"Jericho" - Hier überlebt man den Weltuntergang

Was würdet Ihr machen, wenn ihr am Horizont einen Atompilz seht? Manch einer würde schnell losrennen und einen Bunker zum Verstecken suchen. Andere würden ruhig beim Küchentisch sitzen bleiben und ihren Kaffee weiterschlürfen. Widerrum andere würden sich einfach vom Dach stürzen um nicht zu erleben, was da noch kommen mag. In Jericho kommt jedoch keine dieser Möglichkeiten in Frage...

Und hey, wen wunderts? Immerhin hat der fiktive amerikanische Ort den Namen mit einer gewissen unkaputtbaren biblischen Stadt gemein, deren Mauern erst fielen, als an den Toren laut getrötet wurde. Eine Schallwelle brachte die Mauern Jerichos zu Fall. Doch in diesem Bericht geht es nicht um das biblische Jericho, sondern eben um jene Kleinstadt in Kansas, die den Weltuntergang übersteht.

Der 32-jährige Jake Green kehrt nach Jahren nach Jericho zurück. Sein Großvater ist gestorben, sein Vater (Sheriff und Bürgermeister) ist nicht gut auf ihn zu sprechen und sein Bruder Eric steht vor den Trümmern einer Ehe. Als Jake wieder nach Denver zurückfahren will, passiert das Unfassbare: Am Horizont ist ein Atompilz zu sehen - Denver wurde dem Erdboden gleichgemacht. Auch in Jericho ist der Pilz zu sehen und Bürgermeister Johnston Green hat alle Hände voll zu tun, dass in seiner Stadt die Panik nicht ausbricht. Schlimmer wird es gar, als die Bevölkerung Jerichos erfährt, dass nicht nur Denver, sondern alle Großstädte Amerikas mit Ausnahme von New York und Columbus zeitgleich Atomexplosionen angeheim fielen. Und plötzlich gibt es ganz viele Baustellen. Nach der Explosion droht eine radioaktive Wolke und deren Regen die Stadt zu verseuchen. Irgendwann fällt der Strom aus, die Lebensmittel werden knapp und die medizinischen Voraussetzungen immer komplizierter. Und mitten in all dem Chaos gibt es ganz normale Menschen, die ihren Alltag zu meistern versuchen. Jake, der Fuß fassen muss in Jericho, dem Ort, dem er vor Jahren schon den Rücken gehert hat. Eric, der eine Affäre mit der Bardame hat, obwohl seine Frau gerade ein Kind erwartet. Der Aussenseiter Dale, der im Tante-Emma-Laden weiterjobben will, obwohl die nächste Warenlieferung wahrscheinlich nie eintreffen wird. Stanley, der mit seiner taubstummen Schwester Bonnie zusammenlebt und notgedrungen die Frau bei sich zu Hause aufnehmen muss, die seine Finanzen auf Steuerhinterziehung untersuchte und fündig wurde. Der geheimnisvolle Robert Hawkins, der am Tag des Bombenabwurfs mit seiner Familie nach Jericho gezogen ist und offenbar mehr über die Hintergründe der Anschläge weiss, als alle anderen. Ist er ein Terrorist? Oder ist er die letzte Chance einen Weg zur Normalität zurückzufinden?

Über diese menschlichen Probleme hinaus versuchen die Bewohner Jerichos die Ordnung im Ort aufrecht zu erhalten und jeder trägt seine persönlichen Fähigkeiten zum Erhalt bei. Aber es wird mit der Zeit enger und enger, denn der Winter steht bevor. Und die benachbarte Stadt New Bern beginnt schleichend Abmachungen zu brechen. Und Soldaten einer Privatarmee müssen zurückgeschlagen werden. Und natürlich muss das größte Rätsel von allen gelöst werden: Wer oder was steckt hinter den Angriffen? War es der dritte Weltkrieg? Ein Terror-Anschlag? Und was ist mit dem Rest der Welt? Was ist mit Europa und Asien? Sind Krisenherde wie der Iran oder Nordkorea in die Angriffe verwickelt?

All diese Fragen, das menschliche Allerlei und der Kampf ums Überleben bilden die Prämisse der Serie "Jericho". Um es kurz zu machen: Die Serie ist superspannend. Es gibt keine einzige überflüssige oder käsige Folge. Die Mischung aus Familienserie, Kriegsdrama und Action-Thriller weiss den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute zu überzeugen. Allerdings war die Quote bei der Erstausstrahlung trotz des spannenden Aufbaus alles andere als befriedigend. Und so wurde die Serie nach der ersten Staffel zu Unrecht gekippt. Doch tatsächlich war das Fandom der Serie größer als erwartet. Denn viele hatten die Serie nicht im TV sondern im Internet verfolgt. Und die Fans taten in der Stunde der Not das einzig richtige, denn sie wollten das Ende der Serie erleben...

Gemäß der letzten Kampfansage der Serie "Nuts" (in etwa "bescheuert") ging der Aufruf durch das Internet, den Sender CBS so lange mit Erdnüssen per Post zu bombardieren, bis "Jericho" in die zweite Runde geht. Solche Petitionen und Drohungen gehen häufiger bei Sendeanstalten ein, aber im Fall von "Jericho" war die Reaktion derart exponentiell, dass CBS kurz nach der Absetzung von "Jericho" von Erdnuss-Sendungen überschwemmt wurde. Was bliebt ihnen anderes übrig? Man gab eine zweite Staffel mit 7 abschliessenden Folgen in Auftrag, die dem Wunsch der Fans Folge leisten sollte. Tatsächlich wurden nahezu alle offenstehenden Fragen der ersten Staffel beantwortet und Jericho und seinen Bewohnern das wohlverdiente Happy End spendiert. Allerdings lässt die Serie auch historische Wendungen offen, deren Folgen sicherlich interessant für eine dritte oder vierte Staffel gewesen wären.

Es ist schwer, "Jericho" in ein Genre zu pressen. Die Serie hat ungeheuer gefühlvolle zwischenmenschliche Szenen, aber auch spannungsgeladene Action und einen Fragen-aufwerfenden Mystery-Faktor. Zudem ist die Serie am High Concept orientiert, was bedeutet, dass ein breiter Durchschnitt an Zuschauern sich mit mindestens einer Figur identifizieren kann. Als ich die Serie begann zu gucken, befürchtete ich, dass es sich dabei um ein Verseuchungs-Drama handeln würde. "The Day after" in Serie. Aber an dieser Stelle muss gesagt sein, dass die Serie gerade diese Verseuchungsproblematik nicht verschweigt, aber auch nicht zum zentralen Thema verkommen lässt. Dennoch lassen die Probleme des Ortes den Zuschauer mitfiebern und mitleiden; ja man meint gar, dass das Schlimmste, was noch passieren könnte nur noch eine Zombie-Invasion wäre.

Von mir kriegt "Jericho" die Schulnote 1. Ich kann die Serie eigentlich jedem empfehlen. Ich wüsste nicht, welcher Serien-Zielgruppe sie nicht gefallen würde. Unbedingt anschauen!

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