Kapitel 78

KAPITEL 78

~ May's Sicht ~

"Wohin?", fragte Kane mich als ich ihn die Schuhe anzog. Er saß auf der untersten Treppenstufe und ich kniete vor ihm. Er hatte sein Fuß auf meinem Oberschenkel gelegt und ich steckte seinen Fuß in den Nike-Sneaker.
"Wir gehen in den Kindergarten", sagte ich.
"Kinder-was?"
"Kindergarten. Da sind andere Kinder und da darfst du mit den Spielen."
"Warum?"
"Weil du schon groß bist und sowieso in die Kita mal sollst."
"Warum?"
Nicht das Warum-Spiel. Bitte nicht.
"Darum", meinte ich und zog ihn den anderen Schuh an. "Ach Scheibenkleister. Du brauchst ja noch ein Brot und alles."
"Guck mal", sagte Marco und kam mit Kane's BVB-Rucksack aus der Küche. "Papa hat dir Brot gemacht, ein Quetschyogurt und die Pülli ist auch drinnen."
Ich zog Kane die Jacke an, ehe Marco ihn den Rucksack anzog.
Wenigstens musste ich Kane nichts mehr zu essen machen.
"Arm durch und den anderen", sagte Marco. Ich lehnte mich zu ihm rüber und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
"Auch", meinte Kane und Marco hielt ihn die Wange hin.
"Der war feucht", bemerkte Marco und wischte sich die Wange, nach Kane's kleinen Kuss. Dieser grinste nur. Ich schnappte mir meine Umhängetasche mit den anderen Sachen, wie Windeln, Feuchttücher und Hausschuhe für Kane und hielt Kane die Hand hin.
"Komm kleiner Mann. Ab zum Kindergarten", sagte ich.
Kane blickte zu mir und legte seine kleine Hand in meine.
"Viel Spaß und lass die anderen Kinder in Ruhe", rief Marco hinter her.
"Nein!", meinte Kane.

An der Kita angekommen, wirkte Kane unsicher. Ich hatte gestern noch mit Melli geschrieben. Sie meinte ich müsste in der Kita durch den Haupteingang und ganz durchgehen bis ich eben zur Krippe kam. Lang würde Kane da eh nicht bleiben. Zwei Monate und sobald er sein drittes Lebensjahr erreicht hat, gehörte er schon zu den großen. So stand es im Internet. Aber es kann auch sein, dass Kane da länger bleiben könnte.

Kitaleitung ~ Lieberknecht

Ich stand vor der weißen Tür und klopfte an.
"Herein!", hörte ich eine freundliche Stimme rufen.
"Oh", machte Kane erstaunt.
Als wir hier ankamen hatte er die anderen größeren Kinder links liegen gelassen die auf den Flur herum tobten und sich an meiner Hand festgeklammert.
Ich öffnete die Tür.
"Morgen", meinte ich. "Sind Sie Frau Lieberknecht?"
"Ja, die bin ich. Dann muss das Kane sein und die Mama."
"Genau", sagte ich und trat ins Büro.
"Bleiben Sie ruhig da. Ich bring Sie beiden nach drüben und erkläre Ihnen ein bisschen."
"Okay."
Im Vorderflur waren die Bänke und die Jackenständer der einzelne Kinder mit Fotos und Namen.
"Ich hab sogar schon Kane's Platz", sagte Frau Lieberknecht und führte mich dort hin.
Sie meinte, dass ich ihm die Straßenschuhe aus und die Puschen anziehen sollte. Jacke und Hose folgten ebenfalls. Reicht ja, wenn er nur in T-Shirt und Strumpfhose rumrennt.
Ich zog meine Schuhe aus und blickte zu Kane der ziemlich nervös wirkte.
Dann gingen wir in den großen Raum mit den anderen herum spielenden Kindern. Frau Lieberknecht voran, Kane scheu vor mir.
Neugierig blickte Kane sich um und die Kinder schauten zu ihm.
"Guckt mal, wir haben Zuwachs bekommen", meinte Frau Lieberknecht. "Das ist Kane."
"Mami?", fragte Kane und kam zu mir gelaufen. Er wollte wieder auf mein Arm.
"Guck mal Kane. Da kannst du vieles spielen. Da ist sogar ein Fußball."
"Wo?", fragte er und schaute sich um.
"Da hinten", sagte ich und zeigte auf die Spielecke. Ich ließ Kane auf seinen Wunsch runter und er lief zum Fußball.
"Haben Sie etwas zu Essen und eine Flasche?"
"Hab auch Windeln und das alles dabei. Ich hole das schnell."
"Eine Mutter die mitdenkt", freute sich Frau Lieberknecht einen Ast ab.
Als ich ihr alles gegeben hatte, stellte sie die Brotdose auf einen Wagen und reichte ihr die BVB-Flasche mit Kane's Namen - war eine Beflockung und natürlich Marco's Idee gewesen - einer Erzieherin.
Ich blickte zu Kane der sich alleine mit dem Ball Beschäftigte.
Frau Lieberknecht zeigte mir den Waschraum, mit Wickeltisch, Badeecke, Toiletten und Waschbecken und dann den Schlagbereich.
"Ich denke, Kane ist ja heute nur für zwei Stunden hier. Schlafen wird er hier nicht. Morgen kommen Sie dann wieder, dann sind es vier Stunden. Übermorgen dann fünf. Ab dann können wir gucken, ob er hier schlafen kann."
"Okay, brauchen Sie ein Reisebett?"
"Hat er denn ein normales Bett?"
"Zu Hause ja. Aber ich weiß nicht wie das ist wenn er mit mehren Kindern in einem Raum schläft."
"Dann bringen Sie ein Reisebett mit. Nicht zwingend morgen sondern eher übermorgen."
"Mach ich dann", nickte ich und blickte wieder zu Kane. "Theoretisch könnte ich ja gehen. Kane ist ziemlich beschäftigt mit sich und dem Fußball."
"Ja, das können Sie", nickte Frau Lieberknecht.
"Soll ich mich verabschieden?"
"Wie reagiert er darauf?"
"Mal winkt er und mal weint er und will mit."
"Dann wollen wir das letzte nicht riskieren. Sie können ja noch ein paar Minuten auf dem Stuhl platz nehmen."
"Klar", nickte ich und setzte mich auf dem Stuhl um Kane zu beobachten.
Er spielte mit dem Fußball und wenn jemand mitspielen wollte, ließ er den Ball liegen und ging weg. Als der Ball wieder zu haben war, war Kane gleich der erste beim Ball.
Ein kleines Mädchen, mit kurzen lockigen Haaren ging zu Kane. Sie war jünger gewesen. Sie stellte sich mit deiner Puppe zu Kane und musterte sein Gesicht.
"Braaablabrsaablaaablooo?", machte das Mädchen. Ich nahm mal an das es eine Frage war. So hörte sich vom Ton her an.
Kane runzelte die Stirn musste dann aber grinsen und hielt der Kleinen die Faust hin.
Und die musste gar nicht was los war.
"Mathilde, hast du Luzie schon wieder die Puppe geklaut?", meinte die Erzieherin.
Das Mädchen bei Kane schmiss die Puppe weg und schüttelte ihren Kopf. Kane drehte sich von ihr weg, schüttelte seinen Kopf und spielte wieder mit dem Fußball.
"Kane magst du was essen?", fragte die Erzieherin. Kane blickte zu ihr und kam mit dem Fußball zu ihr.
"Ja", meinte er.
"Dann nimm mal deine Brotdose", sagte sie und reichte ihm die Dose.
Kane setzte sich mit ein paar anderen Kindern an den Tisch und ihn wurde ein Teller gereicht.
"Trinkt er denn schon aus dem Becher?", fragte die kleine Erzieherin mich.
"Das ist mal so und mal so", sagte ich und Kane blickte zu mir, nachdem er von alleine die Brotdose aufbekommen hat.
"Das kann er ja schon ziemlich alleine", bemerkte die Erzieherin und stellte Kane ein Becher mit Wasser hin.

"Ich denke, Sie können dann gehen. Um halb elf können Sie Kane holen", meinte die Erzieherin.
"Okay, dann bis nachher", sagte ich und stand auf. "Meine Handynummee haben Sie ja?"
"Haben wir alles", nickte Frau Lieberknecht.
"Tschüss Kane", sagte ich und winkte ihn zu.
Kane ließ sein Brot fallen und blickte mich irritiert an. "Nein", meinte er und schubste einen weiteren Jungen beiseite um zu mir zu laufen. "Nein."
Er klammerte sich an meinen Beinen fest und blickte zu mir auf.
"Mama kommt doch gleich wieder", sagte ich und kniete mich vor ihm.
"Weiß ich", meinte er und drückte mir einen Kuss auf den Mund, ehe er zurück zum Platz lief und über sein Brot herfiel.
"Gut. Dann bis nachher", sagte ich zu Frau Lieberknecht.
Ich verließ den Raum und war froh, dass Kane nicht an rumschreien war.
Ich schlüpfte in meine Schuhe und machte mich dann auf den Weg nach Hause.

"Bin in da house", rief ich und schlüpfte aus meine Schuhe, als ich die Schlüssel auf die Kommode geschmissen hatte.
"Bist nicht zu überhören", sagte Marco und kam aus der Küche. "Kane ist noch da?"
"Ja. Bis halb elf", meinte ich und schob die Schuhe bei Seite.
"Und wie hat er sich geschlagen?"
"Eigentlich ganz gut. Er hat nicht geweint oder so, als ich gegangen bin. Er hat sich erstmal gleich den Fußball unter die Nase gerissen."
"Ehrlich?", lachte Marco.
Ich nickte. "Ja, der hat sogar einen Mädchen zur Begrüßung die Faust hingehalten und die wusste gar nicht was los war."
"Mein Sohn", seufzte Marco schmunzelnd und verschwand wieder in die Küche.
"Was machst du eigentlich?"
"Mich an meinem bekloppten Ernährungsplan halten", murmelte er und machte sich wieder sein Haferflockenyogurtmüslidings.
"Na lecker", meinte ich.
"Hast du eigentlich schon gefrühstückt?"
"Nein, hab nichts runter bekommen."
"Auch gut", meinte Marco gerade. "Dann iss jetzt was."
"Hatte ich auch vor", meinte ich.
"Ich hatte Besuch, als du weg warst", meinte Marco und rührte sein Haferzeugs um.
Ich schnappte mir Banane und Apfel und schnitt sie mir in Stücke.
"Von wem?", wollte ich wissen.
"Ach, naja, nur von Caro."
Ich hätte mir fast in den Finger geschnitten, als er ihren Namen erwähnte. "Was wollte die denn hier?", fragte ich nicht gerade begeistert.
"May", meinte Marco und stand plötzlich hinter mir. Ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken und presste die Lippen aufeinander.
"Marco", sagte ich und denselben Tonfall wie Marco. "Die war ziemlich sauer, hm?"
"Richtig sauer. Die hat sogar deswegen eine Abmahnung vom Vermieter bekommen. Oder besser gesagt ihr Robert."
Marco fing belustigt an zu lachen.
Gott sei dank. Ich dachte Marco wäre wegen der Sache die Tugba und ich gerissen haben ziemlich sauer auf mich. Aber das war er ja nicht. Sonst würde er ja nicht lachen.
Ich schmunzelte. "Du bist verrückt."
"Ja, das höre ich öfters. Ich hab dir einen Gefallen getan und gut ist. Haken wir das Thema für ein und all mal ab."
"Bin ich auch für", stimmte Marco zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange.

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