"Stein und Flöte" - Das (vielleicht) beste Buch, das je geschrieben wurde...

Veröffentlicht am Juni 3, 2013

"Du könntest in Deinem Blog doch auch mal Bücher vorstellen.", bekam ich jetzt von der ein oder anderen Stimme als Feedback zu meinem Blog. Ich habe mich bis jetzt noch geziert, weil ich das Buch im klassischen Sinne nicht als Flimmer-Medium sehe. Natürlich bin ich ein großer Leser! Und ja, im heutigen Zeitalter ist auch das Buch zu einem elektronischen Medium geworden, daher will ich mal nicht so sein. Hier also stelle ich Euch das meiner Meinung nach beste Buch vor, das je geschrieben wurde: "Stein und Flöte und das ist noch nicht alles" von Hans Bemmann. Das "beste" Buch ist natürlich von Mensch zu Mensch völlig subjektiv zu bewerten. Mein Deutschlehrer hätte wahrscheinlich Thomas Manns "Zauberberg" genannt, der durchschnittliche Wenig-Leser würde möglicherweise ein Werk wie "Der kleine Prinz", "Die Möwe Jonathan" oder "Der Alchimist" nennen. Der engstirnige 0815-Fantasy-Leser deutet auf den "Herr der Ringe" wie ein fundamentaler Christ auf die "Bibel" oder ein gläubiger Muslim auf den "Quran". Ein Krishna-Mönch benennt das "Baghavat-Gita" oder das "Sri Baghavatam". Ein Scientologe auf Hubbards "Dianetik". Und eine Frau mit romantischer Ader kann sich nicht entscheiden zwischen Austens "Stolz und Vorurteil" und Brontes "Jane Eyre". Fragen wir die junge Generation wird sie uns "Harry Potter" nennen. Eine Grundschullehrerin kommt mit "Pippi Langstrumpf".

Wie man sieht, sind Geschmäcker, Menschentypen, Biografien und spirituelle oder religiöse Einstellungen maßgeblich um unseren literarischen Geschmack zu prägen. So auch bei mir.Geschrieben wurde das Buch von Hans Bemmann, einem österreichischen Schriftsteller, der es im Jahr 1983 veröffentlichte. Auf über 1000 in kleiner Schrift geschriebenen Seiten erzählt Bemmann eine Geschichte in einer kleinen Fantasy-Welt, deren Karte im Buch abgedruckt ist. In einem kleinen Dorf wird ein hochsensibler Junge namens "Lauscher" als Sohn des örtlichen Richters, dem "großen Brüller" geboren. Auch wenn der Vater schwer enttäuscht von der Hochsensibilität seines Sohnes ist, erkennt Lauschers Mutter, das dieser vielmehr nach der Art seines Großvaters, des "sanften Flöters" geraten ist.

Als Lauscher in der Pubertät ist, gibt es in seinem Dorf eine Schlacht. Die Beutereiter, ein benachbartes Nomadenvolk greifen an. Während alle Leute in den Kampf ziehen, kümmert Lauscher sich als Sanitäter um die hinterher verwundeten Kriegern, ohne einen Unterschied zwischen seinen Leuten und den Feinden zu machen. Dabei lernt er den alten sterbenden Beutereiter Arni kennen, der ihm im Sterben einen leuchtenden Stein, den er immer bei sich trug, überlässt. Die letzten Worte Arnis lauten:

Suche den Schimmer,

suche den Glanz,

Du findest ihn nimmer,

findest Du ihn nicht ganz!

Nach der Schlacht will sich Lauscher auf den Weg machen, um den letzten Worten Arnis auf den Grund zu gehen. Lauschers Mutter schlägt ihm eine Reise zu seinem Großvater, dem "sanften Flöter" vor. Auf der Reise kommt Lauscher durch die Stadt Barleboog, mit deren Herrscherin Gisa er sich romantisch einlässt und bei ihr niederlässt. Die herrischen Worte Gisas, ihre kaltblauen Augen und ihre düsteren gelbäugigen Knechte übersieht Lauscher durch die rosarote Brille. Umso mehr Gisa über Lauscher erfährt, will sie ihn den Beruf seines Vaters als Richter in Barleboog erproben lassen. Lauscher beginnt über Recht und Unrecht nach Gutdünken zu entscheiden und lässt einem Pferdeknecht nach einem vorschnell gefällten Urteil die Zunge rausschneiden und diesen in den Wald jagen. Als Gisa im weiteren Verlauf immer mehr Macht über Lauscher zu erlangen versucht, reicht es ihm irgendwann und er trennt sich von ihr; besinnt sich gar darauf, dass er seinen Großvater eigentlich hatte besuchen wollen.

Unterwegs wird er von jenem nun stummen Pferdewirt angegriffen, der Lauscher fast den Kopf einschlägt. Doch dazu kommt es nicht, da eine Flötenmelodie den stummen Berserker besänftigt. Der "sanfte Flöter" kommt um die Ecke und erfährt kurzerhand von Lauschers Fehler.

Doch der "sanfte Flöter" lehrt in den darauf folgenden Wochen den Stummen sich mittels des Flötenspiels und der Musik in einer alternativen Sprache des Herzens mitzuteilen. Mehr noch erfährt Lauscher, dass sein Großvater sogar jenen alten Beutereiter namens Arni kannte und auch dessen Stein ihm wohlbekannt ist. Als der Stumme, der auf den Namen Barlo hört sich mitzuteilen gelernt hat, schickt der sanfte Flöter Lauscher und ihn auf eine Odyssee der Buße. 3 Jahre lang soll Lauscher Barlo auf einem Esel durch das Land begleiten und Geschichten sammeln.

Soooo, wie gesagt, das Buch hat tausend Seiten. Wieviel mag ich bislang zusammengefasst haben? 100 Seiten? 200 Seiten? Weit gefehlt. Es waren gerademal die ersten 20!!! "Stein und Flöte" ist ein unglaublich langes um komplexes Geflecht. Es ist die Lebensgeschichte jenes Lauscher, der immer wieder glaubt, die richtige Entscheidung zu treffen, aber dennoch immer wieder Scheisse baut, aus der er jedoch immer wieder einen Ausweg findet. Denn das Motto des Buches lautet "und das ist noch nicht alles". Und gemäß diesem Satz wird die Geschichte auf immer neue Irrungen und Wirrungen getrieben. Das von mir erläuterte Geschichtensammeln umfasst gerademal das erste Drittel des Buches! Darauf folgend wird Lauscher für seine zweite große Liebe Narzia drei gefährliche Reisen unternehmen um ihr drei magische Artefakte zu besorgen. Im letzten Drittel kommt es noch bunter für ihn, denn er wird zwischenzeitlich in einen Faun verwandelt, verliert das Gedächtnis, steht als Steinfigur mehrere Jahrzehnte auf einer Lichtung und "das ist noch nicht alles". Das Buch tut sich schwer, ein Ende für Lauscher zu finden. Es passiert immer wieder etwas Neues und Unvorhersehbares.

Es ist ein Buch, das während des Lesens quasi unendlich erscheint. Es ist ein Buch, an dem man mindestens einen Monat liest. Es ist ein Buch, das wenn es gefällt nicht bei einem Durchlesen verbleibt. Denn es ist ein Buch voller versteckter Weisheiten und Wahrheiten. Ein "Alchmist" oder ein "kleiner Prinz" hat seine Daseinsberechtigung in der literarischen Welt. Wem die Geschichten allerdings zu kurz sind, kann in "Stein und Flöte" ein ganzes Kompendium an Parabeln und nicht enden wollenden Märchen vorfinden. Das Buch ist unglaublich originell. Ich schmunzle immer über die Leute, die den "Herr der Ringe" für das absolute Non-Plus-Ultra der Fantasy-Literatur halten, da "Stein und Flöte" ebenso fantastisch ist, seinen Leser aber nicht durch Details ermüdet. Stattdessen wird der Leser durch Wendungen über Wendungen bei Laune gehalten. Mich spricht das Buch durch Lauschers hochsensiblen Charakter unglaublich an. Er bietet für mich eine Projektionsfläche. Er reflektiert viel über sein Leben, versucht aus Erfahrungen zu lernen und kommt aus dem Lernen nicht heraus. Er ist gutgläubig aber nicht einfältig, wie etwa ein Pinocchio. Seine Figur macht eine stetige Entwicklung durch. Und auch die scheinbar kleine Welt in der er sich bewegt wird dem Leser durch immer neue Facetten bei der Wiederkehr an bekannte Orte zu anderer Zeit vertrauter und geheimnisvoller. So sind die Elemente der zu sammelnden Geschichten im ersten Drittel im Grunde genommen nur ein Auftakt für die Spuren und Quellen dieser Geschichten. Ja sie verknüpfen sich gar im Verlauf mit Lauschers eigener Biografie. Auch die immer wiederkehrenden Charaktere und ihre Entwicklung sind unglaublich. Bestes Beispiel hierfür ist Beutereiter Arni, der trotz der Tatsache, dass er auf der bereits zweiten Seite des Buches gestorben ist, einen stetigen Begleiter und eine historische Persönlichkeit in der Welt von "Stein und Flöte" darstellt

"Stein und Flöte und das ist noch nicht alles" ist ein großer Entwicklungsroman, der seines Gleichen sucht. Selbst Michael Endes "unendliche Geschichte" ist nicht dermaßen unendlich, wie "Stein und Flöte". Im Grunde genommen würde hier der Titel "unendliche Geschichte" besser passen, als zu keinem anderen Buch.

Klare Lese-Empfehlung von mir! "Stein und Flöte" von Hans Bemmann ist mein absolutes Lieblingsbuch!

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