Zwei

Ich saß mit meinen schwarzen Kopfhörern in meinem Zimmer und hörte Musik. Irgendwie musste ich die Zeit überbrücken, bis ich zur rechten Zeit zu unserem Treffpunkt kommen würde. Doch irgendwann verging mir gänzlich die Lust und ich stopfte mir meinen MP3-player hinten in die Hosentasche, schnappte mir meine Umhängetasche und lief aus dem Zimmer. Ich stolperte gerade die Treppe hinunter, als sich Mom mir in den Weg stellte.

"Wo gehst du hin?", fragte sie und setzte ihren strengen Mutterblick auf.

Sie versuchte mal wieder die fürsorgliche Mutter zu spielen. Meine Mutter trug eine dunkelblaue Stoffhose und dazu einen passendes Blazer. Ihr Haar hatte sie zu einem strengen Knoten gedreht, was sie allerdings irgendwie älter wirken ließ. Ich zog mir die Kopfhörer aus den Ohren um ihre Frage zu verstehen. Ich hörte immer ziemlich laut Musik.

"Was?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.

"Wo gehst du hin?", fragte sie erneut.

Seufzend versuchte ich mich an ihr vorbei zu schieben.

"Ist das denn so wichtig? Sonst kümmert es dich auch nur nen Dreck wo ich bin oder hingehe!?" Ich kam nicht an ihr vorbei, sie stand fest wie ein Baum im Weg.

"Was fällt dir ein so mit mir zu sprechen!?", fragte sie empört und stemmte die Hände in die Hüften.

"Darf ich jetzt durch oder was?" Es brachte mich jedes Mal zur Weißglut wenn sie das machte. Entweder es störte sie kein bisschen, dass ich die ganze Nacht weg war oder wo ich mich überhaupt herum getrieben hatte oder sie musste die führsorgliche Mutter spielen, die sich um ihr schlechterzogenes Kind, sorgte.

"Ich habe keine Lust auf den, leider wahren, Ruf, dass meine Tochter die ganze Nacht, ohne dass ich davon etwas weiß, mit diesen assozialen Jungs rumhängt! Kannst du dich nicht einmal normal benehmen?" Genauso wie dein Bruder, hätte jetzt nur noch gefehlt.

"Mom, du kannst mir nicht vorschreiben mit wem ich mich zu treffen habe oder nicht.", sagte ich und versuchte mich an ihr vorbei zu schieben, doch das ließ sie nicht zu.

"Oh doch, dass kann ich. Unterschätze deine Eltern nicht, Jade!", sagte sie und wurde nun etwas lauter.

Ich hatte das Gefühl, dass ich sie mit jedem Wort, welches ich mit ihr wechselte, zum Schäumen brachte. In einer gewissen Weiße, die ich aber versteckt hielt, amüsierte mich das etwas.

"Glaub mir Mom, du kannst mir nichts verbieten.", sagte ich und zeigte ihr ein gekünsteltes Grinsen.

"Doch, Jade, denn ich werde dir verbieten heute aus dem Haus zu gehen. So kann das einfach nicht weiter gehen!"

Ich schaute ihr über die Schulter und endeckte meinen Bruder Colin, der aus dem Wohnzimmer herausgeschländert kam und nach seinem Autoschlüssel, der auf der noblen Kommode lag, girff. Er schenkte mir ein gehässiges Grinsen. Ganz genau wusste er, dass er der Liebling war und ich nur das ungehorsame, assoziale Mädchen, die leider aber auch zur Familie gehörte. Ich hob die Hand um ihm den Mittelfinger zu zeigen, doch im letzten Moment hielt ich mich noch zurück.

Mom schaute über ihre Schulter nach hinten zu Colin. Sie zeigte ihm ein liebevolles Lächeln. Colin lächelte freundlich zurück. Wie ich dieses 'Wir sind die perfekte Familie und halten für imme zusammen'- Getue hassten. Mich schlossen sie dabei aus, weil ich natürlich nicht zur perfekten Familie passte. Das war mir aber auch nur Recht, da ich rein gar keine Lust darauf hatte.

"Ich treffe mich mit Lacy und Mitch, bis später Mom!", sagte er und schlenderte betont lässig zur Tür heraus.

"Und wieso darf er sich mit seinen Freunden treffen und ich nicht?", fragte ich empört.

"Das weißt du nur zu gut selbst, Jade!", sagte sie und drehte sich um, um ins Wohnzimmer zu gehen. Ich lief in Richtung Tür.

"Was tust du da? Ich habe dir verboten zu gehen!", hörte ich Mom schreien. Wütend lief sie auf mich zu. "Und jetzt ab in dein Zimmer!"

Mein Gott, sie konnte mich mal am Arsch lecken! Sie konnte mir nichts vorschreiben!

Ich drehte mich um und lief die Treppe wieder hinauf in mein Zimmer.

"Na geht doch!", rief sie mir noch hinter her.

In meinem Zimmer angekommen, öffnete ich mein Dachfenster und stieg hinaus. Es war ganz schön hoch, musste ich zugeben und ich war nicht sehr gübt darin. Das erste Mal hatte ich mich so nachts hinaus geschlichen und mir dabei beinahe alle Knochen gebrochen. Aber was war ein Leben schon wenn man kein Risiko einging?

Ich schloss das Fenster hinter mir so weit, dass ich es von außen noch öffnen konnte und machte mich auf den Weg vom Dach hinunter. Vorsichtig trat ich auf die orange roten Dachziegeln. Doch als ich meinen Fuß auf einen lockeren Ziegel setzte rutschte ich aus.

Scheiße!

Gerade so hielt ich mich noch mit einer Hand an einer Ecke eines Dachziegels fest. Ich atmete tief durch, dann setzte ich meine Füße wieder auf das Dach und lief, so vorsichtig es nur ging, über das Dach, bis zum Ende, an dem es flacher wurde und der Abstand zwischen Dach und Boden nicht mehr ganz so groß war.

Ich erreichte das Ende des Daches unversehrt. Schnell setzte ich mich an den Rand des Daches und sprang die letzten drei Meter hinunter. Meine schwarze Jacke flatterte hinter mir, als ich hinuntersprang und anschließend unsanft auf den Füßen aufkam. Schnell lief ich über die Einfahrt hinaus auf die Straße und ein Lächeln schlich sich über mein Gesicht.

Ich freute mich bereits auf Punkt 34, den ich an diesem Tag von meiner Liste streichen würde.

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