33

Jay
Das Piepen auf meinen Ohren war unerträglich, noch immer war ich benommen, als ich in Rückenlage in Trümmern und Schutt lag. Noch immer rieselte Ruß auf mich hinab, das Brennen und der Schmerz in meiner Stirn, wurden unerträglich.
Als ich mich aufsetzte, lief mir Blut übers Auge und tropfte auf meine kaputte Jeans. Meine Beine wiesen wie meine Arme ebenfalls ein paar Schnitt-und Schürfwunden auf- keine Ahnung, wie der Rest meines Körpers aussah.
Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln.
Wo zum Teufel war ich eigentlich?
Das Treffen mit den Triaden?
Nein, dafür war's viel zu früh. Wir wollten doch erst aufbrechen, standen auf dem Parkplatz, als das Auto von Andrej in die Luft flog, mit ihm, Falco und den zwei weiteren russischen Kerlen.
Alvin und ich, kamen gerade aus dem Club, steuerten den nahegelegenen Parkplatz an und dann flog uns der Aston Martin, und die daneben stehenden Autos um die Ohren.
   Ich schloss meine Augen und als ich sie wieder öffnete, war ich plötzlich wo anders.
Ich fühlte eine unerträgliche Hitze, dachte, es würde von der knallenden Sonne über mir kommen, aber es war das brennende Auto.
Das, was sich so anfühlte, wie Sand der durch meine Finger glitt, war nur trockene Erde aus dem Blumenbeet, in dem ich gesprungen war.
Für einen Augenblick, sah ich sogar meine Beine, die in einer Militärhose gekleidet waren, dachte, ich hätte die Kette mit meinem Dogtag um. Aber als ich dort hin fasste, war dort keine Kette, kein Anhänger, nichts.
Ich blinzelte verwirrt, wischte mir das nervige Blut immer wieder vom Auge weg.
Mir wurde langsam klar, dass ich in Chicago war: auf dem Parkplatz des Doll's.
Das anstehende Treffen mit den Triaden, Parkplatz, Auto, Bumm.
Alvin!
Noch bevor ich überhaupt den Mund aufmachen konnte, um nach meinem Kollegen zu rufen, kam er mir zuvor.
Jake!", hörte ich Alvin rufen. Er kam zu mir und wirkte nahezu unverletzt, als er sich neben mich kniete und mich besorgt musterte. „Das gibt eine weitere Narbe. Wirst schon wieder, Junge!"
Ich sagte gar nichts, sondern starrte nur das brennende Autowrack an. Aus der von der Explosion rausgerissen Tür, hing die Verbrannte und immer noch von Flammen verspeiste Leiche von Andrej heraus.
Das aktuelle Bild verschwamm mit einem alten Bild aus meiner Vergangenheit.
Aston Martin, Humvee, Aston Martin, Humvee, Aston Martin. George Hamilton.
Soldat George Hamilton war damals am Steuer, fuhr den Humvee.
Ich konnte mich immer noch nicht sonderlich rühren, starrte die Verbrannte und qualmende Leiche an.
„Das wars erstmal für dich", hörte ich Alvin noch sagen, der vorher versucht hatte mich zum Mitmachen zu bewegen, aber ich war wie gelähmt.
Als Alvin mich auf die Beine zog, wurde mir schwarz vor den Augen. 

Immer wieder, kam ich für einen Augenblick zu mir. Ich bekam mit, wie ich in einem Krankenwagen gesteckt wurde, dann war ich wieder weg und erst im Schockraum, wurde ich, für einen kleinen Augenblick wach.
Die Medikamente machte mich so müde, dass ich nur die Hälfte der Behandlung mitbekam und erst wieder auf einem Zimmer wach wurde.
Immerhin war ich für mich allein, blickte auf die nervenden Gerätschaften neben meinem Bett und aus dem Fenster in die Dunkelheit. Mein Kopf schmerzte und mir war schwindelig, weshalb ich sofort die Augen schloss und wieder wegpennte.

Am nächsten Morgen, wurde ich von einer Ärztin und einer Krankenschwester geweckt, die mich nach meinem Wohlbefinden fragten und mich untersuchten. Sie reinigten die Schnittwunden an meinen Beinen, Armen,  Oberkörper und dem Gesicht, ehe sich die Ärztin der größeren Wunde an meinem Kopf zuwandte.
„Mein Kopf tut weh", bemerkte ich müde.
Diese Schmerzen, oder die Medikamente machten mich dermaßen müde, dass ich am liebsten wieder eingeschlafen wäre.
„Das ist typisch für eine Gehirnerschütterung. Außerdem mussten wir ihre Schläfe nähen, dort wird vermutlich eine Narbe bleiben."
„Wann kann ich wieder gehen?", wollte ich wissen.
„Officer Halstead, Sie müssen für ein paar Tage hier bleiben."
Officer Halstead? Anscheinend wurde ich mit meinem richtigen Namen eingecheckt.
Hieß das, ich war raus und ich konnte endlich in mein altes Leben zurück, welches ich so vermisste?
Ich schloss nach der Behandlung wieder die Augen, forderte nach weiteren Schmerzmitteln, gegen die Kopfschmerzen, die mir auch zügig verabreicht wurden. „In welchem Krankenhaus bin ich überhaupt?", wollte ich wissen, nachdem mir von der Ärztin weitere Schmerzmittel gespritzt wurden. Da ihr langes blondes Haar über das Namensschild und die Bestickung ihres Kittels fielen, konnte ich weder ihren Namen, noch den Krankenhausnamen sehen. „Sie sind im Med", antwortete sie.
Wo auch sonst.
Als wurde ich vom Blitz getroffen, schreckte ich auf.
Das Med.
Holly!
„Arbeitet heute eine Krankenschwester namens Holly McGowan in der Notaufnahme?", fragte ich schnell nach.
„Ich bin neu hier, frage aber gerne nach", murrte die Ärztin.
Dann war die Ärztin mit ihren wenigen Sachen aus meinem Einzelzimmer gegangen und ließ mich allein. Wieder kam sie nicht. Vermutlich kam etwas Wichtigeres dazwischen, oder sie hatte mich einfach nur vergessen.
      Minuten verstrichen, zogen sich qualvoll wie Kaugummi, als jemand das Zimmer betrat.
Hoffnungsvoll wandte ich mich zur Tür, aber als ich Alvin und Abel erkannte, rollte ich leicht die Augen.
Abel fragte, wie's mir ginge, ich sagte, beschissen.
„Du hältst dich erstmal im Hintergrund", verkündete Abel dann. „Wir wissen, dank der Telefonnachweise von Andrej endlich, wer der andere Geschäftspartner ist, ein Team liegt schon auf der Lauer, bereit den Kerl zu fassen."
Das hätte mein großer Auftritt werden können. „Die Ermittlungen wegen der Bombe, laufen ebenfalls auf Hochtouren, wirst im Verlaufe des Tages vom ermittelnden Team befragt. Die Triaden jagen liebend gern Russen in die Luft. Jake Smith ist tot."
Ich starrte Abel an. Das war mir alles egal. Ich wollte nur eins wissen: „Kann ich wieder nach Hause?"
Abel nickte. „Ohja, dass kannst du, sobald du entlassen wirst." Ich hätte am liebsten geheult, riss mich aber zusammen, um nicht wie ein verweichlichter Waschlappen dazustehen. „Aber erst musst du ein bisschen fitter werden, sonst kippst du gleich wieder aus den Latschen."
Abel musste nur komisch lachen und klopfte mir viel zu grob auf die Schulter. „Hast deine Arbeit gut gemacht, Jay. Ich komm auf dich zurück, wenn ich dich wieder gebrauchen könnte. Hätte dir die Verhaftung gegönnt, aber man kann nicht alles haben." Die Hand die immer noch auf der Schulter lag, griff sich viel zu sehr in meinem Fleisch fest, sodass es schmerzte.
Dann zog er brummelnd die Hand weg, schlug mir doller auf die Schulter, drehte sich um und verließ das Zimmer.
Irritiert blickte ich Alvin an. „Was hat er?"
„Hach, ihm passt wieder etwas nicht." Alvin gluckste belustigt. „Er ist ziemlich durch den Wind. Wie geht's deiner Butterbirne?"
„Tut weh, wird aber wieder werden."
„Das sollte es. Kann dich früher, oder später noch mal gebrauchen. Bist einer der wenigen, mit denen ich gern zusammenarbeite."
„Das hört man doch gerne", sagte ich und hielt beide Daumen nach oben. „Wenn wir schon bei der Arschkriecherei sind: ich lerne gerne von dir."
„Ach, hör auf, ich werde ja ganz rot."
Es klopfte an der Zimmertür und ich blickte dort hin. Da stand tatsächlich eine wartende Holly. Ich wollte regelrecht aus dem Bett springen, hielt mich aber zurück.
„Komm runter, Romeo", lachte Alvin und blickte zu Holly. Er murmelte etwas von: „Das erklärt Abels miese Laune..."
Alvin ließ uns netterweise allein, während Holly ins Zimmer eilte und mir viel zu stürmisch in meine ausgebreiteten Arme lief. Sie drückte mich nah an sich, küsste mehrmals die Stirnseite, die nicht genäht werden musste. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht", sagte sie schniefend.
Ich hörte an ihrer Stimme, dass sie weinte und drückte sie noch näher an mich heran.
„Ich lass dich erstmal nicht allein", murmelte ich und schloss die Augen. Auch ich kämpfte mit den Tränen an, die ich nicht zurückhalten konnte.
Fünf Monate, in denen ich sie nicht in den Arm nehmen und küssen konnte.
Fünf Monate, in der ich auf ihr wunderschönes Lächeln und ihre zwischendurch aufkommende miese Laune verzichten musste.
Ich hätte Holly am liebsten gar nicht los gelassen, als sie sich aus der Umarmung löste und sich gerade neben das Bett stellte.
Sie wischte sich mit der einen Hand die Tränen aus dem gerötetem Gesicht, wirkte plötzlich viel zu nervös, als sie mit der anderen Hand nach meiner griff.
„Mir geht's gut... alles gut...", versicherte ich Holly, um sie ein bisschen zu beruhigen.
Ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihrem Gesicht abwenden.
Im Gegensatz zu mir, weinte sie immer noch.
Die Tränen liefen ihr im Sekundentakt aus den Augen und über die Wange, ehe sie meine Hand fester drückte und zu ihrem Bauch fuhr.
Einen viel zu sichtbaren, runden Bauch, der, und das hätte ich schwören können, vor ein paar Monaten nicht da war.
Als ich realisierte, wieso meine flache Hand auf dem rundlichen Bauch lag, stockte mir der Atem. „Scheiße", entfuhr es mir.
Das war absolut nicht negativ gemeint, sondern ich wusste nicht, was ich von diesem positiven Schockgefühl sonst sagen sollte.
„Ich glaub das nicht", flüsterte ich und schob das T-Shirt hoch, um auf einen runden Bauch zu blicken.
Holly musste leise lachen. „Doch."
Meine Hand fuhr über ihre weichen und gespannte Bauch. „Nein."
„Doch."
Trotz der Kopfschmerzen, die durch mein Geflenne sichtlich schlimmer wurden, setzte ich mich auf und starrte weiterhin auf den Bauch. „Scheiße."
„Du wiederholst dich", bemerkte Holly und legte eine Hand auf meinem Hinterkopf, während ich meine Stirn an den kühlen Bauch ablegte. Ich musste grinsen, schloss meine Augen.
Das war wirklich mal eine Überraschung.

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