Fullmetal Alchemist Brotherhood - Da haste Deinen Kaffeeschaum!
Nachdem ich vor einem halben Jahr viel Spass mit der japanischen Zeichentrickserie „Fullmetal Alchemist“ aus dem Jahr 2003 hatte, sah ich mich natürlich aus Solidarität gegenüber der Serie verpflichtet, auch die Neuinterpretation „Fullmetal Alchemist Brotherhood“ von 2009 zu kaufen. Vielerorts im Netz liest man, dass dies die bessere der beiden Serien sei, man die erste eigentlich gar nicht gucken bräuchte und nach dem Konsum von Brotherhood die erste Serie getrost vergessen könne. Ist dem aber wirklich so? Lest meine Meinung zu diesem Vergleich…
Alles nochmal auf Anfang. Die Gebrüder Edward und Alphonse Elric wachsen auf dem Lande auf. Ihr Vater Hohenheim lässt sich alle paar Jahre mal blicken. Als die Mutter der beiden verstirbt, fassen sie den Entschluss, mittels alchemistischer Transmutation diese ins Leben zurückzuholen. Das Experiment schlägt jedoch fehl, worauf Alphonse im Nirgendwo verschwindet und Edwart eine Extremität seines Körpers fehlt. Im Tausch für einen weiteren Körperauswuchs schafft Edward es zumindest, die Seele seines Bruders ins Diesseits zurückzuholen, gebunden an eine hohle Rüstung. Dank Automail-Mechanikerin Winry bekommt Edward künstliche Protesen für seinen Arm- und seinen Beinstumpf. Die beiden beschliessen bei Izumi Curtis in die Lehre zu gehen, um mehr über Alchemie und die Kampfkunst zu lernen, was die beiden wappnet, in den alchemistischen Staatsdienst von Central City in den Dienst zu treten und ihre Fähigkeiten dazu zu nutzen, die Welt zu verbessern.
Dem anfänglichen Wunsch, vielleicht mittels des Steins der Weisen ihre Mutter ins Leben zurückzuholen, legen sie allerdings recht schnell ab, als sie erfahren, dass zur Erschaffung des Steins mehrere Menschen ihr Leben lassen müssen. Immer wieder kreuzen mächtige wesen, die sogenannten Hommunculi die Wege der beiden Brüder, angeführt vom mysteriösen „Vater“, der eine erschreckende Ähnlichkeit mit Hohenheim aufweist. Sind die beiden möglicherweise ein und die selbe Person? Und was haben die oberen Reihen des Militärs mit den Hommunculi zu tun? Und was steckt hinter der Tragödie von Ishval, dem Land aus dem der geheimnisumwobene „Scar“ stammt und Jagd auf Alchemisten macht? Fragen, deren Antworten auf sich warten lassen müssen, denn die beiden Brüder müssen nach einem Abstecher zur Nordkommandantur erfahren, dass offensichtlich seit vielen Jahren ein weltweiter Tunnel gebuddelt wird, dessen Zweck ergründet werden will. Nach einer langen Odyssee und vielerlei Alleingängen münden die Ereignisse schliesslich im „Tag der Verheissung“, an dem die Ereignisse zu kulminieren drohen.
Mal ganz differenziert betrachtet: Warum kam es nach nur 6 Jahren zu einer Neuverfilmung der Comic-Vorlage der Zeichnerin Hiromu Arakawa? Ist das nicht ein bisschen zu früh? Fakt ist, dass zum Zeitpunkt der Verilmung von 2003 die Comic-Vorlage noch nicht abgeschlossen gewesen ist. Um das Ganze allerdings nicht offen enden zu lassen, entschied man sich Anno 2003 dazu, einen eigenen Weg einzuschlagen und die Geschichte lösgelöst vom Comic weiterzufabulieren. Die hier vorgestellte Verfilmung von 2009 „Fullmetal Alchemist Brotherhood“ jedoch orientiert sich vollständig an den Ereignissen der Vorlage und führt nach 12 Folgen zu komplett anderen Ereignissen. Allerdings muss man hier klar sagen, dass im Anfang die größte Schwäche der Serie liegt. Vor allem, wenn zwischen der Sichtung der ersten und der zweiten Serie nur wenige Monate, aber nicht 6 Jahre liegen. Fast 1:1 werden die Geschehnisse der ersten 20 Folgen der ersten Serie innerhalb von 12 Folgen komprimiert nacherzählt. Ich persönlich kann gar nicht einschätzen, wie es gewesen wäre Brotherhood als erstes zu schauen. Möglicherweise wäre mir manches zu schnell und überstürzt vorangeschritten. Wie gesagt, umso weniger Zeit man sich zwischen beiden Serien lässt, desto ermüdender sind jene ersten 12 Folgen.
Danach wird es allerdings schon ein wenig interessanter, denn zunehmend werden Charaktere eingeführt, die in der ersten Serie noch nicht zu sehen gewesen sind. Interessantester Neuzugang ist sicherlich Ling Yao, ein Prinz aus dem fernen Land Xing, der nach Central City gekommen ist, um den Stein der Weisen zu finden. Noch interessanter wird die Figur allerdings, als er seinen Körper mit dem Hommunculus Greed teilen muss, was beiden neue Sichtweisen der Selbstreflexion ermöglicht. Weniger interessant, sondern eher nervig ist die ebenfalls aus Xing stammende Mei. Ebenfalls neu ist die Militärabteilung der Nordkommandantur Briggs, die die Geschichte durch weitere interessante Charaktere bereichern, sei es die unterkühlte burschikose Mira Armstrong, die Schwester des bereits allzu gutbekannten Muskelprotzes Alex Louis Armstrong oder Oberstleutnant Miles, der durch seine ishvalischen Wurzeln es alles andere als leicht gehabt hat, sich im Militär zu behaupten.
Auch gibt es altbekannte, wie neue Hommunculi und Chimären zu sehen, die mit ihren Fähigkeiten den Brüdern so manche Schwierigkeit bereiten. Meine größten Schwierigkeiten jedoch habe ich mit dem letzten Drittel der Serie. Gut 40 Folgen hat die Serie auf den Tag der Verheissung hingearbeitet, der in ganzen 24 weiteren Folgen bis ins kleinste Detail aufgearbeitet wird. Dabei stehen allerdings nicht Alphonse und Edward im Mittelpunkt, nein, denn bis zu diesem Zeitpunkt haben sich rund 30 relevante Charaktere im Alleingang oder in Grüppchen verstreut, deren Erlebnisse auf einzelne Folgen konzentriert werden. Das führt dazu, dass der titelgebende Fullmetal Alchemist manchmal ganze drei Folgen am Stück gar nicht zu sehen ist, wohingegen in der ersten Serie der Fokus stets auf den Abenteuern der Brüder lag. Es ist nicht unspannend, was die Figuren erleben, aber der Tag der Verheissung zieht sich durch diese Struktur in seinen Ereignissen teilweise wie Kaugummi. Hat man eine Folge mit einem spannenden Cliffhanger beendet, wird dieser nämlich nicht zwingend in der nächsten Folge, sondern manchmal erst wesentlich später aufgelöst. Dadurch kam es bei mir, der ich nur eine Folge pro Tag sah dazu, dass ich zum Schluss ein wenig den Faden verloren habe und mir nur dachte „Bringt es doch bitte endlich zu Ende“.
Mein Lieblingselement in der Serie waren die Geschichten von Charakteren wie Hohenheim und Greed. Auch Miles habe ich sehr gemocht, der allerdings am Tag der Verheissung leider völlig unter den Tisch fallen gelassen wurde. Animationstechnisch und musikalisch bewegt sich die Neuverfilmung allerdings auf höchstem Niveau. Auch das Charakterdesign wurde ein wenig erwachsener gestaltet, was mir gut gefiel. Durch die offensichtlichen Schwächen in der Erzählstruktur und den gleichen Anfang kann ich allerdings nicht sagen, dass „Fullmetal Alchemist Brotherhood“ die bessere der beiden Serien sei. Der Umfang ist größer und komplexer, auch bekommen wir wesentlich mehr kämpferische Auseinandersetzungen zu sehen. Vier hervorragende OVAs ergänzen den Kosmos durch eine Charaktervertiefung von Roy Mustang und Oberstleutnant Hawkeye. Absolutes Highlight für mich persönlich war jedoch der zweite Kinofilm, der ungefähr nach Folge 20 angesiedelt ist. Mit leicht abgewandeltem Charakterdesign erleben die Brüder ein klassisches Abenteuer mit einem Widersacher, der eine echte Überraschung mit sich bringt. Im Grunde wirkt der Film als hätte Studio Ghibli Full Metal Alchemist neuinterpretiert, wie sie es einst bei Lupin II im „Schloss des Cagliostro“ versuchten. Vor allem hat man noch nie bessere Animationen und Bewegungen innerhalb der Alchemistenkämpfe zu sehen bekommen, wie in diesem Film. Besonders gefallen hat mir in dem Film mit dem Titel „The sacred Star of Milos“ die Tatsache, dass ein komplett anderes Synchronisationsteam hinzugezogen wurde. Viele, die ihn gesehen haben, enttäuschte dieser Punkt, mir jedoch gefiel die Tonart der alternativen Sprecher, allen voran, die von Edward, der wahrlich völlig verschnoddert wie ein langjähriger Alkoholiker klingt. Der Charme des Films erinnerte mich an manche Anime-Synchronisation, die wir in den 80er Jahren spendiert bekommen haben. Alternativ und verramscht.
Ihr ahnt es sicher schon. Ich fand, dass „Fullmetal Alchemist Brotherhood“ für sich genommen eine grundsolide Serie war, die man sich gut angucken kann. Im Vergleich mit der ersten Serie zieht sie trotz aller gegenteiligen Meinungen für mich persönlich den Kürzeren. Immerhin, und das muss ich der Serie zugute halten, bekommen wir nicht in jeder Folge das Prinzip des äquivalenten Tauschs erklärt. Und, ebenfalls sehr befriedigend fand ich das Ende, das keinerlei Fragen mehr offen liess. Und ich würde mir wünschen, dass es vielleicht eines Tages nochmal eine Nebengeschichte als Kinofilm geben würde.
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