Kapitel 8
KAPITEL 8
~ Marco's Sicht ~
Kane saß also auf meinem Schoß, nachdem ich die PlayStation angeschmissen hatte. Fifa war eh immer drinnen, also konnte es gleich mit dem Spiel los gehen.
Eigentlich spielte ich gegen den Computer und Kane hielt nur den Kontroller in der Hand, aber er dachte, er spielt selber. Deshalb war der Jubel groß, als ich das erste Tor gegen Schlake schoss.
Ich hab die Mannschaft ausgewählt und Kane klar gemacht, dass das die uncoolste Mannschaft auf den Planeten ist.
Da meinte er nur: "Mama hat aber gesagt, Schlake ist ultra plöd."
Ich nickte nur zustimmend und wandte mich dann wieder den Fifamenü zu.
"Wann kommt Mama wieder?", fragte Kane, während ich gespannt auf den Fernseher starrte und einen Konter ausführte.
"Dauert nicht lange. Sie ist ja gerade erst los", antwortete ich und bettete mein Kinn auf Kane's Kopf.
"Papa. Meine Frisur", seufzte er und drückte mich am Gesicht weg.
"Entschuldige viel mals", sagte ich und schnitt eine Grimasse.
"Jaaa, zwei zu null!", schrie Kane entzückt auf, als wir das zweite Tor gegen Herne West schossen.
"Das riecht doch noch einem Derbysieg, huh?", fragte ich Kane und drückte den Kleinen einen Kuss auf die Schläfe.
"Ja, die gehen heulend nach Hause", lachte Kane.
Während ich mich weiter auf den Bildschirm und das Spiel konzentrierte, war Kane abwesend und starrte in Richtung Terrassenür.
"Du?", fragte Kane.
"Ich", antwortete ich. "Ja, drei null."
Kane rutschte von meinen Beinen runter und ich pausierte das Spiel, als ich sah, wie Kane langsam zur Terrassentür ging.
"Uhm, Kane?", fragte ich vorsichtig nach.
Erschrocken schrie ich auf und schmiss dem Kontroller in die Luft, nachdem Kane aufkreischte und weinend unter den Couchtisch kroch.
Als ich genauer zur Tür blickte und meine Augen sich an die draußen stehende Dunkelheit gewöhnte, wusste ich Bescheid, wieso sich mein Sohn so schrecklich erschrocken hatte.
Ich sprang von der Couch auf und ging zur Tür, die ich öffnete.
"Alter, habt ihr die noch alle?", fragte ich die Jungs, die auf meiner Terrasse standen.
Auba, Moritz, Erik, Marcel, Mats und Ilkay, schauten mich entschuldigend an, während Kane immer noch am weinen und schreien war.
"Ihr habt den Kleinen total verschreckt", meinte ich und ließ die Jungs einfach stehen. Ich ging zum Couchtisch und kniete mich daneben.
"Kleiner, brauchst keine Angst haben. Das sind Freunde von mir."
Es brach mir das Herz, als Kane mich mit knallrotem und verweinten Gesicht anschaute.
Er weinte immer noch. "Komm raus. Die tun nichts", redete ich weiter beruhigend und leise auf Kane ein.
Er schüttelte nur den Kopf.
"Ich denke, wir sind uns alle sicher, dass Auba Nico total erschrocken hatte, oder?", hörte ich Moritz fragen.
Mo blickte zu mir und ich schaute ihn giftig an. Als er meinen Blick auswich und zu Mats blickte, bekam er den gleichen giftigen Blick ab, wie von mir ein paar Sekunden davor.
"Was denn? Auba stand vorne und hat ihn angegrinst."
"Sei einfach leise, Moritz", meinte Erik.
"Ja, sei einfach leise", stimmte ich zu.
"Isso", war Kane am weinen und motzen.
"Das ändert nichts daran, dass ihr den Jungen total verstört habt. Verdammt", pampte ich herum, während die Jungs noch am lachen waren.
"Das isso hat Nico schon drauf", grinste Ilkay.
"Jetzt komm raus. Die sind ganz liebe Menschen", meinte ich und wandte mich wieder Kane zu.
"Ich will Mama!", rief der Junge verängstigt.
"Du solltest deine Schwester anrufen, bevor du noch durchdrehst, weil du nichts mit Nico anfangen-"
"Das ist nicht Nico!", zischte ich und unterbrach damit Marcel.
"Hä, wer dann?", meinte Mats verwirrt.
"Ein Freund von Nico. Hab auf beide aufgepasst und ich warte nur, bis seine Mutter kommt und ihn abholt."
Lügen über Lügen. Ich hoffte die Jungs würden weg sein, wenn May zurück kommt. Und ich hoffte, dass Kane mich nicht vor allen Papa oder so nennen würde.
"Und der alte Ford in der Auffahrt?", hakte Ilkay weiter nach.
"Gehört seiner Mutter. Sie wurde abgeholt."
"Also kein massiver Dünnpfiff?", meinte Auba.
"Ja, da hab ich gelogen. Und?"
"Ich hab da noch eine Frage?", meinte Erik.
"Was nun?"
"Die Frau die mit dem anderen Kind auf den Arm dein Haus verlassen war, war nicht deine Schwester, wer dann?"
Ich dachte nach. "Yvonne hat ein Aupair da. Das war das Mädchen."
Ich legte mich auf den Boden und blickte zu Kane, der allmählich wieder runter kam, aber trotzdem noch am weinen war.
"Kommst du raus? Dann schick ich auch die Männer weg?"
"Ehrlich?", schniefte Kane und wischte sich die dicken Krokodilstränen aus dem Gesicht.
"Ja, Fußballer-Ehrenwort."
"Oki."
Ich wandte mich zu meinen Kollegen. "Geht ihr, oder ich kann vermutlich nie wieder auf irgendein Kind aufpassen."
Die Jungs blickten mich misstrauisch an. "Okay, wenn du meinst. Wir sehen uns morgen beim Training?", meinte Mats und es klang eher wie eine Frage.
Auba blickte sich um. "Kein Fifa?", fragte er und hielt seinen goldenen Kontroller hoch.
"Nein, verflucht!", meinte ich.
"Chill, Bruh", sagte Mo und war einer der ersten der das Wohnzimmer in Richtung Terrasse verließ.
"Bis morgen", meinten die anderen durch einander.
"Ja, bis morgen", gab ich zurück und stand auf. Kaum waren alle draußen, machte ich die Tür zu und zog sämtliche Rollläden runter.
"Kane, die sind weg. Kannst rauskommen", meinte ich erleichtert.
Kane's Kopf schaute unter dem Tisch hervor und er blickte sich um. Dann krabbelte er hervor und stürtzte sich direkt in meine Arme.
Ich würde auch einen halben Herinfarkt kriegen, wenn Auba in der Dunkelheit stehen würde und das einzige was man sieht, seine weißen Zähne und das weiße vom Auge sind.
Ich schlang meine Arme um Kane's kleinen Rücken und drückte ihn näher an mich ran.
"Das sind Papas Kollegen gewesen. Du brauchst eigentlich keine Angst haben."
"Hm", meinte Kane nur und schniefte.
"Glaub mir ruhig. Papa kennt seine Freunde."
"Müde", war das einzige, was von Kane kam.
"Okay", sagte ich und hob meinen Sohn hoch. Ich ging direkt nach oben ins Gästezimmer, wo immer ein Reisebett aufgestellt war. Caro dachte, das wäre für Nico. War es auch. Aber nicht, wenn Kane da war. Caro. Das war ein Thema für sich.
Wir hatten eine Beziehungspause von rund acht Monaten, in der ich, dank Forni mit May zusammen kam. Wir führten eine Fernbeziehung, was aber für May letztlich nicht mehr hinhaute und sie hat sich im freundschaftlichen von mir getrennt. Ich wollte sie erst gar nicht gehen lassen, habe es dann aber doch gemacht. Wir beide blieben Freunde, was auch gut so ist. Und ich kam wieder mit Caro zusammen, wo es einfach nicht mehr lief. Von meiner Seite aus. Aber ich war wie immer feige, wenn es ums Schluss machen geht. Also blieb mir nichts anderes übrig als den Klodeckel offen zu lassen, die Überreste von der Zahnpasta im Waschbecken zu lassen, bei Forni oder Robin zu schlafen, ohne Bescheid zu geben und noch weiteres. Auf der Hoffnung Caro so sehr auf den Senkel zu gehen, dass sie mich das zweite Mal abserviert. Aber bisher hatte das alles nichts gebracht.
Wäre ich nicht so feige im Schluss machen, dann wäre ich schon längst nicht mehr mit Caro zusammen.
Und dann hätte ich alles versucht May wiederzubekommen und das nicht nur wegen Kane.
In mir schlummerten noch Gefühle für May, dass all die Jahre. Und ich denke nicht, dass es so einfach ist, diese zu verdrängen. Selbst Caro hatte nicht geholfen. Wenn ich Caro anblickte, oder eine andere Frau, wie ein Fan, oder die Bäckereitante um die ecke, sah ich immer nur May vor mir.
Forni meinte, dass sei auch nicht mehr normal und ich sollte einfach dazu stehen, Caro abservieren und alles dafür tun, dass May wieder an meiner Seite ist.
"Papa?", fragte Kane mich und ich kam aus meiner Gedankenflut wieder zu mich.
Ich stand mitten auf der Treppe und blickte irritiert zu meinen Sohn, der noch auf meinen Armen war und mich fragend anblickte.
"J-ja?"
"Ins Bett", meinte Kane und schnitt eine Grimasse.
"Ja, okay. Ins Bett. Für putzen deine Zähne, ziehen dich an und dann gehts ab in die Heia."
Kane nickte und ich verfolgte das abendliche Ritual.
Als ich Kane ins Bett ablegte, wackelte er ungeduldig mit den Beinen.
"Was ist denn?", fragte ich ihn.
"Will warten", meinte er und krallte sich mit seinen Armen um meinem Hals fest.
"Okay, wenn es der kleine Borusse so will."
Kane und ich gingen wieder nach unten und legten uns auf die Couch. Ich deckte Kane mit der Batman-Tagesdecke zu und reichte ihn sein Wenn-er-bei-Papa-ist-Lieblingskuscheltier. Emma. Das Maskottchen des BVB's, natürlich.
Während Kane mir weiter dabei zu schaute, wie ich fifa spielte, sah ich aus den Augenwinkeln immer wieder, wie seine Augen zufielen. Auch den Daumen hatte er wie immer im Mund und nuckelte an diesen. Das hatte er von May. Ihre Mom meinte, die rein zufällig so wie meine hieß, also Manuela, dass May als Kleinkind auch immer an den Daumen genuckelt hatte. Bis zum zwölften Lebensjahr, als ihre Oma gestorben war. Da hatte es aufgehört. Ich hatte May nur einmal dabei erwischt, wie sie im Schlaf am Daumen genuckelt hatte. Das war das niedlichste auf den Planten. Nur weiß May davon nichts. Es war wirklich nur das eine Mal. Einen Tag vor Weihnachten. Der 23. Und an dem Tag hatte eigentlich immer ihre Oma Geburtstag. May hang ziemlich an ihre Oma, das meinte auch Forni. Er meinte, sie war lieber bei ihrer Oma anstatt bei ihrer Mutter.
"Wo ist Mami", meinte Kane müde.
"Bestimmt noch bei Yvonne. Die beiden haben sich sicherlich verquatscht. Kennst du doch", meinte ich und schoss das sechste Tor gegen die Radkappen.
"Verdappscht?" Kane schien verwirrt.
"Das heißt, dass Mama und Tante Yvo noch am reden sind."
"Ah", meinte Kane. "Nacht, Papi."
"Willst du schon schlafen?"
Ich blickte zu Kane, der in diesem Moment völlig weggedöst war. Grinsend drückte ich den Kleinen einen Kuss auf die Stirn und stellte die PlayStation ab, nachdem ich mich neben Kane gelegt habe und ihn näher zu mich ran zog. Gott, hatte ich diesen Knirps vermisst.
Desto länger ich Kane durchs Haar strich, desto müder wurde ich. Mir fielen auch ein paar Mal die Augen zu, konnte mich aber krampfhaft wachhalten, was aber nicht lange gut ging. Seufzend ließ ich meinen Kopf fallen und schlief kaum ein, nachdem mein Kopf auf dem Couchkissen gelandet war.
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