kleiner Bonus: meine Flop 5
1. Ich bin 14/15 und laufe mit meiner damaligen besten Freundin die Einkaufsstraße entlang. Zwei Typen laufen hinter uns. Einer von ihnen sagt: China hat einen geilen Arsch. Nice! Sexismus und Rassismus, vereint!
2. Ich bin im ersten Semester auf einer Hausparty. Ein Typ erzählt in einer Gruppe einen unlustigen Witz. Ich lache nicht. Er sagt: "Asiaten lachen doch über alles." Ich gehe weg. "Ja, und ich wähle auch die AfD." (Das war - hoffe ich- nicht ernst gemeint, aber anscheinend kann man sich auch nicht einfach dafür entschuldigen, was dummes zu sagen. Nein, er muss mich ins Lächerliche ziehen (Überreaktion und so), denn er ist ja kein Rassist, was er mit dieser überspitzten Aussage ausdrücken will.)
3. In der 11. Klasse ist die dritte Frage der Französischarbeit: Was bedeutet es für dich Deutsch zu sein? Die Französischlehrerin stürzte mich in eine Identitätskrise und ich war komplett aufgelöst.
4. Auf Chorfreizeit in der 8. Klasse heule ich mit meiner besten Freundin, die auch Migrationshintergrund hat, weil wir es immer abbekommen, dass andere uns als anders abstempeln.
5. Die Begegnung, die mich dazu trieb, diesen Blog anzufangen:
Ich habe mich im ersten Semester für ein Stipendium beworben. Ich war auf schwierige Fragen vorbereitet. Der Mann, der mich interviewte war ganz nett. Ich erzählte lang und breit von vielen interessanten Praktika, Auslandsaufenthalten, AGs, an denen ich teilgenommen hatte, sozialem Engagement usw. Darauf antwortete er: "Es kommt mir so vor, als hätten Sie viel Interessantes getan, aber Sie verkaufen es so schlecht." Ich schaute verwundert. "Kann ja sein", dachte ich, "Manchmal bin ich echt nicht so gut im Reden." "Zum Beispiel kommen Sie aus einem anderen Land."
Ich war baff. Aus all dem, was ich geleistet hatte, griff er sich die einzige Charakteristik hervor, für die ich rein gar nichts konnte. Ich meine, ich war ja auch froh darüber, dass sich gerade die beiden Menschen, die meine Eltern sind, dachten "lass mal Sex haben", aber dafür kann ich ja wohl wirklich nichts.
Der Rest des Gesprächs wurde aus der Hinsicht nicht besser.
Er frage mich, warum ich mich denn genau für dieses Stipendium bewerbe. Ich sagte, mir gefielen die Werte und Ansichten, die diese Stiftung habe. Er sagte: "Hm, aber Asiaten sind ja eigentlich eher konservativ."
Ich sagte, ich könne mir vorstellen Psychotherapeutin zu werden und für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten. Er sagte: "Wenn Sie aus Syrien kommen würden, würde ich das verstehen. Aber wieso setzen Sie sich nicht für Frauenrechte in China ein?"
Am Ende des Gesprächs, das aber teilweise auch sehr gut, interessant und weiterführend war, war ich fertig, es hatte über eine Stunde gedauert.
Erst beim Rausgehen fiel mir auf, wie seltsam die Fragen waren, ich fragte mich, ob man als Interviewer sowas machen muss. Ich fragte eine Kommilitonin, die sich zwei Jahre vorher auch auf das Stipendium beworben hatte. Sie sagte, der Mann sei super nett gewesen und meinte, das könne sie sich nicht vorstellen, dass er wirklich solche Ansichten hatte.
Ich erzählte das Gespräch Freund/innen und Bekannten und regte mich mindestens eine Woche darüber auf. Vielleicht hatte ich es ja alles nur falsch verstanden. Mittlerweile habe ich folgendes Fazit gezogen: Ich glaube, der Mann wollte bohrende Fragen stellen, wie es auch legitim ist in solchen Interviews. Aber ich finde es nicht in Ordnung an dieser Stelle zu bohren. In einer Situation, in der Personen aufgeregt und nervös sind, ist es ziemlich asozial sie plump mit Vorurteilen und ihrer Ethnie zu konfrontieren. Es ist eine seltsame Situation. Man kann nicht aufstehen und gehen, man darf nicht unfreundlich sein, wenn man den Job/das Geld etc. wirklich will und gerade deshalb sollten sich solche Leute dessen bewusst sein, was sie fragen und ob es verletzend sein könnte, auf eine Kategorie Mensch reduziert zu werden.
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