Kapitel 74

KAPITEL 74

~ May's Sicht ~

"Wo ist Papa?", wollte Kane wissen.
"Kommt gleich", meinte ich.
"Bin schon da", lachte Marco und nahm mir Kane ab. "Na, Flitzer."
"Na", meinte er und drückte sich an Marco.
"Na Gewinner", lachte ich und drückte Marco einen Kuss auf den Mund.
"Hast du das gesehen?"
"Nein. Er ist einfach abgehauen. Wir haben ihn überall gesucht."
"Über 81.000 Leute und den Leuten vor den Fernseher haben ihn gefunden", antwortete Marco und wirkte irgendwie grimmig. Trotz Sieg.
Ich wollte das Gefühl nicht los werden, dass er irgendwie leicht sauer auf mich war.
"Bin nur mal kurz auf dem Klo", murmelte ich und wieso auch immer konnte ich Marco nicht ins Gesicht schauen, als er nur nickte und nach draußen schaute.
Ich hasste es wenn er so guckte, weil es ziemlich kühl und abweisend wirkte.
Letztlich musste ich gar nicht aufs Klo. Ich hatte mich nur in einer Kabine versteckt, um eigentlich das schlechte Gewissen was ich deswegen habe, da Kane ja abgehauen ist runter zu spülen.
Ich hörte wie jemand das Frauenklo betrat und die Person nutzte die Kabine neben mir.
Ich setzte mich auf den herunter gelassenen Klodeckel und zog mein Handy hervor, was vibrierte.
Eine Nachricht von Marco.

Marco: Wenn du denkst, dass ich auf irgendeine Art sauer auf dich bin- bin ich nicht. Kane hat seinen eigenen Kopf und wird uns auch in Zukunft noch oft weglaufen. Ich war nur ziemlich überfordert mit der Situation, dass er da einmal angerannt kam. Die ganzen Fotografen und die ganzen Kameras. Spätestens ab heute - wenn die alle einen klaren Kopf haben - wissen alle das ich Papa bin. Ich rufe nachher meinen Berater an und dann werde ich das mit ihm klären.

Ich: Hättest du mir das nicht sagen können, wenn ich vom Klo runter bin?

schrieb ich zurück und wartete auf eine Antwort von Marco. Doch der ging einfach offline.
Seufzend steckte ich mein Handy weg und blieb trotzdem noch sitzen.
Neben mir rappelte es in der Kabine. "Na gut, wir können auch von Kabine zu Kabine reden", meinte Marco plötzlich und ich fuhr vor Schreck zusammen.
Als ich nach oben blickte, sah ich Marco's Kopf.
"Tut mir leid. Ich hätte ehrlich besser aufpassen sollen. Ich kaufe Kane einfach eine Laufleine und-"
"Ist schon vergessen. Ich rede nachher mit meinem Berater wie ich das Statement beschreiben kann und dann wird sich das nach einer Weile abkühlen."
"Ja toll. Die ganzen Medien haben wieder Gesprächsstoff. Wenigstens sind es dann mal nicht die Kardashians, oder Sabia Bularouz, oder Til Schweiger-"
"Oder sonst die Millionen Prominente die du nicht ausstehen kannst", schmunzelte Marco.
"Die Liste ist lang."
"Das weiß ich", nickte er.
"Hast du irgendwas von Lisa oder so gehört?"
"Wie?"
Marco runzelte die Stirn.
"Ich musste ja irgendwie zu den Katakomden hin. Da stand ein Ordner. Der hat uns nicht durchgelassen. Sie reißt ihn das Funkgerät von der Brust auf den Boden, tritt den Typen gegen das Schienbein damit ich durch konnte."
"Dann darf Mo Lisa nachher von der Polizei abholen. Das nennen die hier Vandalen. Oder Hooligans. Sofort abgeführt - nächste Polizeistation."
"Dann bezahl ich die Kaution. Als Ausgleich dafür, dass sie den Ordner vermöbelt hat." Ich schnaubte. "Oder wir hätten nur drei Minuten warten sollen, dann wäre Erik mit Kane vorne gewesen."
"Hätte ja keiner ahnen können."
"Eben", meinte ich und zuckte mit den Schultern. "Kane ist eben ein Troublemaker."
"Er ist eben zur Hälfte ein Reus."
"So siehts aus", nuschelte ich. "Stehst du auf der Kante am Boden, oder auf dem Klo-"
Marco rutschte plötzlich weg und ich hörte nur ein plumpsen.
"Toilettenrand", meinten wir beide gleichzeitig.
"Jetzt mit den einen Fuß in der Toilette."
Grinsend zog ich mein Handy hervor und machte schon mal die Kamera an, als ich zur Nachbarkabine ging. Ich zog die Tür auf und machte direkt ein Foto, von Marco und dessen Fuß der in der Toilette feststeckte.
"Nein. May. Löschen", meinte Marco drohend.
Er zog sein Fuß die in seinen Nikeschuhen steckten, aus dem Klo und machte alles nach.
"Löschen oder dein Gesicht landet da drinnen."
Noch bevor er mir das Handy wegnehmen konnte, sendete ich das Bild an Tugba und ging aus dem Menü bei Whatsapp raus.
Marco tippte auf meinem Handy herum und drückte es mir wieder in die Hand.
"Gelöscht", sagte er und zog das ganze Handtrockpapier heraus, ehe er aus den Schuh schlüpfte.
"Ich beobachte das alles und lache. Mehr mach ich nicht", nuschelte ich.
Marco warf mir einen giftigen Blick zu.

Als wir endlich wieder zu Hause waren brach die Hölle los.
Marco wurde bei Instagram, Facebook und Twitter bombardiert. Mit Nachrichten und Verlinkungen. Bei Whatsapp von anderen Kollegen, die Fragen stellten.
Weshalb Marco irgendwann genervt sein Handy auf stumm schaltete und es auf den Glastisch schmiss. Ich setzte mich neben ihn auf die Couch. Kane war oben und bereits am schlafen. Der Tag war ziemlich anstrengend für ihn.
"Wer nervt dich alles?"
"Fans, Kollegen, Fan-Girls", nuschelte er. "Und natürlich nicht zu vergessen die BILD."
Ich verdrehte nur beim Namen BILD die Augen.
"Mindestens die Hälfte fragt, ob das mein Sohn ist, weil er mir ja so ähnlich sieht und wegen der Nummer Elf und Papa drauf."
"Du hast damit gerechnet - wir haben damit gerechnet, dass das passieren wird."
Marco nickte. "Und das es wie eine Bombe einschlägt, obwohl es nicht mal offiziell von meiner Seite bestätigt wurde. Klasse. Wie gehen die erst ab, wenn ich mein Senf zu meinem Leben dazu gebe?"
Hilflos blickt er zu mir. "Dann lüg und sag das es nur ein Fan war und das du das Kind nicht kennst."
"Ich hab den Jungen einen Kuss auf die Wange gegeben. Wie soll ich das erklären?"
"Da prima", schnaubte ich ironisch.
"Das kannst du laut sagen", nickte Marco.
"Schon mit deinem Berater telefoniert?"
Er nickte. "Kommt heute noch. Wir verfassen ein Statement zusammen."
"Ich setze Kaffee auf", murmelte ich und stand von der Couch auf.
Marco hielt mich am Handgelenk fest und zog mich zurück auf die Couch.
"Lass nur. Der trinkt keinen Kaffee."
"Tee?"
"Nope."
"Irgendwas?"
"Er fastet."
"Er ist doch Deutsch?"
"Ja. Macht er trotzdem. Frag nicht wieso. Liegt vermutlich an seiner Frau."
"Ah. Wolltest du nicht in die Bar den Sieg feiern?"
"Ach verdammt. Da war ja was", meinte er.
"Ja, da war was."
"Es ist zwanzig Uhr. Das braucht eh nicht lange. Zwanzig Minuten brauchen wir beide und das war's."
"Das ist schnell."
"Wenn du helfen wirst, dann wird es noch schneller gehen. Was hattest du noch mal in Deutsch."
"Knapp 'ne fünf weil wegen Faulheit", sagte ich.
"Und? Trotzdem kannst du dich artikuliert ausdrücken. Besser als die ganzen Machmuts, Serafinas und sonstige Homosapiens mit bescheuerten Namen."
"Hm. Ich kann das ja versuchen. Ich meine, wenn wir frei einen Text schreiben durften, war ich gut da drinnen. Aber sonst. Eine Niete."
"Werden wir ja sehen", meinte Marco und horchte auf als es an der Tür klingelte.
"Das ist er denn wohl", meinte er und flitzte hin.
Ich hörte Marco und noch einen Menschen reden, ehe die beiden ins Wohnzimmer kamen.
"Holger, dass ist May-", stellte er mich seinen Berater vor.
"Die Mutter deines Kindes", meinte er.
Der Berater hielt mir die Hand hin und ich begrüße ihn.
"Kannst mich ruhig Holger nennen", meinte er.
"May", entgegnete ich.
"Joah", sagte Marco. "Wie gesagt. Kane's Mom. Kane's Dad. Du hättest den kleinen Flitzer noch kennen gelernt aber er schläft schon."
"Hab ihn schon auf meinem Fernseher gesehen. Scheint nett zu sein."
"Ja und er hat auch nicht den Stark, als Blödi bezeichnet", schmunzelte Marco.
Sein Berater lachte. "Das ist echt dein Sohn."
"Dann würde ich mal sagen. Machen wir uns an die Arbeit und verfassen ein Statement zu der Sache."
"Ist es in Ordnung wenn sie dabei ist?", fragte Marco nach.
"Na, das ist doch kein Problem. Zu dritt sind wir eh schneller fertig."

Wir drei setzten uns in der Küche an den Tisch und der Berater zog seinen Laptop hervor.
"Microsoft Word. Würdest du dich bitte beeilen. Geht doch", nuschelte er. "Ich denke wir fangen wir immer an. Liebe Fans, bla bla bla."
Wie eine Schildkröte auf Speed tippte er auf der Tastatur herum. Gaaaaaaaanz langsam wohl gemerkt.
"Kann ich schreiben?", fragte ich, weil ich merkte das Marco deswegen innerlich daran dachte den Tisch um zuwerfen.
"Klar. Ich brauche immer zig Jahre", meinte Holger und schob mir den Laptop zu.
Letztlich schafften wir es schnell einen Text zu formulieren. Auch wenn ich die Männer immer verbessert habe und alles.
"Lies noch mal vor", meinte Holger.
Ich nickte.

»Liebe Fans,

wie Ihr es bereits schon vor dem Fernseher mitbekommen habt, oder direkt in Stadion, beziehungsweise irgendwelchen Socialmedia-Plattformen und Klatschmagazinen, war heute ein kleiner Flitzer beim Spiel gegen Leverkusen auf den Rasen unterwegs, weshalb Diskussionen angefangen haben, wer dieser kleine Junge ist.

Dazu möchte ich jetzt Stellung nehmen.

Und zwar möchte ich Euch mitteilen und ich hoffe Ihr seid dann nicht irgendwie sauer oder beleidigend (es gibt leider ein Paar von Euch), das eine der vielen Vermutungen der Wahrheit entspricht.

Und die möchte ich Euch erklären. Der kleine Flügelflitzer trug das Trikot nicht um sonst. Die 11, die meine Rückennummer ist und das Wort Papa, haben eine Bedeutung- für mich und den kleinen Jungen.

Der kleine heißt Kane, ist zwei und er ist mein Fleisch und Blut- mein Sohn.

Ich hatte ziemlich viele persönliche Gründe, es nicht gleich von Anfang an an die Öffentlichkeit zu bringen. Deshalb bitte ich für das um Euer Verständnis. Ich wollte eigentlich nie, dass mein Sohn in der Öffentlichkeit aufwächst. Nicht so wie die Kinder anderer Fußballer.

Klar liebe ich meinen Sohn. Aber ich liebe ihn so sehr, dass ich ihn aus der Öffentlichkeit raus halte und beschütze. Ich will ihn nicht immer in irgendeinem Zeitungen sehen oder im Fernsehen.

Er soll als ganz normaler Junge aufwachsen. Inständig hatte ich gehofft, dass es auch noch eine Weile so bleiben wird. Aber so ist das nicht.

Es tut mir leid, Euch, meine Fans einen Sohn verheimlicht zu haben. Aber ich bin froh, dass diese Last endlich von mir gefallen ist.

Auf der anderen Seite wünsche ich mir, dass es keine weiteren Fragen mehr zum Thema gibt. Und ich werde auch keine Fotos von meinem Sohn posten oder sonst wie veröffentlichen lassen.

Und wenn ich schon die Kommentare gelesen habe, die Mutter ist zum blöd zum aufpassen, oder die hat es mir Absicht gemacht - da kriege ich wirklich einen dicken Hals.

Mein Sohn ist ein ziemlicher Sturkopf, passt ihn das nicht, findet er einen Weg um es passend zu machen.

In diesem Fall wollte unbedingt zu mir aufs Feld und hat sich einfach auf den Weg gemacht. Keine Ahnung wie er es letztlich geschafft hat. Aber wir sind dabei es herauszufinden.

Und noch eine kurze Antwort zu einer oft gestellten Frage: Nein, das Kind ist nicht von Caro und nein wir sind schon lange nicht mehr zusammen.

Jetzt wollen wir nicht weiter darüber reden, sondern den Sieg gegen Leverkusen genießen.

Denn ich bin Fußballer um Fußball zu spielen und nicht deswegen, um über mein Privatleben alles mögliche preiszugeben.

Ich heiße Reus mit Nachnamen und nicht Kardashian.

Ich hoffe Ihr habt noch einen schönen Abend,

Euer Marco 🙉🙊🙈«

"Das mit den Kardashians das muss sein?", fragte Holger Marco, nachdem ich das Statement vorgelesen habe.
"Ja, muss es."
"Und die Affen?"
"Die sind da immer."
"Okay. Dann kopiere ich das und füge das auf deiner Homepage ein. Du dann bei Facebook und Co."
Marco nickte zustimmend. Ich schob Holger seinen Laptop hin und er machte sich an die Arbeit.
"Du magst echt nichts trinken?", fragte Marco.
"Nein. Ich faste."
"Gezwungenermaßen."
"Ja. Aber ich will keinen Stress mit meiner Frau. Die ist cholerisch. Kennst die ja."
"Ja. Ich wünschte ich würde sie nicht kennen", grummelte Marco.
"Wen sagst du das. Auf deiner Seite ist das. Jetzt nur noch deine Mediadinger und dann haben wir auch das vorerst hinter uns. Anfragen zu Interviews-"
"Ablehnen", sagte Marco und tippte auf den Laptop herum. "Einfach nur ablehnen."
"Mach ich. Fragen auf Netzwerken wie das Tagebuch, das Fotoalbum tust du nicht."
"Weiß ich", meinte Marco. "Ist auf Facebook raus. Die anderen Netzwerke lass ich bleiben."
"Auf Twitter musst du eigentlich nur den Link posten. Instagram das gleiche."
"Facebook und Homepage reicht."
"Wenn du es doch so willst", meinte Holger. "Einfach nur zuklappen wenn du abgemeldet bist."
"Bin ich", sagte Marco und klappte den Laptop zu.
Nach einer Viertelstunde war Holger dann auch schon wieder weg.
"Melde dich, wenn was ist", hatte Holger gesagt.
"Mach ich", sagte Marco und die Tür fiel zu.
Ich war noch in der Küche gewesen, als Marco keine fünf Minuten später wieder kam.
"Du?", fragte er.
"Ich?"
"Hast du eine Ahnung wo mein Bett ist?"
"Nö", sagte ich und räumte weiter den Geschirrspüler aus.
"Ehrlich?"
"So richtig ehrlich. Keine Ahnung."
"May?"
"Marco?"
"Wo ist mein Bett."
"Nicht da."
"Das habe ich auch schon gesehen. Wo ist es?"
"Entsorgt, so wie du es haben wolltet. Bitte und Danke und gern geschehen."
"Danke. Dann wird es aber eng im Bett."
"Wir stapeln einfach. Wird schon gehen."
Marco lachte leise.
"Nuri ist gleich da. Wir fahren zu Bar."
"Mach das und nichts trinken."
"Hab morgen eh frei. Ein Bier wird drinnen sein."
Marco kam zu mir und küsste mich kurz, ehe er wieder nach oben verschwand um sich fertig zu machen.

---
❤️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top