubt oder nicht: Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Denn Jack beginnt allmählich durchzudrehen, aggressiver zu werden und letztendlich seine Familie mit einer Axt zu jagen….
Puh, was soll ich sagen? “The Shining” ist zwar ein Horrorfilm, aber kein gewöhnlicher. Und dass, obwohl er viele Elemente miteinander vereint, die ihn klar als Horror ausweisen. Mysteriöse Erscheinungen, Geister, Blut, Flüche, Wahnsinn, Terror, Angst! Stanley Kubrick ist bekannt dafür, definierende Filme gedreht zu haben. Er hat sich nicht auf ein bestimmtes Genre fixiert oder gar etwas mehrfach neu aufgegossen oder gar sein persönliches Thema gehabt, dass er in allen Filmen auf unterschiedliche Weise transportieren würden.
Im Gegenteil scheint hinter jedem Film der Vorsatz zu stehen: “Ich will DEN ultimativen Film seines Genres drehen”. Sei es der Historienfilm mit “Barry Lyndon”, der Science Fiction-Film mit “2001 – Odyssee im Weltraum”, der Antikriegsfilm mit “Full Metal Jacket” oder gar die Gesellschaftssatire mit “Uhrwerk Orange”. Alle diese Filme stehen ausnahmslos für das jeweilige Magnum Opus ihres Genres. Die Gemeinsamkeit aller Kubrick-Filme ist das Handwerk, die Perfektion der Ausführung und vor allem die starke Leistung der Schauspieler. Wer bei einem Film von Stanley Kubrick mitspielte, musste sich darauf einlassen, körperlich und seelisch gefordert und komplett durchgeschlaucht zu werden. Und DAS ist bei “The Shining” spürbarer denn je. Umso weiter der Film voranschreitet fühlt man als Zuschauer praktisch die Energie der Bilder und die Anstrengung des Schauspiels. Nach diesen zwei Stunden Film ist man wirklich kaputt! Kubrick schaffte es im ersten Drittel von “The Shining” eine Stimmung zu kreiren, in der die agierenden Figuren praktisch winzig klein in einem labyrinthartigen Komplex gefangen zu sein scheinen. Der Zuschauer wird mit Hintergrundmusik auf eine kommende beunruhigende Situation eingestimmt, indem diese eigentlich recht vordergründig abgespielt wird.
Dazu trägt auch das vor dem Haus stehende manifestierte Labyrinth ein, in dem sich auch der großartig nervenaufreibende Showdown abspielt. Doch ist “The Shining” nicht einfach nur die Geschichte einer Familie, die auf den Wahnsinn zusteuert. Es ist ganz viel Hintergrundmaterial und Symbolik verbaut, fußend auf der Tatsache, dass 100 Jahre zuvor Indianer von ihrem beheimateten Land vertrieben wurden. Teppichmuster und Tabakdosen im Hintergrund deuten darauf hin, dass der Wirkungskreis eines indianischen Fluchs auf dem Haus seit vielen Jahrzehnten lastet. In verschiedenen Rückblicken erfährt Jack fragmentartig, dass bereits in den 40er Jahren sich schreckliche Dinge in dem Haus abgespielt haben müssen. Geschichten hochgradig unglücklicher Menschen. Für absoluten Gänsehautfaktor sorgt ausserdem das seltsame Wort “Redrum”.
“The Shining” ist KEINE leichte Kost für den Zuschauer! Ich würde sogar sagen, dass er noch viele Filme seines Genres der Gegenwart mit seiner Bildgewalt und Ausleuchtung in vielerlei Hinsicht in den Schatten stellt. Trotz all meinen Lobes hat der Film auch ein paar ganz wenige Schwächen. Shelley Duvall als Mutter Torrance spielt teilweise zweifelhaft affig, was aber durch die Glanzleistung Nicholsons und die des jungen Danny Lloyd aufgewogen wird. Der gleichnamige Danny wusste bis viele Jahre nach Ausstrahlung des Films nicht einmal, dass es ein Horrorfilm war, in dem er da mitgespielt hatte. De Fakto floppte er seinerzeit im Kino sogar und Stephen King behauptet bis heute, es würde sich um die schlechteste Verfilmung eines seiner Bücher handeln. Also was das betrifft, sollte Herr King wirklich mal die Kirche im Dorf lassen, oder hat er etwa die Verfilmungen zu “Rhea M”, “Langoliers” oder “Golden Years” nicht gesehen? Da kann er doch nicht ernsthaft anprangern “The Shining” wäre schlechter. Ich kenne die Buchvorlage jetzt nicht, aber kann Filmfreund mit Fug und Recht behaupten, dass ein stimmiges Endergebnis erzielt wurde. Und mit diesen Worten möchte ich den Film allen ans Herz legen, die ihn noch nicht kennen und sich durch die heutige Review angesprochen fühlten.
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